Bei diesem Maßnahmenbündel mußten aus Kostengründen, oder auch aufgrund technisch-materialkundlicher Überlegungen, Kompromisse eingegangen werden. Hier an der Alten Burg wurde erstmals die Sicherung und Sanierung eines Großobjektes aus Gipsbeton (und großen Geröllsteinen) unter wesentlicher Verwendung von historisierenden Gipsbaustoffen durchgeführt (STEINBRECHER, 1992 u. 1994). Dieser hoffentlich wegweisende, von allen Beteiligten getragene Entschluß, ein vergleichsweise stark lösliches Baumaterial in einem extrem der Witterung ausgesetzten Bauwerk einzusetzen, beruhte besonders auf der mangelnden Verfügbarkeit eines geeigneten, dauerhaft gipsverträglichen Mörtels. So hat sich bei der Sicherung und Restaurierung der Klosterruine Walkenried ein dort verwendeter "gipsverträglicher" Zementmörtel nicht besonders bewährt (Abb. 16). Zugleich stand in dem Gipsmörtel für Spritz-, Mauer-, Verfug- und Estricharbeiten der Firma M. Steinbrecher, 99974 Mühlhausen/Thüringen ein Material zur Verfügung, das in seinen Eigenschaften (z.B. Festigkeit, Porosität, Wasseraufnahme, Struktur) gemäß verschiedener interner Expertenberichte dem historischen Gipsbeton bzw. Gipsmörtel nahekommt (STEINBRECHER 1992 u. 1994). Mögliche mittel- und langfristigen Abtragserscheinungen an diesem materialidentischen Gipsbaustoff wurden dabei bewußt in Kauf genommen.

Dieser Steinbrecher-Gipsmörtel wird übrigens handwerklich in einem aufwendigen Verfahren unter hohem manuellen Aufwand aus folgenden Komponenten hergestellt: ca. 48% feingemahlener Hartformgips als Bindemittel, knapp 51% Feinstsplitt von Naturgips mit Anhydritanteilen vorwiegend in der Korngröße 1 - 4 mm sowie untergeordnet in der Kornfraktion 0,3 - 1 mm; kleine Anteile an feingestoßener Holzkohle und Terra di Siena dienen der Farbangleichung an das historische Vorbild. Eine sehr geringe Zumischung von Natriumcitrat (0,05%) und Spuren des Abbindeverzögerers Retardan dienen der Optimierung der Konsistenz und des Verfestigungsverhaltens des möglichst wasserarm angemischten Frischmörtels.

Um konsequent in diesem gewählten Konzept der Materialgleichheit zu bleiben, wurden die neu gestalteten Mauerkronen der beiden Ruinenzähne mit vor Ort gegossenen, armierten Platten aus Gipsestrich überdeckt (Abb. 13, 14 und 20). Hiermit soll bewirkt werden, daß die auf die Mauerkronen fallenden Niederschläge sich schon dort teilweise an Gips sättigen, um die Gipslösung zu den Turmflanken zu reduzieren. Der Vorschlag, die Zahnspitzen nach hinreichender Sicherung des gelockerten Mauerwerks mit einer Bleiabdeckung zu schützen (KULKE, 1995, S. 28) wurde nicht angenommen. Bleiblech kann aufgrund seiner leichten Verformbarkeit gut der Gestalt des Untergrundes angepaßt werden. Es hätte aber durch zahlreiche Dübel sehr fest mit dem Mauerwerk verbunden werden müssen, sonst hätten Teile dieser Abdeckung bei Sturm hochgeklappt werden können.

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