„Die Gesteine der Burg Hohnstein“ – das ist doch ganz klar, die Burg ist aus und auf dem Ilfelder Porphyrit (manche sagen auch „Porphyr“) gebaut, - wozu dann noch ein Abend auf der Burg zu diesem Thema!? Das ist zwar nicht falsch, aber ganz so einfach ist es doch nicht. Natürlich ist der wichtigste Baustein der sogenannte Porphyrit, heute korrekt als Ilfelder Rhyolith bezeichnet. Dieser ist ein Ergußgestein, das sich im Ergebnis vulkanischer Prozesse in der Zeit des Unterperms (Rotliegendes) vor ca. 290...300 Millionen Jahren in dem Gebiet zwischen Bad Lauterberg und Herrmannsacker gebildet hat. Zur Errichtung der baulichen Anlagen der Burg Hohnstein wurden, wie beim Bau mittelalterlicher Burgen allgemein üblich, fast ausschließlich Gesteine aus lokalen Vorkommen als Baumaterial verwendet. Die Burg Hohnstein wurde mitten im Verbreitungsgebiet des Ilfelder „Porphyrits“ auf einem felsigen Bergsporn errichtet. Entsprechend dieser Position ist das ganz überwiegend als Baumaterial verwendete Gestein der dunkelrotbraune „Porphyrit“. Der natürliche Untergrund, der „gewachsene Fels“, und das von Menschen errichtete Bauwerk bestehen überwiegend aus ein und demselben Material; die Mauern und Gebäudereste erscheinen gleichsam als selbstverständliche Fortsetzung der natürlichen Felsformationen. Die Berge und Felsen in der Umgebung der Burg und der Burgberg selbst bestehen aus dem „Porphyrit“. Da ist es naheliegend, daß die zum Bau der Burg benötigten Steine in der unmittelbaren Umgebung, wahrscheinlich sogar teilweise im Gelände der Burg selbst gebrochen wurden. Obwohl erhebliche Mengen benötigt worden sind, ist es heute nicht mehr möglich, einen bestimmten Steinbruch zu lokalisieren, in dem der zum Bau verwendete Rhyolith gebrochen wurde. Es ist naheliegend, daß bereits bei der Herrichtung des späteren Burggeländes geeignete Werksteine gewonnen wurden. Dieses Material konnte mit Sicherheit nicht für sämtliche Bauten der Burg ausreichen, es mußten in der Umgebung weitere Steine gebrochen werden. Da ein dem Volumen des „Porphyrits“ entsprechender Steinbruch in der Nähe der Burg nicht erkennbar ist, kann vermutet werden, daß die Werksteine je nach Bedarf an verschiedenen geeigneten Stelle in der Umgebung der Burg gewonnen worden sind. Die Umfassungsmauern sind ebenso wie die im Innern der Burg befindlichen Gebäude fast durchweg aus dem „Porphyrit“ errichtet worden. Daneben haben aber verschiedene andere Gesteine als Baumaterial Verwendung gefunden. Da ist zunächst der als Werkstein kaum eingesetzte Gips (Alabaster) zu nennen. Seine Bedeutung liegt vor allem in der Verwendung als Mörtel, den man überall in den weißen Fugen findet, die in schönem Kontrast zu dem dunkelbraunen Rhyolith der Burg ihr charakteristisches Gesicht verleihen. Ebenfalls massenhaft ist gebrannter Gips für die Herstellung der Estrich - Fußböden benutzt worden. Als Packlage für den Gipsestrich dienten blaue Schlacken der Kupferverhüttung. Reste dieses Estrichs findet man vielerorts auf der Burg. Als Werkstein ist der Alabaster nur gelegentlich eingesetzt worden. Gut erhalten sind Türbogen und die Stufe der Verbindungstür zwischen den beiden großen Räumen im Nordflügel der Burg und auch die Abflußrinne, die aus dem Nordflügel ins Freie führt. Recht überraschend ist die Tatsache, daß auch in dem Treppenturm einige große Ecksteine aus Alabaster gefertigt wurden. Auch der Türbogen des Eingangs zum Treppenturm ist sehr schön aus schmalen Alabasterplatten gesetzt, deren oberer Teil aus waagerecht gelegten Alabasterplatten abgeschlossen wird. Der reichlich zur Verfügung stehende Porphyrit ließ sich nur schlecht bearbeiten. Deshalb ist für feinere Arbeiten teilweise auf andere Materialien zurückgegriffen worden. Da fällt schon beim Betreten der Burg auf, daß das umlaufende Gesims der Bastion aus einem grauen Gestein besteht. Hierbei handelt es sich um Kalkstein aus einer der Werksteinbänke des Unteren Muschelkalkes (Wellenkalk). Die Geschützöffnungen innerhalb der Bastion sind aus Alabasterplatten gearbeitet, die mit ihren sorgfältig ausgeschnittenen kreisrunden Öffnungen senkrecht gestellt worden sind. Beim Passieren des zweiten, des gotischen Tores muß man schon genau hinsehen, um den für die Einfassung des Torbogens verwendeten Sandstein zu erkennen, denn dieser hat fast die gleiche Farbe wie der Porphyrit. Der Sandstein stammt vermutlich aus dem Oberkarbon vom Kyffhäuser, es ist das gleiche Material, aus dem z. B. auch die bekannten Grenzsteine angefertigt sind. Der gleiche Sandstein findet sich u. a. wieder in dem Torbogen des 3. Tores am Eingang zum oberen Burghof. Er ist offensichtlich oft dort verwendet worden, wo besonders sorgfältige Bearbeitung und gleichzeitig gute Haltbarkeit gefragt waren. Neben diesen hauptsächlich verwendeten Materialien sind in geringerem Umfang wohl nahezu alle in der näheren Umgebung anstehenden Gesteinsarten beim Bau oder auch bei Ausbesserungsarbeiten der Burg verwendet worden. Als Ecksteine des Teppenturms ist neben dem hauptsächlich benutzten „Porphryit“ und dem bereits erwähnten Alabaster offensichtlich auch Dolomit eingebaut worden. Als Pflaster, z. B. innerhalb von Räumen des Nordflügels, findet man Flußgerölle, die hauptsächlich aus Grauwacke, aber auch aus Ergußgesteinen des Rotliegenden, dem schwarzen Melaphyr und dem rotbraunen „Porphyrit“ bestehen. Unauffällig, doch recht häufig findet man dunkelgraue Schieferplatten, die vornehmlich als Gewölbesteine, aber auch als Zwickelsteine eingebaut wurden. Auch die anderen bereits erwähnten Gesteine finden sich sporadisch im Mauerwerk. Ob sie zur ursprünglichen Bausubstanz gehören, oder bei späteren Reparaturen eingebaut worden sind, kann nicht entschieden werden. Neben den natürlichen Werksteinen sind gelegentlich auch Ziegelsteine im Mauerwerk anzutreffen, die aber wohl nicht zum ursprünglichen Baumaterial gehören, sondern erst bei Reparaturarbeiten (aber auch bereits vor der Zerstörung der Burg) eingebaut worden sein dürften. Die bereits erwähnten Schieferplatten finden sich auch sehr häufig im Schutt. Die dort anzutreffenden Platten sind auf Grund ihrer Form und Gestalt nicht als Mauerwerksreste, sondern als Reste der Dacheindeckung anzusprechen. Es handelt sich dabei um überwiegend derbe dunkelgraue bis grünlichgraue Schiefer, die auf Grund ihrer relativ schlechten Spaltbarkeit nur in cm-starke Platten gespalten werden konnten. Vereinzelt finden sich auch feinkörnige glattspaltende Tonschiefer von dunkelgrauer bis fast schwarzer, ganz selten auch dunkelroter Färbung. Die bereits für den „Porphyrit“ diskutierte Frage der Herkunft des Gesteinsmaterials stellt sich generell für alle beim Bau der Burg Hohnstein verwendeten Baumaterialien. Bei den importierten Gesteinen, dem Sandstein, der wohl vom Kyffhäuser stammt und den Muschelkalk - Werksteinen ließe sich die Quelle heute wohl nur indirekt über Rechnungen oder ähnliche schriftliche Unterlagen ermitteln. Die bisher ausgewerteten Archivunterlagen ergaben jedoch keine entsprechenden Hinweise. Dagegen finden sich eindeutige Unterlagen zur beabsichtigten Verwendung von „Tuffstein“, der allerdings nirgends auf der Burg zu finden ist. Vielleicht ist es bei der am 17. August Anno 1551 getroffenen Feststellung geblieben, daß „der Tuffstein aus Herrmannsacker zum Vermauern ungeeignet ist“, wonach angeordnet wurde, „an drei Orten nach Tuffstein zu suchen, aber an keinem Ort konnten rechte Tuffsteine gehauen werden.“ Für die übrigen einheimischen Materialien können unter Beachtung der Vorkommen und denkbarer Transportwege auch nur Vermutungen angestellt werden. Der Gipswerkstein oder Alabaster („Hohnsteiner Marmor“), kann nur in einem der zahlreichen Steinbrüche im Raum Steigerthal – Ilfeld gebrochen worden sein. Unklar ist zunächst die Herkunft der Schiefer. Diese wurden mit großer Wahrscheinlichkeit aus den altpaläozoischen Serien des Harzkerngebirges gewonnen. Am ehesten kann eine Herkunft aus dem Bereich der Metamorphen Zone des Unterharzes vermutet werden, insbesondere für die feinkörnigen Schiefer ist aber auch ein Bezug aus dem Raum Goslar denkbar. Eine nähere Lokalisierung ist ohne spezielle Untersuchungen des Gesteinsmaterials derzeit nicht möglich. Urkundlich belegt ist eine Lieferung von „240 Centner Schieferstein“ eines Stolberger Lieferanten im Jahre 1552. Der Dolomit könnte aus dem zur Herrschaft Hohnstein gehörigen Gebiet um Nüxei entstammen (Nüxeier Dolomit war ein beliebter Werkstein). Für den zur Herstellung des Mörtels und des Fußbodenestrichs verwendeten Gips kommt wegen der benötigten Massen ebenso wie für den „Porphyrit“ nur ein nahegelegenes Vorkommen in Frage. Dieses ist in dem Gebiet Harzfeld – Günsdorf gegeben, in dem bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts Gips abgebaut worden ist. Unter Beachtung der den Transportweg bestimmenden Geländeverhältnisse ist der der Burg Hohnstein nächstgelegene anstehende Gips am Westerberg südwestlich von Harzungen zu finden. Die Flußschotter dürften den unmittelbar benachbartem Bachläufen, vor allem dem Hardtbach entstammen. Im Übrigen sollte nicht vergessen werden, daß nur der Begriff „Baustoffrecycling“ eine Erfindung des 20. Jahrhunderts ist. Tatsächlich war es in früheren Jahrhunderten gängige Praxis, geeignetes Baumaterial von zerstörten Gebäuden zum Bau oder zum Ausbessern anderer Gebäude zu verwenden. Vielleicht ist das Vorkommen manchen exotischen Gesteins im Mauerwerk alter Gebäude auch ganz einfach damit zu erklären. Die vorstehende Aufzählung der auf der Burg Hohnstein beobachteten Gesteine und die skizzierten Gedanken zu Ihrer möglichen Herkunft erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und auf fachliche Korrektheit. Wir betrachten den Abend auf der Burg am 15. Mai 2002 neben dem Interesse an der Burg und ihrer Geschichte auch als kleinen Beitrag zum Jahr der Geowissenschaften. Eine wissenschaftliche Bearbeitung dieser Problematik für die nördlichste im Freistaat Thüringen gelegene Burganlage steht noch aus. Verfasser: HELMUT GARLEB, Neustadt unterm Hohnstein |