Vorarbeiten zur Schaffung eines Biosphärenreservates „Südharz“ in Thüringen

Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten sind Bestrebungen im Gange, die „mit naturnaher Laubwaldbestockung und weiten Flächen extensiver Nutzung“ (VLADI, 1992) ausgestattete, europaweit einmalige Gipskarstlandschaft im Südharz, eine „naturräumliche Einheit von geogen bedingter Eigenart, engräumiger Vielfalt naturnaher Strukturen und hervorragender landschaftlicher Schönheit“ zu schützen und zu erhalten. Jahrzehntelang hat die Lage des Gebietes an der „Zonengrenze“, beziehungsweise an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland zur Deutschen Demokratischen Republik viele zerstörerische Eingriffe verhindert; um so intensiver sind jetzt die „massiven Bedrohungen durch Rohstoffabbau, Zersiedelung und Massentourismus“ (WIENRICH, 1993). Maßnahmen, die einen behutsamen Umgang mit dem Potential dieser Kulturlandschaft in Zukunft sicherzustellen trachten, ohne der Bevölkerung unzumutbare Beschränkungen aufzuerlegen, sind daher von besonderer Dringlichkeit.

Mitglieder und Mitgliedsvereine des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher haben ebenso wie andere Organisationen und Institutionen immer wieder nachdrücklich daraufhingewiesen. Seitens der Behörden der neuen deutschen Bundesländer war es zunächst das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, das den angesprochenen Problemkreis aufgriff und am 24. April 1992 zu einer Tagung über ,,Schutz, Pflege und Entwicklung der Karstlandschaft im Südharz“ nach Uftrungen einlud. Die bei dieser Tagung gehaltenen Vorträge, die die naturwissenschaftliche Bedeutung des Gebiets eindrucksvoll belegten, sind inzwischen im Druck erschienen (SCHUTZ, . . ., 1992); schon während der Veranstaltung zeichnete sich ab, daß von den verschiedenen Schutzkategorien jene eines Biosphärenreservates am ehesten anzustreben sein würde (ERDMANN, 1992).

Vorarbeiten dazu sind inzwischen vor allem in dem zum Bundesland Thüringen gehörenden Kreis Nordhausen durchgeführt worden. Vorgeschlagen wird, den gesamten Nordteil dieses Landkreises im Ausmaß von rund 35.000 Hektar in das zukünftige Biosphärenreservat einzubringen. Schon jetzt sind innerhalb dieses Gebietes zwei Landschaftsschutzgebiete mit zusammen 13.900 Hektar Fläche und zwölf (teilweise durch einstweilige Verfügungen geschützte) Naturschutzgebiete mit zusammen 991 Hektar Fläche ausgewiesen; etwa 1500 Hektar sind Trinkwasserschutzzonen. Von den zahlreichen Karsterscheinungen ist der Salzaspring hervorzuheben, mit einer durchschnittlichen Schüttung von rund 700 Liter pro Sekunde eine der bedeutendsten Karstquellen Deutschlands.

Nach den vorliegenden Informationen1) ist eine Ausdehnung des zukünftigen Biosphärenreservates Südharz über die Grenzen des Landes Thüringen hinaus nach Niedersachsen im Westen und nach Sachsen-Anhalt im Osten bereils vereinbart worden; im letztgenannten Bundesland sind Vorarbeiten dazu im Kreis Sangerhausen bereits weit fortgeschritten. Diese Ausweitung des Schutzgebietes ist von besonderer Bedeutung, da die Grenzen der drei Bundesländer den einheitlichen Naturraum zwischen dem Harz und der „Goldenen Aue“ durchschneiden.

Da Nordthüringen zu den strukturschwächsten Teilen des Landes gehört, werden andererseits Förderungsmaßnahmen etwa in Form von Gewerbeansiedlungen ins Auge gefaßt, die zu einem überdurchschnittlichen Landschaftsverbrauch führen und den Schutzbestrebungen entgegenwirken könnten. In diesem Zusammenhang ist besonders zu begrüßen, daß im Kreis Nordhausen ein Pilotprojekt der „ Deutschen Bundesstiftung Umwelt Osnabrück“ finanziert wird, mit dem „das innovative Ziel verfolgt“ wird, „eine ökologisch orientierte Entwicklungsplanung aller Landkreisgemeinden zu beginnen und eine umweltverträgliche Gestaltung des Erwerbssektors zu fördern“ (WIENRICH, 1993, S. 9). Erholung und Fremdenverkehr „mit Augenmaß“ sollen in einem Gesamtkonzept zur Schonung der Landschaft eine wesentliche Rolle spielen. Ein Erfolg der Bemühungen um die naturnahe Erhaltung der Gipskarstlandschaft im Südharz, der freilich nur im Zusammenwirken mit den Bewohnern der Region selbst erreicht werden kann, wäre auch aus der Sicht der Karst- und Höhlenforschung von größter Bedeutung.

h. t.

Erwähnte Schriften:

Erdmann, K.-H.: Biosphärenreservate, internationales und nationales Instrument zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur- und Kulturlandschaften. In: Schutz, . . ., Halle 1992, 29-39.

Schutz, Pflege- und Entwicklung der Karstlandschaft im Südharz. Tagung am 24. April 1992 in Uftrungen. — Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 6, Halle 1992, 43 Seiten.

Vladi, F.: Ergebnisse und Positionen der Tagung „Schutz, Pflege und Entwicklung der Karstlandschaft im Südharz“. In: Schutz, . . ., Halle 1992, 40-42.

Wienrich, B.: Vorstudie zum Biosphärenreservat „Südharz“, Nordhausen 1993, 11 Seiten.


1) Für die Übermittlung von Unterlagen für diesen Bericht danke ich Herrn Dipl.-Geol. Friedhart Knolle (Goslar) herzlichst.


TRIMMEL, Hubert (1993): Vorarbeiten zur Schaffung eines Biosphärenreservates Südharz in Thüringen.- Die Höhle 44:116-117, Wien

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