Die Menschen aus der Lichtensteinhöhle

Menschenopfer oder Bestattungen? Diese Frage
stand lange im Raum, nachdem Forscher in der
Lichtensteinhöhle im Harz mehrere Skelette aus
der Bronzezeit entdeckt hatten. Nicht absehbar
war damals, dass es sich bei den Funden um den
größten »DNA-Pool« jener Zeit handelt.

Von Stefan Flindt

Entdeckung und Ausgrabung der bronzezeitlichen Menschenreste in der Lichtensteinhöhle bei Osterode am Harz waren ein Glücksfall für die archäologische und anthropologische Wissenschaft. Die in den Knochen der Toten außergewöhnlich gut erhaltene DNA ermöglichte nicht nur die Rekonstruktion der weltweit ältesten Großfamilie auf genetischer Basis, sondern auch den Nachweis heute noch in der Umgebung der Lichtensteinhöhle lebender Nachfahren (siehe Bild unten). Aktuelle Forschungsergebnisse bieten jetzt neue Anhaltspunkte für die Deutung dieses außergewöhnlichen Fundorts.


Diese Herren sind höchstwahrscheinlich direkte Nachfahren von »Mann 1« aus der Lichtensteinhöhle. Ein Speicheltest in der heute dort ansässigen Bevölkerung wies bei ihnen die äußerst seltene Erblinie Y1 nach. Somit haben sie den »längsten« genetisch nachgewiesenen Stammbaum der Welt.
Foto: Roland Lange

2005 wurden die Ausgrabungen in der Höhle abgeschlossen, ohne jedoch den vermeintlich verstürzten bronzezeitlichen Zugang identifiziert zu haben. Nach mehrjähriger Suche wurde nun in einer engen Schachtspalte, mehrere Meter oberhalb der bekannten Räume, ein weiterführender Gang entdeckt. Aller Wahrscheinlichkeit nach führt dieser vollständig mit Sedimenten verfüllte Kriechgang zum lange gesuchten Einstieg der Höhle und dem dort zu vermutenden, für die Interpretation der Lichtensteinhöhle wichtigen Vorplatz. In allen fünf Kammern der nur rund 40 Quadratmeter großen Höhle fanden sich zahlreiche Menschenknochen, durchweg chaotisch verstreut und ohne erkennbare Lagebezüge. Nur ein einziges Skelett lag noch im anatomischen Verband. Dazwischen immer wieder der auffallend einfache Tracht- und Körperschmuck der Toten, jedoch keine eindeutigen Grabbeigaben wie beispielsweise Gefäßkeramik oder Waffen.

Einzig im Berndsaal, dem Hauptraum der Höhle mit rund zehn Quadratmetern nutzbarer Fläche, wiesen Forscher unter der Knochenlage ein bis zu 40 Zentimeter mächtiges Paket aus Holzkohleschichten mit mehreren Feuerstellen nach. Darin fanden sich die Überreste, die auf rituelle Handlungen schließen ließen. Darunter zahlreiche Scherben zerschlagener Tongefäße, die innerhalb, vor allem aber auch außerhalb der Höhle wohl im Zusammenhang mit der Einbringung der ersten Toten vollzogen wurden. Die Relikte der außerhalb vorgenommenen Rituale warf man vermutlich in den Eingang der Höhle, von wo aus sie nach und nach über die senkrechte Schachtspalte in den Berndsaal gelangten. Hierfür spricht in erster Linie die Tatsache, dass zusammengehörige Scherben ein und desselben Tongefäßes mehrfach sowohl im Hauptraum als auch im neu entdeckten Kriechgang gefunden wurden.
 

BEZIEHUNGEN NACH THÜRINGEN

Zu Beginn der Höhlennutzung wurden im Berndsaal ausschließlich rituelle Zeremonien abgehalten und die Verstorbenen sämtlich in die hinteren Kammern niedergelegt.
Das änderte sich gegen Ende der Nutzungsphase. Nun fehlt jeglicher Hinweis auf begleitende Rituale oder Feuerstellen. Der Hauptraum wurde ebenso wie die anderen Kammern nur noch zur Ablage zahlreicher Toter genutzt.
Neben Einflüssen aus Nachbarregionen im Westen bestand vor allem eine enge kulturelle Beziehung zum nördlichen Thüringen. Dafür spricht zum einen das Formenspektrum der urnenfelderzeitlichen Metall- und Keramikfunde, zum anderen aber auch die Tatsache, dass die Körper bestattet wurden. Nordthüringen gehörte während der Nutzungsphase der Lichtensteinhöhle zum Siedlungsgebiet der Unstrutgruppe beziehungsweise nach neueren Untersuchungen auch zur Helmsdorfer Gruppe. Der Lichtensteinhöhle teilweise gut vergleichbar sind die dortigen Höhlenfundplätze mit Menschenresten im Kosackenberg bei Bad Frankenhausen am Kyffhäuser.
Es existiert noch ein weiterer, sehr deutlicher Beleg für die kulturelle Zugehörigkeit des südwestlichen Harzrands zu dieser Region, aber auch zum Kerngebiet der Unstrutgruppe: der 2009 im Kriechgang entdeckte Bronzedepotfund aus zwei rund zehn Zentimeter großen unverzierten Hakenspiralen, zwei Zierscheiben und zwei Knöpfen. Vielleicht handelt es sich bei diesen jeweils doppelt vorhandenen Objekten um den Schmuck einer Frau, die aus unbekannten Gründen abseits der übrigen Leichen niedergelegt wurde. Die beiden Hakenspiralen aus der Lichtensteinhöhle (siehe Bild S. 80) gehören zu den späten Vertretern dieser fast ausschließlich im mitteldeutsch-thüringischen Raum verbreiteten Schmuckform.
Anhand des recht einheitlichen Fundspektrums lässt sich die nach bisherigem Kenntnisstand einzige und nur relativ kurze Nutzungsphase der Lichtensteinhöhle auf die Mittel- und Spätstufe der Unstrutgruppe und damit auf das 10. bis 8. Jahrhundert v. Chr. eingrenzen. Danach wurde die Höhle bis zu ihrer Wiederentdeckung im Jahr 1980 nicht mehr von Menschen aufgesucht.
Unmittelbar nach der Entdeckung vermuteten Forscher zunächst, dass es sich bei den Menschenknochen um Reste von Opfern handelte, die aus eigener Kraft in die Höhle gelangten und erst vor Ort auf unbekannte Weise den Tod fanden. Ausschlaggebend für diese These waren in erster Linie die zum Teil extremen Engstellen zwischen den einzelnen Kammern. Sie ließen einen Transport von Leichnamen quer durch die ganze Höhle vollkommen unmöglich erscheinen.


 Chaotisch verstreut lagen im Berndsaal die Reste von etwa 30 Menschen. Mit Hilfe genetischer Fingerabdrücke konnten Forscher die Knochen bestimmten Individuen zuordnen.
Foto: Jens Lehmann
 

Der Stammbaum des bronzezeitlichen Klans aus der Lichtensteinhöhle umfasst drei Generationen. Grau: nicht in der Höhle bestattet oder bisher nicht identifizierte Personen; rote Linie: sicher nachgewiesene Verbindungen; rote Punktlinie: nicht nachgewiesene, nächstmögliche genetische Verbindung;
Y1 bis Y6 = männliche Erblinien.
Grafik: Stefan Flindt, nach Felix Schilz (mit Änderungen)

Im Verlauf der Ausgrabung fanden sich allerdings keine sicheren Belege, die eine Deutung als Menschenopferstätte wirklich gerechtfertigt hätten. An den Knochen konnten keinerlei Spuren von Gewalteinwirkung beobachtet werden, und auch die Zusammensetzung der Menschengruppe zeigte außer einem – gemäß der durchschnittlichen Sterblichkeitserwartung – zu niedrigen Anteil von Kleinkindern keine besonderen Auffälligkeiten.
Dennoch hielten sich zunächst gewisse Zweifel daran, dass dieser Ort durchgehend für reguläre Körperbestattungen genutzt wurde. Die Gründe: Eindeutige Grabbeigaben fehlten, es handelte sich um einen sehr ungewöhnlichen Ort für Bestattungen, und der Transport von Leichen durch die extremen Engstellen der Höhle erschien tatsächlich kaum möglich.
 

OPFERSTÄTTE ODER GRABLEGE

Allein aus dem archäologischen Befund heraus konnten Forscher bis zum Ende der Ausgrabung im unteren Teil der Höhle keine sichere Entscheidung zu Gunsten der einen oder anderen Theorie treffen. Zumal sich die Überreste der rituellen Handlungen im Berndsaal gleichermaßen gut durch die Ausübung eines Fruchtbarkeitskults mit Menschenopfern oder durch Bestattungsrituale erklären ließen. Eine nach Grabungsende im unteren Höhlenteil durchgeführte morphologische Detailanalyse aller geborgenen Menschenknochen ergab nun, dass in der Lichtensteinhöhle Skelettteile von zirka 70 Personen abgelegt wurden – deutlich mehr Menschen als bislang angenommen. Dabei fällt auf, dass einige Skelette sehr unvollständig sind, was sich kaum mit einer späteren Entnahme einzelner Knochen etwa im Rahmen eines Ahnenkults erklären lässt. Vielmehr ist nun damit zu rechnen, dass neben vollständigen Körpern auch Teilskelette möglicherweise als Sekundärbestattungen eingebracht wurden – das heißt, nachdem zuvor bereits eine Bestattung an anderem Ort erfolgt war. Dieser Umstand mag ebenfalls erklären, warum weder Grabkeramik noch größere Bronzegegenstände in den Knochenlagen vorhanden sind.
Voraussetzung für eine Deutung des vielfältigen Befunds ist vor allem eine detaillierte Analyse der Menschengruppe selbst. Nur die genaue Kenntnis ihrer Zusammensetzung und möglicher Verwandtschaftsbezüge kann hier die erforderliche Entscheidungsgrundlage schaffen. Auch die Fragen, welche Skelettteile eines Individuums tatsächlich in die Höhle gelangten und wo sie abgelegt wurden, müssen geklärt werden.
Die Entdeckung der Lichtensteinhöhle war schon deshalb ein Glücksfall, weil sie seit mindestens 2700 Jahren niemand betreten hat und der Fund somit ungestört erhalten blieb. Außerdem fanden die Forscher zahlreiche unverbrannte Skelettreste aus der jüngeren Bronzezeit, in der allgemein die Brandbestattung üblich war. Auch dank der konstant niedrigen Temperaturen um acht Grad Celsius und den günstigen chemischen Bedingungen im Gipsgestein der Höhle sind die meisten Knochen außergewöhnlich gut erhalten.
Doch nicht nur die Knochen selbst hatten die Zeit in diesem Milieu zumeist besonders gut überstanden, sondern auch die darin enthaltene DNA. Heute repräsentieren die Menschenknochen aus der Lichtensteinhöhle den weltweit größten DNA-Pool der Bronzezeit und damit ein einzigartiges genetisches Archiv mit noch ungeahnten Forschungsmöglichkeiten für die Zukunft. Nun gilt es, den spektakulären Fund dauerhaft zu bewahren. Schon jetzt ermöglichen genetische Untersuchungen Aussagen zur Blutgruppe und zur Laktose(in)toleranz (Kuhmilch(un)verträglichkeit) der Toten in der Lichtensteinhöhle. Auch Hinweise auf den Hauttyp sowie die einstige Haar- und Augenfarbe der Bestatteten gibt es bereits.
Anhand ihrer genetischen Fingerabdrücke konnten 40 der rund 70 Menschen sicher identifiziert werden, 19 Männer und 21 Frauen. Auch das Geschlecht der zahlreichen Kinder, das über rein morphologische Kriterien bisher nicht bestimmbar gewesen wäre, ließ sich auf diese Weise ermitteln. Allerdings steht die für eine abschließende Deutung unverzichtbare molekulargenetische Analyse der übrigen 30 Individuen noch aus. Für zahlreiche Einzelknochen ermittelten Wissenschaftler bereits genetische Fingerabdrücke. Diese erlauben die Zuordnung der verstreuten Skelettelemente zu einem bestimmten Individuum und zum Teil auch die Lokalisierung des Orts, an dem der Leichnam einst niedergelegt wurde. Den Analysen zufolge scheinen die zu einem Skelett gehörenden Knochen auch bei eventuellen Sekundärbestattungen zumeist komplett an einer Stelle abgelegt und nicht etwa in der gesamten Höhle verstreut worden zu sein.
 

VÄTER UND MÜTTER IDENTIFIZIERT

Darüber hinaus gelang es, für 36 der 40 Menschen sowohl die väterliche als auch die mütterliche Erblinie zu bestimmen und damit eine vollständige genetische Typisierung der einzelnen Personen durchzuführen. Ganz im Gegensatz zu morphologischen Merkmalen – von denen vermutet wird, dass sie familienintern vererbt werden (so genannte epigenetische Merkmale) – ermöglichte die Gentypisierung nun den sicheren Nachweis von Verwandtschaft zwischen einzelnen Individuen und letztlich auch die Rekonstruktion familiärer Strukturen.
Das Ergebnis der bisher für 40 Individuen durchgeführten Verwandtschaftsanalyse übertraf alle Erwartungen. Bereits für 24 dieser Toten konnten Forscher die Zugehörigkeit zu einem Familienklan nachweisen. Der Klan setzt sich aus drei, teilweise sehr nah miteinander verwandten Familienzweigen zusammen und ist über drei Generationen nachweisbar. Es handelt sich um die weltweit älteste Großfamilie, die auf Basis genetischer Typisierung identifiziert werden konnte.
Weitere 16 Personen, darunter auffallend viele Frauen im gebärfähigen Alter, lassen sich nach ihren genetischen Daten dem Stammbaum bislang nicht direkt anschließen – möglicherweise aber nur, weil gemeinsame Kinder, die allein eine Zusammengehörigkeit anzeigen könnten, noch nicht genetisch bestimmt wurden. Es ist davon auszugehen, dass die ausstehende genetische Typisierung auch der übrigen Individuen zu einer weiteren Verdichtung und möglicherweise auch zu einer Verlängerung des Stammbaums führen wird.
Die bisher festgestellten engen familiären Strukturen innerhalb der Gruppe sprechen für eine Nutzung der Lichtensteinhöhle als Bestattungsplatz einer Großfamilie und schließen eine Deutung als Menschenopferstätte nun zumindest für den jüngeren Abschnitt der Höhlennutzung weitestgehend aus.
Auch wenn noch nicht alle Individuen genetisch typisiert werden konnten, sind dennoch interessante Einblicke in die Familienverhältnisse möglich. So hatte zum Beispiel ein Mann mit zwei Frauen insgesamt drei Töchter, während drei Männer – geht man von den bisherigen Ergebnissen aus – jeweils nur mit einer Frau Kinder hatten. Deshalb vermuten Archäologen zumindest für den Familienklan aus der Lichtensteinhöhle, dass Kleinfamilien mit festen Partnerschaften das Grundgerüst der urnenfelderzeitlichen Gesellschaft bildeten.


Schematischer Schnitt durch die Höhle: Forscher vermerkten hierin die Fundorte der Gebeine. Die zu einer Person gehörenden Knochen lagen vielfach noch dicht beieinander.
Grafik: Stefan Flindt

Durch diese äußerst enge Spalte wurden die Toten vor etwa 3000 Jahren in den rund fünf Meter tiefer gelegenen Hauptteil der Lichtensteinhöhle gebracht.
Foto: Stefan Flindt


2009 entdeckten die Forscher im Kriechgang der Lichtensteinhöhle neben zwei Knöpfen und zwei Zierscheiben auch zwei zirka zehn Zentimeter große Hakenspiralen. Dieser seltene Schmuck belegt die kulturellen Kontakte zwischen südwestlichem Harzrand und nördlichem Thüringen, dem Verbreitungsgebiet der Unstrutgruppe.
Foto: Stefan Flindt

Die Analyse der männlichen und weiblichen Erblinien lässt auch Rückschlüsse auf das vorherrschende »Heiratsmuster« zu. Das sehr unterschiedliche Verhältnis von nur sechs, teilweise auch noch eng verwandten männlichen zu 20 weiblichen Erblinien deutet darauf hin, dass viele Frauen in die Gemeinschaft zuzogen. Aus diesem Befund kann erstmals auf der Basis genetischer Daten geschlossen werden, dass die einheimischen Männer vor Ort blieben und zumindest in der Umgebung der Lichtensteinhöhle das Prinzip der Patrilokalität herrschte.
 

WER WAREN DIE TOTEN?

Die morphologische Untersuchung der Skelettreste ergab, dass die Menschen in der großen Mehrzahl robust, gesund und kontinuierlich gut ernährt waren. Es fanden sich keine Hinweise auf schwere oder anhaltende Infektions- und Mangelkrankheiten. Abgesehen von einem Wirbelkörper mit starker Randleistenbildung als Folge einer Fehlbelastung der Wirbelsäule stellten Forscher weder an den Wirbeln noch an den Gelenken gravierende Verschleißerscheinungen fest. Sie folgern deshalb daraus, dass die Menschen aus der Lichtensteinhöhle nicht zu lang anhaltender und schwerer körperlicher Arbeit gezwungen waren.
Zusammen mit der Tatsache, dass die Toten eine Sonderbestattung in der Lichtensteinhöhle erhielten, darf vermutet werden, dass es sich um Angehörige einer sozial besser gestellten Bevölkerungsschicht gehandelt hat. Es ist gut möglich, dass sie aus der nur drei Kilometer entfernt gelegenen und zeitgleich besiedelten Höhensiedlung im Bereich der späteren eisenzeitlichen Burganlage »Pipinsburg« stammten und dort zur Führungsebene gehörten.
Besonders interessiert Forscher die Frage, ob und wo die männlichen Erblinien aus der Lichtensteinhöhle in der heute lebenden Bevölkerung Europas möglicherweise noch verbreitet sind. In den internationalen Datenbanken finden sich für die in der Höhle häufigsten Erblinien Y1, Y2 und Y6 zusammen nur fünf Einzeltreffer, was auf ein lokales, vielleicht auf Mittel- und Norddeutschland begrenztes Auftreten zumindest der Erblinie Y1 schließen lässt. Anders sieht es bei den Linien Y3 und Y5 aus, die deutlich öfter vorkommen und einen west- beziehungsweise osteuropäischen Verbreitungsschwerpunkt haben.
Archäologische Siedlungsspuren in der Umgebung sowie weitere Indizien lassen vermuten, dass es eine kontinuierliche Besiedlung der Region seit der Urnenfelderzeit gegeben haben könnte. Hierauf deuten auch Orts- und Gewässernamen hin, wie neuere Untersuchungen der Namensforschung ergeben haben. Die Annahme einer möglichen Siedlungskontinuität und die Tatsache, dass die Haupterblinien der Lichtensteinhöhle international nicht relevant in Erscheinung treten, führten zum Versuch, diese seltenen Erblinien in der heute rund um die Lichtensteinhöhle lebenden Bevölkerung nachzuweisen.
Fast 300 Personen aus den umliegenden Ortschaften gaben im Januar 2007 eine Speichelprobe ab. Das Ergebnis war eine Sensation: Neben 53 beziehungsweise drei Nachweisen zu den häufiger verbreiteten Erblinien Y3 und Y5 konnten auch zwei Männer mit der äußerst seltenen Erblinie Y1 identifiziert werden. Mittlerweile gilt als sicher, dass die beiden in Sichtweite der Höhle lebenden Männer direkte Nachfahren der Familie um den »Mann 1« aus der Lichtensteinhöhle sind. Forscher werten dies mit der nötigen Vorsicht als Hinweis nicht nur auf eine Siedlungs-, sondern auch auf eine Familienkontinuität über 100 bis 120 Generationen in der Region.
 

Stefan Flindt ist Archäologe im Landkreis Osterode am Harz.


[ Interview mit Dr. Stefan Flindt über die Ausgrabungen ]

Buchauszug Matthias Knaut, Roland Schwab (Hg.)
Archäologie im 21. Jahrhundert
Innovative Methoden – bahnbrechende Ergebnisse
[Theiss, Stuttgart 2010, 94 Seiten]

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