Vorbemerkung zur digitalen Neuauflage 2012

Seit der Erstausgabe des vorliegenden Heftes sind 25 Jahre vergangen und mittlerweile liegen zahlreiche neue Veröffentlichungen zum Thema vor. Viele historische Fakten kennen wir heute besser, z.B. wissen wir, dass Benno Wolfs Foto auf S. 20 während einer Exkursion der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde entstand, der Benno Wolf angehörte, dass er sein Abschiedsgesuch 1933 nicht freiwillig, sondern – wie damals leider normal – unter massivem Druck einreichte und dass er am 6. Januar 1943 im KZ Theresienstadt starb, in das er verschleppt worden war. Dennoch gab es immer wieder Nachfragen nach dieser faktenreichen Veröffentlichung und den in ihr publizierten Originaldokumenten. Daher wurde sie 2012 digitalisiert und an vorliegender Stelle neu veröffentlicht. Für diese Arbeit gebührt Detlef Tront mein Dank.

Dr. Friedhart Knolle, 17.2.2012

ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT
FÜR KARSTKUNDE IN NIEDERSACHSEN e. V.
 

Heft 5
 

Materialien zur Geschichte der deut-
schen Höhlenkunde im Schatten des
"Dritten Reiches"

Zusammengestellt
von
FRIEDHART KNOLLE, Goslar

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Im Eigenverlag der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde in Niedersachsen e. V.

Osterode 1987


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INHALT
Einführung (F. Knolle, weitgeh. n. M. H. Kater)
R. G. Spöcker: Kurzbiografie über B. Wolf10
A. Wagner: Erinnerungen an Landgerichtsrat Dr. Benno Wolf15
Materialien aus dem Nachlaß von R. G. Spöcker23
A. Sieghardt: Teufelshöhle Pottenstein, Ausschnitt über H. Brand63

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Einführung
Zur Geschichte der deutschen bzw. österreichischen Höhlenforschung im Schatten des nationalsozialistischen "Dritten Reiches" gibt es nur relativ wenige und kurze Darstellungen. Die meisten Autoren gehen - wohl noch selbst mehr oder weniger von dieser dunklen Zeit betroffen - nur abrißartig und knapp auf diese geschichtliche Phase ein. Für uns jüngere, die nach dem Krieg geboren sind, ist das zu wenig, wenn man ein historisches Interesse an jener Zeit hat.
Auch ich wollte gerne mehr wissen. Bei gezielter Suche taten sich einige Quellen auf. Aber auch in publizierter Form liegt schon mehr vor, als weithin bekannt ist.
Die vielleicht objektivste Darstellung gibt KATER (1974). Auch SPEER (1981) geht in einem Kapitel "Höhlenphantasien und ihre Folgen" auf dieses Themenfeld ein.
KATER (1974: 127f.) schreibt unter der Überschrift "Kontrolle über Höhlen- und Bodenforschung" zur Tätigkeit der von HIMMLER dominierten nationalsozialistischen Kultur- und Forschungsorganisation "Das Ahnenerbe": "Mit der Errichtung der "Ahnenerbe"-Abteilung für Karst- und Höhlenkunde in Salzburg war gleichzeitig ein Auftrag des Reichsführers-SS verbunden gewesen, eine "Neuordnung" des Karst- und Höhlenwesens in Deutschland und in der Ostmark vorzunehmen. Praktisch mußte das auf eine Gleichschaltung der deutschen und österreichischen Karst- und Höhlenwissenschaftler an das "Ahnenerbe" hinauslaufen; (...). Das größte Hindernis erblickte das "Ahnenerbe" in Gestalt des traditionellen "Hauptverbandes Deutscher Höhlenforscher", dessen Chef, der Landgerichtsrat a. D. Dr. Benno Wolf, maßgeblichen Einfluß innerhalb der deutschen Höhlenwissenschaft besaß. (...). Nun wer die Position Wolfs im Reich als die eines Juden 1938 sicher nicht die angenehmste; um sich nicht unnötig exponieren zu müssen, hatte er die Leitung des "Hauptverbandes" nach außen hin an den Fabrikanten Dr. Julius Riemer abgegeben, der den Vorzug besaß, "arisch" zu sein. Gleichwohl fungierte Wolf weiterhin als das inoffizielle Oberhaupt der deutschen Dachorganisation. Um ihn aus dem Wege zu schaffen, regte [der Reichsgeschäftsführer; d. A.] Sievers im Mai 1938 beim Chef des Sicherheitshauptamtes der SS an, Wolf müsse "verschwinden", er könne seine "große Anhäng-


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lichkeit an die deutsche Höhlenforschung damit beweisen, daß er in seiner bisher geübten Selbstlosigkeit seine Höhlenbücherei für die Fortsetzung der Forschungen zur Verfügung stellt". Das war der Gipfel des Zynismus. (...) In der Tat war geplant, alle Höhlenvereinigungen aus der noch bestehenden Dachorganisation herauszulösen, sie im "Reichsbund" gleichzuschalten und diesen dann der Forschungsstätte für Karst- und Höhlenkunde im "Ahnenerbe" unterzuordnen. Anfang 1939 konnte man die Aktion einleiten. Der ehemalige Studienprofessor Dr. Ing. Hans Brand wurde als der derzeitige Leiter der Karst- und Höhlenforschung im "Ahnenerbe" (...) im März beauftragt, mit den deutschen Höhlenwissenschaftlern persönlich Fühlung aufzunehmen. Reichsgeschäftsführer Sievers lieferte Schützenhilfe, indem er prominente deutsche Vereinigungen, wie den "Reichsverband deutscher Schauhöhlen und Schaubergwerke", schriftlich aufforderte, sich mit Brand zwecks "Zusammenarbeit" in Verbindung zu setzen. Unterdessen sorgte Dr. Kurt Willvonseder, des "Ahnenerbes" Vertrauensmann in allen Fragen der ostmärkischen Bodendenkmalspflege, dafür, daß auch die Neuordnung der zahlreichen österreichischen Höhlenvereine betrieben wurde. (...). In Österreich stieß das "Ahnenerbe" vorerst auf Widerstand, den er jedoch mit Gewalt zu brechen gedachte. Indem er einen Grazer Höhlenspezialisten im August 1939 zum "freiwilligen Eintritt in die vom Reichsführer-SS geschaffene Neuorganisation" unter Androhung einer Denunziation an Himmler drängte, legte er die nun schon längst zur politischen Typik des "Ahnenerbes" gehörende Haltung eines tyrannischen Zwingherrn an den Tag, der bemüht ist, nach außen hin sein Gesicht zu wahren. Gefügiger als die seit langem auf ihre ansehnlichen Höhlen stolzen Österreicher zeigten sich ihre deutschen Kollegen. "Hauptverbands"-Vorstand Riemer sah sich am 15. August veranlaßt, Sievers seiner Kooporation zu versichern."
Über die Phase nach Kriegsbeginn schreibt KATER (1974) u. a. (9. Kap.): "Im Frühherbst 1939 war die für Mitte September angesetzte Neuschaffung des "Reichsbundes Deutscher Höhlenforscher" kurzfristig aufgeschoben worden. Doch Ende Januar 1940 nahm Hans Brand, Leiter der Forschungsstätte für Karst- und Höhlenkunde, die angeblich mißlichen Zustände in der Höhlenforschung in der Ostmark, die er z. T. auf die "schweren politischen Kämpfe um die Befreiung von einer verjudeten und rassegemischten Regierung"


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zurückführte, zum Vorwand, um für eine "völlige Angleichung" zumindest der traditionsreichen österreichischen Höhlenforscher an die Reichsverhältnisse einzutreten. Sievers pflichtete bei, doch war man sich über die Art der Gründung eines neuen "Reichsbundes" noch nicht schlüssig. Wie wollte man den "Hauptverband" eliminieren? (...). Schließlich befolgte das "Ahnenerbe" ...
die Taktik der Überredung: sie bot dem amtierenden Vorsitzenden des "Hauptverbandes", Julius Riemer, als Preis für einen Stellungswechsel die Schriftleitung des im "Ahnenerbe" neu zu schaffenden Fachorgans an, was Riemer unter den Umständen allerdings wenig interessierte. In Abwandlung des Brandschen Vorschlags plante Sievers dann die Gründung des "Reichsbundes" auch ohne vorherige Liquidation des "Hauptverbandes", bezeichnenderweise aber nicht unter dem Vorsitz des unablässig polternden Brand, sondern unter der Regie des konzilianteren (und österreichischen!) Prof. Tratz, in dem Sievers eine Persönlichkeit erblickte, "die bei der Zersplitterung der Höhlenforscher ausgleichend und zugleich straff führend zu wirken vermag". Doch erst am 11. Mai 1941 wurde der neue "Reichsbund für Karst- und Höhlenforschung" in Salzburg unter Anwesenheit des Kurators feierlich proklamiert, einige wichtige Geschäftsträger des "Hauptverbandes" überstellt. Damit war dieser, der lediglich auf dem Papier noch weiter bestand, zur stillen Auflösung in der Versenkung verdammt. Hinfort wurden sämtliche Karst- und Höhlenvereine Deutschlands und Österreichs reihum an den "Reichsbund" angeschlossen. (...). Der Reichsbund war ein nach dem "Führerprinzip" der SS straff organisiertes, totalitäres Gebilde. Der gemäßigte "Bundesleiter" Tratz, nur mehr ein Aushängeschild, stand in Wirklichkeit völlig in Abhängigkeit von Karst-Abteilungsleiter Brand, der das gesamte Reichsgebiet zur besseren Zentralisation der Karst- und Höhlenvereine mit einem Netz von "Landesgruppen" umspannte. Der Berliner Höhlenfunktionär Julius Riemer war gleichgeschaltet worden; nun war er Vorstandsmitglied und Kassenwart des "Reichsbundes" und überdies, neben Florian Heller, Schriftleiter der Zeitschrift für Karst- und Höhlenkunde, die die Nachfolge des "Hauptverbands"-Organs angetreten hatte. Freilich war Riemers Position nicht mit irgendwelchen Machtbefugnissen verbunden; so konnte er als Kassenwart auch nicht über die Gelder des "Reichs-


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bundes" verfügen. 1942 informierte der "Reichsbund" seine Mitglieder, daß Riemer Anfang Oktober 1942 aus "gesundheitlichen Gründen" auf seine "Reichsbund"-Ämter verzichtet habe. Der wahre Grund, so ließ Riemer Florian Heller wissen, war jedoch die inzwischen vollbrachte Verhaftung des Nestors der deutschen Höhlenforschung, Benno Wolf, in Berlin. Das einzigartige höhlenkundliche Material Wolfs, welches das "Ahnenerbe" im Spätsommer 1942 gerade zu Brand nach München verfrachten ließ, aber gehörte laut Wolfs Vermächtnis - Julius Riemer. (...). Brand selbst erklärte nach dem Kriege, er sei in seiner Rolle als "Beschützer" Wolfs von der Gestapo "regelrecht überspielt" worden. Hingegen hat Julius Riemer nach 1945 gemeint, "daß der eigentliche Hauptschuldige für die Verschleppung Wolfs Prof. Dr. Brand sei, der sich in den Besitz des reichen wissenschaftlichen Materials zur Karst- und Höhlenforschung setzen wollte". Diese Feststellung kommt der Wahrheit am nächsten. Brand war es, der im Dezember 1940 an Sievers schrieb, durch die forcierte Annäherung Riemers an das "Ahnenerbe" werde man auf indirekte Weise in den "wertvollen Besitz des seit Jahren angehäuften und sorgfältig bearbeiteten Materials des früheren Hauptverbandsvorsitzenden Dr. Wolf gelangen". Im Oktober 1941, einen Monat, bevor die deutschen Juden überhaupt erst ihre deutsche Staatsbürgerschaft verloren, schrieb Sievers an Adolf Eichmann, nach der zu erfolgenden Deportation Wolfs sei dessen Material zu sichern und zum "Ahnenerbe" zu schaffen. Im Februar 1942 - die Berliner Juden wurden seit Oktober 1941 abtransportiert - regte Sievers an, die Bücherei Wolfs schon vor dessen Evakuierung durch die Gestapo beschlagnahmen zu lassen, ein Vertrauter des "Ahnenerbes" würde dabei gerne Hilfestellung leisten. Im April stand der ungefähre Zeitpunkt fest, zu dem der 71jährige Wolf "mit einem Alterstransport zum Abschub" gelangen sollte. Am 6. Juli war es endlich soweit. Vorsorglich hatte Sievers als "Ahnenerbe"-Spitzel die SS-Führer Dr. Abrahamczik und Reimann in die Berliner Hornstraße Nr. 6 entsandt. Ihr Bericht über die entwürdigende Verhaftung des einstigen Landgerichtsrats ist ein ebenso erschütterndes wie grausames Dokument. "Dr. Wolf erschien erst um 13.30 Uhr in seiner Wohnung. Vor den anwesenden SS-Männern wollte er vorerst keinerlei Aussagen machen und tat sehr geheimnisvoll über seine angeblichen Verbindungen zu aller-


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höchsten Stellen. Über seinen persönlichen Verkehr mit Riemer befragt, gab er zu, daß er fast täglich mit diesem beisammen sei. Über die plötzlich beabsichtigte Evakuierung war er sehr erstaunt, besonders da ihm von Herrn Riemer zugesichert sei, daß er von ihr verschont bleiben werde. Riemer wurde seinerzeit vom Reichsführer-SS als Vorstandsmitglied des Reichsbundes für Karst- und Höhlenforschung und Schriftleiter der Zeitschrift bestätigt. Auf Grund dieser Bestellung fühlte sich Herr Riemer nach Angaben Wolf's berechtigt, diesem zu raten, keinen Judenstern zu tragen. Es sollten dadurch seine Arbeiten am Welthöhlenkataster nicht behindert werden. Wolf schützte auch seine hohen Verbindungen vor und nannte als solche 'Das Ahnenerbe', Sievers, Rektor Wüst und Dr. Brandt." Das erste, was Reichsgeschäftsführer Sievers, der nach dem Kriege als Widerstandskämpfer in die Geschichte einzugehen gedachte, daraufhin tat, war, sämtliche Angaben Wolfs über dessen Beziehungen zum "Ahnenerbe" bei der Gestapo scharf zu dementieren. Im August bat Brand die Reichsgeschäftsführung noch einmal um Übersendung des Wolfschen Materials an seine Münchener Forschungsstätte. Der Berliner Gelehrte aber, dem die Haushälterin für die "Reise" noch "Mantel und Schirm" hatte mitgeben wollen (darauf der Gestapobeamte: dies sei nicht nötig, der Herr Doktor brauche so etwas nicht an dem Ort, wohin er gebracht würde), gelangte in das Konzentrationslager Theresienstadt, wo er dann wahrscheinlich ermordet worden ist.
SS-Standartenführer Hans Brand, der sich ähnlich wie Sievers nach dem Kriege auf wichtige Beziehungen zu gewissen Widerstandskreisen berief und im Entnazifizierungsverfahren der deutschen Spruchkammer als "Entlasteter" eingestuft wurde, befand sich 1942 kurz vor dem Höhepunkt seiner beruflichen Karriere. Nicht, daß Brand als Leiter der Forschungsstätte für Karst- und Höhlenkunde seine Erfüllung gefunden hätte. Jene diente, nach 1941 jedenfalls, im Grunde nur der institutionellen Umklammerung des "Reichsbundes"; darüber hinaus hat sie wenig vollbracht, will man von gelegentlichen Höhlenvermessungen (Mauern) und chemischen Höhlenwasser-Untersuchungen einmal absehen. Brands Prestige ruhte auf einem wesentlich beständigeren Fundament: seit Ende 1942 war er Kommandeur einer "Karstwehrtruppe" innerhalb der Waffen-SS, die mit der Organisation "Ahnenerbe" bis 1945 Verbindung hielt, obwohl sie von SS-Gruppenführer Jüttner inspiziert wurde. Der Entstehung die-


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ser Truppe - das wird niemanden erstaunen - lag Himmlers Interesse an Karst und Militär gleichermaßen zugrunde. Schon zwei Jahre vor Kriegsausbruch hatte der verhinderte Armeeoffizier die "Bedeutung der Höhlen auch für den Kriegsfall" erfaßt; damit waren den Kriegsspielereien späterer Monate Tür und Tor geöffnet. Im Frühjahr 1942 erklärte Himmler sich mit Brands Vorschlag zur Schaffung eines SS-Karstwehrtrupps grundsätzlich einverstanden. Anfang 1943 lag das von Standartenführer Brand gegründete und kommandierte Karstwehr-Bataillon noch in seiner Stammkaserne im Pottensteiner Karst; erst zu Beginn des nächsten Jahres wurde es im Karstgebiet zwischen Görz und Triest eingesetzt, wo es vermutlich gegen Titos Partisanen kämpfte."*
Soweit KATER (1974). Seine Recherchen geben einen Einblick in die Mißbrauchsmöglichkeiten der Karst- und Höhlenkunde durch ein totalitäres Regime!
Und sie zeigen auf, wie einzelne aus niedrigen Beweggründen diesen Mißbrauch noch für ihre persönliche Karriere zu nutzen wußten !
Im nachfolgenden soll anhand von Originaldokumenten der Zeit das bekannte historische Bild noch präzisiert werden. Zunächst sind zwei Publikationen nachgedruckt. Auf die Veröffentlichung des Beitrages SPÖCKER: "Ahasver Spelaeus" erreichten uns als Leserreaktion aus einer nicht genannt seienden Quelle die sodann dargestellten Dokumente. Es geht darum, die Verhältnisse klar zu machen: Prof. Dr.-Ing. Hans Brand, SS-Standartenführer, Leiter der Stelle für Höhlenschutz und Höhlenforschung im Kulturamt der Gauleitung Bayerische Ostmark, Bayreuth, muß nach Lage der Dinge als Hauptschuldiger angesehen werden am Ende von Dr. Benno Wolf, dem genialen Nestor der deutschen Höhlenforschung. Dieser Mann war vielen damaligen Höhlenforschern, ebenso wie R. G. Spöcker, ein Vorbild. Umso verachtenswerter sind die abscheulichen Konkurrenzmotive für die Ausschaltung von Wolf, wie sie Brand offensichtlich antrieben. Dieser geistig minderwertige Studienprofessor starb hochgeachtet in Pottenstein, verewigt in Bronze an der Teufelshöhle, die er erschloß. Es ist eine Schan-

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*: Quellenverweise aus dem Zitat fortgelassen. Da die Recherchen KATERs quellenmäßig sehr gut belegt sind, empfiehlt sich eine Hinzuziehung des Originaltextes.


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-de, daß der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher dieses Bild nicht zurechtrückte. Man lese selbst nach, was der bekannte Heimatschreiber August Sieghardt über diesen Naziverbrecher (als nichts anderes muß man ihn bezeichnen) schrieb - siehe letzte Anlage. Wie verlogen doch diese Welt ist! Aber es ist vielleicht gerade letztere Tatsache, die der Wahrheit ihre oft so befreiende und sprengende Kraft gibt. Möge die folgende Materialsammlung, deren Dokumente im einzelnen für sich sprechen, etwas dazu beitragen, der Wahrheit ans Licht zu helfen. Es muß heraus, auch in Höhlenforscherkreisen, nicht nur - und das schon vor über 10 Jahren - bei Historikern des Nazistaates.

SCHRIFTEN
KATER, M. H. (1974)Das "Ahnenerbe" der SS 1935 - 1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. - Stuttgart: DVA
QUENSTEDT, W. (Editus) (1959)Fossilium Catalogus, I: Animalia. - Uitgeverij Dr. W. Junk, 's-Gravenhage
(Wolf s. Fußnoten S. VIII u. XI)
SPEER, A. (1981)Der Sklavenstaat. - Stuttgart
aus QUENSTEDT (1959: XI)


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y) für Karstforschung
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Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher
32 (1)
4 - 8
München 1986

Ahasver Spelaeus
- Erinnerungen an Dr. BENNO WOLF - (1)

von

R. G. SPÖCKER

Unter den Menschen, die ich bei meinen Forschungen kennenlernte, war BENNO WOLF einer der merkwürdigsten. Alle Höhlenforscher - wenigstens alle jene, die ernst zu nehmen sind - weichen in ihrem psychichen Bauprinzip mehr oder minder von der Norm ab. Es gab tausende von Schumachern, aber nur einer war »Poet dazu«. Es gibt dutzende namhafter Höhlenforscher, aber keiner hatte »alle Tassen im Schrank«. Wenn man im Glashaus sitzt, sollte man nicht mit Steinen werfen. Weiß ich, weiß ich. Wer bemerkt schon, wenn er im Glashaus sitzt? Außerdem will ich das Prädikat »namhaft« für mich überhört haben! Es scheint aber ein Naturgesetz zu sein, daß die Menschen dieser Zunft von Anomalien gekennzeichnet sind, die keinen ausschließen.

Um nicht mißverstanden zu werden, es ist nicht sofort etwas Augefallenes an ihnen zu bemerken. Sie sind nicht mit Merkwürdigkeiten behängt, wie ein Weihnachtsbaum mit Glaskugeln. Man wird dessen erst gewahr, wenn man längere Zeit mit ihnen in Berührung ist.

Bei WOLF allerdings bedurfte es keiner Anlaufzeit. Insofern machte er eine Ausnahme unter allen. Er war das, was man schlechthin als Original bezeichnen könnte, ein Mensch, der schon beim ersten Anblick und bei den ersten Worten belustigt aufhorchen ließ. An ihm sprang auf Anhieb ein ganzes Bündel spaßiger Eigentümlichkeiten in die Augen. Er warf eine Figur, die Zeichnungen von DAUMIER oder WEBER zum Vorbild gedient haben könnten. Nicht so sehr in die Breite gewalzt und in den Besonderheiten nicht so sehr betont, wie jene Zerrbilder. In den optischen Grundzügen aber entsprach er von Haus aus solchen Gestalten.

Er war klein, schmalbrüstig, scheinbar etwas schwächlich, in Wirklichkeit allerdings unglaublich zäh. Der nahezu kahle Kopf saß auf einem gedrungenen Halse und neben den unvermeidlichen Attributen dieses Mannes, Eispickel und Stock oder Regenschirm, besaß er ein Bärtchen, in späteren Jahren einen ausgewachsenen Bart. Vielmehr ein Gestrüpp von Bart. Daß er mit diesem Gesichtsschmuck zu Bette ging, kann angenommen werden. Daß er mit Schirm und Pickel das Gleiche tat, dürfte ihm angedichtet worden sein. Im ganzen genommen erinnerte er an einen Zwerg oder an einen geschrumpften Mephisto. Besonders, wenn er neben den massigen Formaten von BOCK, MÜHLHOFER oder PERCO stand. Sein Blick aus den tiefliegenden Augenhöhlen vermochte nur durch ein weites Zurückbiegen des Kopfes dem seiner Partner begegnen. Dann schob sich die Haut über den buschigen Brauen zu unzähligen Falten zusammen, die wie Schwingen eines Vogels von der Stirnmitte aus nach beiden Seiten verliefen. Über der Nasenwurzel bildete sich dabei eine kräftige Mulde. Manches Foto wurde von diesem Dreigestirn 2 geschossen, da es einen Zug ins Komische, ins Groteske enthielt. Das Seltsame dieser Kontrastfiguren forderte geradezu zu einer bildlichen Dokumentation heraus. WOLF wußte das selbst; es störte ihn nicht. Erst recht nicht BOCK und MÜHLHOFER, wenn auch jeder solche Situationen aus seiner eigenen Warte betrachtete.

Zu diesem Eindruck des Augenscheins kam der akustische. WOLFs Stimme war zwar nicht das, was unter Kopf- oder Fistelstimme zu verstehen ist. Sie war so, wie man sie bisweilen bei Liliputanern auf Jahrmärkten venimmt, wenn sie mit besonderer Lautstärke das Publikum auf ihre Attraktionen aufmerksam machen. Hielt er eine Rede - es waren wohlgesetztet klare Reden - dann hatte WOLF meist die Angewohnheit, zur Decke zu blicken, wobei es nicht genügte, nur den Kopf zu erheben. Selbst die Augäpfel schoben sich dann so weit unter die oberen Lider, daß sie fast unter Ihnen verschwanden. Höher, noch höher! Diese Haltung nahm er oft auch ein, wenn er jemandem gegenüberstehend, Erklärungen in dozierendem Ton abgab.

Das waren alles Absonderlichkeiten äußerer Art. Zu ihnen kam eine Verhaltensweise, die schrulllig zu nennen war. »Füttert die wilden Bestien« war eines seiner geflügelten Worte, wenn er den Damen Süßigkeiten aus billigen braunen Tüten anbot. Oder etwa »Der Wolf gibt Pfötchen«. Auch den italienischen Ausdruck »Mostro de mulo« 3 hatte er gerne in Bereitschaft. Die Reichhaltigkeit seines so gearteten Wortschatzes wiederzugeben würde zu füllig werden. Ganz abgesehen davon, daß solche Äußerungen oft auch einmalig aus dem Stehgreif hervorgingen und bereits verhallt waren, noch ehe man sie in ihrem Kern erfaßt hatte.

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Wolf war Jude. 4 In mancher Beziehung hatte er orthodoxe Grundsätze, in wesentlichen Belangen aber war er äußerst weitherzig und den Weisungen des Talmuds nicht blind gehorchend. Seinen Mitmenschen gegenüber zeichnete er sich durch große Duldsamkeit aus. Er war mit soviel charakterlichen Vorzügen und mit Güte ausgestattet, daß das tragische Ende seines Lebens in der zweiten Hälfte des Krieges wieder einmal mehr Abscheu und Verachtung für die Verantwortlichen dieser unseligen Ära wachruft. WOLF wurde mit über siebzig Jahren nach Theresienstadt gebracht. Angeblich! So verlautete aus offiziösen Kreisen. Man durfte sich damals nicht so sehr für den Verbleib von »Staatsfeinden« interessieren. Doch gleichgültig, ob es Theresienstadt war, oder Auschwitz, oder ob er schon in Charlottenburg, seinem Wohnsitz, den Vergasungswagen besteigen mußte, ändert an dem Verbrechen gar nichts. Wann er umkam, wie er umkam und wo, niemand hörte mehr über sein Schicksal. Kein Nekrolog wurde Ihm gewidmet.

Die Männer seiner Zeit konnten sich um ihrem Freund und Kameraden nicht undankbarer erweisen, als mit diesem Schweigen. Mögen diese Worte der verspätete Ersatz eines Nachrufes sein.

Ein Teil seines wissenschaftlichen Erbes ist im Schrifttum verankert. Vieles ging unwiederbringlich verloren. Vor allem am Ende des Krieges durch die Schuld eines maßlos eitlen, ehrgeizigen und geistig minderwertigen SS-Standartenführers.

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Ich begegnete WOLF bei der ersten großen Tagung des Hauptverbandes Deutscher Höhlenforscher im Salzburger Land. Wenn ich nicht irre, geschah es in Werfen Anfang der zwanziger Jahre. Seinerzeit war ich noch ein völlig unbeschriebenes Blatt und ich konnte mir wirklich nicht denken, was die illustre Gesellschaft veranlaßte, mir kleinem Grünschnabel bei dieser Gelegenheit gemeinsam mit einigen alten und unbestritten hochverdienten Forschern den silbernen Höhlenbären an die Brust zu heften. Natürlich war ich stolz. Das Emblem galt damals als hohe Auszeichnung, denn es war erst geschaffen worden.

Doch ich wollte ja von WOLF erzählen. Nur hing vielleicht auch die Dekorierung mit Ihm zusammen. Daher die Abschweifung.

WOLF war ein ruheloser Mann. Man konnte ihn als den Commis Voyageur in karstwissenschaftlichen Anlagen bezeichnen. Er beschaffte Gelder für die Forschung und war damit der Kallagan in Finanzsachen. Er vermittelte wissenschaftliche Spezialisten in aller Herren Länder zur Bestimmung von Pflanzen und Tieren. Er schlichtete - als Landgerichtsrat prädestiniert - Streitigkeiten, redigierte die Fachzeitschrift arbeitete an einer höhlenkundlichen Weltbibliographie und schließlich war er, wie ich eben schon sagte, auch noch Landgerichtsrat in Berlin-Charlottenburg. Das, wie mir schien, nur ganz nebenbei. Was diesen Mann bewog, ausgerechnet Doktor der Rechtswissenschaften zu werden, war unerfindlich. Denn die Höhlenforschung betrieb er schon mit neunzehn Jahren im Triester Karst - also in einem Alter - in dem ihm auch das Studium der Naturwissenschaften noch offenstand. 5

Ein besonderes Steckenpferd von ihm ist nicht zu vergessen! Als ich ihn kennenlernte, war er immer auf der Suche, für die Höhlenforschung neue »Leuchten« zu entdecken. Im bildlichen Sinne natürlich. Es lag ihm feme, die bewährte Grubenlampe durch Besseres zu ersetzen. Er fahndete nach geeigneten Nachwuchskräften, da er selbst wie die gesamte damalige Elite, bereits in vorgeschrittenen Jahren war. Zumindest von meinem Blickwinkel aus.

An jenem ersten Abend nahm er mich beim Arm und wir spazierten durch das nächtliche Werfen. Stimmt, es war Werfen und am Tage vor dem Besuch der Eisriesenwelt. Nun mußte ich ein höhlenkundliches Rigorosum über mich ergehen lassen, das dem Herrn Rat vom Gericht alle Ehre machte. Immer in Abständen von zehn Schritten verhielt er und blickte zum Nachthimmel empor. Jedes Wort kam bedächtig von seinen schmalen Lippen, als lese er es von den Sternen ab. Manchmal waren die Sätze von einem kurzen Stoßen des Kopfes begleitet, wie es ein Huhn tut, wenn es schluckt. Das waren dann die schwerwiegenden Probleme, denen er durch diese Kopfbewegung Nachdruck verlieh.

Das Gespräch ging in erster Linie um die Höhlenflußtheorie von BOCK. Sie war der letzte Schrei und zog mit KATZER gegen die Grundwassertheorie von GRUND ins Feld. Ich hatte mich mit diesen Arbeiten schon eingehend befaßt, so daß mich die Inquisition nicht zum Schwitzen bringen konnte.

Ein anerkennendes Wort war das Ergebnis. Wohlmöglich auch der silberne Höhlenbär. Ich weiß es nicht.

Trotzdem mußte ich immer denken: »Sonderbarer Kauz«.

Später wurden wir gute Freunde. WOLF brachte mich mit dem Ausland in Verbindung mit PERCO, dem Direktor der RR. Grotte demaniali di Postumia, BOEGAN, MÜLLER-TRIESTE und anderen Koryphäen. Er half mir, wo er konnte und ich glaube heute, daß er durch sein rastloses Ermuntern wenigstens mittelbaren Anteil an meinem Vorrücken in die Frontreihe der Zunft hatte.

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WOLF besaß eine alte Haushälterin; er war Junggeselle und blieb es auch. Die Haushälterin war ein Erbstück von seinen Eltern. Man kann es den Gewährsleuten, die sie gekannt hatten, glauben, daß sie ein antiquiertes Stück war und ganz ihm angepaßt. Oder auch umgekehrt, er - ihr. Jedenfalls stand er unter ihrem Matronat. Außerdem hatte er eine Freundin in Kroatien, die MILKA. Sie besuchte er mit der Regelmäßigkeit des Kalenders Jahr für Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt in seinem Urlaub. Wenn er in dem kroatischen Grenzdorf eintraf, »pünktlich wie ein Zugvogel« schrieb MÜHLHOFER einmal, dann riefen die Kinder Gasse auf, Gasse ab: »Bosch! Bosch! Der WOLF ist da, der WOLF ist da«.

Vielleicht war vom seelischen her gesehen MILKA die beflügelnde Kraft, die ihn bei seinen Höhlenerkundungen im Karst zu körperlichen Leistungen befähigte, die dem unscheinbaren, schwächlich gebauten Männchen niemals zuzutrauen waren. Seine Unternehmungen, die er bereits in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann, erfolgten anfangs im Alleingang. Die dabei erzielten Erfolge wurden angezweifelt. Man beurteilte sie als Geflunker, hielt sie für Phantastereien.


Foto: F. MÜHLHOFER (ca. 1930)
Es war nicht zu fassen, daß ein Mensch, noch dazu vom benachteiligten äußeren Format des BENNO WOLF, mit solcher Unerschrockenheit und Waghalsigkeit in Naturschächte einstieg, in Höhlen vordrang, die seither noch kein Auge gesehen, kein Fuß betreten hatte. Alte Routiniers spürten den Dingen nach; sie fanden die Berichte und Entdeckungen bestätigt. WOLF gehörte von da an in ihren Kreis.

Das ging über vierzig Jahre gut, bis ein verruchtes politisches System dem Juden WOLF die Grundlagen für seine Ideale entzog. Bis dahin hatte er ein halbes Tausend Höhlen, darunter ungezählte Schächte und den Karst zwischen Adelsberg und Montenegro durchstreift.

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Seine eigene, schöpferische wissenschaftliche Leistung auf dem Gebiet der Höhlenkunde war gering. Wenn er schrieb, dann waren es zumeist kompilatorische Arbeiten. Bei seinen umfangreichen bibliographischen Kenntnissen hatten sie aber dennoch einen bedeutenden wissenschaftlichen Wert, wie etwa das intemational anerkannte Werk Animalium Cavernarum Catalogus oder Fossilium Catalogus. Die unersprießliche Leere, das Unvermögen, aus seinen Höhlenfahrten die wissenschaftlichen Folgerungen zu ziehen, waren ihm sehr wohl bewußt. Er wollte es nicht anders, oder vielmehr, er konnte es nicht ändern. Das brachten die Umstände mit sich. Berlin war zu weit von Höhlengebieten entfernt und seine vielseitigen organisatorischen Aufgaben zu Hause nahmen ihn voll in Anspruch. 6 So gab das praktische Ergebnis seiner ausgedehnten Höhlenbesuche nur das Polster der Erfahrung ab, auf dem die zusammengetragene Ernte anderer Forscher ausgelegt war. An großen Unternehmungen beteiligte er sich als Schlachtenbummler.

Auf einer Verbandstagung in Österreich eröffnete er einmal die Veranstaltung mit den Worten: »Wir in Berlin haben zwar keine Höhlen, aber wenn wir welche hätten, dann wären sie größer als hier«. Dabei hatte er die kilometerlangen Höhlen des Dachsteins im Auge. Im Grunde entsprang diese Einleitung mehr einem Bedauern, als dem Bedürfnis nach einer witzigen Bemerkung.

WOLF erging sich gerne in Selbstverulkung. Seine Persiflagen schossen manchmal ins Kraut, hatten aber Esprit und gingen nie auf Kosten anderer. Das war umso prickelnder, als er - ein langjähriger Berliner 7- virtuos über die landesübliche Rhetorik verfügte, wenn es sich gerade schickte. Damit nahm er Spöttern von vorneweg den Wind aus den Segeln. Sonst bediente er sich eines gepflegten Schriftdeutsches.

Bedächtiges Sprechen war eine seiner merkwürdigen Angewohnheiten. Es war nicht durch Gedankenträgheit bedingt. Bei längerem Zuhören wirkte es lästig und ermüdend. Wenn es aber jemand einfiel, sich mit ihm anzulegen, kam seine blitzartige Gedankenschärfe an die Oberfläche und das Auditorium war gebannt.

Das geschah zuweilen mit dem bekannten Berliner Prähistoriker WIEGERS, einem fanatischen Antisemiten. Scheinbar scherzhaft, in den Tiefen aber bitter ernst, lieferten sich die beiden Wortgefechte, die in scharf geschliffener Rede einem Zweikampf mit dem Florett glichen. So, wie bei diesem nur der blanke Stahl blitzt und das ungeübte Auge nie gewahr wird, wo die Spitze schwirrt, so folgten hier die knappen Sätze Schlag auf Schlag. Da wurde attakiert und pariert, Hieb fiel auf Gegenhieb und die Angriffe rollten im stetem Hin und Her, daß es den Zuhörern oft den Atem verschlug. Oft brach der Sturm der Heiterkeit über eine Pointe erst los, wenn sie schon um drei Längen zurücklag. So versteckt waren die Spitzen manchmal eingepackt. Die Duelle verliefen zum Ergötzen aller mit Brillianz, so daß sie gelegentlich von Unbeteiligten eingefädelt wurden, wenn das Bedürfnis nach einer attraktiven Unterhaltung aufkam. Meist besorgte das MÜHLHOFER. Er war WOLF sehr zugetan. Also angeheizt setzte sich WOLF mit dem bekannten Blick zur Decke in Positur wie ein Kampfhahn. WIEGERS seinerseits bezog am Tisch vornübergebeugt mit lauerndem Ausdruck Stellung.

Bei diesen ritterlichen, stets mit Würde und nie verletzend ausgetragenen Zweikämpfen wurden die Gegensätzlichkeiten zwischen der intellektuellen Seite WOLFs und seiner auf anderer Ebene liegenden Höhlenleidenschaft am sichtbarsten.

Man mußte ihn mal unter der Erde gesehen haben! Ich hatte wiederholt das Vergnügen. Wie etwa bei der historischen Expedition in die Dachstein-Mammuthöhle, dem ersten Großunternehmen solcher Art, an dem ich mich beteiligte. Wie elegant und mit der Sicherheit eines Affen im Geäst das Männchen hundert Meter tiefe Abgründe auf der Strickleiter auf und ab turnte war nachgerade erstaunlich. Jeder weiß, wie das Steigen auf schwankenden Sprossen an den Kräften zehrt, wenn man nicht ständig in Übung bleibt. Wo hätte WOLF in Berlin Gelegenheit gehabt, elf Monate des Jahres in Übung zu bleiben? Im Gerichtssaal sicher nicht! Wie er über die Blöcke sprang und dann wieder durch fußtiefen Bodenlehm unter niedrigen Felspassagen auf dem Bauche kroch! Das ging seinerzeit in diesem Labyrinth vierundsechzig Stunden so, ohne nennenswerte Rast und Ruhe. -

Stets war auch der Eispickel dabei, wie hinderlich er auch sein mochte. Bei dem Dachsteinunternehmen hatte WOLF sogar eine Höhlen-Kombination übergestreift; offenbar als Zeichen besonderer Bedeutung dieser Forschungsfahrt. Zumeist trug er nämlich in Höhlen einen Frack. Ja, Irrtum ausgeschlossen, sagte LUDWIG THOMA. Der Herr Landgerichtsrat trug in Höhlen einen richtigen, maßgeschneiderten Frack! - Es dürfte auf und unter der Erde kaum je einen zweiten Forscher gegeben haben, der bei seiner Tätigkeit, besonders bei diesem Handwerk, ein solches Kleidungsstück trug. Man stelle sich das Bild vor, das an sich kuriose Portrait im tadellosen Frack, dessen Schöße bis über die Kniekehlen hinabreichten. Dazu steifen Kragen und Krawatte, Goiserer Nagelstiefel, Eispickel und ein schmalrandiges Jägerhütchen oder einen Stahlhelm nullachtfünfzehn auf dem kleinen, viel zu kleinen Schädel. So fuhr er in die Unterwelt ein. Man stelle sich ferner vor, was da nach stundenlangem Klettern, nach Schliefen durch Dreck und Wasserpfützen später wieder ans Licht des Tages kam! Jeder war belustigt, der seiner ansichtig wurde, aber keiner lachte. Der Respekt vor soviel Tapferkeit, vor soviel Mißachtung aller Unbill und Erschwernisse setzte einer Entladung von Heiterkeit die gebührenden Grenzen. Bei allem skurrilen Anstrich, der Mann im Frack war ernst zu nehmen.

Bei der Erforschung einer unerforschten Schachthöhle im Triester Karst stieg WOLF als erster ein. Er ließ sich am Seil zur Tiefe. Der Schacht war, wie sich dann herausstellte, höllisch verzwickt und gefährlich. Durch irgendwelche unglücklichen Umstände wurde die Seilverbindung unbrauchbar. MÜHLHOFER und PERCO, die am Einstieg harrten, hörten keinen WOLF mehr, er blieb verschollen. Stunde um Stunde verrann, nichts rührte sich mehr »Ein Königreich für einen WOLF« oder wenigstens für einen Strick! Als neue Hilfsmittel zur Stelle waren und MÜHLHOFER nichts gutes ahnend zur Tiefe fuhr, fand er WOLF bis zur Brust in einem wassererfüllten Syphon stehend, an dessen schlammigem Ufer er ausgeglitten war. Die Leuchte lag erloschen auf dem Grunde des Syphons und daneben der Eispickel. Der Höhlengnom stand geschlagene fünf Stunden regungslos im kalten Naß. Von nichts als Finsternis und Ungewißheit umgeben, den klatschenden Tropfenfall aus der Höhle zählend, der zeitlos in die Stille sickerte. Dabei sank er langsam aber unaufhaltsam in den morastigen Boden. An den Westenknöpfen tastete er die Wasserstandsmarke ab. Erster Knopf zehn Zentimeter, zweiter Knopf - zwanzig Zentimeter. Ihm war, das Höhlengewässer steige an, während er in Wirklichkeit einsank. Geduldig sah er der Erlösung aus diesem Dilemma entgegen. Was blieb ihm auch anderes übrig. Das Rufen hatte er längst aufgegeben. Jeder Schritt, ob vorwärts oder rückwärts, konnte das Ende bedeuten.

So fand ihn MÜHLHOFER vor. Auf der spiegelnden Wasserfläche schwammen im Scheine der Grubenlampe des Retters die Frackschöße als gespreizter Schwalbenschwanz. Bei diesem Anblick konnte sich MÜHLHOFER eines schallenden Gelächters nicht erwehren. Darüber erst wurde WOLF ungehalten, falls er einer solchen Regung überhaupt fähig war.

* * *

Einmal kam WOLF auf dem Wege nach Kroatien bei mir zu Hause vorbei. Ich war gerade mit der Vorbereitung einer


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Motorradreise nach Marseille beschäftigt und stand vor dem Start. Seiner Überredungskunst gelang es, mich buchstäblich in letzter Stunde für eine Fahrt nach Adelsberg umzustimmen. Schließlich habe er recht, es war gleichgültig, ob man nach Marseille, Buxtehude oder Postumia reiste. Ich hatte die Änderung meines Vorhabens nicht zu bereuen. Mir wurde viel Neues aufgeschlossen und zugänglich gemacht.

Wir arbeiteten nun tagelang mit Instituts-Assistent ANELLI zusammen in der Adelsberger Grotte, der größten Schauhöhle des Kontinents. Für diesmal hatten wir uns den Fang von Höhleninsekten vorgenommen. Leptoderus, Titanetes und was die kleinen Biester sonst für hochtrabende Namen trugen. Ich arbeitete im Overall, auch Schlazanzug genannt, WOLF wie üblich im Frack und mit Eispickel bewaffnet. Wenn da die Höhlenspinnen, Käfer und Heuschrecken nicht bestürzt das Weite suchten!

Als die bekannte Grottenbahn mit ihren hundert Passagieren rasselnd und polternd an uns vorbeifuhr, waren ebensoviele Augenpaare auf WOLF gerichtet. Es war gerade in der Nähe des kleinen Tropfsteingebildes, das man als Grottenzwerg bezeichnet. Die Führer begannen in verschiedenen Sprachen mit ihren Hinweisen »und hier auf der linken Seite sehen Sie...«. Wir standen auf der rechten Seite der Bahn und ganz offenbar verwechselten alle Touristen rechts mit links. Man stieß sich an, man kicherte und selbst Kinder deuteten auf uns, vielmehr auf WOLF. Diese Zufallssituation ist mir unvergeßlich. Nachdem das Gerumpel der Wägelchen in der Ferne verklungen war, nahm ich mir ein Herz: »WOLF, warum ziehst Du in Höhlen eigentlich einen Frack an?«

Er blieb stehen, sein Blick suchte die Höhlendecke und er erwiderte: »Ich benötige - jedes Jahr - ein neues gesellschaftliches Kleidungsstück«.

Pause wie üblich.

»Aus Gründen ökonomischer - rationeller - Lebensführung - trage ich die alten Stücke in Höhlen ab«.

Weitere Pause.

»Mostro de mulo«!

Das war eine einleuchtende Erklärung. Sie mochte auch verständlich, weshalb der Frack trotz Strapazierens und Ramponierens jedes nächste Jahr wie neu aussah, wenn er in den Süden kam. Es war nicht immer der gleiche, es war in der Tat stets ein neuer Frack.

Trotzdem, schrullig fand ich die Sache schon. Nach dem Zweck des Eispickels getraute ich mich nicht mehr zu erkundigen. Wenn mein väterlicher Freund und Gönner auch die Seele von einem Menschen war, auf die praktische Vorführung dieses Gerätes wollte ich es doch nicht ankommen lassen.

Sein Verschleiß an Schirmen und Stöcken auf Exkursionen war enorm, er wurde sprichwörtlich. Bei Tagungsreisen in der Frankenalb beispielsweise liefen nicht weniger als drei Spazierstöcke Hand über Hand seinen Spuren nach. Jedesmal ließ er einen davon stehen, meist an Türen, bei Besichtigungen oder in Wirtshäusern. Er kaufte sofort im nächsten Ort einen neuen. Aber wie zum Hohn folgte der jeweils verlorene wieder nach. Mit der Bahn, durch Boten oder sonstwie.

Wirbel um die Vergeßlichkeit WOLFs gab es immer. Vor allem, sobald die Zeit zur Weiterreise drängte. Zuletzt beschäftigten sich die Gedanken von fünfundzwanzig Tagungsteilnehmern nur noch mit ihm. Sie wurden zur Leibgarde seiner Zerstreutheit.

Einmal, das muß ich noch erzählen, war der Eispickel doch Anlaß zu einem explosiven Gelächter. Etwa vier eingefuchste alte Höhlenforscher umstanden einen vierzig Meter tiefen Schacht unten in der Tschitscheria Nordistriens. Der Abgrund war schon bekannt und sollte auf Knochenreste untersucht werden. WOLF hatte bereits das Seil umgelegt, da hub das Gezeter um den Eispickel an. Jeder riet ihm ab, das hinderliche Ding mitzunehmen. MÜHLHOFER sprach in seiner ruhigen, begütigenden Art auf ihn ein wie auf ein Kind. WOLF seinerseits steigerte sich in einen Eigensinn, bis ihm in drei Teufels Namen der verflixte Eispickel mit ans Seil geknüpft wurde. Endlich konnte es losgehen.

Mit seinem schrillen Stimmchen den damaligen Zunftruf der Höhlenschliefer ausstoßend »Bosch! Bosch!«, verschwand WOLF zufriedenen Gesichts in dem dunklen Loch.

Nach geraumer Zeit erscholl von unten der Ruf des »A«, des Signals zum Aufziehen des Seils. Als das Ende des Stricks heraufkam, hing an der Schlaufe - Sie brauchen keine dreimal zu raten - der Eispickel dran. Diesmal konnte sich die stürmische Heiterkeit ungehemmt austoben. WOLF hörte es nicht. Für heute blieben die Schlazgenossen hart. Er sah seinen »Unentbehrlichen« erst wieder nach Abschluß des Untemehmens. WOLF war es damit auch zufrieden, er trug nichts nach.

* * *

Wie ich WOLF kannte, hatte er seine innere Größe auch nicht verloren, als er von den braunen Henkern zum letzten Gang abgeholt wurde. Hätte er seinen gestiefelten Schergen doch zuvor den Eispickel in die himlosen Schädel geschlagen! Sein unentbehrliches Gerät wären wenigstens einmal für einen vernünftigen Zweck gut gewesen. Er wußte sicher, daß sich an seinem tragischen Ende nichts geändert hätte. Doch er war ein zahmer Wolf, dieser schrullige BENNO WOLF aus Berlin, dieser Ahasver Spelaeus.

IN MEMORIAM Dr. BENNO WOLF!

Anmerkungen
(Bearbeitet von F. REINBOTH, Braunschweig u. F. KNOLLE)

1) Der Aufsatz SPÖCKERs entstand etwa 1947 - 1949 für die Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Karstforschung. Da diese Zeitschrift mit dem Jahrgang 1950 ihr Erscheinen einstellte, kam er nicht mehr zum Abdruck. Nur durch Zufall ist das Manuskript erhalten geblieben. Dazu schrieb SPÖCKER in einem Brief v. 24.11.1974 an Dr. K. DOBAT, Inst. f. Biologie d. Univ. Tübingen: »Hiermit komme ich auf mein Schreiben vom 20.10.74 zurück, in dem ich von wiederentdeckten alten Manuskriptfahnen berichtete. Von deren Existenz und Inhalt hatte ich überhaupt keine Erinnerung mehr. Beifolgend nun die Kurzbibliographie über Wolf. Sie entstand vor über einem viertel Jahrhundert; den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht. Sie hat mir beim Lesen nun doch entsprochen, da sie mir heute im Rückblick vermutlich mehr sagt als damals. Vielleicht kann man das unter den Begriff Nostalgie einordnen. Dazu eine kurze Erläuterung.
Das Stück entstand mit anderen, nun längst verblichenen Artgenossen im Zuge einer begonnenen Autobiographie. Ich wollte die Abschnitte über diese und über Wolf seinerzeit in der Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft (für Karstforschung) veröffentlichen. Nach dem Affront mit der Naturwissenschaftlichen Fakultät Erlangen Anfang der fünfziger Jahre habe ich bündelweise Manuskripte (wissenschaftliche und belletristische), Karteien und Originalpläne verbrannt. Reste von Papieren, die als »Schmierpapier« einst zur Seite gelegt wurden, sind durch Zufall erhalten geblieben und mir vor einiger Zeit in die Hände gekommen. Das schlechte Nachkriegspapier ist auf dem Speicher stark vergilbt, die Durchschlagschrift so zerrissen und verblaßt, daß keine lesbare Fotokopie mehr davon anzufertigen war. So wurde eine Abschrift gemacht, die hiermit folgt. Sie entspricht wortwörtlich dem damaligen Text. Wenn ich mich auch heute nicht mehr auf alle geschilderten Episoden mit Wolf und anderen Genossen entsinne, so scheint mir die Charakterisierung des Mannes doch recht gut festgehalten. Jedenfalls können Sie sich ein


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Bild vom ihm machen, das auf anderem Wege kaum mehr zu erhalten ist«.
Hierzu wiederum teilte K. CRAMER, der auch die Kopie des oben wiedergegebenen Briefes nebst Anlage zur Verfügung stellte, m.D.v. 20.1.1986 an F. KNOLLE mit: »Anbei ein Manuskript von Spöcker über Wolf. Dieses wurde von Dobat und mir Herrn Binder zur Veröffentlichung in den VerbandsMitteilungen empfohlen (das war schon nach Spöckers Tod). Ich weiß nicht, warum es nicht zum Druck kam.#
Nicht alle der aus der Erinnerung niedergeschriebenen Einzelheiten in Spöckers Schrift halten einer Nachprüfung stand; wesentliche Irrtümer sind in den folgenden Anmerkungen richtiggestellt oder stillschweigend korrigiert. Von einigen Ausdrücken abgesehen, die mißverstanden werden könnten, blieb der Text unverändert. SPÖCKERs Schilderung ergänzt in treffender Weise das Bild, das FRIEDRICH STOLBERG 1924 in einem Reisebrief von BENNO WOLF gezeichnet hat (Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde in Niedersachsen Nr. 4, Osterode 1984: S.15 - 26). Eine Lebensbeschreibung WOLFs gab ADOLF WAGNER in: Erinnerungen an Landgerichtsrat Dr. Benno Wolf. - Mitt.-Bl. der Abt. für Karst- und Höhlenkunde der NHG Nümberg 14 (1/2), Nr. 24, 1981: S. 8 - 16. Biographische Angaben liefert auch WERNER QUENSTEDT in: Fossilium Catalogus I: Animalia. Ed. W. Quenstedt. - s'Gravenhage 1959: S. VIII und XI. Der nachstehende tabellarische Lebenslauf folgt deren Angaben:

BENNO WOLF, geb. 26.9.1871 (16.10.?) in Dresden als Sohn des Arztes Dr. PAUL WOLF; evangelisch getauft.
Schulausbildung 1877 - 1880, Privatunterricht, 1881 Vevey, 1883 Internat in Weinheim; Gymnasien in Wiesbaden und Dresden: Abitur 1892.
Jurastudium in Freiburg, München und Berlin. 1895 Referendarexamen in Berlin. Promotion in Leipzig. Referendartätigkeit in Altenkirchen, Wiesbaden, Braubach, Frankfurt a. M., dort 1901 große juristische Staatsprüfung. 1908 Landrichter in Elberfeld. 1912 Versetzung an das Landgericht II in Berlin, 1915 Landgerichtsrat. Abschiedsgesuch 1933.
Höhlenkundliche Tätigkeit seit 1898, zunächst im Triestiner Karst, 1908 - 1912 in Westfalen, Gründung des Rheinisch-Westfälischen Höhlenvereins. 1922 Mitbegründer des Hauptverbandes deutscher Höhlenforscher, 1923 der Gesellschaft für Höhlenforschung Berlin. Schriftleitung der Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung von 1924 bis etwa 1937. Veröffentlichungen über Höhlen im Karst und in Westfalen; zahlreiche juristische Aufsätze vor allem über naturschutzrechtliche Fragen; »Animalium cavernarum catalogus« und »Fauna fossilis cavernarum« (1934 - 1938). Verhaftung durch die Gestapo am 6.7.1942 und »Überstellung« nach Theresienstadt am 8.7.1942. Dort verliert sich WOLFs Spur.

2) Gemeint sind BOCK, MÜHLHOFER und WOLF. Leider konnte bisher noch keines dieser Fotos ermittelt werden.

3) Etwa: »Alter Maulesel«, wobei er mit solchen Ausdrücken niemals jemanden anderen bezeichnete, sondern stets sich selbst meinte.

4) WOLF war zwar jüdischer Abstammung, war aber evangelisch getauft. Danach ist das Folgende zu relativieren.

5) WOLF betrieb seit 1898, d. h. mit 27 Jahren Höhlenforschung und trat 1902 verschiedenen Höhlenvereinen bei (»Hades«, »Touristi Triestini« u. a.). Vorher war er aktiver Alpinist. Als Jurist hat er großen Anteil an der Entwickkung des Naturschutzrechts, über das er zahlreiche Aufsätze veröffentlichte.

6) Die außerordentliche organisatorische Begabung WOLFs zeigt nicht nur seine langjährige Tätigkeit in Vorstand des Hauptverbandes deutscher Höhlenforscher. Der Vorschlag eines nach einheitlichen Gesichtspunkten aufzustellenden Höhlenkatasters stammt von WOLF. Daß diese damals bahnbrechende Idee aus dem Jahre 1924 dann von HIMMLERs »Ahnenerbe« in die Tat umgesetzt wurde, ist eine Ironie des Schicksals.

7) Der 1871 in Dresden geborene WOLF war seit 1912 bis zu seiner »Überstellung« nach Theresienstadt 1942 in Berlin ansässig.

# : Das Manuskript wurde H. BINDER nicht zum Abdruck vorgelegt; er habe es nicht gekannt (mdl. Mitt. H. BINDER 1987 an F. KNOLLE).


aus:Mitt.-Bl. Abt. Karst- u. Höhlenkde.
Naturhist. Ges. Nürnberg 14(1/2),
Nr. 24, S. 8 - 16, 1981.
 
Erinnerungen an Landgerichtsrat Dr. Benno WOLF

von Adolf Wagner

Anläßlich der 60-jährigen Jubiläumsfeier der Karstabteilung im Jahre 1981haben wir auch Gelegenheit, eines verdienten Höhlenforschers zu gedenken: vor 110 Jahren, am 26.10.1871, wurde Benno WOLF zu Dresden geboren, als Sohn "nicharischer" Eltern. Sein Vater war der praktische Arzt Dr. Paul WOLF.

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Im folgenden sei der schulische und berufliche Werdegang von Benno Wolf dargestellt.
Bis 1880 lebte er in Dresden. Vom 6. Lebensjahr ab erhielt er Privatunterricht. 1881 wurde Benno von seinen Eltern zum Erlernen der französischen Sprache in eine Pension nach Vevey am Genfer See geschickt, 1883 dann in das Bender'sche Internat in Weinheim an der Bergstraße. Anschließend besuchte er die humanistischen Gymnasien in Wiesbaden und Dresden, wo er auch 1892 sein Abiturientenexamen machte. Dann wandte sich Benno Wolf dem juristischen Studium zu, studierte an den Universitäten Freiburg im Breisgau, München und Berlin. Im Jahre 1895 bestand er in Berlin sein Referendarexamen und in Leipzig das Doktorexamen. Als Referendar war Dr. Wolf in Altenkirchen im Westerwald, Wiesbaden, Braubach und Frankfurt am Main tätig, bestand dort 1901 die große juristische Staatsprüfung und wurde schließlich 1908 zum Landrichter in Elberfeld bestellt. Im Jahre 1912 erfolgte seine Versetzung an das Landgericht II in Berlin, und 1915 wurde Dr. Wolf zum Landgerichtsrat ernannt.
Schon als Kind zeigte Benno WOLF großes Interesse an der Natur, anfänglich in seiner Neigung zum Alpinismus. Jedes Jahr wanderte er in den Alpen; so erstieg er den Monte Rosa, das Matterhorn, die Jungfrau und über 200 andere Berggipfel, teils am Anfang mit Bergführer, später auch selbst als Führer, aber auch allein, und noch 1931 ging er auf den Triglav. Durch die Touristik kam er 1898 erstmals mit den Höhlen in Berührung. Schon nach wenigen Jahren vermaß Dr. Wolf etwa 250 Höhlen und hat diese zum größten Teil auch beschrieben. An der Entwicklung der deutschen Speläologie nahm er mit Energie und großem Idealismus teil.
In organisatorischer Beziehung gehörte Dr. Wolf ab 1902 den "Touristi Triestine", der Höhlenforschergruppe "Hades", der Sektion Küstenland des deutschen und österreichischen Alpenvereins und der französischen "Societe de speleologie" an. Dr. Wolf war später auch Mitglied unserer Abteilung - der Sektion Heimatforschung der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg.
Als Landrichter in Elberfeld gründete er schon 1908 den Rheinisch-Westfälischen Höhlenforschungsverein, dessen Mitteilungshefte zum größten Teil Beiträge mit Dr. Wolfs eigenen Forschungsergebnisen brachten. Nach dem ersten Weltkrieg wurde mit Oberstleutnant MÜHLHOFER (Wien) 1922 der Hauptverband Deutscher Höhlenforscher gegründet, bei dem Dr. Wolf zunächst den Posten des 2. Präsidenten bekleidete. In Berlin wurde dann 1923 als Regionalorganisation die Gesellschaft für Höhlenforschung gegründet, und

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Dr. Wolf in den beiden Organisationen zum Vorstand ernannt, dem die gesamte Geschäftsführung unter alleiniger Verantwortung oblag. Alle diese Vereine unterstützte Dr. Wolf auch finanziell. Ab 1924 gab er die "Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung" heraus. Weiter gründete er eine Zentralstelle, welche die Vermittlung von Höhlenfauna bei den zuständigen Fachgelehrten betrieb.
In den Jahren 1908 bis 1910 wurde Dr. WOLF mit Empfehlung des österreichischen Reichskanzlers beauftragt, im Okkupationsgebiet Montenegro zur Entwässerung West-Montenegros den dazu allein möglichen Weg - die Erforschung der Abflußhöhlen - zu klären. Dabei hat Dr. Wolf etwa 40 Höhlen als erster erforscht und beschrieben. Seine wissenschaftliche Tätigkeit erstreckte sich vor allem auf die Zoogeographie und Karsthydrographie, doch besonders intensiv war sein bibliographisches Engagement. Leider ist ein großer Teil seiner höhlenkundlichen Literatur verzettelt.
Höhepunkte seiner wissenschaftlichen Studien waren die von ihm herausgebrachten Werke

Animalium cavernarum catalogus
I. Bibliographie
II. Höhlenkatalog
III. Tierkatalog
und
Fauna fossilis cavernarum I, II.
Weitere Werke von Dr. Wolf waren in Vorbereitung. Die letztgenannten Werke haben in wissenschaftlichen Kreisen die höchste Anerkennung gefunden.
Betrachtet man all diese Stationen der Höhlenforschung, wird man von großer Bewunderung für diesen Mann erfaßt. Dr. Benno WOLF hatte ja auch seinen Beruf, und auch hier war er bahnbrechend und schöpferisch tätig. So hat er in Berlin das sogenannte "Kleine Naturschutzgesetz vom 8. Juli 1920" verfaßt, welches später Grundlage für das nach 1933 erlassene Reichsnaturschutzgesetz wurde. Auf rein juristischem Gebiet hat Dr. Wolf einen "Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch unter Berücksichtigung der Rechtssprechung der gesamten oberen Gerichte des Deutschen Reiches", ein "Polizeiverordnungsrecht", die Gesetzgebung über das Polizeiverordnungsrecht in Preußen und ein "Recht der Naturdenkmalpflege" herausgebracht. Außerdem war er Mitarbeiter an einer mietrechtlichen Zeitschrift. Nach der Machtergreifung 1933 durch Hitler hielt Dr. Wolf es für richtig, nicht erst zu warten, bis man ihm sagte, daß man seiner Dienste nicht mehr bedürfe, sondern er reichte bald selbst sein Abschiedsgesuch ein. Nun mußte er eine schlimme Zeit erleben.


 

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Im Alter von 70 Jahren am 6.7.1942 in Berlin verhaftet, nach Theresienstadt und später vermutlich nach Auschwitz gebracht, hat er dort den Tod gefunden. Nachforschungen unserer Abteilung erbrachten nicht genau, wo der Weg Dr. Benno WOLFs endete.
Wir und alle, die ihn schätzten, werden diesen Mann nie vergessen, der vor allem für uns Höhlenfreunde Unermeßliches geleistet hat.

Verzeichnis der literarischen Tätigkeit von Dr. Benno WOLF
 
1903Varie visite a grotte.
Il Tourista 10. S. 102-106. Triest.
1908Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. -
Halle.
1909aVarie esplorazioni di soci. -
Il Tourista 14. S. 52-53. Triest.
1909bVarie esplorazioni di soci. -
Il Tourista 12/13. S. 83-86. Triest.
1909cEsplorazioni speleologiche nel Montenegro. -
Il Tourista 12/13, S. 54-56. Triest.
1910aWestdeutsche Höhlen I. -
Mitteilungen des Rheinisch-Westfälischen Höhlenforschungsvereins,
Heft 2, S. 2-16. Elberfeld.
1910bHöhlenforschungen in Montenegro. -
Mitteilungen für Höhlenkunde 3, S. 1-10. Graz.
1910cDie Gesetzgebung über das Polizeiverordnungsrecht in Preußen. -
Halle.
1911a(WOLF/PAECKELMANN) Der Hardtberg des Wuppertals und seine Höh-
len. -
Mitteilungen des Rheinisch-Westfälischen Höhlenforschungsvereins
Heft 3, S. 1-8. Elberfeld.
1911bBericht über die 1910 in Montenegro vorgenommenen Höhlenforschun-
gen. -
Mitteilungen für Höhlenkunde 4, Heft 2. S. 3-5. Graz.
1911cNeue Höhlen im Triester und Adelsberger Karst. -
Mitteilungen für Höhlenkunde 4, Heft 3. S. 1-3. Graz.
1912aNeue Höhlenforschungen im küstenländischen Karst. -
Jahresbericht der Sektion Küstenland, S. 29-34.
1912bNeue Forschungen im küstenländischen Karst. -
Mitteilungen für Höhlenkunde 5, Heft 10, S. 4-9. Graz.

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1913aNeue Höhlenforschungen im Triester Karst. -
Jahresbericht der Sektion Küstenland, S. 37-42.
1913bWestdeutsche Höhlen II. -
Mitteilungen des Rheinisch-Westfälischen Höhlenforschungsvereins
Heft 5, S. 1-6. Elberfeld.
1913cÜber die Sicherung von Naturdenkmälern in Privatbesitz.
Vorschläge zum gesetzlichen Schutz. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 4, S. 29-37. Berlin.
1913dHandkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl. -
Halle.
1916Die Bedeutung der Höhlenforschung für die Anthropologie. -
Natur, Halbmonatsschrift für Naturfreunde, S. 220-222. Leipzig.
1917Über die Sicherung der Nußbäume und Edelkastanien im Kriege. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 6, S. 37-46. Berlin.
1918Wo bleibt das Baugesetz. -
Die Bauwelt 9, Nr. 46, S. 3-4.
1919aDer Heimatschutz in dem Entwurf einer neuen preußischen Bauord-
nung. -
Die Bauwelt 10, Nr. 1, S. 3-4.
1919bZur Refom des Vogelschutzrechtes. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 6, S. 288-307. Berlin.
1920aDas Recht der Naturdenkmalpflege in Preußen. -
Berlin.
1920bDie Fortschritte in der Gesetzgebung für Natur- und Heimatschutz
seit dem Jahre 1914. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 6, 456-466. Berlin.
1920cDas Gesetz vom 8. Juli 1920 zur Änderung des § 34 des preußischen
Feld- und Forstpolizeigesetzes. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 9, S. 84-91. Berlin.
1922Praxis des Gesetzes vom 8. Juli 1920. -
Beiträge zur Naturdenkmalpflege 9, S. 296-301. Berlin.
1923Zur Polizeiverordnung für Preußen vom 30. Mai 1921 zum Schutze
von Tierarten und Pflanzen. -
Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, S. 41-43.
1924ffBerichte über die Tagungen des Hauptverbandes Deutscher Höhlen-
forscher.
Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung. Berlin.
(Herausgeber Dr. Benno Wolf)

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Abb. 1: Dr. Benno WOLF im Alter von 60 Jahren.
Foto: MÜHLHOFER 1931
Abb. 2: Müde, verfolgt und immer auf der Flucht vor den Nazis sitzt Dr. Benno WOLF im Zugabteil.
Foto: unbekannt
( sic ! ; F. Kno. )

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1930aZur preußischen Ministerialpolizeiverordnung vom 16. Dezember 1929
zum Schutze von Pflanzen und Tierarten. -
Naturdenkmalpflege und Naturschutz in Berlin und Brandenburg,
Heft 4, S. 97-99.
1930ffBearbeitung von mietrechtlichen Entscheidungen für die Zeitschrift
"Das Grundeigentum".
1932Forschungen im Zugspitzgebiet. -
Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung, S. 153-154. Berlin.
1934-1938Animalium cavernarum catalogus, 3 Bde. Berlin und s'Gravenhage.
1938Fauna fossilis cavernarum I, II. s'Gravenhage.

Dieses Verzeichnis erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
 
 
Quellen:
MÜHLHOFER, F.Dr. Benno Wolf, Sechziger! -
Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung, S. 127-128. Berlin
1931.
ZELTER, W.Personalien. -
Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung, S. 32. Berlin 1932.
SPÖCKER, R.1947 - 1949 (wahrscheinlich unter "Verschiedenes", "Geschäftliche
Mitteilungen" usw. in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft
für Karstforschung, Nümberg).

Archiv Klaus CRAMER
 
DOBAT, K.Die Höhlenfauna der Fränkischen Alb. -
Berichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth XVI,
S. 11-240. Bayreuth 1978.

Anmerkungen der Redaktion:
Die Höhlenkundliche Bibliothek Dr. WOLFs - Sonderdrucke, Bücher, Zeitschriften - kam nach dem Kriege an die Abteilung für Karstforschung der NHG. Der Bestand an Sonderdrucken (1730 Stück) ist thematisch aufgearbeitet und liegt in Fom von Übersichtstafeln vor (siehe Heft 2/1973 des Mitteilungsblattes).

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Da der Verfasser des Beitrages während der redaktionellen Arbeit an diesem Heft verstarb, konnte die Bibliographie mangels Rückfragemöglichkeit nicht mit der gewohnten Sorgfalt erstellt werden. Wir bitten unsere Leser deshalb um Nachsicht.
Besonderen Dank möchten wir aber an dieser Stelle Herrn Dieter STOFFELS, Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Sauerland, aussprechen, der uns seine Kenntnisse über Dr. WOLF zur Verfügung stellte und noch einige Lücken schließen half.

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TEUFELSHÖHLE
POTTENSTEIN
 
 

Von
August Sieghardt
 
 
 
 
 

F R Ä N K I S C H E  S C H W E I Z


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Darüber hinaus macht es sich diese Broschüre auch zur schönen Pflicht, einiges über die Persönlichkeit jenes Mannes zu sagen, dem wir die wissenschaftliche und technische Erschließung der Teufelshöhle verdanken: Prof. Dr.-Ing. HANS BRAND, einem der bedeutendsten Höhlenforscher Deutschlands, der in der Zugänglichmachung dieser Höhle in Jahrzehnten ein Lebenswerk vollendet hat, das unser aller Bewunderung verdient. Sein Name ist für alle Zeit unlösbar mit der Fränkischen Schweiz verbunden; ein äußerliches Zeichen des Dankes für ihn sei diese Schrift über die Teufelshöhle.

Grassau im Chiemgau, im Frühjahr 1961

August Sieghardt

Der Erschließer der Teufelshöhle

Prof. Dr.-Ing. Hans/Brand zum Gedächtnis

Am Eingang zur Teufelshöhle prangt eine erzgegossene Gedenktafel, die am 9. April 1961 feierlich enthüllt worden ist. Sie veranschaulicht den Kopf Prof. Dr.-Ing. Brands und trägt die Inschrift: "Dem Erforscher und Erschließer der Teufelshöhle und unermüdlichen Förderer der Fränkischen Schweiz in Verehrung und Dankbarkeit die Stadt Pottenstein." Die Tafel gilt dem Manne, dem wir es verdanken, daß wir die Wunderwelt der Teufelshöhle mühlos und bequem im Schein der elektrischen Lampen und Scheinwerfer genießen: dem am 9. April 1879 in Bayreuth geborenen Bergbauingenieur, Karst- und Höhlenforscher sowie Lagerstättengeologen Diplomingenieur PROF. DR. HANS BRAND. Sein Lieblings-Landschaftsgebiet war schon von Jugend an die Fränkische Schweiz und hier hatten es ihm besonders die Höhlen angetan, deren Geheimnisse ihn in ihren Bann zogen. In späterer Zeit, als er das Studium als Hoch-, Tief- und Bergbauingenieur hinter sich hatte, als Hans Brand sich auch als Architekt und Wissenschaftler, als Techniker und Künstler, vor allem aber als Karstforscher und Geologe einen Namen gemacht und auf großen Reisen fast alle Länder der Erde kennengelernt hatte, widmete er sich mit Leidenschaft der Erforschung der Jurahöhlen in seiner oberfränkischen Heimat, wobei er vielfach ganz neue Wege beschritt, die anfangs nicht immer den Beifall von Fachkreisen fanden.
Sein Hauptinteresse konzentrierte sich auf die im Weihersbachtal bei Pottenstein gelegene TEUFELS-HÖHLE, mit deren Erforschung und Vermessung sich bereits mehrere Höhlenforscher befaßt hatten. Keiner von ihnen kam auf den Gedanken, daß sich diese Höhle, die nur 80 m weit ins Innere des Berges führte, noch

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viel weiter hinein erstrecken müsse; diese Erkenntnis blieb allein Prof. Dr.-lng. Hans Brand vorbehalten, der mit seiner wissenschaftlichen Theorie recht hatte und dem es in jahrzehntelanger zäher Arbeit auch gelang, die Teufelshöhle in einer Länge von über 1500 m zu erschließen und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Eine aufsehenerregende naturwissenschaftliche Entdeckung gelang Prof. Brand im Jahre 1899, aIs er als erster die 105 m tiefe Fellner-Doline bei Gößweinstein befuhr, eine Karstdoline, auf deren Grund sich die tiefste Ponorhöhle Deutschlands öffnet; Prof. Dr.-Ing. Brand gelang die Entdeckung durch künstliche Aufschlüsse. Bei der Erforschung anderer Höhlen in der Fränkischen Schweiz wurde er oftmals zu Rate gezogen. Bei der Erschließung der Teufelshöhle betrieb Prof. Dr.-lng. Brand die Höhlenforschung erstmals mit modernen technischen Mitteln, seine Untersuchungen haben neue wichtige Erkenntnisse gebracht.
Von besonderer Dankbarkeit und Verehrung gegenüber Prof. Dr.-Ing. Brand sind die Bewohner der Stadt Pottenstein erfüllt.
Diese Stadt wurde dem Genannten zur zweiten Heimat, die er zuletzt auch zu seinem ständigen Wohnsitz wählte. Dort wurde er der Schöpfer des stilvollen St.-Elisabeth-Brunnens auf dem Marktplatz, der an den Aufenthalt der Heiligen auf Burg Pottenstein in den Jahren 1228/29 erinnert. Das prachtvoll im Weihersbachtal am Weg zur Teufelshöhle gelegene Felsenschwimmbad der Stadt Pottenstein, eine der schönsten und größten Badeanlagen der Fränkischen Schweiz, ist ebenfalls nach den Plänen Prof. Dr.-Ing. Brands entstanden. Auch die Anlage des nahen Stausees und die Planung der neuen Straßenführung im Weihersbachtal sind sein Werk, desgleichen die 1932 erbaute 36 m lange Teufelshöhlenbrücke, die hundert Meter talabwärts der Höhle die 18 m tiefe, klammartige Talschlucht überquert und die kürzeste Verbindung herstellt zwischen der Wirtschaftsterrasse der Teufelshöhle und der Autostraße Pottenstein - Pegnitz.

Prof. Dr.-lng. Hans Brand, dem die Fränkische Schweiz, besonders die Stadt Pottenstein, so viel verdankt - eine Zeitlang war der Genannte auch Vorstand des Fränkischen Schweiz-Vereins - hat seinen Lebensabend in seinem geliebten Pottenstein verbracht, dessen Ehrenbürger er war. Am 10. Januar 1959 ist er, einer der bedeutendsten Wissenschaftler und Forscher Frankens, weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt, im Alter von 80 Jahren gestorben. Auf dem Friedhof seiner Vaterstadt Bayreuth hat er seine letzte Ruhestätte gefunden. In seinem großartigen Werk, die Erschließung der Teufelshöhle, lebt sein Name fort in allen Zeiten.

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der schönsten Freibäder in der Bundesrepublik gilt, verfügt auch über zeitgemäße Sportanlagen, es hat z. B. Sprungbalkons für 4, 7 und 10 m Tiefsprung. Beim Aushub der Badeanlage wurden zahlreiche vorgeschichtliche Funde ausgegraben, die im Heimatmuseum Pottenstein Aufnahme fanden. Ein Fußgängersteg führt über den Weihersbach, entlang eines Stausees, von wo man in einer Viertelstunde zum Eingang der Teufelshöhle kommt. Diesen erreicht man auch entlang der Autostraße, wobei man auf

Teufelshöhle mit Terrassencafé

der 36 m langen hölzernen Teufelshöhlen-Brücke eine 18 m tiefe klammartige Talschlucht überschreitet. Es ist ein Bauwerk, das durch die Kühnheit seiner Konstruktion (nach Plänen Prof. Dr.-Ing. Brands) Bewunderung erregt Der weitere Weg zum Höhleneingang ist längs des steilen Talhanges in die Felswände eingesprengt. Die Tragbalken der Brücke werden von einern Sprengwerk getragen, das sich auf ehemals abgestürzte mächtige Felsblöcke des östlichen Talhanges und auf Felstreppen des steilen Westhanges stützt. Das Sprengwerk übernimmt eine Spannweite von 20 Metern.

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