- von Horst Gaevert - In schriftlicher Form wurde in den letzten Jahrzehnten – abgesehen von kurzen Darstellungen zu einzelnen Objekten – über den ehemaligen Südharzer Bergbau nicht berichtet. Er konzentriert sich auf das nördliche und nordöstliche Kreisgebiet und ist damit Bestandteil der Landschaft, die in immer stärkeren Maße von Kurzurlaubern, Touristen und Urlaubern frequentiert wird. Aus diesem Grunde wird das Bedürfnis nach Informationen immer größer. Ein Teil dieser Lücke soll mit folgender Übersicht geschlossen werden. Es ist vorgesehen, in weiteren Aufsätzen über die einzelnen Bergbauarten sowie über allgemein interessante Ereignisse aus dem Betriebsgeschehen der ehemaligen Bergwerke zu berichten. Der alte Bergbau des nördlichen und nordöstlichen Teils des Kreises Nordhausen befindet sich z. T. im südlichen Vorland des Harzes – Zechstein (vgl. Übersichtskarte). Das 90 km lange und 30 km breite Harzkerngebirge hat eine Längserstreckung von WNW nach ESE. Es ist ein Teil des ehemals große Teile Mitteleuropas einnehmenden Varistischen Gebirges, dem u. a. auch der Thüringer Wald angehört. Vor 350 Millionen Jahren war Mitteleuropa vom Meer bedeckt. In damaliger Zeit befand sich die Erdkruste hier unter erheblichen Spannungen, die ihre Ursache im Erdinneren hatten. Aus diesem Grunde senkte sie sich über lange Zeiträume um wenige Millimeter bis Zentimeter pro Jahr. Dieser Senkungsbetrag wurde durch Ablagerungen von Sand (heute Grauwacke oder Quarzit), Schlamm (heute Schiefer), vulkanischen (heute Porphyrit oder Melaphyr) sowie Ausfällungs-Gesteinen (heute Kalkstein, Dolomit, Anhydrit, Gips und Salze) ausgeglichen. Die wichtigsten Gesteine des Südharzes entstanden in der sogenannten Rotliegendzeit vor etwa 200 Millionen Jahren. In damaliger Zeit war das bereits zuvor aus dem Meer herausgehobene Varistische Gebirge z. T. intensiver Verwitterung ausgesetzt, und die Gebirgslandschaft wurde mit dem Abtragungsschutt eingeebnet. Dabei bildeten sich zeitweilig versumpfte und vermoorte Gebiete, in denen eine üppige Vegetation herrschte (L7, L8). Die abgestorbenen Gräser, Büsche und Bäume machten im Laufe der weiteren Erdgeschichte eine Inkohlung durch. Dabei entstand aus mehrere Meter mächtigen Einzellagen und Linsen der heutige Kohlehorizont, der zeitweilig Gegenstand intensiven Bergbaus war. Das zu Beginn der Zechsteinzeit eindringende Meer veränderte die vorhandene Landschaft in der Weise, daß nicht verwitterte feste Gesteinsbrocken zum max. 1,5 m mächtigen sogenannten Zechsteinkonglomerat aufgearbeitet und abgelagert wurden (sichtbar an der Langen Wand). Das Meerwasser löste die chemischen Verbindungen von Kupfer, Kobalt u. a. Metallen auf. Die Metallösungen setzten sich später in den genannten Konglomeraten und vor allem im darüberliegenden Kupferschieferflöz ab. Die vererzten Teile des Zechsteinkonglomerats – vom Bergmann als Sanderz bezeichnet – und das Kupferschieferflöz waren seit Jahrhunderten Gegenstand bergmännischer Tätigkeit. Das Zechsteinmeer war reich an CaCo3, CaSo4, NaCl sowie Kalisalzen. Die Altbergbauobjekte konzentrieren sich im wesentlichen auf das nördliche und nordöstliche Kreisgebiet. Im Raum Ilfeld – dem nördlichen Kreisgebiet – sind mit folgenden Objekten nahezu alle Bergbauarten vertreten (siehe auch Übersichtskarte):
Mit der Besiedelung des Harzes begann, weil die Nachfrage nach Eisen, Kupfer, Silber, Gold, Zinn u. a. Metalle sehr groß war, der entsprechende Bergbau. Die Metalle wurden teilweise aus nutzbaren Gesteinsschichten (= Flöze - z. B. Kupferschieferflöz), vorwiegend jedoch aus erstarrten mineralreichen Gesteinen (= Gänge) gewonnen. Zunächst las man die Steine an der Erdoberfläche auf. Als diese verarbeitet waren, schürfte man die Tagesoberfläche an und betrieb Tagebaue bis zu 10 m Tiefe. In der weiteren Folge entstanden Stollen und Schächte. Damit begann der eigentliche Tiefbau. Im Harzinnern gelangte der Bergbau nach der Besiedlung zu einer ersten Blüte. Es herrschte z. B. vom 10. bis 12. Jahrhundert in Hasselfelde rege bergmännische Aktivität. Die Spuren dieses Uraltbergbaus sind heute kaum noch auffindbar. Möglicherweise sind die Anfänge des Bergbaus im Gebiet des Braunsteinhauses in dieser Zeit zu suchen. Im 12. bis 13. Jahrhundert oder gar schon früher begann wahrscheinlich die Kupferschiefer-Gewinnung im Raum Rottleberode - Stempeda. Erste konkrete Nachrichten liegen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts über Kupferschiefer-Tiefbau am Eichenberg vor (L8). In Abhängigkeit von den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie einer weitgehenden Stagnation in der Entwicklung der Bergtechnik ist in den folgenden Jahrhunderten kein wesentlicher Fortschritt im Bergbau zu verzeichnen. Durch den Dreißigjährigen Krieg kam er im ganzen Harzgebiet fast völlig zum Erliegen. Die für die damalige Zeit große Bedeutung des Kupferschiefer-Bergbaus kam darin zum Ausdruck, daß er bereits gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1645 am Eichenberg zwischen Buchholz und Stempeda sowie am Stöckey bei Herrmannsacker wieder aufgenommen wurde. In der Folgezeit verwendete man in fast allen Bergwerken das Schießpulver zum Absprengen des Gesteins. Nachdem sich das Menschenpotential einige Jahrzehnte nach Friedensschluß einigermaßen regeneriert hatte, Handel und Wirtschaft wieder langsam erblühten, begann man in verstärktem Maße Bergbau zu betreiben. Vom Jahre 1680 an erlebte der Bergbau bis zum Jahre 1750 eine Blüte. Der Steinkohlenbergbau wurde im Mittelalter nicht als Bergbau angesehen, weil die Kohlen keine Metalle, Erze oder Mineralien waren und „anstatt des Holzes“ verbrannt wurden. Nachdem in Clausthal-Zellerfeld über mehrere Jahre Untersuchungen zur Qualität der Lagerstätten und zur Klärung rechtlicher Fragen vorgenommen worden waren, fand um 1700 der Steinkohlen-Bergbau nördlich Ilfeld seine endgültige Anerkennung. Zwischen 1750 und 1775 kamen neben Buchholz weitere bedeutende Bergwerke wegen Betrügereien, Kapitalmangel, mangelnder Vorratserkundungen und schlechter Verwaltung zum Erliegen. Eine letzte große Blüte des mittelalterlichen Bergbaus ist im 19. Jahrhundert zu verzeichnen. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Befreiungskriege beendet waren, befand sich in Deutschland die industrielle Revolution in den Anfängen (L10, S. 62). Durch die großen industriellen Fortschritte verstärkte sich die Nachfrage nach Bergbauprodukten. Da die verkehrsmäßige Erschließung Deutschlands noch nicht ausreichend war, mußte man verstärkt auf im Territorium vorhandene mittelalterliche Bergbaubetriebe zurückgreifen. Dies traf zunächst für den Steinkohlen-Bergbau im Brandesbach-Tal (Poppenberg) und den Braunstein-Bergbau am Braunsteinhaus in der Zeit von 1820 bis 1840 zu. Mit der verkehrsmäßigen Erschließung ging dann eine Reduzierung der bergmännischen Aktivitäten Hand in Hand. Als im Jahre 1840 für den Wege- und Straßenbau zusätzliche Arbeitskräfte benötigt wurden, nahm man z. B. dafür einen Teil der Arbeitskräfte aus dem Braunstein-Bergbau. Dagegen nahm der damalige Landesherr den im 18. Jahrhundert auflässig gewordenen Kupferschiefer-Bergbau erst im Jahre 1845 um Buchholz und an der Langen Wand wieder auf. Die Auffahrung des Otto-Stollens im Behre-Tal in den Jahren 1860 bis 1864 bedeutete eine erhebliche Kapitalinvestition zur Entwässerung eines großen Flözfeldes. Mit der verkehrsmäßigen Erschließung der Absatzgebiete der Südharzer Steinkohle wurde sie durch schlesische und westfälische Steinkohle sowie mitteldeutsche und böhmische Braunkohle verdrängt. Aus diesem Grunde kam der Kohle-Bergbau bereits um 1880 zum Erliegen, obgleich sich das für die Auffahrung des Otto-Stollens verauslagte Kapital mit Sicherheit nach so kurzer Zeit noch nicht amortisiert hatte. Auch der Erzbergbau konnte der Konkurrenz der Übersee-Importe nicht standhalten. Als im 1. Weltkrieg die für den Krieg wichtigen Rohstoffe knapp wurden, begann man, bisher nicht genutzte einheimische Lagerstätten aufzuschließen und auszubeuten. Von 1916 bis 1921 betrieb eine Dresdner Firma am Braunsteinhaus zeitweilig intensiven Raubbau. Nach dem 1. Weltkrieg übernahm Wenzel aus Teutschenthal die damals nicht mehr betriebenen Steinkohlen-Bergwerke im Behre-Tal nördlich Ilfeld (L2, S. 173). Als sich nach Aufnahme der Kohleförderung geringe Flözmächtigkeit und schlechte Qualität herausstellten, wurde der Bergbau im Jahre 1924 wieder auflässig (L1). Nach dem 2. Weltkrieg begann man aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Situation erneut, die Südharzer Steinkohle aufzuschließen. In den Jahren 1946 bis 1948 wältigte der heutige VEB Schachtbau Nordhausen den Otto-Stollen bis zum Richter-Schacht auf. Der Schacht selbst wurde instandgesetzt und auf der zweiten Sohle eine sogenannte Richtstrecke aufgefahren. Der Absatz der „feuerfesten Kohlen von Ilfeld“ war jedoch bald nicht mehr gegeben, und so kam der Südharzer Steinkohlen-Bergbau wahrscheinlich für alle Zeiten zum Erliegen. Untersuchungsarbeiten für die Talsperre Netzkater im Jahre 1959 und Verwahrungsarbeiten der Bergsicherung Ilfeld in den Jahren 1975 bis 1980 ließen die Erinnerungen an den Ilfelder Steinkohlen-Bergbau bis zur Gegenwart nicht verblassen. Literaturverzeichnis
Unveröffentlichtes Manuskript Milecki: Der Kupferschieferbergbau in den Grafschaften Stolberg und Rottleberode. – STAM, Rep F39, Nr. 201 II |