Von einem in der Graffschaft Stolberg bei Rotleberode gelegenen wässerigen Erd-Fall 
Von einem in der Graffschaft Stolberg bei Rotleberode gelegenen wässerigen Erd-Fall.

Eine starcke Meile von hier lieget gegen dem untern Vor-Hartz das zur Graffschafft Stolberg gehörige Dorff Rotleberode, alwo sich nahe bei einem Hause eines Einwohners gegen Mitternacht zu ein kleiner Hügel befindet, welcher als ein ander Feld gebauet wird. Auff diesem Hügel ist nun dieser wässerige Erd-Fall, so zwar keinen eigentlichen Nahmen führet, dennoch, wegen seines wunderlichen Ursprungs, wohl verdienet, daß man seiner kürtzlich gedencke: Es hat sich aber mit demselben also zugetragen: Es ist einesmahls ein Acker-Mann von gedachtem Rotleberode geschäfftig gewesen, sein des Orts habendes Land gewöhnlicher massen zu pflügen, als er nun solche Arbeit verrichtet gehabt, und kaum mit dem Pfluge und Pferden von dem Acker kommen, ist auff demselben Lande, da er vorhero geackert, die Erde plötzlich gesuncken, und dadurch ein grosses tieffes Loch entstanden, welches bei etliche vierzig Jahr trocken und ohne Wasser gestanden und insonderheit so wohl inner- als ausserhalb mit allerhand Heck-Werck und Bäumen sonderlich mit schwartzen Kirsch- und Zwiesel-Beer-Bäumen durch etliche von denen Vögeln dahin gebrachte Kerne also bewachsen gewesen, daß es gleichsam wie ein kleiner Baum-Garten ausgesehen; über aller Menschen Vermuthen aber hat dieses Loch zu einer sehr truckenen Zeit A.C. 1650 im Julio oder Heu-Monat sich geschwinde mit grossen Krachen und Prasseln ziemlich weit ausgebreitet, und alle Bäume und Sträuche verschlungen, auch mit vielem starck aus der Erde dringendem Wasser dergestalt bedecket, daß man nachgehends weder Strumpff noch Stiel mehr davon sehen können, welches denjenigen, so nahe dabei gewohnet, keine geringe Schrecken verursachet hat, indem sie sich befürchtet, daß es endlich auch ihren Wohnungen also ergehen werde, und sie irgend mit denselben, wie an andern Orten sich zugetragen, untersincken möchten.

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