Einhornhöhle bei Scharzfeld/Harz Ralf Nielbock * Beschreibung des Objektes Die Höhle befindet sich etwa 1,5 km nördlich der Ortschaft Scharzfeld im Landkreis Osterode am Harz. Sie liegt im Gebiet der sog. Brandköpfe. Diese bilden hier ein Plateau etwa 150 m über der Talsohle des nahen Odertales. Die Einhornhöhle ist ein natürlich entstandener Hohlraum im Zechsteindolomit der Permzeit. Diese ca 270 Mio. Jahren alten Gesteine des ausgehenden Erdaltertums treten gürtelförmig am südwestlichen Harzrand zutage. Die allmähliche Verwitterung des Dolomitgesteins hat seit Jahrhunderttausenden zur Entstehung von Höhlensystemen geführt. Die Einhornhöhle ist heute die größte Schauhöhle des Westharzes. Die Höhle hat eine Gesamtlänge von 600 m, die Länge der Hauptstrecke (=Führungsweg) beträgt ca. 270 m. Aufgrund neuester Forschungsergebnisse kann heute davon ausgegangen werden, daß der Gesamthohlraum allerdings um ein Vielfaches größer ist als die uns heute bekannte Einhornhöhle. Innerhalb der Hauptstrecke reihen sich große Hallen und Dome aneinander. Sie sind durch niedrige Gänge miteinander verbunden. Im Südwesten der Höhle in der sog. Blauen Grotte befinden sich zwei Deckeneinstürze (siehe Foto), die einzigen heute noch vorhandenen natürlichen Eingänge zur Höhle. An einem Seitengang des Weißen Saales wurde 1905 ein Stollen angefahren. Er wird seitdem als Haupteingang zur Höhle benutzt. Jahrhundertelang wurde die Höhle von Knochensammlern aufgesucht. Bereits 1583 wurde über das Graben nach "Einhörnern" berichtet. Die Höhle erwieß sich als ergiebige Fundstelle für das als Medizin und Heilmittel begehrte Einhorn. Aber bereits im 17. Jahrhundert wurde erkannt, daß es sich bei den Knochenfunden um fossile Reste von Großsäugetieren, vor allem den Höhlenbären, nicht aber um das sagenumwobene Einhorn handelt. Das Fabeltier, daß es leibhaftig niemals gegeben hat, war dennoch namengebend für diese Höhle. Neben den Einhorngräbern wurde die Höhle aber seit geraumer Zeit von Geowissenschaftlern und Forschern aufgesucht, so bereits von den Universitätsgelehrten Leibniz (1686) und Goethe (1784). Ende des 19. Jahrhunderts hat der Berliner Arzt und Anatom Rudolf Virchow hier gegraben, Herrman Löns suchte die Höhle ebenfalls auf. Die Forschungen um die letzte Jahrhundertwende hatten vor allem das Ziel, den "diluvialen Menschen" (=Mensch des Eiszeitalters) zu finden. Dies gelang erst 1985 mit dem Fund von Steinwerkzeugen aus der Altsteinzeit. Die Ausgrabungen 1985 - 88 ergaben, daß die Höhle vor über 100.000 Jahren über lange Zeiträume von den Neandertalern besiedelt war. Zudem bietet die Einhornhöhle innerhalb des niedersächsischen Raumes die bislang einmalige Gelegenheit, anhand einer Höhlenfauna vielseitige Auskunft über die hiesige tierische Lebewelt während eines größeren Zeitraumes innerhalb des jüngeren Eiszeitalters bis zur Jetztzeit zu erhalten. Bei den Grabungen wurden Knochenreste von über 70 Tierarten, darunter 60 Säugetierarten gefunden. Neben den großen Höhlenbären, die über Jahrzehntausende in der Höhle lebten, sind dies Funde von Raubtieren wie Wölfen und dem Höhlenlöwen, aber auch kleinen Säugetieren wie Fledermäuse oder Zwergspitzmäuse. | | Vollständiger Unterkiefer eines Höhlenbären (ca. 30.000 Jahre alt, Länge ca. 30 cm) | ca. 100.000 Jahre altes Werkzeug des Neandertalers: Schaber (Größe 2 x 5 cm) |
Welche Karten gibt es - Topographie, Geologie: Topogr. Karte 1:25.000, Blatt 4227 Osterode; Geol. Karte 1:25.000, Blatt 4227 Osterode; Geol. Übersichtskarte 1:200.000, Blatt CC 4726 Goslar. Literatur zum Geotop: Kohnke, H.-G., Nielbock, R. & Veil, St. (1988): Mensch und Tier in der Einhornhöhle. - Faltblatt zur Einhornhöhle; Hannover/Osterode. Flindt, St. & Leiber, Ch. (1998): Kulthöhlen und Menschenopfer im Harz, Ith und Kyffhäuser. 128 S. 140 Abb; Holzminden. Nielbock, R. (1998): Faunen des Eiszeitalters - Fund und Grabungen in Schlotten und Höhlen des Südharzes. - NNA-Berichte 2/98; S. 61-70, 9 Abb.; Hannover. Nielbock, R. (2002): Die Einhornhöhle - Forschungsstand und Perspektiven. - Abhandlungen zur Karst- und Höhlenkunde, Tagungsband 8th International Cave Bear Symposium, S. 5 - 11; München. Nielbock, R. (2002): Die Suche nach dem diluvialen Menschen - oder: Die Erforschungsgeschichte der Einhornhöhle. - Die Kunde N.F.53, 9 S., 6 Abb. Hannover. Was kann man sonst noch besichtigen: Steinzeitwelt Scharzfeld: Steinkirche, Kleinhöhlen und Abris im Zechsteindolomit sowie Burgruine Scharzfels bei Scharzfeld. Handelt es sich um ein Naturschutzobjekt: Die Einhornhöhle ist ein Natur- und Kulturdenkmal in einem Landschaftsschutzgebiet. Betreiber: Höhlen- und Forschungsverein Gesellschaft Unicornu fossile e.V. Wo kann man essen, übernachten: Hotels, Gaststätten im Ort, Bewirtung auf der Burgruine Internet-Adressen: www.nlfb.de/geologie/anwendungsgebiete/objektliste-geotope.htm , www.dgg.de , www.geo-top.de, www.geotope.de , www.tag-des-geotops.de, www.geoakademie.de , www.einhornhoehle.de Adresse: Einhornhöhle, Haus Einhorn, 37412 Herzberg-Scharzfeld, Tel 05522 -997559, e-mail: mail@einhornhoehle.de Anreise: Lage der Höhle: 1,5 km nördlich der Ortschaft Scharzfeld am südwestlichen Harzrand (Eingang: R= 35-97.280, H= 57-23.240, DGK 4328/21) Erreichbarkeit: Bahn: Bahnstrecke Göttingen- Nordhausen, Bahnhof Scharzfeld; KFZ: Südharztangente B27/243, Abfahrt Scharzfeld, im Ort ausgeschildert. Herausgeber und Fachbehörde für den Geotopschutz: Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Stilleweg 2, 30655 Hannover, Tel.: 0511-643-0, 0511-643-2304, www.nlfb.de NLfB- Codierung: Geotop 4227-xx, TK25: 4227 Osterode am Harz, R 35 97 100, H 57 23 140, Verantwortlich: NLfB: Dr. Heinz-Gerd Röhling * Gesellschaft Unicornu fossile e.V., Im Strange 12, 37520 Osterode am Harz, Tel.: 05522-76666, e-mail: ralf@nielbock.de |