Hammersteins Lindenpunct Der Steinpfeiler hinter dem Bad Lauterberger Bismarckturm Dipl. Ing. Klaus-Jürgen Schmidt, Vermessungsoberrat 1. Das Ausflugsziel Von den direkt um Bad Lauterberg liegenden Höhen sind seit mindestens 150 Jahren Scholben (575 m) im Osten sowie Hausberg (296 m) im Westen und Kummel (536 m) im Norden beliebte Wanderziele. Durch besondere Anreize stehen seit vielen Jahren der Hausberg (mit Restaurant und Seilbahn) und der Kummel (mit Baude und Bismarckturm) im Vordergrund. Die meisten Wanderer, die den Kummel erklommen haben, besteigen zielstrebig den 1904 fertiggestellten Bismarckturm und versäumen es mangels entsprechender Hinweise, den direkt hinter dem Turm stehenden Mini-Obelisk1 zu betrachten und sich Gedanken über über die an allen vier Seiten angebrachten verwitterten Inschriften zu machen (Abb. 1 + 2). 2. Bestandsaufnahme
Dadurch, dass man »833« als Fragment der Jahreszahl 1833 deutete, wurde die Verbindung zur Gauß/Hartmann'schen Harz-Triangulation4 von 1833 hergestellt. Trotz einiger Zweifel wegen der vom Standort erheblich abweichenden Geographischen Breite5 war es dann nur noch ein kleiner Schritt, den Stein zu dem Trigonometrischen Punkt der Hannoverschen Landesvermessung „Kummel, Signal im Baum“ zu erklären.
3. Diskussion 3.1 Vermarkungsart 3.2 Koordinaten
Hierbei handelt es sich um rechtwinklige Koordinaten in der von Gauß verwendeten Anordnung mit der Göttinger Sternwarte als Nullpunkt und den nach Süden und Westen positiv bezeichneten Achsen. Die negativen Vorzeichen geben an, daß der Punkt nördlich und östlich der Göttinger Sternwarte liegt. Mit notwendig gewordenen Korrekturen und der heute üblichen Achsenbezeichnung (Norden und Osten positiv) lauten die Angaben bei WITTSTEIN12:
Rechnet man diese Werte in das heute gebräuchliche Gauß-Krüger-Koordinatensystem um13, erhält man folgende Werte: Rechts: 3.601.872,70 m, Hoch 5.723.997,60 m. Die Koordinaten unseres Pfeilers lauten aber: Der Vergleich zeigt also eine lineare Abweichung von rund 125 Metern. Für diese Differenz sind zwei Gründe denkbar: Erstens könnte der Stein zunächst bei dem Baumsignal gestanden haben und später an seinen jetzigen Standort versetzt worden sein. Zweitens könnte es sich um zwei völlig verschiedene Punkte handeln, die nichts miteinander zu tun haben. Wie später noch gezeigt wird, ist von der zweiten Alternative auszugehen. 3.3 Hinweise 3.4 Zwischenbilanz Danach ergibt sich nun folgender Kenntnisstand:
4. Antworten Ansätze zum Weitersuchen boten nun das präzise Datum 13. Mai 1847 und die Vermutung, dass es sich bei dem Begriff »Hammerstein« um den Namen einer Persönlichkeit handeln könnte, die eine Beziehung zu Bad Lauterberg hatte und - wegen der Koordinaten- und Höhenangaben auf dem Stein - sich mit Geographie oder Geodäsie gefaßt haben musste. „Bezüglich der Harzforsten bat das Königlich- Hannoversche Finanzministerium die Königliche General- Adjutatur im Jahre 1840, den Harz zu triangulieren, damit die Harzvermessungen, deren Leitung dem Berg- und Forstamt Clausthal unterstand, an die Landesaufnahme angeschlossen und die topographischen Aufnahmen vervollständigt werden könnten. Offiziere des Königlichen Generalstabes erledigten diese Arbeiten von 1840-1852 und erweiterten hierzu die 1833 unter Leitung des Hofrats Gauß von Hauptmann Hartmann am Harz bereits vorgenommenen Dreiecksmessungen. Sie bestimmten insgesamt 200 TP, deren Koordinaten auf die Sternwarte Göttingen bezogen waren.“Dies ist m. W. in den letzten 100 Jahren die einzige Veröffentlichung über die - auch bei Fachleuten fast völlig vergessene - Triangulierung und Vermessung der Harzforsten. Eine frühere Quelle17 berichtet, daß nicht Offiziere sondern „Forstgeometer“ ca. 2.000(!) trigonometrische Punkte bestimmt hätten und nur für die Topographie „Personen aus dem Militärstande“ abgeordnet gewesen seien. Diese großräumige Vermessung wurde - wie oben angedeutet - vom Königlichen Berg- und Forstamt Clausthal angeregt und von dort gesteuert. Der oberste Forstbeamte in dieser Behörde war von 1821-1849 der Oberforstmeister Freiherr von Hammerstein18 (Abb. 3). (Abb. 3) Friedrich Freiherr von Hammerstein (1775 - 1851) (Lithographie von Ritmüller, Göttingen). Mit freundl. Genehmigung des Bomann Museums Celle.
Christoph Friedrich Freiherr von Hammerstein (geb: 5. Nov. 1775 auf dem väterlichen Gute Equord, gest.: 8. Apr. 1851 in Zellerfeld) war der Sohn eines Kammerherrn, der abwechselnd auf seinen Gütern bei Peine oder Osnabrück lebte. Nach Vollendung seiner Schulbildung durch Hauslehrer bezog er die Universität Rinteln und trat als Jagdjunker in Kurhessische Dienste. Das Hofleben behagte ihm aber nicht; er lenkte seine Schritte nach Lauterberg im Harze, um sich unter der Leitung des Forstinspektors Hase zum Forstmann auszubilden. 1797 trat er als Oberforstamtsauditor in hannöver'sche Dienste und wurde bald mit der provisorischen Verwaltung der Inspektion Duishorn im Cell'schen beauftragt. Hierbei zeichnete er sich so aus, dass er die Aufmerksamkeit der Kammer auf sich lenkte. Um den Harzforstdienst kennen zu lernen, verbrachte er, zum Forstjunker ernannt, einige Zeit in Klausthal. 1800 avancierte er zum Oberförster und Chef der Inspektion Zellerfeld; 1806 vertauschte er diese, kurz zuvor zum Forstmeister ernannt, mit Klausthal. Nach der französischen Okkupation erhielt er die Stelle eines Conservateur des eaux et des forets im neu geschaffenen Königreich Westfalen mit dem Wohnsitze in Osnabrück, später in Rinteln. Nichts ahnend wurde er Anfang September 1813 plötzlich seiner Stelle entsetzt, verhaftet und nach Kassel abgeführt, weil sein Bruder Wilhelm (Oberst im westfälischen Diensten) nach der Schlacht bei Dresden mit seinem Regiment zu den Österreichern übergegangen war. Mit 2 Brüdern blieb er im Gefängnisse, bis der russische General Czernitscheff am 30. September desselben Jahres Kassel stürmte. Bei dieser Gelegenheit befreite er sich mit großem Mut, flüchtete über die Fulda und trieb sich mehrere Tage lang im Reinhardswald umher. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig meldete er sich wieder bei der hannöver'schen Regierung zum Kriegsdienste, machte als Major die Feldzüge von 1814 und 1815 mit und avancierte nach der Schlacht bei Waterloo zum Oberstlieutenant. Erst 1819 gab er die militärische Laufbahn ganz auf, um nun bloß seinem eigentlichen Berufe als Forstmann zu leben. Aus der Vorliebe für den Harz blieb er in Klausthal, und zwar seit 1824 als Oberforstmeister. 1837 wurde er gegen den Willen des Finanzministers Schulte und höherer Bergbaubeamten forsttechnischer Chef im Kollegium der Berghauptmannschaft, in welcher Stellung er, wegen der Renitenz der Bergbeamten, mit vielen Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte. 1947 feierte er sein 50jähriges Dienstjubiläum; anfang 1849 nahm er wegen zunehmender Kränklichkeit seinen Abschied. (Abb. 4) (Abb. 4) Friedrich Freiherr von Hammerstein (1775 - 1851) (Lithographie von Ritmüller, Göttingen). Mit freundl. Genehmigung des Bomann Museums CelleAus dieser Biographie war für mich der Hinweis auf das Jahr 1847 mit dem 50jährigen Dienstjubiläum nützlich. Nach entsprechender Suche fand ich im Nds. Hauptstaatsarchiv Hannover (StAH) die Hammerstein'sche Personalakte21 mit dem folgenden Schreiben: An den Ober-Bergrath, Freiherrn von Grote zu Clausthal
Nach diesem Schreiben könnte das 50jährige Dienstjubiläum von Hammersteins, das mit dem im o. a. Wanderführer angegebenen Datum der Steinsetzung (13. Mai 1847) zusammenfällt, der gesuchte Anlass gewesen sein. Es wäre dann von Interesse, die näheren Umstände zu erfahren. Auch diese Informationen konnte ich aus den Akten des StAH ermitteln. „An Königliche Hannoversche Berghauptmannschaft (Abb. 5) Das Hammersteinsche Ehrendreieck: Kummel - Jagdkopf - Gödekenkopf Außer diesen Vorarbeiten ist von mir mit Genehmigung der Forstinspection Lauterberg, daselbst noch ausgeführt: die trigonometrische Bestimmung eines Haupt Dreiecks, welches sich vom Kummel bis Jagdkopf23 und von hier bis Gödekenkopf24 erstreckt. Dieses Dreieck (Abb. 3) ist als Beweis von treuer Ehrerbietung und Dankbarkeit des zeitigen Geometer-Personals zur dauernden Erinnerung an die Feier des Dienstjubiläums des hochverehrten Herrn Oberforstmeister Freiherr von Hammerstein, den Begründer der so gemeinnützig und ausgedehnten Vermeßung des Harzes, ausgeführt. Der Punct am Kummel ist zur Bezeichnung desselben mit 4 Linden, der am Jagdkopf mit 4 Ulmen, der am Gödekenkopf mit 4 Eichen bepflanzt und nach dem Namen dos hochverehrten Jubilars von Hammerstein resp. Linden-, Ulmen- und Eichenpunct genannt. (Abb. 6) Gattermanns Signal-Entwurf (Pavillon) Mit diesem Bericht dürfte das „Geheimnis“ um den Stein hinter dem Bismarckturm gelüftet und Alter, Anlass, Name und Bedeutung der Inschriften endgültig geklärt sein. Mich hat nun noch interessiert, ob das von Gattermann angeregte pavillionähnliche Holzsignal auch tatsächlich errichtet worden ist. Die Berghauptmannschaft Clausthal übergab Gattermanns Bericht zuständigkeitshalber dem Berg- und Forstamt Clausthal. Dieses erkundigte sich am 31.07.1847 nach der Meinung der Forstinspektion Lauterberg. Deren Leiter, der Oberförster Gustav Drechsler (1807 -1850) begrüßte in seinem Bericht vom 27.08.1847 grundsätzlich diesen Vorschlag, meinte aber, daß das Signal doppelt so hoch wie vorgeschlagen, nämlich eine Gesamthöhe von 40 Fuß (11,70 m) haben sollte. Die Kosten würden sich nach der Kalkulation des „Kunstmeisters Mummenthey“ auf 35 bis 40 Thaler belaufen. Sollte dieser Betrag zu hoch sein, so versicherte Drechsler, hätten „sich viele der hiesigen wohlhabenden Einwohner mit mir bereit erklärt, den Mehrbetrag durch unentgeltliche Anfuhr der Materialien und auf sonstige Weise zu decken“. Unter dem 04.09.1847 bewilligte das Berg- und Forstamt Clausthal einen Betrag von 30 Thalern und beauftragte die Forstinspektion Lauterberg „gemeinschaftlich mit dem Kunstmeister Mummenthey die Vorrichtung herzustellen“. Mit diesem Schriftwechsel enden die im StAH vorhandenen Akten, so dass aus dieser Quelle nicht definitiv festgestellt werden konnte, ob das Signal auch tatsächlich errichtet worden ist. Es kann auch nur bis zum Jahre 1885 gestanden haben, da in diesem Jahre auf dem Kummel ein hölzerner Aussichtsturm (Abb. 7) und 1904 der heutige Bismarckturm errichtet worden ist.
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieses Signal aber wirklich gebaut worden, da auf einem Stahlstich26 von Bad Lauterberg (Abb. 8) aus der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts nicht nur ein Gebäude auf dem Hausberg, sondern auch auf dem Kummel ein hölzernes Gerüst zu erkennen ist, das dem von Gattermann vorgeschlagenen entsprechen könnte. (Abb. 8) Lithographie mit dem Lusthaus auf dem Hausberg und dem Pavillion auf dem Kummel Reproduktion: Foto-Atelier Lindenberg u. Sohn, Bad Lauterberg, Archiv-Nr. 1480Abschließend bleibt noch die Betrachtung von Gattermanns Koordinatenverzeichnis, das er seinem o. a. Bericht als Anlage beifügte und mit folgendem Titel versah: „Resultate der Hochachtungsvoll gewidmet Gattermann ist bei der Bestimmung dieses Ehrendreiecks von den Punkten Schloßkirche Osterode, Marktkirche Osterode, Niedere Warte bei Osterode, Schloß Herzberg, Großer Knollen, Kirche Barbis, Kirche Bartolfelde, Kirche Osterhagen, dem Ahrendsberg bei Steina und dem Ravensberg bei Bad Sachsa ausgegangen und seine für die Berechnung verwendeten Ausgangskoordinaten sind nach seinen Vorbemerkungen „Gauß'sche Angaben aus der Hartmann'schen Triangulierung von 1833“. Als Ergebnis legte er die Koordinaten (in Ruthen) der folgenden Punkte vor:
Greifen wir davon nur die Koordinaten für den Kummel heraus: -x = 2.700,11 hann. Ruthen und -y = 7.843,28 hann. Ruthen und rechnen sie in Gauß-Krüger um: Rechts 3.601.991,83 m, Hoch: 5.723.967,73 m. Der Vergleich mit den in Abschnitt 3.2 angegebenen Koordinaten des Gauß/Hartmann'schen Punktes Nr. 271 (Kummel, Signal im Baum) von 1833 un dem heutigen Standpunkt des Pfeilers bestätigt klar, dass der Pfeiler auf „Hammersteins Lindenpunct“ nicht mit dem Gauß'schen Nr. 271 identisch ist. Weiterhin ist festzustellen, daß die geringe Abweichung zwischen Gattermanns Angaben und dem heutigen Standpunkt (linear ca. 2,90 m) entweder durch Ungenauigkeiten im Rechengang entstanden oder darauf zurückzuführen ist, dass der Stein für den Bau des Bismarckturmes geringfügig versetzt wurde. Als Geographische Koordinaten gibt Gattermann an: Breite: 51° 38' 40'' und Länge: 28° 8' 13'' ö. Ferro Die Höhe von Bad Lauterberg bezogen auf das Steinpflaster der Kirche lautet: 833,5 Fuß. Dies dürften auch die Angaben sein, die tatsächlich in dem Steinpfeiler eingemeißelt worden sind:
Eine weitere Bestätigung erstens dafür, daß der Pfeiler entweder noch an seiner ursprünglichen Stelle steht oder nur geringfügig versetzt wurde und zweitens dafür, daß das von Gattermann angeregte Signal auch tatsächlich errichtet worden ist, fand ich in dem endgültigen: „Verzeichnis der Coordinaten und Höhen in dem sich folgende Angabe findet: 1851 bestimmt: Die Abweichungen zu Gattermanns Koordinaten betragen nur 0,98 bzw. 0,24 m. Da 1851 noch kein Aussichtsturm vorhanden war, dürfte mit dem Begriff »Pavillion« das Holzsignal gemeint sein. 5. Zusammenfassung Nach den vorliegenden Akten handelt es sich bei dem Pfeiler hinter dem Bismarkturm nicht um den Gauß/Hartmann'schen Punkt Nr. 271 „Kummel, Signal im Baum“. Vielmehr ist der Stein mehr oder weniger aus Eigeninitiative des reitenden Försters Gattermann am 13. Mai 1847 anläßlich des 50jährigen Dienstjubiläums und zu Ehren des obersten Harzer Forstbeamten, des Freiherrn C. F. von Hammerstein, errichtet und als „Hammersteins Lindenpunct“ benannt worden. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist über dem Pfeiler ein Holzpavillion errichtet worden, der dem ersten Aussichtsturm auf dem Kummel im Jahre 1885 weichen mußte oder bereits wegen Baufälligkeit (?) beseitigt war. Da auf den beiden übrigen Eckpunkten des Hammersteinschen Ehrendreiecks, dem Ulmen- bzw. dem Eichenpunkt, trotz intensiver Suche keine Reste mehr aufzufinden waren, ist der Steinpfeiler ein einmaliges kulturgeschichtliches Denkmal sowohl für die Persönlichkeit des Oberforstmeisters von Hammerstein als auch für eine vermessungstechnische Pioniertat, die Harz-Forst-Triangulation. Durch das auf dem Steinpfeiler eingemeißelte schlüsselähnliche Zeichen (Abb. 9) konnte im Rahmen dieser Arbeit eine weitere offene Frage, nämlich die nach der Bedeutung der zahlreichen mit diesem Zeichen versehenen Steine in den Wäldern des hann. Harzes beantwortet werden. Bei den bisher mit dem Begriff »Schlüsselstein«28 bezeichneten Steinmalen handelt es sich um die trigonometrischen Punkte der oben erwähnten Harz-Forst-Triangulation der Jahre 1840-1851. Das bisher als Dietrich oder Schlüssel gedeutete Symbol soll wohl ein stilisiertes trigonometrisches Signal darstellen. Abb. 9) Das bisher als Schlüssel gedeutete Symbol für ein trigonometrisches Signal
Der Nullmeridian Das der Nullmeridian durch die Sternwarte von Greenwich läuft, erscheint uns heute genauso selbstverständlich wie die Tatsache, dass er über beide Pole der Erde verläuft. Dabei ist der Verlauf durch Greenwich eine rein willkürliche Festlegung, die, gemessen an dem Zeitraum, in dem Menschen versucht haben, die ihnen bekannte Welt in „Planquadrate“ einzuteilen, erst von relativ kurzem Bestand ist. Erst 1883 wurde dieser Anfangsmeridian auf einer internationalen geodätischen Konferenz in Rom festgelegt. Der griechische Astronom Hipparch von Nikala (190 - 120 v. Chr.) teilte wohl als erster die damals bekannte Welt nach Längen und Breiten ein. Er legte den Anfangsmeridian durch seinen Beobachtungsort, die Insel Rhodos. Um 150 n. Chr. legte der alexandrinische Mathematiker und Astronom Claudius Ptolomaeus den Nullmeridian an den westlichsten Teil der ihm bekannten Welt: Durch die westlichste Insel der Hesperiden (Die „glücklichen Inseln“), die heute Kanarische Inseln heißen. Die westlichste und kleinste der Kanarischen Inseln heißt El Hierro, wurde aber über Jahrhunderte Isla del Meridiano genannt. Einige arabische Astronomen legten den Meridian durch die Westspitze Afrikas, andere um 1075 n. Chr. durch den 10. Längengrad westlich von Bagdad, aber es blieb grundsätzlich beim System des Ptolomaeus. Beim kanarischen Nullmeridian blieb es auch, als 1432 die Azoren entdeckt wurden und die Welt folglich ein Stück nach Westen weiterrückte. Auch die Hinzufügung Amerikas zur bekannten Welt tat dem keinen Abbruch. Mercator schlug den über die westlichste Azoreninsel Corvo verlaufenden Längengrad als Anfangsmeridian vor: Es blieb bei El Hierro, auch Ferro genannt. Im April 1634 tagten in Paris Gelehrte aus den seefahrenden Nationen. Dieser Kongress empfahl erneut, den Nullmeridian durch die Insel Ferro zu legen. Der französische König Ludwig XIII. erklärte diese Empfehlung als für alle Kartographen verbindlich. Bei genauem Hinsehen entpuppt sich der Beschluss allerdings als „politisch“. Man nahm an, Ferro liege genau 20 Grad westlich von Paris: der Nullmeridian war also ein verkappter Meridian von Paris. Bei dieser Einteilung, bei der die gesamte „neue“ Welt im Westen, die „alte“ Welt im Osten lag, blieb es bis zur o. g. Konferenz von Rom im Jahre 1883. England und die gesamte Schifffahrt übernahmen den neuen Nullmeridian sofort, Deutschland übernahm ihn 1885. Frankreich um die Jahrhundertwende. In Österreich-Ungarn, wo bis dahin beide Systeme parallel liefen, wurde er sogar erst 1918 übernommen. Insgesamt hatte die Insel El Hierro mehr als 1700 Jahre als Trägerin des Nullmeridians fungiert und es somit den stolzen Namen Isla del Meridiano zu Recht führen. Hier begann 1493 Kolumbus seine zweite Reise über den „großen Teich“ und sah Kap Orchilla als das letzte europäische Land im Meer versinken. Die Kanarischen Inseln mit der Insel El Hierro links unten, durch die 1700 Jahre der Nullmeridian verlief |