Von dem bei Goslar gelegenen Rammels-Berge.

Der Rammel-Berg lieget gegen Mittag an dem Ober-Hartz, nahe bei der Käyserlichen Reichs Freien Stadt Goslar, und ist ein sehr grosser, hoher und ausserhalb unfruchtbarer Berg, denn man darauf keine Tannen-Bäume, wie auff denen benachbarten Bergen, antrifft, sondern es ist derselbe nur mit Heidel-Beeren, grosser Heide, Breusel-Beeren und wenig Sträuchen bewachsen, vor sich nach Goslar zu, hat solcher keinen Berg mehr, hinten aber stösset er an die andern Hartz-Gebürge an, und ist in der Höhe wunderbarlicher Weise zerborsten, massen man über denen Ober-Gruben einen Riß siehet, der an etlichen Orten fast drei biß vier Ellen weit, bei hundert Lachter lang, und so tieff ist, daß man auff den Grund nicht sehen kan, welcher auch, derer Berg-Leute Bericht nach, von Jahren zu Jahren weiter werden soll, woher solcher aber entstanden sei, hat man keine eigentliche und gewisse Nachricht, doch vermeinen einige, daß sich der Berg zu der Zeit von einander gegeben, als derselbe einesmahls wie in der alten Sächsischen Chronica zu ersehen, eingegangen sei, und bei vierdthalb hundert Weiber auff einen Tag zu Witt-Frauen gemachet habe, welche alle vor dem Berge gestanden, und ihre Männer beweinet hätten. Der Nahme dieses Berges rühret von dem Erfinder derer Rammelsbergischen Berg-Wercke her und hat es sich damit folgender massen zugetragen: Als Käyser Otto, der Erste dieses Nahmens, nicht gar weit von Goslar, auff der Hartz-Burg seinen Hoff gehalten, und vielfältig in dem Hartz-Gebirge hat jagen lassen, begiebet es sich einesmahls, daß einer von seinen vornehmen Jägern Ramm genannt, auff Befehl des Käysers, an denen Vor-Bergen des Hartzes jaget, wie er nun an einen Berg kommen, da er, der Höhe wegen, nicht weiter mit dem Pferde dem Wilde nacheilen kan, bindet derselbe sein Pferd woran, und folget zu Fusse dem Wilde nach. Indessen als solches geschiehet, und der Jäger etwas lange ausbleibet, verlanget das Pferd nach seinem Herrn, und scharret, der Pferde Art nach, hefftig mit denen Vorder-Füssen, wodurch ohngefähr ein Ertz-Gang entblösset wird, davon der Jäger, bei seiner Wiederkunfft, eine Stuffe mit nimmet, und dem Käyser zeiget, der solches probiren, und, aus Liebe die er zum Berg-Wercke getragen, aldar einschlagen lässet; nachdem aber solches geglücket, und die Berg-Leuthe je länger je mehr den Berg mit Bauen angegriffen, hat der Käyser dem Berge, nach dem Jäger Ramm, den Nahmen Rammelsberg gegeben, wie er denn noch auff den heutigen Tag also heisset. Es wollen zwar einige vorgeben: daß der Berg seinen Nahmen nicht von dem Jäger, sondern von dem Pferd bekommen habe, als welches von seinem Herrn Ramm genennet worden. Allein, die erste Meinung ist wohl die sicherste; denn, hat man des Jägers Frau, Gosa genannt, die Ehre angethan, und nach ihrem Nahmen die Stadt Goslar, und das dahin fliessende Wasser die Gose, dessen ich im IV. Capitel gedacht, geheissen, wie vielmehr wird man nicht den Jäger selbsten geehret, und den Berg nach seinem Nahmen genennet haben, weilen man denselben, wegen Erfindung derer Rammelsbergischen Berg-Wercke, ohne Zweiffel wird sehr aestimiret haben, welches insonderheit daraus zu schliessen ist, daß man denselben mit seinem Weibe, nach beider Absterben, nicht allein in Goslar in S. Augustini Capelle, die auff dem Franckenbergischen Kirch-Hofe stehet, hat begraben, sondern auch zu Ehren einen grossen Stein auff ihr Grab legen lassen, darauff sie beide in Lebens-Grösse gehauen sind, und hält der Jäger in seiner rechten Hand ein Schwert über sich, seine Frau aber träget eine Crone auff ihrem Kopf. Dieser Stein ist vormahls, als man den Bürgermeister Karsten oder Christian Balder, als einen Befreundten meiner seligen aus Goslar gebürtigen Mutter Elisabeth Catharinen Balderin, in dieser Capelle hat begraben, und zu dem Ende das Grab daselbst machen wollen, fast drei Ellen tieff in der Erde gefunden worden, worauff E.E. Raht zu Goslar denselben zu einem ewigen Gedächtniß aussen an die Capelle hat auffrecht setzen lassen, damit er von jedermann kan gesehen werden. Vormahls hat, nach des Käysers Ottonis Zeiten, der Raht zu Goslar mit etlichen Bürgern oder Hütten Herren, den Rammels-Berg innen gehabt, anjetzo aber kommen fast alle Nutzungen, laut eines mit der Stadt Anno 1552 getroffenen Vergleichs, von demselben dem Hoch-Fürstlichen Hause Braunschweig zu, und hat gedachter Raht nur noch drei Zechen darinnen. Ob nun schon vor besagter massen der Rammels-Berg von aussen ein unfruchtbarer Berg ist, so hat er doch diesen Mangel mit seinem Ertz und Mineralien etliche hundert Jahr her reichlich ersetzet; denn man das Ertz darinnen in solcher Menge angetroffen hat, und noch findet, als wohl in einem Berge, allein in der Christenheit, biß auff diesen Tag nicht geschehen ist, derowegen auch Herr Georg Engelhard von Löhneiß im fünfften Theil seines Berichts vom Berg-Werck fol. 84 diesen Berg sehr rühmet, und saget: daß man dergleichen, aus dem so mancherlei Ertz und Gaben kommen, in Teutsch-Land nicht antreffen werde; Er redet aber nicht von einem reichen, grossen weitläufftigen Berg-Werck, das auff etliche Meilen begriffen ist, sondern nur von einem Berge, da das Berg-Werck, wie bei dem Rammels-Berge, so enge beisammen ist, daß man es mit einem Pirsch-Rohr überschiessen kan. Es werden aber aus dem Rammels-Berg nachfolgende Ertze und Mineralien gewonnen, nemlich Glantz-Ertz, braun Blei-Ertz, gemein Ertz, weiß Kupffer-Ertz, gelb Kupffer-Ertz, Kupffer-Kieß, weisser Kieß, graue Gans, Schmer-Ertz, rother Atrament-Stein, grauer Atrament-Stein, weisse Jöckeln, grüne Jöckeln oder gediegen Victril, weisse Blume oder Victril, grüne Blume, grauer Kupffer-Rauch, gelber Misy, Ockergelb, Talg und Federweiß; hieraus werden allerhand Metallen und Mineralien gemacht, als Gold, davon doch die Marck Silber nur einen Heller hält, derowegen solches, weil es die Unkosten nicht abwirfft, von dem Silber ungeschieden bleibet, ferner Silber, Kupffer, Glött-Blei, Zinck, Schwefel, Gallmei, Kobolt, blau und weisser Victriol, auch andere mehr. Hingegen sind die Rammelsbergischen Ertze so feste, das sie mehrentheils weder mit Gezän oder Instrumenten noch mit Schiessen können gewonnen werden, derohalben solche die Berg-Leuthe mit Feuer besetzen, welches denn sehr wohl hebet, weilen das Ertz in dem gantzen Berg sehr klüfftig ist, und das Feuer also leicht an die Klüffte kan gesetzet werden. Von solchem Feuer-Setzen ist die Hitze so groß in denen Gruben, daß die Berg-Leuthe ihre Arbeit an etlichen Orten nackend verrichten müssen, zumahl, da das Wasser in dem Rammels-Berge sehr vitriolisch, und so scharff ist, daß es ihnen Kleider und Schuhe zerfrisset, wenn sie solche anziehen. Nichts desto weniger wird das Wasser vor die Beschwerung des Magens und andere Kranckheiten von etlichen hart genaturten Menschen getruncken, weilen es hefftig purgiret, und ihnen also zum öfftern mehr schädlich als nützlich ist, geschweige daß solches einen überaus heßlichen Geschmack hat, und dieserwegen nicht wohl in den Mund kan genommen werden, auch die Fische aus der Ocker vertreibet, wie ich im IV. Capitel albereit erinnert habe. Vor Zeiten hat man in dem Tieffesten derer Gruben Sümpffe gehabt, darein dieses Wasser gefallen; wenn man nun in solche Sümpffe eiserne Stäbe geleget, hat das Wasser das Eisen verzehret, und sich herum eine Materie, gleich einem Rost, gesetzet welcher endlich zu gutem Kupffer worden, aus dem man das annoch übrige Eisen, wie ein Schwerdt aus der Scheide, hat ziehen können. Es sind zwar solche Oerter nunmehro wieder verfallen, doch hat das Wasser die Krafft, das Eisen in wahrhafftig Kupffer zu verwandeln biß hierher behalten. Sonst setzet sich von diesem Wasser an dem Ort wo dasselbe durch den Stollen fliesset am Gezimmer und in der Wasser-Seige, ein gelber Slich oder Schlamm an etlichen Orten fast Hände-dicke, an, welcher Ockergelb genennet, und daraus eine braune und rothe Farbe gemacht wird. Inwendig ist der Rammels-Berg, nachdem er nunmehro viele hundert Jahre hero gebauet worden, in solche grosse Weiten ausgehauen worden, daß es daselbst sehr gefährlich zu arbeiten ist, zumahl, da die Weiten so hoch sind, daß man mit keinem Holtz zu Hülffe kommen kan. Wenn nun daselbst die Ertz-Wände herein gehen, wie offt geschiehet, nehmen die Arbeiter Schaden, und zerschlagen solche, was sie antreffen; derowegen die Berg-Leuthe zu Goslar, in der hart am Thor gelegenen S. Claus-Kirche wöchentlich zweimahl des Morgens frühe durch eine Predigt vermahnet werden: daß sie sich in solcher Gefahr GOtt befehlen sollen; allein, es ist ein verwegen Volck, das solches wenig achtet, denn wo der Priester ein wenig zu lang prediget, und unterdessen das Stadt-Thor auffgehet, lauffen sie mehrentheils alle davon und lassen den Prediger allein stehen, alsdenn derselbe von sich selbst wohl auffhören muß, welches Lob diesen Arbeitern wohl-gedachter Löhneissen im fünfften Theil seines Berg-Wercks-Buches fol. 79 giebet. An denen Orten aber, wo man darzu kommen kan, ist der Rammels-Berg mit Holtz genugsam unterbauet, und sagen die Berg-Leuthe, so darinnen arbeiten: daß in dem Berge mehr Holtz, als in der Stadt Goslar, verbauet sei, wie man denn auch in dem Rammels-Berge etliche Weiten oder Oerter findet, welche die Alten mit starckem Eichen-Holtz ausgezimmert haben, damit, wenn sich der Berg setzen würde, er darauff ruhen könte, und ist dasselbige Holtz so schwartz und hart worden, daß auch das Werck-Zeug darinnen verdorben wird, wenn man es arbeiten will, derowegen der Berg daselbst hiervon eine gute Berg-Festung hat. Nichts weniger haben die Alten an andern Oertern dieses Berges, nemlich wo die Wasser-Kunst anjetzo hänget, grosse und hohe Gewölbe mit Kalck mauren lassen, davon etliche doppelte Bogen über einander haben, und dieses zu dem Ende, damit ihre Heinzen, so zu der Zeit alldar gehangen, für dem Wände-Einfallen daselbst sicher sein möchten, welches viel muß zu bauen gekostet haben. Dieser Rammels-Berg hat viel Gruben, es werden aber nicht alle gebaut. Merck-würdig aber ist es, daß man aldar eine alte verlegene Grube antrifft, welche die Teuffels-Grube heisset, und dies dahero, weil, wie man sagt, der Teuffel neben andern Gewercken darinne soll gebauet, sein Geld wöchentlich für die Grube geleget, und sein zugemessen Ertz weggebracht haben. Als aber einesmahls die Gewercker nicht recht mit demselben das Ertz getheilet hätten, sei die Grube von ihm über einen Hauffen geworffen worden, und habe biß auff den heutigen Tag ihren Nahmen von dem Teuffel behalten. Im übrigen ist noch ein feiner Brunn, der Kinder-Brunn genannt, am Rammels-Berge vorhanden, dessen ich aber schon im III. Capitel gedacht habe. Verlanget nun ein Curiosus mehr Nachricht von dem Rammels-Berge, so kan er davon in des offt gedachten Löhneissens Bericht von Berg-Wercken, ingleichen Thomæ Schreibers Bericht von denen Berg-Wercken, und Christiani Bervvardi Erklährung derer Berg-Leuthe Redens-Arten, nachschlagen.

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