stets vorhanden in der Welt; man muß nur genau zusehen". Dieses kleinsten Pate war der Onkel.

Das Dorf mit seiner hübschen Lage vor den Harzbergen, umgeben von Feldern und weiten Wiesengründen, drinnen mit seinen malerischen Ecken und Winkeln, erregte immer wieder sein Wohlgefallen, und er hat allerlei davon gezeichnet, so auch das umseitig veröffentlichte Bild des feinen, alten Siebersteges bei der Schule , der nach der Verkoppelung einem neuen, weniger schönen hat weichen müssen. Besondere Freude hatte der Onkel aber an dem hübschen Kirchturme, einem alten, das Siebertal bis zu den Bergen beherrschenden Wehrturme aus der Zeit, als die Herren von Hattorf noch auf ihrer Burg hausten. Immer wieder konnte er sinnend den Turm in wechselnder Beleuchtung beschauen und seine Schönheit rühmen.

Auch seinen siebzigsten Geburtstag; hat der Onkel bei uns in Hattorf verlebt, aber nicht gefeiert. Am Nachmittage vor dem Geburtstage kam er unangemeldet von Ebergötzen her hier an. Am Geburtstagmorgen gratulierten wir ihm. Die beiden Mädel brachten ihm Veilchensträuße, die sie im Garten für ihn gesucht. Mittags gab's als Nachtisch eine einfache Apfeltorte, wie er sie gern aß. Das war alles. Wein mittags, eine Bowle abends lehnte er ab und verlebte den Tag in völlig ruhigem Gleise wie jeden andern. Um 10 Uhr abends sah er vom Buche auf nach der Uhr, drehte sich eine Zigarette und meinte, jetzt sei die Gefahr ja wohl vorüber, es könne nun doch niemand mehr kommen. Ein Ständchen, das unser Männer-Gesangverein ihm zugedacht hatte, konnte ich noch rechtzeitig verhindern und danke dem Leiter und den Sängern noch heute dafür, daß sie mit feinem Verständnis für des Onkels Eigenart auf die Freude, ihn durch ein Ständchen zu ehren, verzichteten. Das Telegramm des Kaisers, das mein Bruder hierher sandte, empfand er im ersten Augenblick als Störung, freute sich dann aber doch darüber und ließ sich auch bald überzeugen, daß er dem Kaiser besonders danken müsse. Aber dann hieß es: "Setze es mal auf. Das bat doch seine gewiesenen Wege, und ich habe in so was keine Uebung, aber nicht byzantinisch!" Ich erfüllte seinen Wunsch; wir besprachen die Fassung, und er sprach dem Kaiser seinen Dank aus mit ein paar schlichten Worten. Herzlich lachte er, als mein Bruder schrieb, der alte Tagelöhner in Mechtshausen

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