Bald aber flog ein böses Lied durchs Land, das sogleich von den Preußen verfemt galt. Wer es sang, setzte sich, wie es hieß, der Gefahr aus, von ihnen eingekerkert, ja erschossen zu werden. Mariechen sang es aber trotz aller Warnungen mit großer Inbrunst. Es war ein Spottlied auf den preußischen Adler und begann:Kam ein Vöglein geflogen | Ins hannoversche Land, | Hat geraubt und gestohlen | Und wird Kuckuck genannt. |
Im Übrigen merkte ich nur am Auftreten von Briefträgern, daß ich jetzt zu einem anderen Staate gehörte. Bis dahin hatte Uderstedt zweimal wöchentlich die Briefe und Zeitungen von der Post in Herzberg in seiner Kiepe mitgebracht, und das hatte vollkommen genügt. Das Kreisblatt erschien nur Mittwochs und Sonnabends, war also immer ganz neu, wenn Uderstedt kam. Von der Hannoverschen Landeszeitung sammelten sich allerdings immer einige Nummern bei der Post an, ehe der Bote sie holte, aber das tat dem Interesse keinen Abbruch. Da es auf das Allerneueste, das man ja Mittwochs und Sonnabends brühwarm aus dem Kreisblatte erfuhr, bei der Landeszeitung nicht ankam, so hielt man in der Pfarre und im Edelhofe zusammen ein Exemplar. Nach der Annexion kam nun alle Tage der Briefträger Probst ins Dorf, ein freundlicher, gefälliger Mann, dem man aber Mißtrauen entgegenbrachte, weil man ihn für einen Spion hielt und glaubte, er erbräche die Briefe und schnüffele nach politischen Verbrechern, zum Beispiel den Sängern des Kuckucksliedes. Das blieb auch so, bis der Krieg von 1870 vieler Augen und Sinne auf ein größeres Vaterland lenkte. In diesen Krieg entsandte das Dorf nur einen seiner Söhne, den gutmütigsten und friedliebendsten Burschen des Dorfes. Dieser, August Meyer mit Namen, machte den ganzen Krieg unversehrt mit.
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