Pflüge, Bleche, Wilde-Mann-Geschütze

Der Name Teichhütte stammt von einer Schmelzhütte,
in der Eisen von exzellentem Ruf hergestellt wurde

- von Bodo Biegling -


Das Betriebsgelände der Firma Mende, vom Hammensen gesehen.
Im 16. Jahrhundert stand dort eine Eisenhütte und Schmieden.
Fotos: red

Das sogenannte „Mende-Gelände“ hat eine lange Geschichte als Produktionsstandort: Wo vor einiger Zeit noch Spanplatten gefertigt wurden, standen im 16. Jahrhundert eine Eisenhütte und einige Schmieden. Dort wurden Geräte für Bergbau und die Landwirtschaft, Haushaltsgegenstände, aber auch Kriegswaffen hergestellt.

Die Anfänge dieses historischen Fabrikgeländes sind bereits im Spätmittelalter zu finden. Im 15. Jahrhundert begann die zweite Epoche des Harzer Bergbaues mit der Förderung von Eisenerz. Die Silber- und Kupfer-Erzförderung war davor durch Erschöpfung der Fördermöglichkeiten in den tagebauähnlichen Bergwerken (Pingen) zum Erliegen gekommen. Außerdem war durch Hungersnöte und Pestepidemien der Harz fasst menschenleer.
Die Braunschweiger Herzöge waren es, die das Bergwerk- und Hüttenwesen förderten und wieder in Gang brachten. Insbesondere unter Herzogin Elisabeth, die seit 1495 auf der nahen Stauffenburg ihren Witwensitz hatte, wurde der Eisenerz-Bergbau im Revier Gittelde und am Iberg sowie später auch in anderen Teilen des Harzes wieder aufgenommen. Sie holte aus ihrer alten Heimat Stolberg im Südharz erfahrene Bergleute und Eisenschmiede, die das Bergwerkund Hüttenwesen wieder in Schwung brachten. Intensiv unterstützt wurde sie durch ihren Großsohn Heinrich dem Jüngeren.

„Hütte vor dem Teiche“
In Teichhütte und im Grundner Tal entwickelten sich zunächst mehrere privat und genossenschaftlich („Gewerkschaft“) geführte Schmelzhütten und Schmiedebetriebe. Die geförderten Erze vom Iberg mussten von den Bergleuten mühselig in Kiepen, auf Eselrücken oder auf zweirädrigen Karren zu den Eisenhütten transportiert werden. Dies waren die „Hütte vor dem Teiche“ (Teichhütte, die Sotefleisch-Hütte, die Blaue-Wunder-Hütte, die Glüsshütte, die herzogliche Blechhütte auf der Oberhütte.) Im Jahre 1558 gab es weitere 28 kleine Eisenschmieden in Gittelde und Teichhütte. Die Betriebe wurden zunächst von Privatpersonen geführt und später von den Landesherren übernommen. Einer der Hüttenbesitzer war Andreas Sotefleisch, der im Jahre 1456 in einer Notiz in einer alten Bibel als jemand bezeichnet wurde, der „aus Steinen Eisen macht“. Ob die Anfänge dieser Hüttenbetriebe schon im Jahre 1200 bestanden, als das Kloster Walkenried in Münchehof und Umgebung Hütten betrieb, kann nicht eindeutig nachgewiesen werden.
In den Hochöfen auf der Teichhütte wurde hochwertiges Eisen in zwei Schmelzvorgängen geschmolzen. Durch das sogenannte „Frischen“, einem Verfahren zur Verringerung des Kohlenstoffanteils und unerwünschter Bestandteile des Roheisens, galt es als das „geschmeidigste Eisen“ mit einem guten Ruf weit und breit.

Kriegsgeräte und Pflüge
In den Eisenschmieden wurden vorwiegend Kriegsgeräte in großer Zahl hergestellt. So wurden etwa im Jahre 1573 mehrere tausend Gewehre mit Bajonette an die Niederlande geliefert. Einen großen Stellenwert hatte auch die Geschützproduktion, die unter der Bezeichnung „Wilde-Mann-Geschütze“ lief. In einem aufwendigen Verfahren wurden in einem Hammerwerk (Zainhammer) Geschütze bis zu einer Länge von zehn Meter hergestellt. Eines dieser Rohre ist noch heute im Historischen Museum in Berlin zu besichtigen. Ebenso wurden für diese Geschütze Geschosse aus Eisenschlacke gegossen. Die in der Schlacke vorhandenen Giftstoffe verursachen besonders schlimme Verletzungen.
Neben diesen Kriegswaffen wurden auch Erzeugnisse für den zivilen Bedarf hergestellt. Für die Oberharzer Bergwerke waren es eiserne Ausrüstungsgeräte aller Art. Für die Landwirtschaft wurden Pflüge, Eggen, Ketten und Waagenreifen hergestellt. Für den täglichen Gebrauch der Bevölkerung gab es die verschiedensten Kleineisenteile, Haushaltsgegenstände und Werkzeuge. In großen Mengen wurden auch Bleche in der Glüsshütte und Oberhütte gezogen. Die Erzeugnisse der Hütten und Schmieden mussten auf herzoglichem Befehl ausschließlich über die Eisenkanzlei (Handelsgesellschaft!) in Gittelde verkauft werden. Die guten Erträge flossen in die Kasse der Landesherren und kamen der Bevölkerung nicht zugute.

Größte Talsperre im Harz
Für die große Zahl der großen und kleinen Eisenhütten und Stahlschmieden bestand ein enormer Energiebedarf. Die Hochöfen für die Verschmelzung und die Blasebälge für die Schmieden mussten ständig ausreichend versorgt werden. Die vorhandene Wasserkraft aus den umliegenden Teichen reichte dafür nicht aus, so dass der 68 Morgen große „Amts-Hütteteich“ vor der Teichhütte gebaut wurde. Gespeist wurde dieser Teich - es war zu der Zeit die größte Talsperre im Harz - durch die umgeleitete Markau. Sie entspringt unterhalb des Winterberges und floss in Richtung Münchehof. Zur Überbrückung der Wasserscheide zwischen Innerste und Söse wurde sie am Ziegenberg durch einen 1200 Meter langen Graben in Richtung Gittelde in das Flussbett der Liese umgeleitet. Die Münchehöfer sprechen deshalb noch heute von „der gestohlenen Markau“. Außerdem wurde dem Hütteteich Wasser aus dem Grundner Tal über einen Höhengraben, dem „Schleifkolenbach“, zugeleitet. Dieser Graben verlief von Windhausen hinter den Grundstücken der Thüringer Strasse entlang bis zur ehemaligen Gaststätte Fuhse.

Straße auf dem Staudamm
Die Rechte am Amts-Hütteteich wurden dem Stauffenburger Burglehen zugeschlagen und gehörten später dem Amte bzw. der Domäne Stauffenburg. Nach der Auflösung der Domäne wird er heute als Ackerland von zwei Gittelder Landwirten bewirtschaftet. Die heutige Verbindungsstraße zwischen Gittelde und Teichhütte verläuft auf dem Staudamm dieses ehemaligen Teiches.
Mitten im Dreißigjährigen Krieg (1635) gab es eine große Erbauseinandersetzung im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, die für die Teichhütter Betriebe nicht förderlich war. Sieben Prinzen stritten sich um die Erbschaft. Dieses führte letztlich zur Bildung der „HarzCommunion“, zu der auch die inzwischen staatlichen Hütten als wertvolle Betriebsteile fielen.
Die zunehmende Lieferung von verschmutzten Eisenerzen aus dem Harz, unregelmäßige Wasserversorgung, zeitweise Stilllegung der Hochöfen und scharfe Konkurrenz durch westfälischer und saarländischer Hütten führten zunehmend zu Verlusten. Im Jahre 1868 musste der Betrieb eingestellt werden. Die arbeitslosen Arbeiter fanden neue Arbeitsplätze in den Eisenhütten um Oker.


Altes Gütesiegel der Deutschen Fassfabrik

Im Jahre 1885 kauften Bremer Kaufleute die Gebäude der Hütte und gründeten die „Deutsche Fassfabrik GmbH“ als Sägewerk und Holzverarbeitung. Unter der Betriebsführung von Hermann Heine, als Mitbegründer des Werkes, wurden zunächst ausschließlich Fässer aus Buchenholz produziert. Nach dem ersten Weltkrieg wurde zusätzlich die bisher unbekannte Sperrholzplatte hergestellt.

Spannplatten statt Eisen
Im Jahre 1937 übernahm Wilhelm Mende die Firma, die fortan die Firmenbezeichnung „ Wilhelm Mende GmbH“ führte. Während des Zweiten Weltkrieges war die Firma Büssing aus Braunschweig kurze Zeit als „kriegswichtiger Betrieb“ nach Teichhütte ausgelagert.
Im Jahre 1961 wurde die Firma Mende von der Köster-Gruppe übernommen. In der hochmodernen Spanplattenproduktion waren in guten Zeiten bis zu 400 Arbeiter beschäftigt, bevor die Industrieproduktion in Teichhütte in den vergangenen Jahren allmählich zum Erliegen kam.

GPS-Koordinaten
N 51.7867° E 10.1928°

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