Die Speisen, ihr Essen und Trinken, besteht in Brot, Kartoffeln, Wurzeln und einem leichten Bier, dem Koffent, das sie in der Nachfrucht zubereiten. Branntwein ist die einzige Depensie, und Fleisch wird selten gebraucht, wenn es nicht die Zeit ist, wo ein Schwein geschlachtet wird. Die Quelle dieses übernatürlichen Fleißes und dieses kärglichen Lebens ist allein der harte Druck der Abgaben, die Besorgnis, das Geforderte nicht rechtzeitig leisten zu können, die Angst vor den harten Zwangsmitteln der Beitreibung. Wäre es möglich, sich überhaupt den Schlaf zu entziehen und Tag und Nacht zu quälen, so würden auch diese Menschen schweigen und nur für sich ihren Zustand beklagen. Allein bei allem Fleiß, bei aller Tätigkeit und bei der größten Sparsamkeit haben nicht nur die einzelnen Schulden machen müssen, sondern die Gemeinde als ein Ganzes hat schon über 1500 Reichstaler Schulden aufnehmen müssen (das wären also im Jahre 1900 rund 25 000 Goldmark gewesen). Wenn man bedenkt, daß ein Dorf von 190 Vollstellen und 1150 Menschen, Kinder mitgerechnet, diese Abgaben leisten und diese Lasten tragen muß, so muß man versichert werden, daß auch selbst bei diesem Lebensabbund bei diesem Fleiß und dieser Tätigkeit die Menschen zugrundegehen, ihr Leben kein Genuß, sondern eine Last ist. Sie sind also in einen Zustand versetzt, welcher die Kultur und die Bildung, auf welcher wir stehen, mit Scham, mit Entsetzen, mit dem höchsten Unwillen benennt. Sie selbst nennen sich Sklaven. Und wenn man die Geschichte kennt, so findet man weder in Rom noch in Deutschland eine Zeit, in welcher der Sklave, der Leibeigene, der Hintersasse mehr gab, mehr leistete als diese Menschen, welche auch mit für das edelste Gut, die deutsche Freiheit, gestritten und mit ihrem Blut sie erkämpft haben. Wenn man diese unglaublichen Abgaben und Lasten beobachtet, so zuckt jeder Lebensnerv in der Brust eines gefühlvollen Menschen. Wenn man sieht, wie die unglücklichen ringen und streben, das alles zu leisten, wie sie allen Lebensgenuß entsagen und nur immer Tag und Nacht quälen, um als gehorsame Untertanen zu erscheinen, dann entfällt dem Menschenfreund eine Träne der Teilnahme für das redliche Landvolk." Mag der Verfasser dieser Bittschrift in manchen Dingen etwas schwarz gemalt haben, die Situation der Landwirtschaft nach den Befreiungskriegen war trostlos. Die Eingabe der Gemeinde war im Übrigen zwecklos, sie wurde in Hannover "durch
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