ELLWANGER, Götz (1999):

Verpflichtung zur Durchführung und Umfang der FFH-Verträglichkeitsprüfung am Beispiel des Rohstoffabbaus im "Gipskarst bei Osterode". - Natur und Landschaft 74(11): 478-484
 

Zusammenfassung:

In der vorliegenden Arbeit wird das Instrument der FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP) am Beispiel des Rohstoffabbaus im potentiellen FFH-Gebiet "Gipskarst bei Osterode" (Landkreis Osterode am Harz, Niedersachsen) vorgestellt. Aufgrund des Vorkommens zahlreicher Lebensräume gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie in einer besonderen Ausprägung auf Gips und mehrerer Arten des Anhangs II besitzt das Gebiet eine besondere Bedeutung für das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000. Gleichzeitig ist das Gebiet aufgrund der Gipsvorkommen akut durch den Rohstoffabbau bedroht. Die Anwendbarkeit des Schutzregimes nach Art. 6 FFH-Richtlinie für Pläne und Projekte auch in Gebieten, für die das Meldeverfahren noch nicht durchlaufen bzw. noch nicht abgeschlossen wurde, ergibt sich nach neuerer, höchstrichterlicher Rechtssprechung aus dem europarechtlichen Gebot der Vertragstreue. Daraus folgt, daß ein Mitgliedsstaat bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie verpflichtet ist, die Ziele der Richtlinie nicht zu unterlaufen und durch eigenes Verhalten keine gleichsam vollendeten Tatsachen zu schaffen. An der Rechtmäßigkeit mehrerer Gipsabbaugenehmigungen im potentiellen FFH-Gebiet "Gipskarst bei Osterode" bestehen daher erhebliche Zweifel, da sie ohne Durchführung einer FFH-VP erteilt wurden. Der Umfang der FFH-VP wird am Beispiel des obertägigen Abbaus von Gipsgestein skizziert. Die Auswirkungen eines Vorhabens sind anhand der Erhaltungsziele eines FFH-Gebietes zu beurteilen. Erhaltungsziele und Auswirkungen des Rohstoffabbaus werden für das "Gipskarstgebiet bei Osterode" dargestellt. Pläne und Projekte sind für unverträglich zu erklären, wenn sie sich negativ auf die Erhaltung eines FFH-Gebietes auswirken. Trotz negativem Ergebnis der FFH-VP dürfen Vorhaben nur unter bestimmten Zulassungsvoraussetzungen genehmigt werden. Dazu zählen die Ausgleichbarkeit der Eingriffe bezogen auf die Erhaltungsziele des betroffenen FFH-Gebietes, das Fehlen von Alternativen und das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Durchführung des Vorhabens.

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