Die letzten Wochen des zweiten Weltkrieges

In den letzten Kriegswochen beherrschte die amerikanische Luftwaffe das Feld in unserer Heimat. Besonders ist mir in Erinnerung eine Luftschlacht in der Umgebung Hattorfs. Der Amerikaner hatte sich immer mit zwei Fliegern auf ein deutsches Flugzeug gestürzt; kein Wunder, daß der Kampf zu dessen Ungunsten ausfiel. In diesen Tagen sah man hier und dort Flugzeuge vom Himmel stürzen. Eines stürzte in der Nähe des Großen Busches nieder. Erst später entdeckte man, daß auch der Pilot unter dem Flugzeug lag. Es handelte sich um ein deutsches Flugzeug. Ein weiteres landete vor der Steige auf einer Wiese.

Ein Flieger, der einen Deutschen verfolgte, schoß in der Nähe der Kirche mehrere Salven ab. Er jagte ihn weiter über den Aueberg nach Herzberg, wo sie beide unter der Hochspannung hindurchflogen. In der Nähe von Sieber wurde der Luftkampf durch Abschuß des Deutschen beendet. Diese Beobachtung machte ich vom Turm der Dynamitfabrik Herzberg aus.

Eine Panzersperre wurde im Rotenberg gebaut. Sie ist nie als Hindernis in Frage gekommen. An Flakartillerie lag in Hattorf eine Batterie in den Krukhöfen des Schnippels sowie in der Länge, auf dem Aueberg und in der Aue. Ich ging auf den Heiligenberg, um dem Kampfe zuzusehen und beobachtete, wie sich die amerikanischen Jagdbomber auf die Geschütze in der Aue stürzten.

Schon tage- und wochenlang hörte man den Kanonendonner von Kassel und Göttingen bis hierher. Mehrere Geschütze schossen vom Rotenberg nach Düna hinüber. Eine Granate, wahrscheinlich von diesen Geschützen, wurde im Hause Bode, Rotenbergstraße, gefunden. Sonst wurde Hattorf nicht direkt beschossen, mit Ausnahme jener Jagdbomber, die in den letzten Kriegstagen die Züge bombardierten und als Lokjäger in Erscheinung traten. Viele Eisenbahnloks wurden durch sie bei der Rödermühle, am Hattorfer Bahnhof und in der Aue zerschossen. Ein Lokführer starb dabei in Herzberg.

Ein Flakzug, der längere Zeit auf dem Bahnhof stand und der Lenkung der Nachtjäger diente, hatte sich zum Glück einige Tage vorher von Hattorf entfernt, sonst wäre auch für unseren Ort größere Gefahr vorhanden gewesen. Er wurde auf dem Herzberger Bahnhof zum größten Teil zerbombt. Dort explodierte ein kleiner Munitionszug, dessen Explosionskrater so groß war, daß ganze Eisenbahnwagen darin verschwanden. Vorher hatten sie auch den Northeimer Bahnhof gänzlich demoliert.

Besonders Glück hatte die Stadt Herzberg bei der Explosion der Dynamitfabrik. Etwa um 13.00 Uhr erfolgte die erste Kesselexplosion. Nach meiner Ansicht nicht durch Feindeinwirkung, denn es wurde kein Flieger gesehen. Ich selbst war auf der DAG beschäftigt und hatte Frühschicht. Als ich mit dem Rade durch die Aue fuhr, sah ich, daß in der Richtung der Dynamitfabrik ein Feuer brannte. Als ich vor Herzberg aus der Aue kam, geschah die große Explosion. Etwa 12-tausend Minen explodierten auf einmal und legten die ganze Fabrik in Trümmer. Es war ein großes Feuerwerk und ein ganz schöner Rauchpilz, als die brennenden inen dann wieder zur Erde fielen. Auch hier kamen etwa 16 Menschen ums Leben, darunter Heinrich Kirchhof, Hattorf, Rothenstraße. Ich selbst hatte Glück, denn gerade an diesem Tage hatte ich die Zeit verschlafen.
 

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