Der Burgenforscher Dr. Ing. Friedrich Stolberg schrieb 1968 in seinem Buch
„Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit“


304. Nordhausen-Pfalz, verschwundene Königspfalz. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Stadtkr. Nordhausen), Bez. Erfurt.

Name: Nordhausen, Königspfalz, Heinrichsburg, Finkenburg, Domviertel.

Meßtischblatt: 2525/4430 Nordhausen-Nord; S 2,2; O 11,6.

Allgemeine Lage: Südharzvorland, über der Zorgeniederung (Helmegau).

Örtliche Lage: 210 m NN auf Hochterrasse über der Zorgeniederung am Südrand der alten Oberstadt von Nordhausen.

Baugrund: Diluvialer Harzschotter mit nordischem Material.

Beschreibung: Keine in situ befindlichen Reste vorhanden; die Pfalz hat als solche nur rund 50 Jahre bestanden, Neubauten von Stift und Dom, Zerstörungen haben das Gelände grundlegend verändert. Steilhang im Westen, zwei begrenzende Einschnitte im Norden (Barfüßerstraße) und Süden (Wassertreppe), nach der Hochfläche zu die Gumpertstraße (ev. Engelsburg) lassen auf einen Pfalzbezirk von etwa 150 zu 170 m schließen (Grimm). Die den Pfalzbezirk westlich am Steilhang heute säumenden Türme und Mauern gehören erst der hochmittelalterlichen Stadtbefestigung an. Der Pfalz zugehörig die heute noch „Kaisermühle“ genannte Mühle am Fuß des Abhanges, durch die Wassertreppe mit dem Pfalzbezirk verbunden, südlich dieses Einschnittes die zugehörige curtis (heute „Königshof“, vgl. Reichsburg). Der das Pfalzgelände heute maßgeblich beherrschende Dom zum Hl. Kreuz in jetzigem Bestand 1130 bis 1522. Das am Kopf der Wassertreppe stehende hochmittelalterliche Fachwerkhaus „Finkenburg“ (nach 1400, wiederhergestellt 1926-1927) lokalisiert mit seinem an „Heinrich den Finkler“ gemahnendem Namen die Stätte des hier als „Kaiserstuhl“ vorhanden gewesenen Schultheißengerichtes.

Geschichte: Vorfrühgeschichtliche Besiedelung bzw. Befestigung der Geländeschwelle anzunehmen. Nach Regierungsantritt Heinrichs I. 919 vermutlich alsbald Erbauung von Pfalz und benachbarter curtis, Aufenthalt der Königin Mathilde. 929 übereignet Heinrich I. mit Einwilligung seines Sohnes Otto (Otto I.) den Ort „Nordhuse“ seiner Gemahlin als Witwengut mitsamt Quedlinburg, Pöhlde, Grona, Duderstadt. Der Zusatz „cum civitatibus“ bezeugt ausdrücklich den Charakter als befestigten Platz. 933 bei der Ungarnschlacht von Riade an der Unstrut dürfte die Pfalz Nordhausen besondere Bedeutung gehabt haben. Nach Heinrichs I. Tod 936 wurde Nordhausen Witwensitz der Königin Mathilde, 961 wurde von ihr das der Hl. Jungfrau geweihte Nonnenkloster innerhalb der Pfalz begründet. Die politische Bedeutung derselben trat hinfort zurück. Mathilde starb 968. 962 schenkt Otto II. dem Kloster Einkünfte von Zoll und Markt, 972 befindet sich Nordhausen unter denjenigen kaiserlichen Höfen, welche Otto II. seiner Gemahlin Theophanu als Morgengabe übereignete. Hier ist bereits der Begriff „Hof“ (curtis) in den Vordergrund gerückt, es dürfte sich hier nicht mehr um die ehemalige, zum Kloster gewordene Pfalz, sondern um den Königshof handeln, auf den der politische Schwerpunkt überging (vgl. Reichsburg). Lediglich an der Südostecke des alten Pfalzbezirkes scheint ein kaiserlicher Bau verblieben zu sein, der „Kaiserstuhl“, das Schultheißengericht, dem die lokale Bezeichnung „Finkenburg“ anhaftete. Damit schließt die Geschichte der Pfalz selbst als Baukomplex. Sämtliche heute vorhandenen Türme, Mauerzüge, Keller sind in die Zeit um 1350 zu verweisen, als der Befestigungsring der Stadt seine bedeutende Verstärkung erhielt. Die originale Befestigung der Königspfalz dürfte ähnlichen Charakter aufgewiesen haben wie der andernorts (Werla, König Heinrichs Vogelherd zu Pöhlde).

Lit. u. Abb.: MG DH I 20; MG DO II 5, 21; B.u.KDm. Prov. Sachsen XI S. 1 ff.; Riemenschneider, Die ehemalige Heinrichsburg in Nordhausen, Das tauendjährige Nordhausen Bd. I 1927 S. 603 ff. mit Lagepl., Verfasser sieht irrtümlich in hochmittelalterlichen Bauresten im ehemaligen Pfalzbezirk die Reste der Burg Heinrichs I., unbeschadet dessen als Inventar wertvoll; Stolberg, Festschrift II 1927 S. 598; Grimm, 1961 S. 24 Abb. 3 Pl.; Meyer, 1910; Tillmann, S. 741.

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