Edwin Anding Hattorf und seine Umgebung in der Ur- und Vorgeschichte In dem 1952 herausgegebenen Heft "1000 Jahre Hattorf" stellt der Verfasser bei dem Abschnitt "Vorgeschichtliche Besiedlung" die Frage: Wie lange schon mögen Menschen dort unten im Tale wohnen? Außer einem allgemeinen Abriß der Urgeschichte kann er wegen Mangel an Material nur wenig zur Vorgeschichte des Odertales von Scharzfeld abwärts beitragen. Abgesehen von den Gräbern auf dem Rotenberge zeigte hier die archäologische Karte einen weißen Fleck, für Forschungen also praktisch Neuland. Die letzten Jahre brachten bei mehreren kleineren Grabungen erste Ergebnisse zur Beantwortung der oben gestellten Frage. Man wird deshalb noch keine abschließende Arbeit erwarten. Es kann sich zunächst nur um eine Bestandsaufnahme und einen Arbeitsbericht handeln, der neben einer Orientierung über den gegenwärtigen Stand um Verständnis und Unterstützung bei der weiteren Arbeit werben will. Konnte bereits der Mensch in der letzten Kälteperiode (Würmeiszeit) am südlichen Harzrand leben? Sehen wir ihn als Wanderjäger, der seinen Beutetieren auf den jahreszeitlichen bedingten Wanderungen folgte, besteht die Wahrscheinlichkeit. Die klimatischen Schwierigkeiten verstand er zu meistern, und die Nahrungsgrundlage? Wenn auch das Wollhaarnashorn, dessen Skelett bei Wulften in 8 m Tiefe gefunden wurde, nach den Fundumständen eines natürlichen Todes gestorben sein mußte, so beweist es doch ebenso wie die zahlreichen Überreste eiszeitlicher Großsäuger bei Scharzfeld, Pöhlde und in den Gipsbrüchen bei Osterode, Badenhausen, Förste und Dorste, daß der Eiszeitmensch hier sicher ausreichende Nahrung vorgefunden hat. Nur ist es Glücksache und der Aufmerksamkeit und dem Verständnis der Finder zu danken, wenn bei der damals sehr geringen Bevölkerungszahl und nach so vielen Jahrtausenden sein Dasein durch eindeutige Funde zu belegen ist, wie es bei Scharzfeld und Förste in unserer engeren Heimat möglich war. Selbst auf die Anwesenheit mittel- und jungsteinzeitlicher Menschen, deren Zeugnisse in anderen Teilen des Kreises reichlich anfallen, kann nur durch wenige Streufunde geschlossen werden. Im Hinblick auf Gegenden mit gleichen Lebensbedingungen (Söse- und Auetal) drängt sich die Vermutung auf, daß durch starke Bodennutzung die Reste vergangener Kulturen immer wieder gestört oder zerstört worden sind, wie wir es gerade in der Gegenwart in einem noch nie gekannten Ausmaße erleben. Erst für die Bronzezeit (1800 - 800 v.Chr.) bietet sich eine sichere Grundlage für eine Zeitbestimmung in den rd. 50 noch erhaltenen Grabhügeln auf dem Rotenberge. Diese an sich schon dauerhafteren Denkmäler liegen zum Glück in einem wenig fruchtbaren Waldgelände. Aber zahlreiche Wölbäcker deuten an, daß dort ebenso wie im Krücker der Pflug schon in früherer Zeit manches Grab zerstört haben kann. Beispiele von überpflügten Grabhügeln schon im Mittelalter gibt es auch im Kreise. Die Hügel des Rotenberges liegen meist in Gruppen beiderseits des Fastweges zwischen Pöhlde und Wulften und konnten dadurch den Bestand des Fastweges schon für die Bronzezeit andeuten. 2 von Dr. Claus untersuchte Hügel bei Pöhlde gehören nach den Beigaben in die frühe Bronzezeit, also in deren Anfangsperiode 18-1600 v.Chr. In diese Zeit gehört auch die geflügelte Pfeilspitze, die an der Flurgrenze zu Schwiegershausen gefunden wurde. Einige abweichende Hügelformen können auch in späterer Zeit entstanden sein. - Die Anwesenheit von Menschen der osthessischen Hügelgräbergruppe für die mittlere Periode der Bronzezeit (bis 1200 v.Chr.) am südlichen Harzrand wird sichtbar durch je ein Absatzbeil aus Bronze von Oldershausen, Badenhausen und Bad Lauterberg sowie die Spiralplattenfibel aus der Einhornhöhle. Man wird die Hattorfer Gegend auch ohne gravierende Fundstücke in ihren Lebensraum einbeziehen müssen. - Der zeitlich nächste Fund bringt uns schon in die jüngere Urnenfelderzeit. Es ist ein Steinkistengrab aus der Übergangsperiode zur frühen Eisenzeit, das auf einem flachen Höhenrücken dicht östlich von Hattorf "An den Fuchslöchern" beim Pflügen auf dem Felde des Bauern Lohrengel entdeckt wurde. Es enthielt Bruchstücke einer dickwandigen Urne mit Leichenbrand, 3 kleine Beigefäße und 1 Stück gebogenen Bronzedraht. Der damals in Hattorf anwesende Dr. Schirmer konnte den Befund aufnehmen und die Fundstücke dem Landesmuseum in Hannover übergeben. Dr. Claus, der das Fundmaterial in den "Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte" 35/1966 veröffentlicht hat, vermutet, daß der Tote einer nordthüringischen Bevölkerungsgruppe angehört hat. Damit deutet sich bereits hier eine Ausbreitung mitteldeutschen Einflusses am südlichen Harzrand an, der dann durch die Grabungen auf der Pipinsburg und auf dem großen Gräberfeld bei Altgandersheim bestätigt wurde. In dieser Zeit scheint durch den Vorstoß von Volksgruppen aus Thüringen eine Kulturphase eingeleitet worden zu sein, die über Jahrhunderte dem südlichen Niedersachsen ihren Stempel aufdrückte. |
Eine Stelle in dem bezeichneten Gelände machte eine Ausnahme. Etwa 1,5 km westlich des Ortsrandes häuften sich auf einem sanft nach Süden geneigten Hang mit Scherbenkonzentrationen verbundene Bodenverfärbungen. Hier schien eine größere Häusergruppe gestanden zu haben. Begrenzte Bodenverfärbungen, gemischt mit Scherben an der Ackeroberfläche, deuten auf einen schon erfolgten Eingriff des Pfluges in verhältnismäßig flach liegende Kulturschichten. Um einer vollständigen Zerstörung zuvorzukommen, wurde sofort mit einer Probegrabung begonnen. Ausgewählt wurde eine Scherbenstelle mit hellbrauner Bodenfärbung, die durch einen grauen Kern von etwa 2 m² Größe besonders auffiel. Dabei sollte geklärt werden, wieviel von einer vermuteten Kulturschicht noch vorhanden war und was die Graufärbung im braunen Lößboden bedeuten kann. Maßgebend bei der Wahl war auch die Erfahrung, daß Anhäufungen von Scherben meist eine Hausstelle anzeigen, man also auch in diesem Falle mit einer solchen rechnen könne. Ein Graben von 2 m Länge und 1 m Breite schnitt den Rand des grauen Bodens rechtwinklig an der dem Hang zugekehrten Seite. Unter dem 0,30 m hohen Ackerboden stand ungestörter Löß. Was aber bedeutete die Grauerde als Füllung und Überdeckung der Pfostengrube? Bei der ersten Probegrabung hatte man sie als Asche der Herdstelle angesehen. Nun kamen Bedenken. 2 Proben der Grauerde aus 0,23 und 0,60 m Tiefe wurden im Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung untersucht. Es war keine Asche, wahrscheinlich eine Einschlämmung. Das würde bedeuten, daß Vertiefungen und Hohlräume im Lößboden (Pfostenlöcher, Tiergänge usf.) unter bestimmten Bedingungen durch Absätze aus fließendem Wasser (Regengüsse) mit einem helleren Material ausgefüllt werden können. Ähnliche Erscheinungen waren schon bei anderen Grabungen in Lößboden beobachtet worden, doch nie in diesem Ausmaße. Quelle: ANDING, Edwin (1972): Hattorf und seine Umgebung in der Ur- und Vorgeschichte.- Heimatbll. Harzrand, H.28, 63-71, Osterode |