Von dem in der Güldenen Aue gelegenen Kieffhäuser-Berge, und darauff vorhandenen wüsten Schlosse, Kieffhausen genannt.

Ohngefähr drei gute Meilen von hier lieget, nicht weit von Franckenhausen und Kelbra, gegen dem Unter-Vor-Hartz, in der so genannten güldenen Aue, der Kieffhäuser-Berg, welcher von denen Einwohnern, ihrer Mund-Art nach, der Kipphüser-Berg genennet, und, seiner Höhe wegen, ziemlich weit, sonderlich in der güldenen Aue, welche sich bei Nordhausen anfänget, und biß gegen Freiburg gehet, gesehen wird, auch dieserwegen gleichsam derer Nordhäusischen von denen Leipziger Messen zurück kommenden Kauff-und Handels-Leuthe Promontorium bonæ Spei oder Vor-Gebirge guter Hoffnung ist, denn wenn sie denselben wieder erblicken, machen sie sich gute Hoffnung, bald, mit GOttes Hülffe, wieder zu denen Ihrigen zu gelangen. Auff der Spitze dieses Berges ist nun ein wüstes Schloß vorhanden, das Kieffhausen oder Kipphusen heisset, wovon auch der Berg seinen Nahmen bekommen hat. Dieses Schloß soll, einiger Meinung nach, Julius Cæsar, als der erste Römische Käyser, erbauet haben, es wird aber davon in keiner alten Chronica etwas gedacht, und lauffet solches wieder die alten Historien, als welche bezeugen: daß Julius Cæsar zwar zweimahl über den Rhein in Teutsch-Land gefallen sei, doch sich nicht weit in dasselbe, aus Furcht vor denen Teutschen, gewaget, und dieserwegen bald wieder hinüber gemachet habe. Hingegen kömmet es glaub-würdiger heraus, wenn andere vorgeben: daß solches Claudius Drusus, des Römischen Käysers Augusti Stieff-Sohn, oder sein Bruder Germanicus funffzehn Jahr vor Christi Gebuhrt habe als eine Festung in die Höhe führen, und also auffbauen lassen, da denn derselben von dem Druso, oder seinem Bruder Germanico, zum Gedächtniß seiner gehaltenen Siege, der Nahme Confusio, das ist, eine Verwirrung oder Umstossung sei gegeben worden, dieweil er das damahlige König-Reich mit seinen Kriegen verwirret, umgekehret und verwüstet gehabt. Nachdem aber die Thüringer solches Lateinische Wort nicht recht auszusprechen vermocht, und aus Confusion, ihrer Mund-Art nach, Kieffhusen gemachet, habe solches Schloß auch nachgehends solchen Nahmen bei denen Teutschen biß hieher behalten. Etliche thun auch noch dieses darzu, daß Drusus sein Vieh und Kälber in der Gegend, wo anjetzo Kellbra lieget, soll gehabt, und diese Stadt davon ihren Nahmen bekommen haben, welches aber vielmehr aus Schertz also mag gesaget, als in Ernst geglaubet werden. Dieses Schloß hat vormahls Käyser Heinrich, dem Fünfften dieses Nahmens, zugehöret, und ist zu derselben Zeit eine solche vortreffliche Berg-Festung gewesen, daß davor mancher tapfferer Soldat sein Leben hat lassen müssen, biß im Jahr Christi 1118 der damahlige Land-Graff in Thüringen, Ludwig der Springer genannt, dieselbe, nach einer dreijährigen Belagerung, endlich erobert, und mehrentheils zerstöhret hat, doch ist das Schloß nachgehends wieder erbauet, und dahin Anno 1483 in dem Pabstthum eine grosse Wallfahrt zum Heiligen Creutz angestellet worden, nunmehro aber ist dasselbe sehr wüste, und fast gäntzlich verfallen, derohalben man nur die Rudera noch davon siehet. Von diesem Berge und Schlosse redet der alhier am Hartz und in der Nachbarschafft wohnende gemeine Mann viel Fabelhafftes, die gemeineste Sage aber ist: gleichwie Käyser Carolus Magnus zu Nürnberg auff der Käyserlichen Burg sich in einen daselbst vorhandenen sehr tieffen Brunnen; also auch Käyser Friedrich der Erste, Ænobarbus oder Barbarossa, das ist Roht-Bahrt, zubenahmet, sich selbst mit etlichen der Seinigen in diesen Ort verfluchet habe, auch dieserwegen mit ihnen daselbst auff der Banck, an einem steinern Tisch sitzend, und den Kopff in der Hand haltend, ruhe oder schlaffe, dem Käyser aber sei sein rohter Bahrt durch den Tisch biß auff die Füsse gewachsen, nicke stetig mit dem Kopffe, und zwinckere mit den Augen, als wenn er etwa nicht recht schlieffe, oder bald wieder auffwachen wolle; denn sie in denen Gedancken stehen, als wenn derselbe vor dem Jüngsten Tage wiederum auffwachen, und sein verlassenes Käyserthum auff das Neue antreten und bestätigen werde. Will nun dieses ein Verständiger denen gemeinen Leuthen nicht zugeben, so wollen sie solche Fabel gar mit einer Begebenheit bekräfftigen, und geben vor: daß, als einesmahls ein Schäfer auff dem Kieffhäuser Berge ein Liedgen gepfiffen, habe solches dem Käyser so wohl gefallen, daß er denselben durch einen Zwerg zu sich hätte beruffen, und ihm davor zur Danckbarkeit, aus Freigebigkeit, von dem daselbst vergrabenen reichen Schatze viel Geld geben lassen, wobei er den Schäfer gefraget: Ob die Raben noch um den Berg herum flögen? und da derselbe ja antwortet, hätte der Käyser gesagt: nun müste er daselbst noch hundert Jahr schlaffen. Andere setzen hinzu: daß Anno 1669 ein Bauer aus dem im Riethe gelegenen Dorffe Reblingen den Käyser, doch unbeweglich und schlaffend gesehen habe, denn als er Willens gewesen, einen Wagen voll Korn nach Nordhausen, zu feilem Kauff, zu führen, sei derselbe von einem kleinen Männichen gebethen worden, die Frucht auff den Kipphüser Berg zu lieffern und davor so viel, aber nicht mehr, Geld zu nehmen, als dieselbe nach der damahligen theuren Zeit wehrt wäre, welches er auch gethan, und bei die ser Gelegenheit den Käyser zu sehen bekommen, habe allerhand Gepräge gehabt, und sei darunter eine alte Müntze angetroffen worden, auff dessen einer Seite Tiberius, hingegen auff der andern Halber Secel, gestanden. Sie mögen aber solches beschönen, womit sie wollen, so ist und bleibet es doch ein wahrhafftiges lächerliches Gedichte, massen aus beglaubten Historicis bekannt ist, wie vor gedachter löblicher und tapfferer Käyser schon vorlängst gestorben sei, denn als derselbe einen Feld-Zug in das gelobte Land wider den Saladinum und die Saracener gethan, und öffters wider dieselbe gesieget, hat er sich einesmahls, grosser Hitze wegen, in Cilicien in dem Fluß Cydno baden und abkühlen wollen, ist aber darinnen ertruncken, oder hat davon, wie einige wollen, eine tödtliche Kranckheit bekommen, die ihm das Leben genommen. Wollen nun schon einige sagen: daß der in dem Berge vorhandene Käyser Friedrich der Andere sei, so ist doch ebenfalls solcher todt, und in Apulia auff dem Florentiner Schlosse, theils durch Gifft, theils durch Erstickung, von seinem unechten Sohn Monfredo, um das Leben gebracht worden. Nichts weniger kan es Friedrich der Dritte sein, weilen derselbe zu Lintz in Oesterreich von unmäßig gegessenen Melonen, und daher entstandenem Durch-Fall, den Tod bekommen hat. Derohalben ist es wider die Wahrheit, daß ein Käyser Friedrich in dem Kieffhäuser Berge vorhanden sei, geschweige daß er darinn schlaffe, und endlich wieder auffwache. Die andern erdichteten Historien sind auch noch nicht gebührend erwiesen, und solte solches schon gewiß geschehen sein, so geben es doch alle Umstände, daß dasselbe ein Teuffels-Spiel und Verblendung gewesen sei, auch der Teuffel damit nur gesucht habe, die Einfältigen in ihrem nichtigen Wahn zu stärcken, und also zu äffen. Dessen ohngeachtet finden sich doch etliche, die sich hierdurch von ihrer Meinung durchaus nicht lassen abwendig machen, worzu die so genannten Schatz-Gräber, als Ertz-Betrieger, viel helffen, weilen dieselben dem gemeinen leichtgläubigen Mann vorschwatzen, wie der Käyser Friedrich mehr als zu gewiß in dem Kieffhäuser-Berge sei, und daselbst einen unsäglichen Schatz vergraben habe, wovon ein jeder ein ziemliches bekommen könte, wenn er nur die alhier wachsende und ihnen allein bekannte Spring-Wurtzel hätte, denn in derselben eine solche Krafft stecke, daß auch davon die grösten vor denen Schätzen liegende Schlösser augenblicklich auffspringen müsten, so bald man nur solche daran hielte; bei welcher Erzehlung sie weiter vorgeben: daß man solche Spring-Wurtzel von sich selbst nicht finden könne, sondern es müsten vorhero die Geister von ihnen mit einer in den Kreis gelegten Summe Geldes beschworen werden, daß sie die rechte Wurtzel brächten, und ihnen den Ort anzeigeten, wo die Schätze vorhanden wären, und was dergleichen Ueberredungen mehr sind, wodurch manche Schatzgierige Leuthe betrogen worden, massen man etliche alhier bekannte Exempel hat, daß sie dieselben mit dem Gelde in einen Kreis gestellet, und ihre Beschwerungen zu lesen angefangen haben, es sind aber darauff keine Geister, sondern verkleidete, und vorher hierzu bestellte Männer aus einem nahe dabei liegenden Busch-Werck kommen, welche, an Statt der Spring-Wurtzel, blosse Degen in den Händen gehabt, und sie nicht allein aus dem Kreis springend gemacht, sondern auch alles, was dieselben an und bei sich getragen, weggeraubet haben.

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