Kieler Mediziner zu Gast auf Schloß Scharzfels Scharzfels 1656 "Juxta sylvam Semanam ad radicem arcis Brunsuicensis Schartzfeld vidi erui ossa, dentes, mandibulas varias, Ursarum, Leonum, hominum & aliorum animantium aemulas." (Nahe dem Harzwald, am Fuße der Braunschweigischen Feste Scharzfels sah u. ergrub ich Knochen, Zähne, verschiedene Kiefer, den Bären, Löwen, Menschen und anderen Tieren ähnlich.) So berichtete im Jahre 1656 der Kieler Arzt Johann Daniel Horst in seiner Sammlung von zehn anatomischen Beobachtungen. Er war zu Gast in der Burg Scharzfels und hat dort auch die Einhornhöhle besucht. Auf der Burg zeigte sichtete man die Knochen und Zähne, die die Soldaten zum Zeitvertreib und Lebensunterhalt in der Höhle ausgruben und als Einhorn bis nach Nordhausen in die Apotheken verkauften. Was macht heute diesen Bericht so interessant? In Steinbrüchen, Mergelgruben und Fundamentausschachtungen: Knochen wurden schon oft gefunden. Man hielt sie, getreu biblischer Überlieferung, für Einhorn. Noch im späten 18. Jahrhundert war die naturkundliche Literatur der Harzregion voll von Mutmaßungen, fern kritischen Denkens der Aufklärung. Und nun kommt da ein Mann von klarem Verstand, ein Arzt aus dem kühlen Norden, aus Kiel, erklärt auf Anhieb und ohne Umschweife, was die Südharzer noch nicht erkannt hatten. Die meisten Knochen waren vom (Höhlen-) Bären. Aber die Aufklärung hatte nicht gefruchtet: Noch 1686 grub der berühmte hannöversche Philosoph und Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz in der Scharzfelder Höhle nach Einhorn. In seiner berühmten Hercynia Curiosa berichtete 1703 der Nordhäuser Apotheker Georg Henning Behrens über die Einhornhöhle. Sicher auch aus geschäftlichen Gründen wollte er die Knochen als Einhorn, einem beliebten Potenzmittel, beschrieben (und vermarktet) wissen. Text: F. Vladi, Düna |