Bernd Herrmann: Erste anthropologische Befunde aus der Lichtensteinhöhle bei Dorste I. Sämtliche Skeletteile wurden von uns unberührt in situ belassen. Die Stücke sind überwiegend in Gipssinter eingebettet bzw. von diesem überzogen. Es ist daher nur ein kursorischer Bericht über die Inaugenscheinnahme möglich. Schädelfragment eines späten Infans I Femora zweier Infans II - Kinder
Übersintertes Skelet in situ am 11.4.1980. Reproduktion vom Farbdia.
a) als Leichen niedergelegt wurden b) oder die Individuen nach Einschließung in der Höhle verstarben (Seitenlage in gekrümmter Position als kompensatorische Maßnahme gegen zunehmende Auskühlung des Körpers vor dem Exitus). Aussagen über Spuren etwaiger Gewaltanwendungen, die am Knochen imponieren, sind erst bei einer labormäßigen Bearbeitung der Fundstücke zu erwarten. Belege für erwachsene Individuen sind zahlenmäßig gering, es überwiegen Präadulte der Stufen Infans II und frühe Juvenis. Diese eigentümliche Altersverteile mag Hinweise für die archäologische Interpretation geben. Gegen die Vermutung, die Individuen seien Opfer eines Unglücks (Verschüttung des Ausgangs) spricht aus meiner Sicht die Lage der Skeletreste entlang der Höhlenränder. Von grundsätzlicher Bedeutung für die prähistorische Anthropologie ist - neben den offenkundigen Problemen, die sich aus einem derartig exzeptionellen Fund ergeben - die Auswirkung des speziellen Liegemilieu auf das Skeletmaterial. Wegen der guten archäologischen Datierungsmöglichkeiten und der annähernd konstanten Liegebedingungen bei bekannten bzw. meßbaren Milieuparametern, ist aus der Untersuchung der organischen wie anorganischen Knochenkomponenten Beantwortung zentraler Fragen der Dekompositionsforschung zu erwarten. Querschnitt durch Gipssinter ummantelte Ulna,
Die mir zugeleiteten Skeleteile waren überwiegend von Gipsinter überzogen. Dieser sitzt der Knochenoberfläche zum Teil fest, in anderen Fällen lose und verschiebbar auf. Zur Bewahrung des Erscheinungsbildes wurden die Fundstücke in ihrem Zustande belassen, es erfolgte auch keine Reinigung. Da es sich um unsystematisch geborgene Stücke handelt, kann hier nur ein Katalog der identifizierbaren Skeletelemente wiedergegeben werden. Fragen der Individuenzahl, der Alters- und Geschlechtsverteilung lassen sich erst nach Auswertung der noch in der Höhle liegenden Skelete bzw. Skeletreste beantworten. Katalog der geborgenen Stücke Schädel 1. Juvenile Kalotte: Stirnbein mit angeschlossenen Teilen beider Scheitelbeine. 2. Bruchstücke eines juvenilen Schädels: Fragmente des rechten Frontale und Parietale, rechtes Temporale, rechte Maxilla und Jochbein; Unterkiefer nach Zahnstatus ca.13 Jahre. 3. Bruchstück eines kindlichen Gesichts- und Gehirnschädels, Obergesicht und Teile des Frontale, mit metopischer Naht. Nach Zahnstatus etwa 7jährig. 4. Kalottenfragment: linkes Frontale und Parietalbruchstück, dem Reifegrad nach Infans II. 5. Unterkiefer mit Zähnen; nach Zahnstatus 10-12 Jahre. - diverse Rippen, präadult; - 2 rechte Scapulae, fortgeschrittenes Infans II bis frühjuvenil; - 4 Humerusfragmente: ein rechtes ohne proximale Drittel, frühes Infans II.; ein rechter Humerus ohne Epiphysen, früh- bis mitteljuvenil; ein distales Drittel, juvenil; eine linke proximale Epiphyse juvenil; - rechte und linke Ulna eines späten Infans II-Kindes; - drei rechte Ulnae: eine spätes Infans II; zwei juvenil; eine linke Ulna ohne Epiphysen, dem Reifegrad nach fortgeschritten juvenil. - ein rechter Radius: Infans II; - ein linker Radius: juvenil. - drei Hüftbeine(zwei rechte, ein linkes): Infans II; ein rechtes Sitzbein: Infans II; - vier rechte Femora: zwei Infans II, zwei spätes Infans II bis frühjuvenil; - drei rechte Tibien: zwei Infans II, eine spätes Infans II; eine rechte Tibia: Infans I bis II. - eine rechte Tibia und eine Fibula vom Erwachsenen; - zwei Fußwurzelknochen von Infans-II-Individuen (Cuboid, Metatarsale.) Spuren stumpfer oder scharfer Gewalt waren an den Skeletteilen nicht zu beachten. |