Werner Binnewies Der historische Gipsbrennversuch im Rocogipswerk Dorste Mit dem 6. Brand - verbunden mit einem "Tag der offenen Tür" - am Sonntag, dem 19. April 1998, und dem 7. Brand am 12. Juni d. J. wurde das Projekt "Historischer Gipsbrand" zu einem "vorläufigen" Abschluß gebracht. Und, um es gleich vorweg zu sagen, bis letzthin konnten Erfahrungen bzw. Sachkenntnisse gewonnen werden. So hatte der Verfasser beim letzten Brand zur Dauerbefeuerung des Heiz- bzw. Zündkanals nur noch wenige Stücke Buchenstangenholz auf Vorrat, weswegen zum Schluß Fichtenscheitholz nachgelegt wurde. Es zeigte sich jedoch, daß die Heizkraft der Fichtenscheite nicht ausreichte, um den Temperaturabfall, bewirkt durch den Frischluftzutritt im unmittelbaren Bereich der Ofenöffnung, auszugleichen, wodurch hier das Brenngut (Gipsgestein) leicht ungar blieb. Fazit: "Sparen am falschen Ende wird bestraft!" Man sollte es nicht wieder tun! Als Kern dieses Berichtes ist die Angabe eines angenäherten Rezeptes vorgesehen, welches auf die Größe und Eigenart des beschriebenen Brennofens zugeschnitten ist. Allerdings bleiben noch einige Unwägbarkeiten offen, die u.a. im Feuchtigkeitsgrad des Brenngutes wie in der jeweiligen Beschaffenheit desselben überhaupt und nicht zuletzt auch in der vom Wind beeinflußten Sauerstoffzufuhr mit ihre Ursachen haben. Zunächst sei auf die Korngröße des Brenngutes eingegangen, dessen Menge je Ofenfüllung auf etwa 3,5 m³ geschätzt und dreilagig (siehe dazu Skizze im Heimatblatt Nr. 51/1995) eingebracht wird. In der unteren Lage darf das Brenngut die ungefähre Größe von Zuckerrüben haben und sich nach oben auf etwas mehr als Faustgröße verkleinern. Die verbleibende Feinsubstanz (volksmündlich "Ducks" genannt) ist in der Masse für den "altväterlichen Gipsbrand" unbrauchbar, weil sich im Prinzip das Feuer ersticken würde. Ein kleiner Teil ist lediglich bei offensichtlich überhitztem Brand als Dämmschicht aufzustreuen. An dieser Stelle sei mitgeteilt, daß die brauchbaren Ofeninhalte der letzten fünf Brände mit 3,2 bis 3,8 To gewogen wurden, wovon das offensichtlich ungare Material schon aussortiert war und dem nächsten Brand wieder zugegeben wurde. Zum Brennmaterial (Holz) bleibt zu sagen, daß je Brand zirka 4,5 Raummeter - hauptsächlich Fichtenholz - erforderlich sind, wovon etwa 0,6 Raummeter auf Fichtenastreisig als Zündmaterial entfallen. (Andere Zündhilfen wurden nicht benötigt!) Die Stärke der Scheite differiert zwischen der Größe eines geachtelten, geviertelten, bis halbierten Telegrafenmastes. Abgesehen vom Zündmaterial folgt die Größenordnung des Brennholzes - von unten nach oben - der des Brenngutes. Um, wenn nötig, besonders bei feuchtem Brenngut, welches, im Gegensatz zum gut abgedeckten Brennholz, ungeschützt dem Wetter ausgesetzt ist, die Temperatur im Ofen zu steigern, empfiehlt es sich, in den unteren Lagen bis zu 10% Buchenscheitholz zwischenzumelieren. Soll der Brennprozeß verlängert werden, kann man etwas grünes Fichten- oder Weichholz, z. B. Weide oder Pappel zulegen. Hierfür rotfaules (anbruch) Fichtenholz zu verwenden, erwies sich als ungut, da der Heizwert solchen Holzes nur gering ist und zu ungewolltem Temperaturabfall führt. Bleibt noch der Hinweis, daß in obiger Holzmenge der Bedarf für das jeweilige Vor- bzw. Trockenheizen des Ofen inbegriffen ist. Die hierfür benötigte Menge beträgt etwa 0,2 Raummeter Reisig und 0,6 Raummeter Scheite. (Bei zweimaligem Vorheizen entsprechend mehr.)
Es liegt nun in der Absicht der Beteiligten, nach nunmehr sieben Bränden von denen die letzten fünf als gut gelungen gewertet werden konnten - das Unternehmen als vorläufig abgeschlossen zu betrachten. Der Ofen bleibt allerdings funktionstüchtig erhalten, um eventuellen späteren Brennversuchen - vielleicht mit Muschel- oder Dolomitkalk - zur Verfügung zu stehen. Wenngleich das Projekt "Historischer Gipsbrand" dem Verfasser im Zeitraum von vier Jahren viel Zeit- und Kraftaufwand abverlangt hat, so hat doch "die Freude an der Sache" die Mühen reich belohnt! Auch deshalb, weil dem Unternehmen viel wohlwollende, öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wurde und letztlich ein "solider" Erfolg beschieden war. Ein ganz herzliches Dankeschön an alle Helfer, Firmen, Medien, der TU Clausthal und nicht zuletzt auch den "nachgezogenen Konkurrenzunternehmungen" sei deshalb hier nicht vergessen. Nachtrag: Eine Meinungsäußerung des Verfassers sei hier noch erlaubt, auch wenn sie ein wenig vom Thema abweicht. "Die ungewöhnlich hohe Festigkeit des Gipsmörtels im Bereich der mittelalterlichen Wehrbauten ist nicht durch irgendwelche Zusätze erreicht worden, sondern liegt allein ursächlich im "Langzeitabbund" des Gipses, so wie es beim Zement nachgewiesen ist!" |