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Die Verkoppelung war der Schlußstein einer langen Entwicklung. Sie befreite den Bauern von den letzten Bindungen wirtschaftlicher und rechtlicher Art und machte ihn vollkommen selbstständig. Das Landschaftsbild erfuhr leider eine völlige Umgestaltung. Die von oft kilometerlangen Hecken eingefaßten Änger verschwanden. Die nützlichen Helfer des Landmanns: Igel, Wiesel, Iltis, Marder und Fuchs und ein großer Teil der Vogelwelt wurden obdachlos. Das Gleichgewicht in der Natur wurde empfindlich gestört. Die Schatten spendenden Einzelbäume auf Wiesen und Weiden verschwanden. Das bunte romantische Landschaftsbild gehörte der Vergangenheit an. Der Wald wurde zur Holzfabrik, die Flur zur Steppe. Der Bauer wurde in seiner eigenen Flur fremd. Nach der Verlosung der Koppeln im Jahre 1897 bekam er sein Land, das mit dem Schweiße seiner Ahnen gedüngt war, nicht wieder. Materiell gesehen überwogen die Vorteile ganz erheblich. Leider ist es aber auch nach der Verkoppelung bei der üblichen Realteilung geblieben. Und heute müßte eigentlich wieder verkoppelt werden.

Die Landflucht, die in Hattorf um 1830 verstärkt einsetzte, konnte auch durch die gewaltigen Fortschritte der Agrikultur nicht aufgehalten werden. Aus der Eingabe der "Kommüne Hattorf" wissen wir, daß die Erträgnisse der Landwirtschaft für den Lebensunterhalt nicht ausreichten, daß vielmehr in jedem Haus ein Webstuhl stand, auf dem das Leinen nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern darüber hinaus für den Verkauf gewebt wurde. Mit der fortschreitenden Industrialisierung im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts brach auch diese Heimindustrie vollends zusammen. Die Folge war ein rapider Anstieg der Landflucht. Von diesem Zeitpunkt an bis zur Jahrhundertwende wanderten weit über 1000 Menschen von hier in die Städte ab.

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