Aus Krieg und Kriegsvorbereitungen

1944 fuhren jeden Tag lange Eisenbahnzüge mit Fremdarbeitern - Polen und Russen - gen Westen, in einer Zahl, so daß wir mit Schrecken daran dachten, daß wir selbst einmal in unserem Land in der Minderheit seien würden. Polen, die in Herzberg beschäftigt waren, sagten, daß sie in ihrer Heimat vom Markt weg, wo sie einkaufen wollten, zusammengetrieben, zum Bahnhof geschleppt, in Güterwagen verladen und nach Deutschland gebracht wurden. Alle Holländer erhielten viel Eßwaren aus ihrer Heimat und auch alles, was sie bekommen konnten.

In Niedersachswerfen, wo an der V 2 gearbeitet wurde, war ein Konzentrationslager, dessen Insassen beim Bau unterirdischer Hallen beschäftigt wurden. In diesem Bau arbeiteten 3 Hattorfer, die dadurch Einsicht in die Gepflogenheiten dieses Lagers hatten. Sie berichteten, daß täglich Menschen - ganz gleich ob Ausländer oder Deutsche - erschlagen, erschossen wurden oder verhungerten. Jeden Tag kam ein Auto und holte diese sogenannten Fleischkisten weg, in denen die Toten lagen. Es kam auch vor, daß Wachmanschaften, die das Herz auf dem rechten Fleck hatten und die Sträflinge begünstigten, am anderen Tage selbst einen Sträflingsanzug (Zebra) trugen, wenn man sie dabei erwischte. In die dortigen Kalkberge wurden große Stollen getrieben und Hallen geschaffen, in denen an der V 2 gearbeitet wurde bzw. gearbeitet werden sollte. (Jene V 2 ist der Vorläufer der Weltraumrakete).

Alle Gesetzesübertretungen wurden während des Krieges scharf bestraft. So geschah es, daß ein Scharzfelder Schlachtermeister wegen Schwarzschlachtung zum Tode verurteilt und enthauptet wurde. Einige seiner Arbeitnehmer und Komplizen kamen mit einer gelinderen Strafe davon.

Ein Russe stirbt in Hattorf. Im Jahre 1944 hatte sich ein Russe, von Herzberg kommend, in dem Hause Barke-Dornbüh, unter einem Schuppen niedergelegt. Es stellte sich später heraus, daß dieser Russe (ein streng Orthodoxgläubiger) bei einer Erschießung in Herzberg mit dem Leben davongekommen war. Er hatte sich mit zerschossenem Kiefer, den er mit einem Bindfaden am Kopf festgebunden hatte, bis nach Hattorf geschleppt. Als Frau Barke ihn erblickte, lief er ins Feld hinein, durch Sieber und Oder zum Rotenberg. Als Militär ihn später wieder einfing, brachte man ihn als Toten ins Schützenhaus. Während die Wachmannschaft dem Bürgermeister Meldung erstatteten, war er aufgestanden und lag dann im Bett der Wache. Dieser Russe muß ein besonders zähes Leben gehabt haben; denn als er nicht starb, deckte man ihn mit Brettern einer Bude zu, wo er endlich ins Jenseits hinüberging. Einige Einwohner, darunter auch meine Schwester, gingen hin und hörten noch das Stöhnen und Röcheln des Sterbenden unter den Brettern, wie sie mir erzählte, später wurde er durch einen Gnadenschuß erlöst.

Wie gut die Nachricht bzw. die Informationen der Russen waren, ergab sich daraus, daß Herr W. Barke, Hattorf, mir später folgendes berichtete: "Ich arbeitete in einem Rüstungsbetrieb in Rhumspringe. Dort wurde uns von einem Wehrmachtsoffizier ein Vortrag gehalten über die Propaganda der Russen. U.a. schilderte er genau so, wie es sich abgespielt hatte, auch den Mord an dem Russen
 

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