Etliche Häuser hatten weiße Fahnen gehißt, die Bevölkerung nahm die Besatzung ruhig und besonnen auf. Des Abends bekamen wir Einquartierung, wie alle am Ortsrand liegenden Häuser.

Das spätere Standquartier der Amerikaner wurde am Dornbüh, der Steinstraße und Oderstraße eingerichtet, ebenfalls im Mädchenheim und in der Stuhlfabrik - Vohlwerke. Die Bewohner mußten die Häuser räumen und alles stehen und liegen lassen. Jedoch ist keinem etwas entwendet worden. Nur bei meinem Nachbarn hatten sie, da er nicht zu Hause war, alle Gold- und Silbersachen mitgehen lassen.

In der Villa Escher lag ein Kommandant, der aber nur kurze Zeit hier blieb.

Später schuf der Amerikaner eine deutsche Hilfspolizei, die dem Bürgermeister unterstand. Diese hatte die Aufgabe, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, und trug als äußeres Zeichen eine weiße Armbinde. Zu diesen auf Vorschlag des Bürgermeisters benannten Hilfspolizisten gehörte auch ich. Diese Hilfspolizisten durften keine Nazis gewesen sein und waren zur Erhaltung von Ruhe und Ordnung eingesetzt. Auch sollten wir etwaige flüchtige deutsche Landser dem Amerikaner zuführen. Sie wurden aber meist um das Dorf, also um die Gefahrenzone, herumgeschickt. Etliche Findige hatten sich auch weiße Binden mit dem Siegel der Hilfspolizei besorgt und zogen der Heimat zu. Wenige Tage später schon traten zwei Männer namens Hardt und Peschke als Führer der Hilfspolizei mit Beglaubigungsschreiben des Amerikaners in Erscheinung.

Wir kannten beide nicht. Darum protestierten wir auf das heftigste. Diese Gangster stahlen, raubten, plünderten und mißhandelten Hattorfer Einwohner. Radios und Schreibmaschinen waren ihre Spezialitäten.  Mit Hilfe des Adjutanten, des Kommandeurs dieser Truppe, der auch sehr gut deutsch sprach, organisierten sie einen PKW voll Schuhe. Irgendwo hatten sie diese gestohlen. Eines Tages kam ein neuer Kommandant, ein Jude, der diese Kerle durchschaute und dem Spuk ein Ende machte. Einer der Kerle wurde eingesperrt. Zu erwähnen sind noch die Panzer, die kampfunfähig in der Umgebung lagen. Im Hattorfer - Pöhlder Holz lagen etliche sowie an der Pöhlder Eisenbahnbrücke ein deutscher und ein amerikanischer Panzer. Sie waren, als sie über die Eisenbahnbrücke fuhren, in die Luft geflogen, da die Brücke mit Minen belegt war. Belästigungen der Zivilbevölkerung von seiten der Amerikaner sind nicht offiziel bekannt geworden, was wohl auf das Schweigen betroffener Personen zurückzuführen war. Doch in Häusern, deren Wohnungsinhaber die Wohnungen verlassen hatten, wurden keine Wertsachen mehr gefunden.

In Hattorf selbst hat es weder Tote noch Verundete gegeben; jedoch hat ein junger Soldat beim Auekrug vor den beiden Teichen sein Leben lassen müssen. Stimmen wurden laut, die wissen wollten, daß er von einem deutschen Offizier umgelegt worden sei. Der Führer dieser deutschen Truppe hatte sein Quartier auf dem Auekrug, wo Cognacflaschen seine Hauptbeschäftigung gewesen sein sollen, aufgeschlagen. Seine letzte Tat soll der Ehrenfriedhof im Harz, auf dem viele deutsche Soldaten ruhen, gewesen sein. Der junge deutsche Soldat liegt hier auf dem Friedhof beerdigt.
 

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