Ein Erdfall auf dem Rolandsberg bei Pützlingen

Pützlingen ist ein kleines Dorf im Kreis Nordhausen, etwa 12 km westlich von der Kreisstadt gelegen. Auf dem Rolandsberg befinden sich zwei große Erdfälle. Der eine hat einen Durchmesser von 40 m und eine Tiefe von 9 m, der andere Erdfall weißt 38 m Durchmesser und 7,5 m Tiefe auf. Einwohner des Dorfes meinten, diese beiden Krater seien zwischen 1830 und 1840 entstanden. Beweise gibt es jedoch nicht.

Die Buntsandsteinerdfälle am Rolandsberg

1944 ereignete sich ein dritter Erdfall von gewaltiger Tiefe.

F. SCHUSTER bezeichnete ihn als den tiefsten Erdfall des Südharzes und schrieb darüber:

„... Dieser dritte Erdfall wurde erstmalig in der Zeit vom Februar 1944 bis Anfang Oktober 1944 vom damaligen Jagdpächter Oskar Köhler aus Etzelrode, der sich auf einem Rundgang durch sein Jagdrevier befand, entdeckt, hatte einen Durchmesser von etwa 1,5 - 2,0 m. Seit dieser Zeit hat sich die Öffnung fast kreisrund . . . durch Oberflächenverwitterung, Frostsprengung, Nachsturz erweitert.
Bürgermeister Winter hat im Jahre 1946 auf seinem in der Nähe befindlichen Acker beim Rübenhacken zweimal Geräusche vernommen, die wahrscheinlich auf weitere unterirdische Einbrüche zurückzuführen waren. Desgleichen vernahm Frau Winter in den Jahren 1950/51 ebenfalls zweimal beim Rübenroden Geräusche.
Wir sehen vor uns auf horizontaler Fläche einen jäh nach unten geöffneten Höhlenschlund, ungesichert. Nach Angabe der biederen Pützlinger Bürger wurde aller Unrat durch die Halbwüchsigen der Dörfer Etzelrode und Pützlingen, sämtliche in der Umgegend vorgefundenen Ackergeräte, natürlich heimlich, hinuntergeworfen. Es ist ja dies auch ein äußerst interessantes und akustisches Schauspiel, nach vielen Sekunden erst den Aufschlag vom Grunde vernehmen zu können. Selbst als Abdeckergrube . . . wurde dieser Pützlinger Erdfall mit Vorliebe gern in allzu früher oder spätabendlicher Stunde von natürlich unbekannt gebliebenen Einwohnern benutzt.
Wie eine steile schiefe Bahn gleitet das Liegende von Nord nach Süd terrassenförmig hinunter. Einige Steine wurden hinuntergeworfen.
Wir lagen auf dem Bauche, starren in die Tiefe und lauschten. Nach Sekunden erst der endgültige Aufschlag. Ab und zu plätscherte ein Wasserlauf. Die tiefste Stelle war nicht ersichtlich, obwohl das volle gleißende Tageslicht eines herrlichen heißen Sommertages direkt schräg hineinfiel. Durch die komprimierende Luft in etwa 20 m Tiefe sahen wir nur eine Dunstschicht. Erst jetzt war der langgehegte Wunsch des stets interessierten Bürgermeisters Winter verständlich, hier forschend einzugreifen, seitdem er sich seit vielen Jahren vergeblich einsetzte, ohne das irgend eine Stelle sich um diese Belange kümmerte. Es war keine leichte Aufgabe, die restlose Befahrung dieses ungeheueren Schachtes durchzuführen. Aus Pützlingen mussten dicke Zweimeter-Brechstangen, zusätzliche stärkste Ernteseile, weiteres Gerät, Schwunghammer, hinaufgetragen werden.

Die Nordhäuser Forscher Hans Rode, Ronald Homann, Friedrich Kneif und Wanderfreund Erich Rose übernahmen die Sicherungsarbeiten, während Bürgermeister Winter und einige Pützlinger Bauern der Befahrung beiwohnten. Zwei Zweimeterbrechstangen wurden fünf Meter nördlich vom beginnenden Trichterrand entfernt im sicheren Gelände über einen Meter tief eingetrieben, eine weitere Eisenstange quer davor gelagert. Eine 10-Meter-Strickseilleiter und 80 m Bergseile wurden zusammengeknüpft, mittels Karabinerhaken und Sicherungsschlingen. Durch Rebschnüre wurden die zusammengeknüpften Bergseile nochmals doppelt gesichert.
Bewaffnet mit Messband, Abseilhaken, Mauerhaken, Grubenlampe, Ersatzteilbeutel, Thermometern in der Befahrungskombination begann mit einem Glückauf der Verfasser den Abstieg bis zum Ende der 10 m langen Strickleiter. Anschließend wurde im Dülfersitz Meter für Meter abgeseilt, bis nach knapp 10 Minuten die Sohle dieses Rieseneinsturzschachtes erreicht war.

FRIEDRICH SCHUSTER bei der Befahrung des Erdfalles am Rolandsberg am 4. September 1952.

Die doppelt genommenen Bergseile plus 10 Meter Strickseile erreichten nur eine Tiefe von 45 Metern, während das letzte Stück am Grunde ohne Seil bewältigt wurde, da die Neigung der Sohle ein klettern ohne Seil zuließ.

Das Vorhandensein eines einfachen Sicherungsseiles zur Körpersicherung von 50 Metern Gesamtlänge wäre wünschenswert gewesen, doch verfügte die Fachgruppe Höhlen und Karstforschung 1952 noch nicht über weiteres Seilmaterial. Ein Blick nach oben – winzig klein die Schachtöffnung, ringsherum die hereinragenden Köpfe der Freunde. Nur durch lautes langsames Rufen konnte die Verbindung hergestellt werden . . .

Der Eindruck auf der Sohle war gewaltig. Schattige Lichtverhältnisse. Erst nachdem sich die Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, zeigte der Schein der Grubenlampe die Umgebung.

Auf der tiefsten Stelle der Sohle, in einer Tiefe von 49,1 m zeigte sich ein trichterförmiger Wasserschlinger in der Größe von etwa 2,0 – 1,5 m . . .“

Der Nordhäuser Höhlenforscher F. SCHUSTER bei der Vermessung eines Erdfalles.

Quelle: C.& R. VÖLKER : Mitteilungen des Karstmuseums Heimkehle, Heft 15, ISSN-Nr.: 0233-1853

GPS-Koordinaten
N 51.5195° E 10.6103°

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