Die Tierwelt Der stillgelegte Steinbruch bei Tettenborn kann insgesamt als wertvoller Lebensraum für die Tierwelt bezeichnet werden, insbesondere für die mit 32 Arten vertretenen Tagfalter (siehe Anhang: Artenliste Fauna), von denen 11 Arten in der Roten Liste Niedersachsens geführt werden. Dabei ist das Mosaik verschieden strukturierter und exponierter Teilflächen mit z.T. unterschiedlicher Geomorphologie als Hauptgrund für den Arten- und Individuenreichtum anzusehen. Auffällig war das reiche Blütenangebot auch im Hochsommer, es dominierten v.a. Schmetterlingsblütengewächse wie Wundklee und Hornklee, die auch als Raupennahrungspflanzen für viele Tagfalterarten eine große Bedeutung haben. Hervorzuheben sind vor allem die Vorkommen von Schwalbenschwanz und Senfweißling, die in der Roten Liste mit Stufe 2, also stark gefährdet, geführt werden. Beide Arten konnten seit 2002 in größerer Individuenzahl vor allem auf den jüngeren Sukzessionsflächen im Nordabschnitt des Steinbruchs am sonnenexponierten, schütter bewachsenen Westhang festgestellt werden. Dort kommen die erforderlichen Raupenfutterpflanzen (Wilde Möhre bzw. Hornklee) an einem mikroklimatisch geeigneten Standort vor. Von besonderer Bedeutung ist, dass beide Arten bei der Eiablage beobachtet werden konnten. Als typische Tagfalter sonnenexponierter Steinbrüche können unter den Tagfaltern der Silberfleck-Bläuling (Rote Liste 3) und der Mauerfuchs sowie unter den Nachtfaltern der Jakobskrautbär (Rote Liste 2) als Felsbewohner genannt werden. Diese drei Schmetterlingsarten profitieren offensichtlich vom besonderen Mikroklima dieses Lebensraumes. Ergänzt wird das Artenspektrum der Tagfalter trocken-warmer Lebensräume durch die Goldene Acht und den Sonnenröschenbläuling (Rote Liste 2), die an warmen, wenig bewachsene Störstellen im gesamten Gebiet festgestellt wurden. Solche kleinflächigen Habitate nutzt auch der ebenfalls vorkommende Feld-Sandlaufkäfer. Die Gruppe der Heuschrecken war mit nur 9 Arten vertreten, wobei nur eine Art als typisch für trocken-warme Lebensräume ist: die Langfühler-Dornschrecke (Rote Liste 3) konnte im Bereich der älteren, flachgründigen Halbtrockenrasenreste an der südlichen Steinbruchoberkante festgestellt wurde. Weitere typische Heuschrecken der Kalkhalbtrockenrasen fehlen allerdings. Das deutet darauf hin, dass die Magerrasenreste vergleichsweise kleinflächig sind. Sie können aber für eine Reihe von Arten als Besiedlungsquellen angesehen werden, die in geringerer Dichte mittlerweile auch auf den Pionierflächen innerhalb des Steinbruchs vorkommen: dazu zählen neben der Langfühler-Dornschrecke auch die gefährdete Zauneidechse, unter den Tagfaltern der Zwergbläuling (Rote Liste 3) und unter den Nachtfaltern das Esparsetten-Widderchen (Rote Liste 3). Hinzu kommen die Gebänderte Heideschnecke (Rote Liste 2) und verschiedene Arten der Sandwespen. Innerhalb der Avifauna ist auf den Rotrückenwürger (Neuntöter; Rote Liste 3) hinzuweisen. Die Tiere nutzen die Weißdornbüsche in den verbuschten Trockenrasenabschnitten im Südwesten als Brutplatz. Hervorzuheben ist auch die Beobachtung eines Wanderfalken (Rote Liste 2) , der im Frühjahr 2004 mehrfach beim Anflug auf exponierte Spitzen von Gipsklippen festgestellt wurde. Entwicklung der Fauna im Jahr 2005 In vielen Bereichen waren auch im Jahr 2005 noch offene Bodenstellen vorhanden, die für die Fauna wichtig sind. Die Langfühler-Dornschrecke (Tetrix tenuicornis) war dort in diesem Jahr außergewöhnlich gut vertreten. Nach wie vor bestand ein sehr schöner Blütenhorizont durch das Massenvorkommen von Hornklee. In Kombination mit dem sehr wärmebegünstigten Standort war es auch in 2005 wieder ein außerordentlich geeigneter Lebensraum für wärmeliebende, an Hornklee gebundene Schmetterlingsarten: Gemeiner Bläuling, Silberfleck-Bläuling, Dunkler Dickkopffalter und Erdeichel-Widderchen haben ihre Populationen stabilisiert und können als bodenständig betrachtet werden. Der Zwergbläuling war ebenfalls gut vertreten. Er profitierte von der Ausbreitung des Wundklees. An den Steinbruchabbruchkanten hat sich der unter den Schmetterlingen der wärmeliebende Rotrandbär (Diacrisia sannio) weiter ausgebreitet und kann inzwischen als „häufig“ bezeichnet werden. Von der feuchten Witterung im Frühjahr hat der nur mäßig wärmeliebende Bunte Grashüpfer profitiert, der in diesem Jahr häufiger als in den letzten Jahren überall im Steinbruch vertreten war. Ganz im Gegensatz zu den zwei „Top“-Arten des Steinbruchs: Schwalbenschwanz und Senfweißling konnten im Frühjahr 2005 nur jeweils in einem einzigen Exemplar erfasst werden. Diese Beobachtung liegt voll im Jahrestrend: Die erste Generation der beiden Schmetterlinge war in diesem Jahr in Südniedersachsen generell nur sehr schwach vertreten. Gründe sind das kalte Frühjahr und das ungünstige nass-kalte Maiwetter. Die hochsommerliche Witterungsphase Juni / Juli 2005 hat sich – nach dem kalt-nassen Frühjahr - positiv auf die xero-thermophilen Tierarten des Steinbruchs ausgewirkt: Im Gegensatz zu der Einzelfeststellung Senfweißling in der ersten Generation im Frühjahr, war die zweite Generation im Sommer stark vertreten und mit „häufig“ (20 - 50 Individuen) zu charakterisieren. Es konnten mehrfach weibliche Tiere im Eiablageverdächtigen Flatterflug in der niedrigen Vegetation um die Hornkleebestände festgestellt werden. Damit werden die Ergebnisse der letzten Untersuchungsjahre sehr gut bestätigt. Eine Fortpflanzung innerhalb des Steinbruchs kann – bei nochmaliger Bestätigung im kommenden Jahr – eventuell angenommen werden. Dagegen war auch die zweite Generation des Schwalbenschwanzes ebenso wie die Frühjahrsgeneration 2005 nur mit einem Einzelnachweis feststellbar. Das nass-kalte Frühjahr 2005 hat sich wohl nachhaltig negativ auf die Population ausgewirkt. Gleichzeitig deutet dieser Befund (leicht) darauf hin, dass sich der Schwalbenschwanz wohl doch nicht im Steinbruch fortpflanzt, sondern dass die Individuen der mobilen Art aus südlicheren Lebensräumen in jedem Jahr wieder neu einfliegen. Auffällig im Sommeraspekt war auch das häufige Auftreten von Raupen des in Niedersachsen als „stark gefährdet“ (Rote Liste 2) eingestuften Jakobskrautbärs vor allem an den halb besonnten Hängen. Diese Art ist im Steinbruch bodenständig, d.h. die Population pflanzt sich hier fort. Die Art findet hier ideale Habitatstrukturen. Die Population im Steinbruch Tettenborn kann als sehr stabil und etabliert charakterisiert werden. Das gilt auch für den gefährdeten Silberfleck-Bläuling, einer typischen Halbtrockenrasenart. Neufeststellung innerhalb der Avifauna ist der Grünspecht (vereinzelt im Frühjahr 2005, mehrfach im Hochsommer als Sicht- und Rufnachweis). Die Feststellungen können als Brutverdacht gewertet werden. Der Grünspecht ist in Niedersachsen nur im Tiefland, nicht aber in den Mittelgebirgen verbreitet. In Südostniedersachsen ist die Art nicht häufig. Der Grünspecht bevorzugt warme Lebensräume mit lichten Gehölzbeständen, so wie sie im Bereich des verbuschten Halbtrockenrasens oberhalb des Steinbruchs ausgebildet sind. Die Art gilt in Niedersachsen als „gefährdet“ (Rote Liste Stufe 3). Die Bestandsentwicklung ist landesweit seit 1960 rückläufig, was mit dem Rückgang an Ameisennahrung in Verbindung gebracht wird. Die Feststellung in Tettenborn ist von naturschutzfachlicher Bedeutung. Auch in 2005 konnte wieder der Wanderfalke beobachtet werden, allerdings nicht in vergleichbarer Häufigkeit wie 2004. Er flog wiederum exponierte Felsklippen des Steinbruchs an.
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