- von Dieter Greunig - Die frühe Bedeutung des Ortes Wulften über eine agrare Ansiedlung hinaus hängt sehr wesentlich mit seiner Lage im vor- und frühgeschichtlichen Verkehrnetz zusammen (vgl. Abb. 1). Hier kreuzte der Nord-Süd-Verkehr der Thüringer Heerstraße (Seesen-Duderstadt bzw. Seesen-Nordhausen) die West-Ost-Route (Northeim-Nordhausen). Vorgezeichnet war diese Kreuzung durch die Richtung des Höhenzuges des Rotenbergs, dessen Höhe (First) der Fastweg mit seiner Fortsetzung in der Hohen Straße folgte. Er kann als ältester Höhenweg unseres Raumes in thüringische Richtung angesehen werden. Mit dem Ende des Rotenberges (Bilshäuser Kopf) und der Fortsetzung der Thüringer Straßen nach Norden war der Übergang über die Oder im Gebiet von Wulften festgelegt, der wohl schon im Mittelalter durch einen Holz-Erde-Damm ausgebaut gewesen ist. 1843, November 25
Direkte Belege für einen möglichen „Königshof“ in Wulften, der hinter den genannten Hufen und Zinsgütern stehen könnte, fehlen. Nur wenige Hinweise deuten darauf hin, daß unmittelbar im Bereich des alten Ortskerns an exponierter Stelle einmal eine Anlage bestanden hat, die durch ihre Lage und mögliche Befestigung aus dem übrigen Bestand der Höfe herausragte. Zu diesen Hinweisen gehört der Flurname „Hurenburg“, der auf einen deutlich von dem kleinen Bach des „Blauen Wunders“ aus dem „Hohen Ufer“ herausgeschnittenen Geländevorsprung bezogen ist. Unmittelbar, neben bzw. unterhalb der Anhöhe mit heute noch recht steilen Böschungen liegt der ehemalige Edelhof (Sattelhof) der Familie Berkefeld, der auf den Reichsbesitz zurückgehen könnte. Hier ist jedoch die frühe Besitzgeschichte noch nicht hinreichend geklärt. Größere Teile der Anhöhe (Grundstück Mißling), die von zwei Seiten unmittelbar von der Heerstraße umfahren wird, sind heute nicht bebaut, so daß Sondierungbohrungen durchgeführt werden konnten. Einige dieser Bohrungen erbrachten in 0,60 bis 1,50 m Tiefe Spuren von Holzkohle und Holzkohlehorizonte sowie auch Spuren von Hüttenlehm. An dieser Stelle können ehemalige bauliche Anlagen, vor allem Holzkonstruktionen, angenommen werden. Die Verdichtung zu einem Brandhorizont liegt zwischen 60 und 90 cm Tiefe. Datierende Funde fehlen bisher. Ein sicherer Nachweis eines Gehöftes und einer möglichen Erd- oder Palisadenbefestigung unmittelbar am Rande der steilen Böschung entlang könnte nur durch umfangreiche archäologische Untersuchungen erbracht werden Der zugehörige Wirtschaftshof zu dem „festen Haus“ des Königshofes hat wohl schon im Mittelalter unterhalb des Geländesporns direkt am Blauen Wunder gelegen. Dieser Hof, lange Zeit in der Hand der Herren von Berkefeld, ist noch im 19. Jahrhundert als Sattelhof (Salhof) im landesherrlichen Besitz, ursprünglich braunschweig-lüneburgisch, danach hannoversch. 1843 wird Johann Friedrich Heise von König Ernst August von Hannnver mit diesem Hof belehnt, als Nachfolger seines Vaters.
Deutlich im Gelände ausgeprägt ist eine kleine Wallanlage (Ringabschnittswall) am Osthang des Dutberges, die 1964 im Rahmen von historisch-geographischen Geländeaufnahmen entdeckt werden konnte (Denecke 1969, S. 257). Nach ihrer Lage am Dutberg wurde sie mit dem Namen „Dutburg“ belegt. Jegliche Namenbelege oder schriftliche Zeugnisse fehlen. Für die Anlage dieser Wallburg nutzte man einen kleinen Bergsporn am Osthang des Dutberges, der durch zwei kleinere Zuflüsse in ein nach Süden gerichtetes Bachbett aus dem Hang herausgeschnitten ist (vgl. Abb. 1). Die Anlage wird von einem äußeren Graben umfaßt, der im Norden ein natürliches Trockentälchen nutzte. Hier ist vermutlich eine künstliche Vertiefung und Versteilung vorgenommen worden. Im westlichen Teil, im Bereich der notwendigen Abschnittsbefestigung, ist eine künstliche Grabenanlage (Abschnittsgraben) sehr deutlich ausgeprägt, die zu dem südlich angrenzenden Tal hin ausläuft. In diesem Bereich ist auch der nach innen anschließende Abschnittswall gut erhalten, der aus dem Grabenaushub aufgeworfen ist. An der nordwestlichen Ecke der Anlage führt eine Erdbrücke über den Graben und ein Durchbruch durch den inneren Wall. Es kann angenommen werden, daß hier die Toranlage gelegen hat. Der äußere Befund spricht jedenfalls nicht für einen späteren, sekundären Durchstich. Nach Süden hin ist das natürliche Tal selbst als vorgelagerter Graben genutzt worden. Eine Fortsetzung des Abschnittswalls als Randwall ist nur in Ansätzen zu erkennen. Ein Grabungsschnitt im Südwesten, der durch unbekannte Ausgräber in den 70er Jahren angelegt worden sein muß, zeigt sehr deutlich die Basis einer Erdaufschüttung mit verkohlten Holzeinlagen in einer Breite von etwa 3 bis 4 m. Es ist anzunehmen, daß hier im Süden die ehemalige Holz-Erde-Konstruktion des ohnehin allgemein niedrig gehaltenen Randwalles so stark verschliffen und hangab abgetragen ist, daß ein Aufwurf als solcher nicht mehr deutlich erkennbar wird. Ob noch weiter südlich, etwa am heutigen Waldweg entlang, ein weiter Randwall bzw. eine künstlich versteilte Böschung gelegen hat (im Abstand von etwa 20 m vom inneren Wall), ist unklar. |
Der innere Teil des befestigten Areals umfaßt eine Fläche von 45 m x 90 m. Die vorgelagerten Bereiche im Süden und Osten des Geländesporns sind vermutlich nicht mit in die Anlage einbezogen gewesen. Bemerkenswert ist, daß ein Erdwall vornehmlich nur im westlichen Teil als Abschnittswall ausgeprägt ist, dort, wo auch der Aushub aus dem Abschnittsgraben angefallen war. Im übrigen Verlauf der Befestigung scheint im größeren Umfang mit Holz gearbeitet worden zu sein, worauf die Holzkohlehorizonte im Verlauf der Randwälle hinweisen. Dafür, daß die Anlage nicht fertiggestellt oder im größeren Umfang geschleift worden wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Der Burgentyp des Ringabschnittswalles mit einem kräftig ausgebildeten Abschnittswall und niedrigen Randwällen entlang natürlich geschützter Bereiche (Taleinschnitte) ist charakteristisch für Anlagen des frühen Mittelalters. Bisher liegen keine datierten Funde von der Burganlage vor. Hier ist, außer wenigen Keramikbruchstücken, auch kaum etwas zu erwarten. Ob ein bestimmter kriegerischer Anlaß hinter der Anlage dieser Burg steht, was bei der Kleinheit und dem relativ geringen Aufwand möglich wäre, oder ob ein gezielter strategischer Ausbau des Ortes und Verkehrskreuzes Wulften damit vorgesehen war, läßt sich bisher nicht klären. Diese Fragen hängen sehr wesentlich mit der notwendigen genaueren Datierung zusammen bzw. mit der grundherrlichen Geschichte Wulftens. Das Jahr 889 mit der Übertragung des alten Reichsgutes in Wulften an den Gagrafen Adalger spielt dabei eine wichtige Rolle. So stellt sich die Frage, ob die Anlage in die Zeit des Reichsbesitzes gehört oder sie erst im Rahmen des strategischen Ausbaus des Lisgaus entstanden ist. Sehr gut möglich wäre auch ein gewisser funktionaler, strategischer oder auch politischer Zusammenhang mit den Anlagen in Pöhlde, ebenfalls im Zuge des Fastweges auf dem Rotenberg gelegen. Eine zeitliche Einengung dieser Wallanlagen (König Heinrichs Vogelherd) ist anhand von Keramik für das 9. und das beginnende 10. Jahrhundert vorgenommen worden. Es ist zu vermuten, daß die Anlagen der Dutburg gleichzeitig bestanden haben, jedenfalls für eine gewisse Zeit, in beiden Fällen auch auf die Sicherung der Fernstraßen gerichtet. Offen bleibt aber letztlich auch dabei noch immer, gerade für Wulften, ob die Anlage auf Maßnahmen des Reiches (vor 889 oder vielleicht sogar später von Pöhlde aus, nach der Wahl König Heinrichs 919) oder auf Aktivitäten der Grafschaft (nach 889) zurückgeht. Offensichtlich ist die Anlage durch Brand zerstört worden, da die Holzkonstruktionen im Wallkern und an der Mauer verkohlt sind. Die Anlage ist in ihrer versteckten Lage von der Funktion her als Fluchtburg anzusehen. Strategisch ist die unmittelbare Situation nicht besonders günstig, so daß der Standort durch Lagebeziehungen im näheren Umfeld bestimmt worden sein muß. Dieses wird sicher der Ort Wulften mit seiner politischen und und strategischen Bedeutung gewesen sein, aber auch das Verkehrskreuz der beiden Fernstraßen mit dem Flußübergang (vergl. Abb. 1). Beide Straßen waren von der Dutburg aus nicht einzusehen, aber doch gut zu erreichen, so daß die Anlage auch als Ausgang und Rückzug für eine Belagerung der Verkehrswege gedient haben wird. Vermutlich hat die Befestigung nur für eine kurze Zeit Bestand gehabt. Sie ist wohl in einem Zuge angelegt worden, denn verschiedene Bauphasen lassen sich nicht erkennen. Eine Bebauung oder längerfristige Besiedlung der Anlage ist nicht anzunehmen. Sehr wahrscheinlich hat ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem befestigten Hof in Wulften selbst und der Wallanlage bestanden, so wie dies vor allem für Pöhlde, aber auch für andere frühgeschichtliche Zentren gesichert ist. Nach der Aufgabe hat der Wald die Wallanlage überzogen. Im Mittelalter sind weitere Teile des Dutberges als Ackerland genutzt worden, wie dies an den Ackerterrassen und den erhaltenen Wölbäckerstrukturen noch erkennbar ist. In der Neuzeit (17. und 18. Jahrhundert) standen Waldweide und Holznutzung im Vordergrund. In dieser Zeit ist auch Holzkohle gewonnen worden. Im angrenzenden Talgrund waren im Mittelalter einige Fischteiche angelegt (Reste von Teichdämmen). Die Relikte einer Wall-Graben-Anlage im gegenüberliegenden Hang östlich der Burg gehören zu einer Landwehr, die quer auf die Thüringer Straße zulief. Die Dutburg ist das älteste, noch gut erhaltene und zum Ort Wulften gehörige Geländedenkmal aus der Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung der Siedlung. Es sollte alles daran gesetzt werden, daß diese Anlage auch weiterhin als sichtbares historisches Denkmal bewahrt bleibt. Quelle: Arbeitskreis Ortschronik Wulften (1989): Wulften am Harz: ein Streifzug durch die Vergangenheit; 1100 Jahre; 889-1989. Horb am Neckar GPS-Koordinaten |