Werner Binnewies

Der historische Gipsbrennversuch
auf dem Gelände des Werkes Rocogips-Dorste

Die Anfänge des Unternehmens liegen in den Inventarisationen von insgesamt 8 Kirchenruinen (u. a. Wüstungskirchen), die im Zeitbereich von 1975 bis 1987 hauptsächlich von der Arbeitsgruppe Wenig-Haase-Binnewies, unter der Oberaufsicht von Prof. Denecke, Uni Göttingen, getätigt wurden. Aus diesen Untersuchungen stammt nämlich eine mittelalterliche Gipsmörtelsammlung, die, ergänzt durch weitere zeitgleiche Stücke, im Grundner Heimat- und Bergwerksmuseum als Leihgabe des Verfassers ausgestellt ist. Die Sammlung erweckte das Interesse von Prof. Kulke, TU Clausthal, der auch am Schloß Herzberg mit gutem Erfolg Untersuchungen getätigt hat, woraus sich eine Kontaktnahme zum Verfasser und letztendlich auch eine bisher ausgezeichnete Zusammenarbeit ergab.

Als der Verfasser im August 1994 dann den Vorschlag einbrachte, nach mittelalterlichen Überlieferungen einen Gipsbrennofen zu erstellen und versuchsweise auch zu nutzen, ergab sich eine hochinteressante und reizvolle Aufgabenstellung, zu der als weitere - vor Ort unterstützende - Mitarbeiter Jürgen Maak (Betriebsleiter bei Rocogips) und Norbert Teuber (Betriebsleiter bei Rump u. Salzmann) gewonnen werden konnten. Nachdem Gespräche mit Hanns Schimpf (Betriebsinhaber des gleichnamigen Gipswerkes), Willi Peinemann, Förste, sowie weiteren aktiven und passiven Gipsproduzenten geführt waren, welche, wie auch eine vielseitige Einsichtnahme in ältere Fachliteratur, verwertbare Hinweise und Recherchen für den Ofenbau und -betrieb erbrachten, begann der Verfasser am 23.8.1994 mit der Beschaffung von Fichtenbrennholz, dem ab 29.8.1994 die von Buchenbrennholz folgte. Am 22.9.1994 begann der Verfasser im Steinbruch Ührde mit der Gewinnung von Zechstein-Dolomitsteinen für den Ofenbau, nachdem bereits am 30.8.1994 eine Fuhre Mörtellehm von Förste angefahren war. Am 25.10.1994 wurde von Roco das Planum für den Ofen hergerichtet, dem das Auffüllen und Verdichten folgte, so daß der Verfasser am 27.10.1994 mit dem Aufmauern des Ofens beginnen konnte.

Am 2.11.1994 gab es dann den ersten Pressetermin, dem am 4. 11.1994 die ersten Filmaufnahmen durch die Kreisbildstelle (Hart) folgten. Zur weiteren wissenschaftlichen Begleitung bat Prof. Kulke den Leiter des Instituts für Brennstofftechnik (TU Clausthal), Prof. Jeschar, um Unterstützung, welcher am 11.11.1994 seinen Assistenten Herbert Hillebrecht, Eisdorf, zu einer ersten Besichtigung und Meinungsaustausch entsandte.

Am 22. 1 1.1994 war, bis auf das Einbringen der Ofensohle, dem Aufsetzen der Windschürzen und dem Anfüllen der Ofen fertiggestellt. Um dem Mörtel das Wasser zu entziehen, und somit das Bauwerk frostsicher zu machen, wurde der Ofen wiederholt mit einem leichten Holzfeuer trockengeheizt. Eine Maßnahme, die, wie der gute Zustand des dem Wetter ausgesetzten Ofens im Februar 1995 zeigte, notwendig war.

Am 15.12.1994 gab es eine weitere Besichtigung des nunmehr fertigen Ofens, zu der neben Prof. Kulke auch die Professoren Jeschar und Vollmer sowie Dr. Flindt (Kreisarchäologe) u. a. anwesend waren. Ein besonderes Interesse an dem Projekt zeigte auch der Heimat- und Geschichtsverein Osterode. Zu nennen sind hier vorrangig Herbert Wagner und Erika Enge, die sich wiederholt der Sache widmeten. Der Verein übernahm übrigens auch die Kosten einer Unfallversicherung. Weitere Finanzmittel für das Unternehmen stellte die hiesige Gipsindustrie zur Verfügung, wofür hier ein herzliches Dankeschön gesagt sei. Dank gilt ebenso allen hier genannten Personen und Firmen, ohne deren Hilfe die Arbeit am Projekt viel schwieriger, vielleicht sogar unmöglich gewesen wäre.

Unser Bild zeigt den Gipsbrennofen kurz nach dem Anzünden am 4. März 1995.
Von links Betriebsleiter J. Maak, Prof. Jeschar, Prof. Kulke, (beide v.d. TU Clausthal), O.K.D. Fr.K. Böttcher, Bernd Binnewies, Werner Binnewies, Dieter Cramer und Albrecht Schütze.

Bleibt noch darauf zu verweisen, daß am 4.3.1995 (durch den Herrn Oberkreisdirektor F. K. Böttcher angezündet) und am 2.8.1995 die beiden ersten Brände im Ofen getätigt wurden, über deren Abläufe und Ergebnisse im nächsten Heimatblatt berichtet wird.

Eines kann jedoch schon jetzt gesagt werden, »Probieren geht (auch hier) über Studieren«. Läßt sich auch über die Qualität des gebrannten Gipses noch nichts endgültiges sagen, so wurden doch viele verwertbare Erkenntnisse gewonnen. Schließlich wurden bis dahin vom Verfasser schon mehr als 200 Arbeitsstunden in das Projekt eingebracht.

Der leicht unrunde Gipsbrennofen weist folgende Maße und Fakten auf: Die Längsachse mißt etwa 2,30 m und die Querachse gut 2,00 m. Bei einer Höhe von 2,20 m verengt sich der Grundriß (Querschnitt) nach oben um 10%. Die Längsachse folgt ungefähr der vorrangigen Windrichtung von Südwesten. Die in »Hammerrechten Schichtmauerwerk« aufgesetzte Wandung hat eine Stärke von mindestens 0,40 m und besteht aus bankigem Zechstein-Dolomit in Lehmmörtellung. Die etwa 12 cm dicke Sohle ist in gemagertem Stampflehm eingebracht. Die Zugangsöffnung des Ofens ist nach vorgenannter Windrichtung ausgerichtet, um für den Brennprozeß eine möglichst gute Sauerstoffzufuhr zu erreichen.

Die Öffnung hat eine Breite von 0,70 m bei einer Höhe von 1,10 m und ist mit einem Rotsandsteinsturz überdeckt. Die Öffnung hat beiderseitig eine trichterförmig zulaufende Windschürze vorgesetzt bekommen, welche den Luftzug verstärkt. Auch steigt das südwestliche Vorgelände zum Ofen leicht an, um Aufwinde zu erreichen. Der Ofen ist stumpfkegelförmig bis etwa 60 cm unter die Oberkante des Mauerwerkes von außen mit Mineralgemisch angeschüttet, welches statisch und thermisch vorteilhaft wirkt, sowie einem oberen Umgang gestattet.
Sollte sich erweisen, daß der Ofen zu niedrig ist, so ist eine Erhöhung durchaus möglich. Für den Fall, daß der verwendete Zechstein-Dolomit nicht hitzebeständig ist, so reichen die Ofenmaße durchaus noch aus, um ein »Brennfutter« aus Backsteinen einzuziehen. Bleibt zu bemerken, daß der Ofen bisher die Hitze gut verkraftet hat.

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