Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher
58 (4)
126-127
München 2012

Professor Dieter Meischner in memoriam

von

FRIEDHART KNOLLE & CORNELIA GROTE-BICHOEL

Kurzfassung
An den Geologen und Karstforscher Prof. Dieter Meischner wird erinnert. Er verstarb am 24. Mai 2012 in Göttingen. Eine Zusammenstellung der von ihm betreuten karstbezogenen Qualifikationsarbeiten und ein Literaturverzeichnis der karstkundlichen Schriften aus seiner eigenen Feder ergänzen den Nachruf.

Abstract
Obituary on the geologist and karst researcher Prof. Dieter Meischner – he died in Göttingen, Lower Saxony, on May 24, 2012. Additionally, lists of the karst-related academic qualification theses mentored by him and of his own publications on cave and karst topics are given.

Résumé
Article nécrologique sur le Pr. Dieter Meischner, géologue et karstologue, décédé le 24 mai 2012 à Göttingen (Basse Saxe). Une liste des thèses et mémoires universitaires à sujet lié au karst qu’il a dirigée est jointe à sa propre bibliographie sur le sujet.

Dieter Meischner – 1934 - 2012
Am 21. November 2009 beging Dieter Meischner seinen 75. Geburtstag – zu diesem Anlass würdigten wir sein karstkundliches Engagement in den Mitteilungen 2/2010. Seitdem hatte sich sein Gesundheitszustand immer weiter verschlechtert. Gern hätte Dieter Meischner noch am 17. Internationalen Höhlenbärensymposium an der Einhornhöhle im Harz teilgenommen und hatte auch schon einen Vortrag skizziert. Die Gesundheit ließ es nicht mehr zu.
Am 9. Mai 2012 schrieb er dem Erstautor: „Ich bin dann mal weg. Letzte, jetzt sichere Diagnose: Leberkrebs inoperabel. Chemotherapie will ich gar nicht erst beginnen. Nun muss ich doch noch einmal schneller werden mit dem Aufräumen.
Dazu kam es leider nicht mehr. Am 24. Mai 2012 ging er für immer von uns. Das nahe Ende ahnend, war er ein paar Tage zuvor noch einmal in Begleitung eines seiner Söhne in der Einhornhöhle, der er über 50 Jahre die Treue hielt, „um sie ein letztes Mal zu sehen“.

Der akademische Lehrer Dieter Meischner (Cornelia Grote-Bichoel)
Viele Weichen überfährt man in seinem Leben – einige Richtungswechsel sind von einem derartigen Rückenwind begleitet, dass sie für immer prägen. Gefürchtet und bewundert regierte mein Professor Dieter Meischner auf seiner Etage im Institut – wie auch in Fachkreisen oder als Dekan. Er analysierte sofort und ständig alles, was seine Arbeit betraf – die seiner Abteilung und seiner Doktoranden sowie Diplomanden. Nicht immer zum sofortigen Gefallen. Was er verlangte, war ehrliche Arbeit – was er bot, war Vertrauen, dass alle ihm dies liefern würden und das Vertrauen in die Fähigkeiten der anderen. Meine Diplomarbeit durfte ich wählen zwischen „Allein in Salzhemmendorf in einem riesigen Steinbruch“ oder „Allein in Nordwest-Irland“.
Menschen, die nicht ihren eigenen Kopf benutzten, gab es in seiner Abteilung nicht. Von daher waren immer nur wenige Worte oder Fragen nötig, denn er lebte dieses ja vor. Weilte er im Institut, stand direkt vor dem Laboreingang ein olivgrüner Allradantriebler der Bundeswehr („Ich brauche kein Schnickschnack, sondern ein verlässliches Fortbewegungsmittel, in das ich alle Geräte ohne Rücksicht einladen kann und sie vorher nicht putzen muss“). Regelmäßig war Treffen und Austausch mit allen am großen Tisch im Flur – vormittags um 10 Uhr und nachmittags um 16 Uhr, es gab Tee und Kekse. Stets stand seine Tür offen, bis in den späten Abend. Diese spezielle Hilfsbereitschaft gab es für alle, aber niemals für Kinkerlitzchen. Er gab Vorlesungen, deren Inhalt im Kopf blieb, und veranstaltete Geländeübungen, die nicht wegen Regens abgebrochen wurden: „Niemand versteht den Wasserdurchgangskoeffizienten, wenn er nicht drei Tage in Gummistiefeln im matschigen Boden gebohrt hat“.
Dieter Meischner hatte die Gabe, sich ganz auf die so unterschiedlichen Aufgaben zu konzentrieren und auch vollkommen neue und technische Lösungen zu entwickeln. Ein Vorbild mit Menschenkenntnis – immer geradeaus, aber auch ein Dickschädel. Dies alles in Summe führte zu einem Leben außerhalb der üblichen Eitelkeiten des universitären Standes. Die Sicht „von außen“ führte für ihn und diejenigen, die ihn verstanden und schätzten, zu trefflichen Einsichten. Ich verdanke ihm Richtung, Rückenwind, Verständnis für Kontext in der Arbeit, Trennung von Oberfläche und Tiefe. Dafür einen letzten Dank!

Literatur zur Karstkunde
Viele von Dieter Meischners Ideen stecken in den zahlreichen von ihm betreuten Qualifikationsarbeiten seiner Schüler. Er hat zwar eine lange Publikationsliste (siehe www.dieter-meischner.de), doch veröffentlichte er zum Karst selbst nicht sehr viel. Erst nach dem Ruhestand kam er dazu und plante, noch vieles aufzuarbeiten. Hierzu gehörten auch visionäre Ideen zur Genese der Einhornhöhle und ihrer Sedimente, die er mit F. Knolle, R. Nielbock und F. Vladi in reger Korrespondenz diskutierte. Damit warf er die stets noch unbeantwortet bleibenden Grundfragen zu diesem Geotop auf, die letztlich nur ein solides Kernbohrprogramm beantworten kann. Dieses Ziel, lange verfolgt, konnte er nicht mehr umsetzen. Dieter Meischner hinterließ der Schriftleitung einige wenige Manuskriptentwürfe und -skizzen, von denen er sich wünschte, dass sie posthum veröffentlicht werden. Wir werden sie nach und nach in den Mitteilungen publizieren.
Eines seiner karstkundlichen Schwerpunktthemen war das Iberg-Winterberg-Riff bei Bad Grund. Hier setzte er die folgenden beiden Dissertationen an:

FRANKE, W. (1973): Fazies, Bau- und Entwicklungsgeschichte des Iberger Riffes (Mitteldevon und Unterkarbon III, NWHarz, W-Deutschland). – Geol. Jb. A 11: 3-127

GISCHLER, E. (1992): Das devonische Atoll von Iberg und Winterberg im Harz nach Ende des Riffwachstums. – Geol. Jb. A 129: 5-193

Zum Thema beteiligte er sich 2008 an folgender Arbeit:

KNOLLE, F., MEISCHNER, D. & STEDINGK, K. (2008): Spaltenbildung, vulkanogene Höhlen und Hydrothermalkarst im Winterberg – Anmerkungen zur Speläogenese. – In: FRICKE, U. (2008): Höhlen des Winterberg-Steinbruchs bei Bad Grund/Harz. Karst und Höhle 2006/2007: 159-161, München

Ein weiterer Interessenschwerpunkt war die Einhornhöhle bei Scharzfeld. Dazu entstanden folgende Arbeiten:

MEISCHNER, D. (2001): Bericht über Grabungen in der Einhornhöhle bei Scharzfeld im Harz. – Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher 47 (1): 4-7

MEISCHNER, D. (2006): Das Blaue vom Himmel herunter – warum ist die Blaue Grotte in der Einhornhöhle im Harz blau? – Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher 52 (1): 6-7

MEISCHNER, D. (2006): Klima-Extreme in Winter und Sommer in der Einhornhöhle bei Scharzfeld im Harz. – Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher 52 (1): 8-13

MEISCHNER, D. (2011): Eingeregelte Fossilien im Lehm der Einhornhöhle bei Scharzfeld im Harz. – Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher 57 (2): 45-48

Subrosionssenken, Dolinen, Erdfälle, insbesondere ihre Genese und Sedimentologie, waren ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Dieter Meischner. Hier entstanden zahlreiche Qualifikationsarbeiten und Veröffentlichungen. Folgende Studenten betreute er mit Diplomarbeiten zum Thema Subrosionssenken bzw. Hydrogeologie:

Subrosionssenken
Baier, Janina: Sedimente Jues-See, 1997
Cordes, Heinz-Dieter: Erdfälle Bremen-Lesum, 1986
Diesing, Jürgen: Pöhlder Becken, 1986
Fricke, Jörg-Michael: Kreiensen, Schotter, 1982
Ledendecker, Stefan: Pöhlder Becken, 1986
Pöhlig, Charlotte: Lutteranger Eichsfeld, 1981
Puteanus, Doris: Denkershäuser Teich, 1982
Ricken, Werner: Südharz Subrosion, 1980
Schwedhelm, Edgar: Seeanger Eichsfeld, 1980

Hydrogeologie
Leßmann, Bernd: Wasser Pöhlder Becken, 1993
Teichmann, Friedhelm: Jues-See, 1986

Folgende eigene Veröffentlichungen entstanden:

VOIGT, R., BAIER, J., HERKING, C., GRÜGER, E. & MEISCHNER, D. (2000): Der Juessee in Herzberg am Harz. Sedimentologische, geochemische, diatomologische und palynologische Untersuchungen an laminierten Sedimenten. Forschungsprojekt im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogrammes „Wandel der Geo-Biosphäre während der letzten 15.000 Jahre. Kontinentale Sedimente als Ausdruck sich verändernder Umweltbedingungen“. – http://epic.awi.de/28760/1/Voi2004c.pdf und www.karstwanderweg.de/publika/voigt/index.htm

MEISCHNER, D. & GRÜGER, E. (2008): Entstehung des Erdfalls Jues in Herzberg am Harz vor 12.916 Jahren. – In: Röhling, H.-G. & Zellmer, H., Hrsg.: GeoTop 2008 – „Landschaften lesen lernen“, 12. Internationale Jahrestagung der Fachsektion GeoTop der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, Schriftenr. Dt. Ges. Geowiss. 56: 19

VOIGT, R., GRÜGER, E., BAIER, J. & MEISCHNER, D. (2008): Seasonal variability of Holocene climate: a palaeolimnological study on varved sediments in Lake Jues (Harz Mountains, Germany). – J. Paleolimnol. 40: 1021-1052

Siehe auch: www.jusuf.uni-bremen.de/ziele.html

Neben dem persönlichen Interesse an der Karstkunde waren Hydrogeologie und Meeresgeologie seine Arbeitsschwerpunkte, hier vor allem Entwickung, Bau und Einsatz von Geräten zur Probenahme aus beliebiger Wassertiefe. Die Homepage www.consulting-hydromare.de verweist auf diese Tätigkeiten und gibt neben www.dieter-meischner.de einen Überblick über seinen beruflichen Werdegang – beide Internetauftritte werden nach wie vor von Dr. Ralf Nielbock betreut.

Dank
Für ergänzende Hinweise danken wir Dr. Ralf Nielbock und Firouz Vladi.

Anschrift der Verfasser: Dr. Friedhart Knolle, Grummetwiese 16, 38640 Goslar, Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V., fknolle@t-online.de; Dipl.-Geol. Cornelia Grote-Bichoel, Bergstraße 32, 38640 Goslar, c.grote-bichoel@web.de


Wir danken der Schriftleitung der Mitteilungen des Verbandes deutscher Höhlen- und Karstforscher für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag ebenfalls veröffentlichen zu dürfen. Weiterer Nachdruck oder Veröffentlichung bzw. Verbreitung in anderen elektronischen Medien nur mit schriftlicher Genehmigung der Schriftleitung.

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