war in diesem Ausschuß. Es war einer meiner schwersten Verantwortungen. Die Gemeinde mußte den Großteil ihres Steueraufkommens für Fürsorgezwecke verwenden. Notstandsarbeiten gab es in dieser Zeit in einer Länge von 10 Wochen im Jahr. In dieser Zeit wurde die Sösetalsperre in Osterode gebaut, ebenfalls die Odertalsperre in Bad Lauterberg. Die Arbeiter waren froh, hier einmal im Jahr 10 Wochen arbeiten zu dürfen. So kam ein Teil der Arbeitslosen 10 bis 12 Wochen dorthin, dann kamen wieder andere. Wer aber keine Arbeitslosenunterstützung mehr bekam, durfte dort nicht mehr arbeiten. Diese beiden Talsperren wurden in der Zeit von 1930 - 1933 erbaut. Was jene Jahre der Krise an Not bedeuteten, ist kaum zu schildern. Nirgends Geld. Bei Pfändungen wurden für Spottpreise Waren versteigert, die ein Vielfaches unter dem wirklichen Wert lagen. Überall Heere von Arbeitslosen. Not, Elend, das Volk hungerte im wahrsten Sinne des Wortes bei vollen Scheunen und vollen Läden. Es war auch nichts übermäßig teuer, die schlechteste Margarine kostete 22 Pfennige das Pfund. Aber ein Junggeselle bekam die Woche nur 2,30 M, Verheiratete mit 2 Kindern 12,00 M die Woche, davon ging oft jede 2. Woche für Miete drauf. Heute schreiben die Geschichtsschreiber, daß das brutale Eintreiben der Reparationen diese Zustände hervorgerufen und damit Hitler den Weg zu seinem Ziele vorbereitet haben (Siehe "Eine kostbare Rache" von Freda Utley, Völke-Verlag, Hamburg). Neben der wirtschaftlichen Krise zog noch eine geistig-seelische Depression durch das Volk. Die jahrelange Arbeitslosigkeit hatte dazu geführt, daß viele Einwohner bei den Geschäften überschuldet waren und nirgendwo war eine Hoffnung auf Besserung zu erblicken. Geldlich gesehen, waren Kredite kaum zu beschaffen und viele Gegenstände wurden für ein Spottgeld veräußert. Auch die Landwirtschaft hatte unter dieser Krise sehr zu leiden, da infolge des minderen Verbrauchs auch hier Überschüsse der landwirtschaftlichen Produktion zutage traten. Nach 1933, als Hitler ans Ruder kam, wurde auch ein freiwilliger Arbeitsdienst im Orte eingerichtet. Das Quartier lag im Eßsaal der Spinnerei. Das damals weggerissene Mühlenwehr wurde von diesem freiwilligen Arbeitsdienst neu aufgebaut. Zu dieser Zeit wurde auch das sogenannte Mädchenheim jenseits des Mühlenwehrs erbaut. Hier kamen besonders viele Mädel aus Österreich zur Spinnerei. Ebenso wurden auch Männer aus Österrreich in den anderen Fabriken untergebracht. Als Arbeitsankurbelung kam ein gewisses Wirtschaftsprogramm zum Tragen, jedoch blieb der fertig vorliegende Plan einer Wasserleitung für unseren Ort unberücksichtigt. Vielmehr wurden Notstandsarbeiten zur Regulierung der Flußbette in der Oder und jenseits des Rotenberges an der Ruhme vollzogen. Als 1939 die Kriegsvorbereitungen klar zu Tage traten, kam ein Aufschwung in die gesamte Wirtschaft. Die Betriebe arbeiteten zu dieser Zeit wieder voll und die Betriebsinhaber wurden dazu angehalten, auf Vorrat zu arbeiten. |