Der Burgenforscher Dr. Ing. Friedrich Stolberg schrieb 1968 in seinem Buch
„Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit“


199. Herzberg, Burg zu Schloß gewandelt. Herzberg, Kr. Osterode, Bez. Hildesheim.

Name: Herzberg, Schloß.

Meßtischblatt: 2449/4327 Gieboldehausen; N 19,0; O 0,3.

Allgemeine Lage: Südlicher Vorharz am Austritt der Sieber, Zechsteingürtel (Liesgau).

Örtliche Lage: 275 m NN auf felsigem, nordöstlich gegen den Harz vorspringendem Bergrücken über dem linken Sieberufer (227 m NN) unmittelbar Südwestende der Stadt Herzberg.

Baugrund: Zechsteindolomit.

Baumaterial: Grauwacke und Quarzit aus Siebergeröll als Bruchstein in Gipsmörtel; Sandstein als Quadermauerwerk (Grauer Flügel) und Werkstein; Fachwerk.

Beschreibung: Vierflügelbau um Rechteckhof von 40X58 m; Neubau nach totalem Brand 1510 begonnen, hat nach außen hin den ehem. Burgcharakter zu dem eines Renaissance-Barockschlosses umgeprägt. Der Burgplatz fällt gegen Nordwesten und Nordosten steil über Felsen zur Sieber ab, ehem. Angriffseite waren die Südost- und Südwestfronten; hier daher umlaufender Graben, „Hirschgraben“ genannt. Zugang an der Westecke durch ehem. Torzwinger mit doppelgeschossigem Pforthaus, 1735; dahinter der die Südwestseite bildende „Stammhausflügel“ mit der rundbogig überwölbten Toreinfahrt. Wappentafeln des Herzogs Johann Friedrich (1665-1679) und Sachsenroß. Der Stammhausflügel ist in seinem Kern der älteste Bauteil vor dem Brand 1510. Erd- und erstes Obergeschoß massiv mit kreuzgewölbten Räumen, Außenfront noch Burgcharakter. Zweites Obergeschoß Fachwerk, 1722 erneuert; auf Hofseite teilweise vorgekragt über schlanken jonisierenden Säulen mit geschnitzten Sattelhölzern. Davor in der Mitte vorgezogener Achteckturm. Im Innern Kapellenraum. Östlich, im Winkel anstoßend, der „Graue Flügel“, mit hohem massiven Erdgeschoß und Fachwerkobergeschoß, 1861 in spätklassizistischer Gestaltung erneuert. Fensterachsen gekuppelt und achsial symmetrisch. Der Graue Flügel schließt die Südostseite des Komplexes und enthält Wohnungen. Auf ihn folgt, wieder rechtwinklig angesetzt zur Nordostseite, dem Siebertal, der „Sieberflügel“ , 1648-1660 von Herzog Christian Ludwig erbaut. Rechteck, lang gestreckt mit massivem Erd- und zwei Fachwerkobergeschossen, einst der fürstlichen Hofhaltung dienend, heute Amtsgericht. Im Hofwinkel, zwischen Sieberflügel und Grauem Flügel eingefügt, der Schloß- und Uhrturm, ebenfalls unter Christian errichtet: Quadratisch, mit massivem Erdgeschoß und drei, mit reich geschnitztem Holzwerk geschmückten Fachwerkobergeschossen. Karyathiden, geschmiedetes Zifferblatt; Abschluß durch hochgeschwungene Welsche Haube mit offener Laterne. Die nordwestliche, vierte Seite des Schloßkomplexes schließt der Marstallflügel, zweigeschossig, massiv, der sich zwischen Sieberflügel und Einfahrt des Stammhausflügels schiebt. Umfassende Erneuerungsarbeiten 1948-1963, u. a. Polychromierung der Fachwerke.

Geschichte: Reichsgut der Überlieferung nach 1029 hier durch Werner v. Lutterberg ein Jagdhaus errichtet. 1157 erwarb Heinrich der Löwe die reichseigene Burg von Barbarossa im Tausch gegen schwäbische Besitzungen, sie blieb ununterbrochen in welfischem Besitz bis 1866. Nachdem unter Herzog Heinrich d. Wunderlichen 1290 die Linie Braunschweig-Grubenhagen erwuchs, war Herzberg Wohnsitz und ab 1486 Residenz derselben bis zum Erlöschen der Linie 1596; dann an Braunschweig-Lüneburg. 1510 Schloßbrand und Wiederaufbau. Residenz, u. a. hier 1622 geboren Christi an Ludwig, der Bauherr von Turm und Sieberflügel.

Lit. u. Abb.: Merian, 1654 S. 116; Hdb. d. Hist. St. D., Nieders. S. 192, Abb.; Ebhardt, 1939 S. 374, 376 u. Gr.; Max, ZHV 2 H. 2 1869 S. 120 f.; Reuther, 1965 1 S. 37 ff. u. Abb. 1-7 Gr., Schnitte, Ansichten, dazu Literaturverz; Tillmann, S. 392 u. K. 27 b.

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