Vorstellung der Projektgruppe
"Aufbaustab Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz"

1. Einleitung

Der Südharzkarst ist eine europaweit bedeutsame Landschaft. Sie erstreckt sich über mehr als 100 km Länge am Südrand des nördlichsten deutschen Mittelgebirges und ist durch markante geomorphologische Erscheinungsformen der zutage tretenden Zechsteinablagerungen mit gut wasserlöslichen Gipsen, Anhydriten und Salzen geprägt. Diese Landschaft mit ihren großflächigen, über das Gebiet des eigentlichen Karstes hinausgehenden, naturnahen Buchenwäldern ist durch ihre Geologie und ihre bemerkenswerte Fauna und Flora von so großer Bedeutung, dass Nutzung und Schutz hier beispielhaft geregelt werden sollen. Da das Gebiet auch im internationalen Vergleich bedeutend ist, soll es den Status eines "Biosphärenreservates" erhalten. Im Gegensatz zu einem Nationalpark ist es wesentliches Anliegen des Biosphärenreservatskonzeptes, dass mit diesem Schutzstatus kein Verzicht auf Nutzung festgeschrieben wird, sondern ein Gebietsmanagement betrieben wird, das sowohl den wirtschaftlichen Belangen als auch den Schutzanforderungen gerecht wird. Im Rahmen der Schutzkategorie "Biosphärenreservat" sind mit Hilfe einer nachhaltig orientierten Nutzung der natürlichen Ressourcen die besten Voraussetzungen für die Erhaltung der durch historische Bewirtschaftungsformen geprägten Landschaft gegeben.
In dem im Jahr 1998 im Rahmen dieser Zeitschrift erschienenen Sonderheft "Karstlandschaft Südharz" wurde diese interessante Landschaft beschrieben und auf Planungen zur Schutzgebietsentwicklung hingewiesen. Eine Zusammenstellung weiterführender Literatur gibt die Möglichkeit, sich umfassender zu informieren.

2. Arbeitsaufnahme und Tätigkeit der Projektgruppe

Erste Schritte zur Errichtung eines länderübergreifenden Biosphärenreservates im Südharz erfolgten schon im Jahr 1992. Die Kabinette des Freistaates Thüringen und des Bundeslandes Sachsen-Anhalt fassten den Beschluss, gemeinsam mit dem Land Niedersachsen die notwendigen Voraussetzungen zur Erreichung der diesbezüglichen Ziele in Raumordnung und Landesplanung zu schaffen. Ein Gutachten zur Klärung der noch offenen Fragen wurde in Auftrag gegeben.
Im Januar des Jahres 1999 nahm in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage eines gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ML) und des Ministeriums für Raumordnung und Umwelt (MU) des Landes Sachsen-Anhalt die Projektgruppe "Aufbaustab Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz" ihre Arbeit auf. Damit wurde für den Aufbau des Biosphärenreservates im sachsen-anhaltischen Teil des Südharzes ein wichtiger Schritt vollzogen. Die Dienstaufsicht über diesen Aufbaustab obliegt dem ML. Sie wird durch die mittlere und untere Forstbehörde ausgeübt. Die Fachaufsicht wird entsprechend der Zuständigkeiten durch die obere Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums (RP) Halle und das Landesamt für Umweltschutz SachsenAnhalt (LAU) wahrgenommen. Der Sitz der Projektgruppe ist im Forstamt Roßla.
Zur Zeit sind in der Projektgruppe vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Forstbereich und eine Mitarbeiterin aus dem LAU, die zugleich die Fachaufsicht ausübt, beschäftigt. Ihre langjährigen Berufserfahrungen, vielfältige Kontakte zur einheimischen Bevölkerung sowie umfassende Gebietskenntnisse erweisen sich in einer derartigen Aufbauphase von Vorteil. Die Zuordnung einzelner Aufgabenbereiche ist innerhalb der Projektgruppe gegenwärtig noch flexibel und wird entsprechend den Tagesgeschäften gehandhabt.

3. Schwerpunktaufgaben der Projektgruppe

Folgende Schwerpunktaufgaben der Projektgruppe sind in dem oben aufgeführten gemeinsamen Runderlass des ML und des MU formuliert:

  • Konzeption sowie Erfolgskontrolle zu Schutz, Pflege und Entwicklung der Karstlandschaft.
  • Einbeziehung überlieferter Fertigkeiten der innerhalb der Karstlandschaft lebenden Menschen in die gegenwärtige und künftige Bewirtschaftung.
  • Förderung der Akzeptanz und Beteiligung der ortsansässigen Bevölkerung bezogen auf Zonierung und andere langfristige Planungen.
Abb. 1: Karstlandschaft bei Questenberg
(Foto: S. Ellermann, Oktober 1992)

Zur Lösung der Probleme beim Schutz, der Pflege und der Entwicklung der Karstlandschaft wird die Projektgruppe sehr eng mit ehrenamtlichen Naturschutzhelfern und den Mitarbeitern der sich im Südharz befindenden Naturschutzstation zusammenarbeiten. Perspektivisch soll eine Naturwacht zur Besucherbetreuung und -lenkung und zur Betreuung und Überwachung besonders bedeutender Objekte des Naturschutzes im Bereich des Biosphärenreservates eingerichtet werden. Im Rahmen der langfristigen Ökosystemforschung und des Umweltmonitorings ergeben sich vielfältige Themenbereiche für wissenschaftliche Arbeiten. Am Standort Roßla sollen deshalb auch Möglichkeiten geschaffen werden, um Studenten und Wissenschaftler verschiedener naturwissenschaftlicher Fachrichtungen einsetzen zu können.
Für die Bewältigung der zweiten Schwerpunktaufgabe ist eine breite Öffentlichkeitsarbeit notwendig, wobei für die verschiedenen Zielgruppen Konzepte aufgestellt werden müssen. Zunächst geht es erst einmal um die Darstellung und Erläuterung der Biosphärenreservatsidee, da es in der Bevölkerung darüber sehr unterschiedliche und oftmals auch falsche Vorstellungen gibt.
Die dritte wichtige und schwierige Aufgabe der Projektgruppe ist die Erarbeitung von Grenzziehungsvorschlägen für das künftige Biosphärenreservat und die Suche nach geeigneten Flächen für die Ausweisung von Kernzonen in Naturschutzgebieten. Diese genießen den strengsten Schutz und sind von einer Bewirtschaftung ausgeschlossen. Kernzonen werden nur auf landeseigenen Flächen eingerichtet. Nach bisherigen Planungen wird das Biosphärenreservat einmal eine Größe von über 30 000 ha haben. Überwiegend ist es durch Pflege- und Entwicklungszonen definiert. Als vorteilhaft erweist es sich , dass die für eine Anerkennung als Biosphärenreservat nötigen Anteile von Natur- und Landschaftsschutzgebieten bereits vorhanden und rechtsverbindlich verordnet sind.

Abb. 2: Sitz der Projektgruppe im Forstamt Roßla
(Foto: C. Funkel, 1999)

Neben diesen aufgeführten Schwerpunktaufgaben haben die Mitarbeiter der Projektgruppe noch die folgenden längerfristigen Aufgaben:

  • Erarbeitung der Antragsunterlagen zur Anerkennung des Biosphärenreservates durch die UNESCO,
  • Schutzzielbestimmung für die einzelnen Zonen und
  • Mitarbeit am Verordnungsentwurf für das künftige Biosphärenreservat.

Um Akzeptanz bei der ortsansässigen Bevölkerung zu gewinnen, suchen die Mitarbeiter der Projektgruppe nach geeigneten Möglichkeiten, die verschiedenen Interessengruppen zu integrieren. Über einen noch zu gründenden Verein bzw. einen Beirat sollen Wirtschaftsvertreter, Landeigentümer und Vereine bei der Gestaltung des künftigen Biosphärenreservates mitwirken.
Insbesondere sollten sich in einem Förderverein auch Personen aus dem ehrenamtlichen Bereich engagieren, denn ein auf breiter Ebene angelegtes Engagement auf freiwilliger Basis ist neben den administrativen Maßnahmen Grundvoraussetzung für ein gutes Gelingen. Schwerpunkte bei der Vereinsarbeit sollten folgende Belange sein:

  • Erhaltung und Pflege der traditionellen Kulturlandschaft,
  • Information der Öffentlichkeit über Natur- und Artenschutz und über ökologische Zusammenhänge,
  • Umweltschutz und Pflege der Landschaft,
  • Erarbeitung von Formen eines "naturverträglichen" Tourismus im Südharz.
Außerdem eröffnen sich über den Förderverein Möglichkeiten zur Einwerbung und zur Verwendung von Fördermitteln für die Durchführung bestimmter Projekte.

4. Darstellung der bisher geleisteten Arbeit

Der überwiegende Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Projektgruppe betrat mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit im Januar dieses Jahres berufliches Neuland. So mussten sie sich zunächst Grundlagenwissen aneignen, die bereits vorhandenen Aktivitäten zur Ausweisung des Biosphärenreservates sichten und auswerten und Kontakte zu Vereinen und Institutionen knüpfen. Hinzu kamen Planungen zur Abgrenzung eines Biosphärenreservates und zur inneren Zonierung des Gebietes.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurde das Projekt auf Veranstaltungen Vertretern der Kommunalverwaltungen, der Land- und Forstwirtschaft, der Industrie und der verschiedenen Vereine vorgestellt und erläutert. Für die kommenden Monate sind weitere Informationsgespräche mit Vertretern der Stadt- und Gemeinderäte geplant. Dazu erfolgten erste Abstimmungen mit allen Bürgermeistern. Im Lokalteil der Mitteldeutschen Zeitung für den Landkreis Sangerhausen wurden mehrere Artikel zum geplanten Biosphärenreservat veröffentlicht und in den Anzeigern der Verwaltungsgemeinschaften im Territorium erscheinen z.Z. Fortsetzungsbeiträge der Projektgruppe zum o.g. Thema. Außer bei eigenen Veranstaltungen sind die Mitarbeiter der Projektgruppe auch, wenn gewünscht, bei Veranstaltungen Dritter mit Schautafeln, Informationsständen und Informationsmaterial präsent. So z.B. bei der Kreisjägerschaftsversammlung und auf regionalen Festen. In Zusammenarbeit mit dem Forstamt Roßla wurde mit der Durchführung von Waldjugendspielen begonnen. Mit dem Jugendwaldheim Wildenstall werden enge Kontakte unterhalten. Zukünftig werden Lehrwanderungen und Exkursionen vorbereitet, welche den Schulen und Bildungseinrichtungen angeboten werden.
Es ist vorgesehen, ein auf dem Gelände des Forstamtes vorhandenes Mehrzweckgebäude auch als Informationszentrum einzurichten. Hierzu wurde durch die Mitarbeiter der Projektgruppe ein Nutzungskonzept erarbeitet. Im Informationszentrum sollen Versammlungs- und Schulungsräume sowie eine ständige Ausstellung zur Thematik Biosphärenreservate eingerichtet werden. Auch eine Fachbibliothek wird Nutzern in einem Leseraum zur Verfügung stehen.
In den letzten Monaten entwickelten sich gute Kooperationsbeziehungen mit verschiedenen Vereinen. Der Regionalverband Harz e.V., der Landschafts- und Streuobstpflegeverein "Kyffhäusernordrand" e.V., der Heimat- und Geschichtsverein Bennungen e.V. und der Verein Südharzer Karstlandschaft e.V. sollen hier als Beispiele erwähnt werden.
Sehr hilfreich für die Arbeit der Projektgruppe erwiesen sich die Arbeitsbesuche in den schon bestehenden Biosphärenreservatsverwaltungen "Mittlere Elbe", "Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft" und "Rhön" (Verwaltung Thüringen), wo Anregungen und Informationen ausgetauscht werden konnten. Allerdings hat jedes Biosphärenreservat seine eigene Spezifik und so verlangen andere Gegebenheiten auch eigene Lösungsansätze.
Es ist das Ziel der Mitarbeiter der Projektgruppe, ihren Teil dazu beizutragen, den Bekanntheitsgrad dieser Landschaft sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen zu erhöhen und nachhaltige Nutzungsformen aufzuzeigen, die für Mensch und Natur gleichermaßen vorteilhaft und von Nutzen sind. Dazu ist eine Ausweisung als Biosphärenreservat der UNESCO ein erfolgversprechender Weg. In diesen Regionen sollen die Menschen die vorhandenen Potentiale nutzen, ohne die Verantwortung für nachfolgende Generationen zu vergessen. So können die unterschiedlichsten Ansprüche, wie die Erhaltung kultureller Werte, der Schutz der biologischen Vielfalt und das Streben nach wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung der Menschen, besser in Einklang gebracht werden. Ein Biosphärenreservat im Südharz als eine von weltweit 350 Modellregionen gemeinsam mit der Bevölkerung und den Nutzern zu entwickeln, ist eine schwierige, aber auch lohnende Aufgabe. Wir hoffen, es gelingt den Mitarbeitern der Projektgruppe, die Ziele der Arbeit verständlich zu machen und Unterstützung zu finden, denn eigentlich müssten gerade die Bewohner dieser schönen und reizvollen Landschaft bestrebt sein, ihren Kindern und Enkeln die Besonderheiten des Südharzes und die traditionellen Wirtschaftsweisen zu erhalten.

Projektgruppe "Aufbaustab Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz"
Hallesche Straße 68
06536 Roßla

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