Steinkirche bei Scharzfeld / Harz Ralf Nielbock * Beschreibung des Objektes: Die Steinkirche, etwas nördlich der Ortschaft Scharzfeld gelegen, ist eine natürliche Klufthöhle im Dolomit. Dieses Gestein gehört zu den 270 Mio. Jahre alten Ablagerungen des Zechstein-Meeres der Permzeit. Reliktartik stehen hier viele Klippen aus diesem Dolomitgestein an. Allmähliche Lösung des Gesteins durch kohlensäurehaltige Wässer hat zur Bildung vieler Höhlen in diesem Karstgebiet geführt. In christlicher Zeit baute man die Höhle zu einer Kirche um. Deutlich sind Bearbeitungsspuren an den Felswänden zu erkennen, unter anderem eine als Weihwasserbecken gedeutete Eintiefung an der Nordwand und die als "Altar" bezeichnete Nische in der Südwand, ferner die Ausmeißelung am Höhleneingang, vermutlich für eine Torkonstruktion. Weitere Funde (Dachziegelbruchstücke, Teil eines gotischen Maßwerks, Mauerreste am Höhleneingang) deuten auf ergänzende Baulichkeiten hin. In den Jahren 1925/1928 wurden hier von Jakob-Friesen vom Provinzialmuseum Hannover archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Sie ergaben eine damals sensationelle Entdeckung: Die Höhle und ihr Vorplatz dienten gegen Ende der Älteren Steinzeit ca 15.000/10.000 v.u.Z. Rentierjägern als Rastplatz. Zahlreiche Funde, vor allem Messer, Kratzer und Klingen aus Feuerstein, der Rest einer Knochennähnadel und viele Tierknochen vor allem von Rentieren (siehe Foto) wurden bei Ausgrabungen dieser altsteinzeitlichen Höhlenstation geborgen. Zudem kamen zahlreiche Bestattungen aus dem 12. bis 13. Jahrhundert zum Vorschein. Auch konnten Artefakte und Tierknochen aus der Latenezeit nachgewiesen werden. Um späteren Ausgräbern etwas übrig zu lassen, stellte man die Grabungen ein und ließ das übrige Gelände vorsorglich unangetastet. Leider erwiesen sich die nachfolgenden Ausgräber als unprofessionell. Es erfolgte 1937 eine sinnlose Zerstörung dieser bedeutenden archäologischen und quartärpaläontologischen Fundstelle in Niedesachsen durch das sog. " Ahnenerbe " der SS. Eine Untersuchung mit nachfolgender Grabung des sog. "Schachtes" nach 1997 ergab ein ähnliches Bild wie in der nahen Einhornhöhle: Auch die Basis dieser Höhle ist in viel größerer Tiefe als bislang angenommen. Unterhalb der heutigen felsigen Lauffläche befinden sich metertiefe feingeschichtete und bislang unerforschte eiszeitliche Sedimentpakete. Bei den Ausgrabungen durch Jakob-Friesen wurden auch viele Wirbeltierknochen von Säugern, Vögeln, Amphibien und Fischen geborgen. Die Verteilung der fast 50 Vertebraten-Arten auf die einzelnen Schichten ergab, dass innerhalb der Sedimentationszeit eine Klimaverbesserung eintrat. In den liegenden Schichten herrschten noch kaltzeitliche Formen mit Rangifer tarandus (Rentier) als prägendes Element vor. Diese Fauna, ins Alleröd gestellt, wird abgelöst von einer dem Präboreal zugeordneten Fauna, die zwar noch kaltzeitliche Reliktelemente wie Lagopus lagopusund L. mutus enthält, aber bereits durch Talpa europaea (Maulwurf) und Wühlmausarten geprägt ist. | | Lageplan und Risszeichnung der Steinkirche (nach F. Stolberg) | Geweihbruchstück eines Rentiers, Grabung Jakob-Friesen, Objektbreite ca. 9 cm (Foto: R. Nielbock) | Welche Karten gibt es - Topographie, Geologie: Topogr. Karte 1:25.000, Blatt 4328 Bad Lauterberg am Harz, Geol. Karte 1:25.000, Blatt 4328 Bad Lauterberg am Harz, Geol. Übersichtskarte 1:200.000, Blatt CC 4726 Goslar, Geol. Karte 1:100.000, HarzLiteratur zum Geotop: Claus, Martin (1978): Archäologie im südwestlichen Harzvorland. - 192 S., 74 Abb.; Hildesheim. List, Anette (2003): Ortschronik Höhlendorf Scharzfeld. - 288 S., 83 Abb. 32 Taf.; Herzberg. Nielbock, Ralf (1994): Quartärfaunen am südwestlichen Harzrand. - Die Kunde N.F., S. 100-220; Hannover. Was kann man sonst noch besichtigen: Steinzeitwelt Scharzfeld: Einhornhöhle, Kleinhöhlen und Abris am Steinberg im Zechsteindolomit; Burgruine Scharzfels, Rhumequelle Handelt es sich um ein Naturschutzobjekt: Die Steinkirche ist Natur- und Kulturdenkmal Geländeeigentümer: Realgemeinde Scharzfeld Was gibt es zu berücksichtigen: geotouristische Betreuung und weitere Infos: Haus Einhorn, Einhornhöhle, 37412 Herzberg - Scharzfeld, Tel. 05521 - 997559 Wo kann man essen, übernachten: Hotels, Gaststätten im Ort, Höhlenbaude Haus Einhorn Internet-Adressen: www.nlfb.de/geologie/anwendungsgebiete/objektliste-geotope.htm , www.dgg.de , www.geo-top.de , www.geotope.de , www.tag-des-geotops.de , www.geoakademie.de , www.einhornhoehle.de Adresse: Einhornhöhle, Haus Einhorn, 37412 Herzberg - Scharzfeld, Tel. 05522 -997559, e-mail: mail@einhornhoehle.de Herausgeber und Fachbehörde für den Geotopschutz: Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Stilleweg 2, 30655 Hannover, Tel.: 0511-643-0, 0511-643-2304, www.nlfb.de NLfB- Codierung: Geotop 4328/05, TK25: 4328 Bad Lauterberg, R 35 95 580 , H 57 23 000 Verantwortlich: NLfB: Dr. Heinz-Gerd Röhling * Gesellschaft Unicornu fossile e.V., Im Strange 12, 37520 Osterode am Harz, Tel.: 05522-76666, e-mail: ralf@nielbock.de |