Das Rätsel vom Kliff am Butterberg

Die Dohlenklippen 1

- im Volksmund auch "Lauterberger Felsen" genannt -

Ein Beitrag von Dipl.-Geol. Firouz Vladi, Osterode


Dieses Naturwunder wurde in der Vergangenheit von den Südharzer Karst-Autoren leider nicht behandelt, die Entstehung dieses markanten Felsens ist in der Literatur noch nirgends beschrieben worden.

Zunächst sind drei Fragen sind zu klären:

  • welches Gestein baut diesen und seine benachbarten Felsen auf?
  • warum hat sich der Fels erhalten, während umgebende Felsgesteine abgetragen wurden?
  • damit einher geht die Frage nach der Formenbildung der Landschaft um das Barbiser Bachtal.
Der Felsen besteht aus dem Dolomit des frühen Zechstein, der auch an den südlich gegenüber gelegenen Westersteinen ansteht, ebenso am Moostierchenriff im ehemaligen Gemeindesteinbruch von Bartolfelde, am Eulenstein oder an der Straßenböschung im Winkeltal (Straße Bad Lauterberg – Osterhagen). Dieser Dolomit steht hier - auch im Areal des Butterberges - weitflächig an und ist nur zum Harz hin wieder abgetragen sowie in den tieferen Taleinschnitten.

Aber Dolomit ist nicht gleich Dolomit. Die Westersteine etwa sind als Riff aufgebaut, aus dolomitischen Resten ehemals kalkschaliger Meeresorganismen, sog. Stromatolithen. Dies sind hier vorrangig Bakterienrasen. Der Dolomit des Moostierchenriffs sitzt als Schuttakkumulation eines unweit dahinter vermuteten Riffs einer Klippe aus Grauwacke auf. Es sind die Kalkgehäuschen unzähligen Moostierchen (Bryozoen) sowie ihren Lebensraum begleitender Schnecken und Muscheln. Nach Untersuchungen von Prof. J. Paul, Göttingen, besteht der Butterberg-Dolomit aus fein zerriebenem (detritischen) Material, also aus Riffschutt. Keine Biomatten oder Fossilien sind erkennbar. Es dürfte sich um Riffschutt der Westersteine und / oder weiterer eventuell schon abgetragener oder noch nicht freigelegter und bekannter Riffe handeln.

In der frühen Zechsteinzeit, vor etwa 258 Mio. Jahren war der (Süd-) Harzraum ein seichtes Meeresgebiet mit kräftigem Riffwachstum auf Klippen, Vulkanresten, oder an Ufern von allmählich abtauchenden Inseln und Halbinseln – ganz vergleichbar den Riffen der heutigen Tropen, etwa den Bahamas oder Seychellen. Brandung und Stürme rissen immer wieder gewachsenes Riffbaumaterial – Korallenäste, Schwammstotzen, Muschelschill u.a. – heraus und transportierten dies in angrenzende tiefere Meeresgebiete, wo sie mächtige Ablagerungen bildeten. Dieses ganze Geschehen spielte sich auf dem langgestreckten Höhenrücken der damals und heute bestehenden Eichsfeldschwelle ab. Etwas später im Zechstein versalzte das Meer, womit jegliches Riffwachstum erstickt wurde, und es kam zur Ablagerungen der mächtigen Gipse, die die Riffe und die weitflächigen Riffschuttablagerungen überdeckten, später auch von Salzen.

Das Foto zeigt einen Blick vom Butterberg über das Kliff nach Südosten auf die Ortschaft Bartolfelde.

Erst die jüngste geologische Vergangenheit - das Eiszeitalter - legte diese alten Gesteine nach und nach wieder frei und schuf das heutige Relief mit Tälern und Hügeln. Geologen haben beobachtet, dass dieses Relief mit jenem vielfach übereinstimmt, dass vor 258 Mio. Jahren das Meer des Zechstein vorfand, als es allmählich den Harz und Mittel- und Norddeutschland überflutete. Auch in der Gegenwart bildet die Eichsfeldschwelle noch eine Höhenlinie, nämlich die Wasserscheide zwischen Weser- und Elbeeinzugsgebiete. Hier begann die Eintiefung der Täler, die noch steil sind im Harz und flacher werden bis zur Nähe der Nordsee. Weiter nach Westen bildet der Barbiser Bach und danach die Oder ein differenziertes Talrelief mit Terrassenkanten älterer Talstadien und Kiesakkumulationen aus. Dieser typische Formenschatz ist in der Nähe der Wasserscheide noch nicht ausgebildet; dies macht die Deutung der Formen zur Erlangung einer Vorstellung über die jeweiligen Entstehungsumstände schwierig.

Der Barbiser Bach ist in der Talbildung ein Unterlauf der Winkeltäler. Das Große Winkeltal, das etwas südlich des Wiesenbeeker Teiches entspring, repräsentiert sehr typisch den Übergang der Südharzabflüsse in den Karst. Im oberen Wiesengrund des Winkeltales versiegt der Bach in einer Schwinde, just dort, wo der Bachlauf aus den Harzgesteinen in den Zechsteinkalk wechselt. Doch der Talverlauf aus dem Winkeltal mit einem Durchbruch durch die Schichtstufe des Werradolomits in das Tal des Barbiser Baches ist geomorphologisch noch nicht untersucht; wie war der Werdegang? Gab es einen älteren Abfluss nach Süden oder Südosten? Wie war die Entwässerung der dortigen Hochfläche zwischen dem heutigen Butterberg und der Hochläche um Osterhagen? Gibt es womöglich - und danach hat noch niemand gesucht - ältere Talschotter auf dieser Hochfläche?

An der B 243 besteht der südliche Hang aus Grauwacke (in der Zeichnung braun), die die Westersteine nur flach unterlagert. Da sich das Bachtal leichter in den weicheren und verkarstungsfähigen Dolomit (blau) und eher schwerer in die Grauwacke eintieft, ist anzunehmen, dass das Bachtal noch von Dolomit unterlagert wird. Da der Dolomit und mit ihm die Grauwackenoberfläche seicht nach Süden abfällt, ist eine Verwerfung (dicke schwarze Linie), an der die nördlich daran angrenzende Dolomitscholle des Butterberges um einige Zehner Meter abgesunken ist, anzunehmen.

Die Landschaftsformung im Umfeld der Eichsfeldschwelle ist bisher kaum untersucht und wäre doch für kartierende Geologen und Geomorphologen ein spannendes Thema.
Seit sich in Barbis eine Schäfereigesellschaft mbH mit wohlschmeckenden Lammkeulen gegründet hat, wird dieses Areal auch wieder häufiger von Wissenschaftlern aufgesucht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit 800 Schafe zur beschleunigten Verkarstung des Dolomits beizutragen vermögen.

GPS-Koordinaten
N 51.6102° E 10.4571°

1 freundliche Mitteilung von Herrn Christian Baumann am 08.10.04

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