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Aus Gieboldehausen wurde vor allem Branntwein eingeschwärzt. In Hattorf gab es nur wenig Katholiken bis zur Jahrhundertwende. Es waren zumeist junge Mädchen und junge Männer, die sich, aus den eichsfeldischen Dörfern kommend, nach hier als Knechte und Mägde verdingten. Das änderte sich im Jahre 1900, als die von der Firma George Stelling, Gräber & Com. in Hattorf erbaute große Flachsspinnerei in Betrieb genommen wurde. Dazu benötigte man intelligente und fleißige Flachsspinner als Spezialarbeiter. Die meißten von ihnen stammten aus Liebau und aus dem Sudetenlande und bekannten sich sämtlich zum katholischen Glauben. Die Werkleitung der Spinnerei stellte den Katholiken den Speisesaal für ihre sonntäglichen Gottesdienste zur Verfügung. Der kath. Pfarrer kam bis zum Jahre 1948 aus Herzberg. Die Schulkinder besuchten - wie auch heute noch - gemeinsam mit den Kindern der Eingesessenen die Volksschule. Den Religionsunterricht erteilten außer dem Pfarrer auch jeweils ein kath. Lehrer aus Herzberg. Durch den Zuzug von vielen Flüchtlingen, unter denen sich zahlreiche Katholiken befanden, reichte allmählich der Speisesaal der Spinnerei nicht mehr für die Kirchgänger aus, und der Prälat Beigel, ebenfalls ein Flüchtling, sowie sein Nachfolger, der außerordentlich sympathische Pfarrer Nemmers, hatten mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Beide Pfarrer wohnten in Schwiegershausen, und die kirchliche Betreuung war für beide Geistliche eine sehr strapaziöse Angelegenheit.

Diesem unmöglichen Zustand mußte abgeholfen werden, zumal sich die Zahl der Katholiken inzwischen auf mehr als 500 Personen vermehrt hatte. Man wollte eine Kirche bauen und suchte zunächst einen geeigneten Bauplatz, nachdem ein Kath. Kirchenbauverein ins Leben gerufen war. Zunächst erwarb man von der Realgemeinde Hattorf einen Baugrund in der Mühlenwehrstraße gegenüber dem Mädchenheim. Durch eine eifrige Sammeltätigkeit unter den Gläubigen und mit Unterstützung der Frauenverbände in der Domstadt Speyer schien der Kirchenbau nunmehr gesichert zu sein.

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