Die Elisabethschächter Schlotte - von Christel und Reinhard Völker - 1. Die historischen Vorgänge bei der Entdeckung der Elisabethschächter Schlotte Schlotten waren den Bergleuten des Sangerhäuser und des Eislebener Reviers schon lange bekannt. Sie fürchteten sie! Wenn sie auf Schlotten stießen, dann überschwemmte deren Wasser oft monatelang die Grubenbaue. Nachdem aber die Wasser abzogen, brach der nasse Schlottenschlamm in die Grubenräume und verfüllte sie. Letztendlich folgten schlechte Wetter, die alle Aufräumungsarbeiten behinderten. Hatte man aber das alles durchstanden, ließen sich die Schlotten nutzen. Man konnte in ihnen das taube Gestein versetzen und brauchte es nicht nach übertage fördern. Betritt man heute manche dieser Schlottenräume, kann man die einstige Größe und Höhe dieser Räume nur noch ahnen. Damit konnte man sich das aufwändige und kostenspielige Pumpen ersparen. So suchte man bereits vor 1750 unter dem Zwergloch, einer großen Doline östlich von Großleinungen, eine Schlotte zur Entwässerung der Grubenbaue. Das Zwergloch ist auf mehreren alten Grubenrissen der damaligen Zeit erwähnt. Die beste Auskunft gibt ein Grubenriß „Darstellung der Situation und Grubenbaue von dem zum Sangerhäuser Berg-Amt gehoerigen Hohenwarther Revier Coirt im Monat Dezbr. 1807 durch Georg Erdmenger“. Auf diesem Riß ist die Situation der Schächte und der Hauptstrecken dargestellt.
„5. Ist der 5te Versuchsschacht zur Aufsuchung einer anderen Kalkschlotte.“ Nach dem Aufsuchen und der Entdeckung der Elisabethschächter Schlotte wird die Schlotte unter dem Zwergloch noch einmal genannt. Man stellte fest, daß die Wasser beider Schlotten keine Verbindung miteinander hatten. „. . . Und ob zwar anderen und es die eingegangenen Fahrberichte besagten, daß durch den von denen Lein- und Morungern gemachten Durchhieb und erfolgte Anzapfung des sämtlichen Heiligenborner Woges der Karstschlotte eine große Last Wasser zugehauen worden, wovon dieser Wog schleunigst gestiegen und wieder gefallen. So wäre doch gleichwohl in der Sangerhäuser auf dem Hohenwarther Revier befindliche Karstschlotte der Wog davon im mindesten nicht aufgegangen und hierraus zu folgen, daß beide Kalkschlotten keine Communikation miteinander haben müßten ...“Es ist also nicht verwunderlich, wenn 1750 ein weiterer Versuch unternommen wird, eine Kalkschlotte zu suchen, nämlich die Elisabethschächter Schlotte Das Heiligenborner Revier im Kreis Sangerhausen gehörte im Jahre 1750 zwei Gewerkschaften, den Sangerhäuser Herrn Gewerken, vertreten durch die Sangerhäuser Rats- und Bürgerschaft und den Lein- und Morunger Herrn Gewerken, vertreten durch die Grafen von Eberstein. Die Sangerhäuser Gewerken waren wohlhabend genug, um ihr Revier mit Hilfe von Pumpen zu entwässern. Die Lein- und Morunger Herrn Gewerken waren verarmt. Die Grenze zwischen dem Besitz beider Gewerken bildete ein kleiner, sich schlängelnder Bach, der sogenannte Erb- oder Grenzbach. Auf der Sangerhäuser Seite, der sogenannten „Kleinen Mooskammer“, befand sich eine nicht geringe Zahl von Dolinen gewaltiger Außmaße, die auf Schlotten im Untergrund schließen ließen. Ein altes Bergmannsgesetz besagt, daß man sich auf gut nachbarliche Weise immer helfen soll, wenn keinem der Partner Schaden daraus erwächst. Man bat also die Sangerhäuser, in einer, im Sangerhäuser Revier liegenden Doline einen Schacht abteufen zu können. In einer alten Urkunde von 1757, die einen Riß zur Festlegung der Abgrenzung von Grubenfeldern darstellt, kann man die Entdeckungsgeschichte der Elisabethschächter Schlotte entnehmen: (2) „...Ein Schacht im Sangerhausischen Bergrevier, welcher mit Einwilligung des wohllöblichen Sangerhäuser Bergamtes und der dasigen Herrn Gewerken, ... (unleserlich) eine zu suchenden Kalkschlotte oder einer unterirdischen Öffnung von denen Herrn Eigentümern des Großlein- und Morunger Bergwerkes, den 27. Mai 1750 auf dieser ihre Kosten angefangen und in einem Erdfall 28 Lachter tief saiger abgesunken worden. In solcher Teufe hat man in rolligtem Gebirge ein Ort angesetzt und dem Wog oder die wahre Teufe der Kalkschlotte und der darinnen stehenden Wasser untersuchet, auch bei K den 18. August 1755 in eine große Weitung und auch den Wasserstand geschlagen, welcher unter des Versuchsschachtes Hängebank in Summe 29½ Lachter tief liegt. Weiter hat man unter dem Versuchsschachte J anderweit ein Ort in der wahren Teufe der Kalkschlotte angesetzt und damit nach dem vorliegenden Flöz auffahren wollen, hat aber, weil die Wasser in der Kalkschlotte aufgeschwollen, damit nicht fortkommen können, sondern Hölzer nehmlich in 275/8 Lachter Teufe ansetzen müssen. Es ist auch mit so kurzer Strecke wiewohl mit nicht geringer Beschwerlichkeit und großen Lasten bis unter den Grenzbach 36 Lachter lang und von da noch 77 Lachter bis bei LL : L : vor dem Heiligenborner Flöz, Leinungischen Revier aufgefahren allwo man den 30. Juni 1757 in alten Mann durchgeschlagen und diesen zwar Wasserlosung verschaffet, aber indoch aber wenig frisches Feld erobert und getrocknet worden ...“Dieser Schacht im Sangerhäuser Revier, von dem aus die Leinunger Gewerken zum 1. Mal auf die Kalkschlotte trafen, wurde später als Erdfallschacht bezeichnet. Die alte Urkunde besagt, daß man nach Erreichen und Entdecken der Schlotte eine Bergbaustrecke zum eigentlichen Tagesschacht auf der Leinunger-Morunger Seite zurücktrieb, um das Grubenfeld zu entwässern und anzuschließen. Die Leinunger-Morunger Bergleute nutzten also eine Höhle auf der Sangerhäuser Seite. Um Grenzstreitigkeiten zu vermeiden, die sich durch den schlängelnden Verlauf des Grenzbaches als bestehende Grenze ergaben, wurde ein Grenzrezeß geschaffen. Das muß ein sehr aufwendiges und widersprüchliches Unternehmen gewesen sein, denn es gibt im Verlaufe der folgenden Jahre viele Aufmessungen, viel Streit und Aktenberge voller Beschuldigungen, obwohl der gefaßte Rezeß eigentlich alles gut regelte. (3) „... Weil nun aber durch den vonstatten Kalkschlottenbau, eine dergestaltige Wasserlosung verschaffet worden, daß beiderseitige Herrn Gewerken daselbst nunmehr wirklich bauen und einander exposito zu Felde liegen, gleichwohl aber zwischen beiden hingehende Grenze durch den in vielen Krümmungen mithin sehr ungewiß fortgefundenen Grenzbach bestimmt wird, so haben beiderseitige Herrn Gewerken zur Vermeidung aller daraus zu besorgenden Zwistigkeiten, an den krummen Wegen, so der Grenzbach gehet, salvo jure cujusvis eine willige Markscheide zutage zu bringen und in einigen soweit möglich geraden Linien am 6. und 7. September anni 1758 in Gegenwart beiderseitiger wohllöblicher Bergämter verlochsteinen lassen, wie der von den Herrn Schichtmeister BARTH darüber entworfene und diesem Rezeß beigefügte Riß desmehreren besaget.“Der Rezeß beinhaltet auch die Eigentumsverhältnisse und Nutzungsrechte der Schlotte. All das wird in zehn ausführlichen Punkten zusammengefaßt. Der Punkt 8 beispielsweise gibt wichtige Hinweise über die Setzung der Grenzsteine. (3) „... Diesen zufolge ist die in beigehenden Riße angegebene und wohl tingierte willige Markscheide von G bis No : 1.2.3.4.5. und 6. nachdem sie in denen angegebenen Marken nach ihren Stunden und Lachtern gemessen, vother projektiertermaßen zur Richtlinie angenommen und dergestalt verlochsteinet worden, daß bei einer jeden Krumme, ein zur Stelle geschaffter Stein, worauf die Jahreszahl 1758, und ein Kreuz eingehauen, gesetzet und zur Nachricht der Zukunft mit den gewöhnlichen Zeichen an Glas, Kohlen, Ziegelsteinen und Schlacken versehen worden ist.“Die Verlochsteinung der Grenze erfolgte 1758. Die schriftliche Fassung dieses Rezesses wurde am 20. August 1760 an seine Königliche Durchlaucht zu Sachsen zur Bestätigung eingereicht. Am 23. März 1762 erfolgte die „allergnädigste Bestätigung“. In der Zwischenzeit ging der Bergbau bei beiden Gewerken weiter. Auf Seiten beider Gewerken entstanden neue Schächte, so auf Sangerhäuser Seite der Elisabethschacht und auf Seiten der Lein- und Morunger der dem Elisabethschacht gegenüberliegende Leinunger Tagesschacht - später Kalkschacht genannt. Es kommt dabei nochmals zu einer Einigung zwischen beiden Gewerken, ein gemeinsames Ort zur Schlotte zu treiben. (3) „... Über dieses hätten sie, die Sangerhäuser Gewerken, diesen District in ihrem ersten Pumpenbau im Tiefsten soweit vollführet gehabt, daß sie damals vornötig befunden, sich besser herabwärts oder gegen occident (Osten) mit ihrer Hauptförderung zuzulegen, welches in ihrem sogenannten Elisabethschachte gegen Lochstein No.: 5 geschehen wäre, allwo sie den zweiten Hauptpumpenbau vorgerichtet.Das tat man dann auch gemeinschaftlich, und danach trieben die Leinunger auf eigene Kosten einen Ort nach ihrem gegenüber dem Elisabethschacht gelegenen Kalkschacht und entwässerten diesen. Dadurch konnten beide Gewerken fortbauen. (3) „... Mittlerweile nun, als vorstehend alles geschehen und auch einige Zeit danach hatten die Sangerhäuser Herrn Gewerken ihren schon erwähnten zweiten Pumpenbau mit äußersten Kräften fortgesetzt und soviel sich sicher mutmaßen ließe, müssen damals die Sangerhäuser Gewerken wohl auf hundert Mann, sowohl an Bergleuten, als Haspelknechten und Pumpenknechten dabei in der Arbeit employret gehabt haben. Wobei denn diese Sangerhäuser Gewerken ihren Bau nicht sowohl in das Tiefste unter die Mooskammer als auch gegen Occident (Osten) nach Morungen so sehr erwartet hatten, daß sie endlich - teils aus Mangel der nötigen Wetter, teils aber auch wegen sehr beschwerlicher - lastbar fallender Forderung und endlich auch noch wegen vieler zugehender Tagewasser, welche sie sich aus dem hiesigen Leinungischen Reviere dadurch, daß sie auch hier über die willige Markscheide gegen das höchste in das Leinungische Revier gehauen, selbst zugeleitet hätten, sich genötigt gefunden, sothanen ihren 2. Pumpenbau erliegen zu lassen, worauf sie denn, als sie gesehen, daß es ihnen hier weiter fortzubauen fast unmöglich fallen würde, ihre Pumpen samt allen in ihrem blinden Schachte befindlichen Holzwerk, ingleichen auch alles Holz aus der Hornstädt, neben den mit denen hiesigen Herrn Gewerken in commun getriebenen Ort herausgerissen ...“Dadurch verfiel das von beiden Seiten gemeinschaftliche Schlottenort, das ja durch das Aufgeben des Sangerhäuser Elisabethschachtes nur noch den Leinungern Nutzen gebracht hätte. Das Wasser stieg. Es stand sogar wieder in dem Ort, das zum Leinunger Kalkschacht nahe des Lochsteines Nr. 5 führte. Dadurch bestand die Gefahr, das gesamte Heiligenborner Revier wieder unter Wasser zu setzen. Die Leinunger trieben daraufhin einen Schwarzbau zur Kalkschlotte, der im Prinzip den durch die Sangerhäuser zerstörten ehemaligen Schlottenbau umfuhr. Daraus entstand im Jahre 1767 der nächste Rechtsstreit. Man verdächtigte die Leinunger und Morunger noch Feldesteile abzubauen, die den Sangerhäusern gehörten und nicht vollständig genutzt waren. Die Sangerhäuser erwirkten das Recht, jederzeit den Lein- und Morunger Bergbau zu befahren, um zu kontrollieren, daß in dem heimlich aufgefahrenen Schlottenort wirklich nur Wasser in die Schlotte geleitet wurde und nicht etwa Kupferschiefer abgebaut wurde. Die Lein- und Morunger wiederum verweigerten den Sangerhäusern solche Kontrollbefahrungen und bestätigten damit solche Verdachtsmomente. Weitere Akten mit Streit häufen sich an ... 2. Die weitere Entwicklung um die Elisabethschächter Schlotte 1825 kauften die Mansfelder Gewerkschaften den Bethmannschen Anteil des Sangerhäuser Bergbaus. 1832 kaufte die Mansfelder Gewerkschaft die Sangerhäuser Gewerkschaft auf. Die westliche Stollensohle des Gonnaer Stollens, der gegen 1590 bei Gonna zur Entwässerung tieferer Flözteile begonnen wurde, erreichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Umgebung der Schlotte. Gegen 1825 bis 1835 wurde das Flöz in der Umgebung der Schlotte abgebaut. Die Schlotte selbst wurde durch einen Querschlag und einen Hochbruch vom Gonnaer Stollen aus angefahren. Südlich dieser Hochbrüche war die Schlotte mit Wasser gefüllt. Nur der Nordteil war trocken. Die benachbarten Räume des Hochbruches vom Gonnaer Stollen wurden für den Versatz benutzt, ein Teil dieser Schlottenräume wurde somit verfüllt. Auskunft über diese Periode geben Grubenrisse von ZIERVOGEL 1803 (4) und BRATHUHN 1840. Im Plan von ZIERVOGEL ist die Schlotte nur schematisch in Umrissen wiedergegeben. Im Plan von BRATHUHN dagegen sind Details wiedergegeben, auch der „Wogspiegel“, d.h. die Wasserstandsgrenze ist beschriftet. BRATHUHN nahm auch eine Vermessung der Schlotte vor. In einem Plan von 1839 ist diese Vermessung wiedergegeben (6). Auch hier ist der Wogspiegel eingetragen, ist ersichtlich, daß nur der nördliche Teil kartiert wurde. Der südliche Teil stand noch unter Wasser. NAUWERCK gibt 1860 in seiner Schlottenbeschreibung auch die Beschreibung der Elisabethschächter Schlotte. (7) „Außer dem bisher geschriebenen ist mir nur noch ein befahrbarer Schlottenzug im Älteren Gips, und zwar im Sangerhäuser Revier bekannt. Derselbe liegt südlich vom Elisabethschacht und erstreckt sich über dem Gonnaer Stollen entlang. Ehe er jedoch denselben erreicht, teilt er sich in 2 Arme, von denen sich der eine erst westlich und dann südlich, der andere aber erst östlich und dann auch südlich wendet.NAUWERCK beschreibt noch den Wogspiegel, der den südlichen Teil der Höhle abschloß. Auf der von ihm beigegebenen Karte, die eine Kopie der BRATHUHNSCHEN Karte ist, kann man noch keine Veränderung der Wasserverhältnisse annehmen. NAUWERCK schrieb seine Arbeit 1860. Wann er allerdings die Schlotte wirklich befuhr, wissen wir nicht. Das ist insofern interessant, als daß 1854 die 700 m entfernt liegende Segen-Gottes-Schlotte getroffen und angezapft wurde. STOLBERG sagt in seiner Veröffentlichung 1942: (8) „NAUWERCK hat genaue Beobachtungen bezüglich des Wogs in dieser Schlotte (Elisabethschächter Schlotte) mitgeteilt, die Rückschlüsse auf die Wasserführung der Schlotten im allgemeinen ermöglichen. Im Jahre 1845 betrug die Schüttung durchschnittlich 1,3 m³/min. Mit Anlage des Segen-Gottes-Stollen 1854 wurden die Elisabether Schlottenwasser angezapft, womit die Schüttungen auf durchschnittlich 1,3 m³/min wuchsen.“Die Schwankungen von Jahr zu Jahr veranschaulicht nachstehende Tabelle:
Die Höhle diente in den Jahren zwischen 1850 und 1876, wie auch andere Schlotten, für bestimmte Kreise als Ausflugsort. Zahlreiche Inschriften an den Wänden beweisen das. Mit dem Fallen des Wassers drangen die Besucher weiter in die Südteile vor. Eine intensive Auswertung der Inschriften in Abhängigkeit von ihrer Lage in den südlichen Höhlenteilen könnte Auskunft über das Fallen des Wasserspiegels geben. Die Besucher der Höhle fuhren über den Karolusschacht ein. Von da aus waren es rund 400 m, davon 300 m durch den Gonnaer Stollen, bis zur Schlotte. Eine der letzten Befahrungen dieser Art ist in der Sangerhäuser Zeitung vom Sonnabend, dem 12. August 1876, niedergeschrieben: (9) „11. August. Der hiesige Naturwissenschaftliche Verein hatte zum Ziel seiner diesjährigen Excursion die Gipsschlotten des Karolusschachtes und das freundliche Morungen gewählt. Das Gipsgebirge, welches am Südfuß des ganzen Harzes entlang zieht und an vielen Orten, z. B. bei Gonna, im Questenberger Thal, am schönsten wohl oberhalb des Bauerngrabens zu Tage steht, ist ungemein reich an interessanten Schlotten (Höhlen) Bildungen. Nicht ohne Mühe dringt der Laie in die Tiefe vor, aber die fröhliche Stimmung, in welche die Theilnehmer bald geriethen, half über alle Mühseligkeiten und etwaige Anwandlungen eines ganz leisen Grauens hinweg. Nicht wenig trug zur Belebung der Stimmung das ´Zumachen`, d. h. die Herstellung der ´fahrmäßigen Toilette` bei. Die Tracht der meisten Teilnehmer konnte mit recht für malerisch gelten. Der erste Schritt auf der ersten der 26 Leitern, welche uns den Schacht hinunterführten, lehrte zugleich, wie sehr es gerathen sei, Kleidungsstücke anzulegen, an denen nichts mehr zu verderben ist. Da sich rechts und links vom eigentlichen Fahrschacht durch Holzfachwerk geschiedene Förderschächte mit Wasserbetrieb befinden, so war es nicht zu verwundern, daß von allen Sprossen Wasser tropft, gegen welches mit Rücksicht auf Farbe und Klarheit das Wasser der Gonna als flüssiges Rheingold oder Bergkrystalle erscheinen würde. Auf mäßig geneigter Ebene ging es vom Schachte aus in einem Stollen weiter, der nur an wenigen Stellen Mannshöhe hat und daher starke Anforderungen an die Biegsamkeit des Rückgrates stellt, und so weiter auf mannigfachen Krümmungen und Windungen endlich zwei kurze Leitern hinauf und das Ziel der Fahrt, die Höhlenregion, war glücklich erreicht. Die vom Verein befahrenen Schlotten ziehen sich in vielfachen Verzweigungen auf der Sohle des kupferhaltigen Weißliegenden in der Umgebung des Karolusschachtes hin und heben sich durch die schöne und verschiedenartige Zeichnung des Gesteins hervor; blendend weiße, schimmernde Gipsmassen unterbrechen den schwarzen Grund der angeschwemmten Stinksteinmassen und geben den Höhlenwänden das Aussehen eines Tigerfells, in anderen sind die Flächen mit glitzernden Kristallen besäet, wieder andere bieten mit ihrem bandartigen Geäder das Abbild der schönsten Maserholzplatten dar. Abenteuerlich und romantisch sind die vielgestaltigen Formen dieses ein halbes Tausend Fuß unter der Erdoberfläche liegenden Felsenlabyrinths. Räume von unbeschreiblich wirrer Unregelmäßigkeit wechseln mit Wölbungen, welche fast architektonisch regelmäßige Formen zeigen. Die schönsten Räume wurden mit bengalischen Flammen prächtig erleuchtet, einige Dynamitpatronen, welche man explodieren ließ, sowie ein im Chor gesungenes kräftiges Bergmannslied liefern den Beweis, daß die Schlotten eine herrliche Akkustik haben. Nach einer kurzen Rast unter einer der schönsten Wölbungen wurde der Rückweg angetreten, welcher Dank der umsichtigen und liebenswürdigen Führung, der sich die Gesellschaft zu erfreuen hatte, ebenso wie die Einfahrt ohne jede Störung von statten ging.“Kurze Zeit später mußte der Karolusschacht aufgegeben werden. Beim Abteufen des Schachtes war man durch ein Gebiet mit Schlottenbruch hindurchgefahren. Das Schachtprofil des Karolusschachtes zeigt das deutlich. Der Förderkübel paßte nicht mehr durch den Schachtausbau, der Schacht wurde zusammengedrückt.. 1876 gab man ihn auf und verfüllte ihn. Damals wurde es ruhig um die Schlotte. Der Bergbau entfernte sich aus diesem Gebiet, 1871 bis 1876 wurde der Röhrigschacht bei Wettelrode abgeteuft, der als Hauptförderschacht damit den Karolusschacht ablöste. 1978 stießen die Bergleute DIETZE, KARNSTEDT und KÄSTNER zusammen mit einigen Kameraden in das Gebiet der Elisabethschächter Schlotte vor. Fasziniert standen sie vor einer einmaligen Naturschönheit, fasziniert aber auch von der Begegnung mit dem alten Bergbau. Lachtertafeln, Keilhauenblätter, Öllämpchen, Ölhörner, Tabakspfeifenköpfe ließen den alten Bergbau wieder lebendig werden. Da stand die alte Wasserkunst, mit der die schweren Erzwagen über das Karolusschächter Flache zum Karolusschacht gezogen wurden. Ja selbst alte Holzrohre, die einst das Wasser des Kunstteiches den verschiedenen Wasserkünsten untertage zuführten, waren noch erhalten. Im Rahmen planmäßiger Nachforschungen kam es zu einem Kontakt zwischen der inzwischen gegründeten Gruppe „Sangerhäuser Altbergbau“ und dem Karstmuseum Heimkehle. So wurde eine fünftägige Expedition in diese Schlotte möglich, die vieles Vergessene wieder ans Tageslicht brachte. Vom 7. Mai bis 11. Mai 1979 verschwanden die Höhlenforscher FRITZ, MARR, MUCKE, PFEIFER, SCHMIDT und VÖLKER fünf Tage unter die Erde, schlugen ihr Lager in der Höhle auf und untersuchten, vermaßen und kartierten die Höhle. ARNDT, DIETZE, KARNSTEDT und KÄSTNER sammelten in der Zeit viele Informationen über den Gonnaer und den Segen-Gottes-Stollen, indem die diese Strecken befuhren und eine fotografische Dokumentation anfertigten. Diese Expedition brachte einmaliges Material über den alten Bergbau und die Elisabethschächter Schlotte im wahrsten Sinne des Wortes ans Tageslicht. Im Expeditionstagebuch kann man über diese Expedition nachlesen: (10) „... Wir waren selbst beeindruckt von der Fülle der mitzuführenden Ausrüstungsgegenstände. Zwar hatten wir lange aufgeschlüsselt und beraten, aber es war im Endeffekt immer noch zuviel, was da nach unten sollte. Also nochmals großes Umstapeln und Auswählen. Ein Blick auf das ´Trägerpersonal` verriet uns dann, daß wir es wagen konnten. Die Draußenbleibenden belächelten uns uns mitleidig und schüttelten sich bei dem Gedanken, da unten in der Finsternis mehrere Tage zu verbringen. Mit Wathosen ausstaffiert, den schweren Sack auf dem Rücken, fuhren wir in den Schacht ein und machten uns auf den ausgedehnten Weg. Der Weg ging eine Stunde durch die Wasser des Segen-Gottes-Stollen und Gonnaer Stollens. Es war nicht gerade einfach, und glücklicherweise war das meiste Gepäck nochmals in wasserdichte Folien eingepackt, denn es kam schon vor, daß man mal strauchelte. Dieter Mucke erwischte es besonders stark. Plötzlich riß ein Träger seines Sackes ab, und er verlor das Gleichgewicht. Schön ist ein solches Vollbad nicht. Am beschwerlichsten war das letzte Stück des Gonnaer Stollens. Hier ist der Stollen sehr niedrig, und auf der Sohle ist ein wahrer Hürdenlauf eingebaut. Das sind Querbalken, die etwa 1,2 m auseinanderstehen. Es sind die Schwellen der alten Grubenförderung. Mit dem schweren Sack auf dem Rücken hieß es von Balken zu Balken turnen. Für diesen Abschnitt benötigten wir allein eine volle Stunde. Das Stück war nur 300 m lang, aber es reichte vollkommen. Da wir uns überall an Kupferschieferplatten festhielten, sahen wir nach dieser Strecke aus, als seien wir durch einen Schornstein geklettert. Allenthalben sickerte oder floß zusitzendes Wasser aus dem Zechsteinkalk in die Strecke. Mit dem Kupferschiefer ergab das eine schöne Mischung von schwarzer Schminkfarbe. Auch in den Wathosen war es schön naß, aber das war der Schweiß, der in dieser Strecke in Strömen floß. Durch einen kleinen Hochbruch kamen wir in der Schlotte an. Bis 15 Uhr schleppten wir unser Gepäck zu unserem Lagerplatz. Nach Überwindung dieser Strecke war auch dem letzten Skeptiker unter den begleitenden Kumpeln klar, daß es für unser Vorhaben keinen anderen Weg geben konnte, als tatsächlich ein Lager aufzuschlagen und hier mehrere Tage zu bleiben. In einem großen Raum, geschmückt mit herrlichen Alabasterkugeln, schlugen wir unser Lager auf. Man konnte mit Recht behaupten, daß wohl niemand von uns in seinem häuslichen Schlafzimmer nur annähernd eine solche schöne Tapete an den Wänden aufweisen kann. Ein Telefon verband uns mit der Außenwelt. Wir hatten dadurch alle 4 Stunden mitzuteilen, daß wir noch voll am Leben waren und nicht von Angst und Schrecken gepeinigt, wieder an das Tageslicht zurückkehren wollten. Charli richtete seine Küche ein und bemusterte die reichlichen Vorräte. Der Speiseplan war klar. Reis mit Brühe, Reis mit Jagdwurst, Reis mit . . . Die Gerichte erhielten den schlichten Namen ´Schlottenreis`. Charli war ein guter Koch und Butler. Morgens wurde man durch das Summen des Kochers geweckt, auf dem der morgendliche Tee siedete. Am Abend lagen alle erschöpft auf ihrem Lager, Charli brutzelte in seiner Küche, und wir waren immer wieder erstaunt, was er alles zubereiten konnte. Wir ernannten ihn zum obersten Schlottenkoch, und diesen Posten wird er wohl zu allen ähnlichen Gelegenheiten nicht mehr los. Äste und Blätter, sogar ein Pflasterstein, ständig nachdrückende Sedimente und Feuchtigkeit sind in den obersten und fast nicht mehr zugänglichen Höhlenteilen ein deutlicher Beweis der Bindung an Dolinen, die in der Mooskammer in großer Menge auftreten. Worte können die Vielzahl und die Schönheit der Karsterscheinungen in der Elisabethschächter Schlotte kaum wiedergeben. Es fällt uns deshalb schwer, daß wir diese liebgewonnene Höhle am Freitag wieder verlassen müssen. Und bei allem dichterischen Überschwang sei noch bemerkt, daß streng wissenschaftlich gerade diese Schlotte eine Menge Erkenntniszuwachs für die Zechsteingeologie und für die Speläologie gebracht hat. In unserem nächtlichen Abschiedsgespräch müssen wir doch alle eindeutig zugeben, daß wir unsere ganze Kraft dafür geben wollen, daß diese Schlotte für die Menschheit der Vergessenheit nicht wieder anheim fallen darf. Man kann sie mit keiner Heimkehle und keiner Barbarossahöhle vergleichen, sie ist in ihrer Erscheinung vollständig selbstständig und ergänzt das Bild der uns zugänglichen Höhlen. Wir alle haben schon viele Höhlen im Inland und Ausland gesehen. Darunter so riesige Höhlen wie die größte Gipshöhle der Welt, die Optimistitscheskaja in der Ukraine oder so berühmte und bezaubernde Höhlen wie die Domica, Dobschina oder Baradlahöhle. Auch die Höhlen des Demänovatales wären zu nennen. Zwar nicht von der Größe, aber von der Erscheinung her, braucht sich unsere Schlotte nicht zu verstecken. Und wir glauben, daß viele international bekannte Höhlenspezialisten schon mal was dafür geben würden, um eine solche Gipshöhle sehen zu dürfen.In den Jahren 1980 - 82 wurde von C. und R. VÖLKER intensives Quellenstudium durchgeführt, um die Entdeckungsgeschichte der Elisabethschächter Schlotte ans Tageslicht zu bringen. Der hier vorliegende Bericht ist das Ergebnis von dreijährigen Ermittlungsarbeiten. 1981 drehte das Fernsehen der DDR mit Unterstützung des Arbeitskreises Höhlen- und Karstforschung beim Kulturbund der DDR, dem Karstmuseum Heimkehle und der Arbeitsgruppe Sangerhäuser Altbergbau beim Kulturbund der DDR einen Fernsehfilm über den Altbergbau und die Elisabethschächter Schlotte. Die Errichtung eines Bergbaumuseums in Wettelrode und die Erschließung der Schlotte für den Tourismus sind im Gespräch. So gelang es, längst Vergessenes wieder ans Tageslicht zu bringen. Zur Speläologie der Höhle Die Höhle gehört zur Kategorie der mittelgroßen Höhlen. Die gestreckte Länge beträgt etwa 250 m, die Gesamtlänge etwa 400 m. Die höchsten Räume weisen Höhen von 12 - 15 m auf. Angelegt ist die Höhle auf der Grenze zwischen Zechsteinkalk und Werraanhydrit. Die Höhle gehört nach FULDA zum „Wimmelburger Typ“ (11). Der breite Zechsteinausstrich im Morunger Auslaugungstal führt das Wasser auf dem stark Klüften Zechsteinkalk im Fallen dieser Schicht abwärts. Zu einem großen Teil dringen die Tageswässer auf Störungen in die Tiefe. Auf diesen Störungen bilden sich oft Dolinen aus. Das Grenzbachtal bedeckt mit seinen wassergefüllten Sedimenten den Bereich der starken Störungen der oberflächennahen Lagerung von Zechsteinkalk und Stinkschiefer. Das Wasser vereinigt sich zu einem flächenhaften Strom. Durch den alten Bergbau ist der Zechsteinkalk oft angefahren worden, die Stollenstrecke stehen meist in ihm. Allenthalben kann man die starke Wasserführung erkennen. Überall treten kleine Bäche aus dem Zechsteinkalk aus, oft verbunden mit auffällig schönen Veruntreuungen. An der Grenzfläche Zechsteinkalk - Werraanhydrit kam es zur Verkarstung. Der Kontaktbereich ist großflächig angelangt, wie man an vielen Aufschlüssen im Grubengebäude ersehen kann. Der unterste Bereich des Werraanhydrits, der unmittelbar von der Verkarstung betroffene, liegt nur noch als unlöslicher Laugrückstand vor. Diese „Gipsachsen“, wie sie die Alten im trockenen Zustand nannten, verwandelten sich bei erneutem Wasserzutritt in die so gefürchteten Schlottenschlamm. Diesen Bereich des Werraanhydrits, Zone alpha genannt, kann man also in dem verkarsteten Gebirge nirgends als Gips oder Anhydrit anstehend finden. Die untersten Bereiche der Höhle stehen deshalb in der Zone beta. Durch die bergmännische Entwässerung des Gebirges ist die Höhle heute inaktiv geworden. Sie gehört nach der Klassifikation zum bedeckten, tiefen Karst. Die genauen Vermessungsarbeiten ergaben, daß die gesamte Höhle unter einer Buntsandsteindecke liegt, die das durch Auslaugung stark dezimierte Zechsteingebiet schützt. Zwei große, teilweise wassergefüllte Dolinen, haben einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Höhle. Ihrer Lage nach lassen sich eindeutige Schlammkegel und nasse Stellen in der Höhle zuordnen. Von der höchsten Stelle der Höhle bis zum Wasserspiegel der nordwestlichen Doline ergab sich ein Höhenunterschied von nur 44 m! Da die Höhle an den Kontakt Zechsteinkalk - Werraanhydrit gebunden ist, fällt sie mit den Schichten nach Süden ein. Deshalb gelangt der südlichste Zipfel der Höhle unter 115 m Bedeckung. In der Höhle selbst macht sich das Einfallen durch einen Höhenunterschied von 47 m bemerkbar. Die Höhle erstreckt sich bei NN Höhen von 174 - 221 m. Die örtliche Vorflut, der Grenzbach liegt bei 266 m NN. Die Höhle liegt also zwischen 45 m und 92 m unter der örtlichen Vorflut. Ob ihr derzeit südliches Ende das wahre Ende der Höhle darstellt, ist fraglich. Suffusionstrichter in den Sedimenten des südlichsten Höhlenastes zeigen an, daß das Wasser dich hier weitere Wege suchte. Beeindruckend sind die besonders im südlichen Teil ausgeprägten Kondenswasserkuppeln. Auf ihre Entstehung soll hier nicht näher eingegangen werden. Veröffentlichungen dazu sind in (12) und (13) zu finden. Die größte Kuppel bildet der „Große Dom“ mit etwa 12 m Höhe und 15 m Durchmesser. Alte Wasserstandsmarken in Form von schrägen Wandflächen umlaufen die gesamte Kuppelbildung. Besonders interessant ist die Tatsache, daß man allenthalben verschiedene Wasserstandsmarken in den Kuppeln erkennen kann. Sie bestätigen einen Teil der Kondenswasserkuppeltheorie, daß Luftpolster zwischen Wasserspiegel und Höhlendecke eingeschlossen waren und die an Wasserdampf völlig übersättigte Luft hier kuppelförmige Korrosionen vollbrachte. Durch die südlichen Bereiche der Höhle ziehen sich feine Spülsäume der Wasserstände. Es dürften die jüngsten Wasserstände aus der Zeit der Nutzung der Höhle durch den Bergbau sein. Ganz anders als der südliche Teil zeigt der nördliche Teil der Höhle seine Verbindung mit der Oberfläche. Die Räume zeigen den Querschnitt von korrosiv erweiterten Klüften. Im nördlichen Teil der Höhle steht ein Naturschacht, glockenartig nach oben erweitert, mit Schlamm und Stinkschieferbrocken teilweise versetzt. Baumstämme, Zweige, verweste Blätter weisen auf die nahe Oberfläche hin. Aus einer diesem Teil benachbarten Kluft sickert ständig Wasser ein und macht die Sedimente zu einem Schlammpfuhl. Der Zusammenhang mit einer wassergefüllten Doline ist meßtechnisch nachgewiesen. Der größte Hohlraum, der „Chaosdom“, weist intensiven Verbruch auf. Auch der „Chaosdom“ zeigt meßtechnisch eine Verbindung mit einer wassergefüllten Doline. Es gibt zwei Stellen, an denen ständig Wasser in die Höhle sickert. Dieser Raum wurde übrigens bei der Entdeckung der Höhle durch den Querschlag vom Erdfallschacht aus angefahren. Die Stelle ist heute verbrochen, es ziehen sich hier wahrscheinlich weitere Hohlräume hin. Im nördlichen Teil der Höhle nehmen die Störungen nach Norden zu.
An dieser Stelle sollen keine Ausführungen zur Entstehung dieser kugel- bis linsenartigen Alabasterkörper gemacht werden. Sie geben der Elisabethschächter Schlotte jedoch ein markantes Bild. Die Oberfläche der Kugeln ist oft korrosiv entstandene Näpfchen angefressen. Die Kugeln können aus Anhydrit oder aus Gips bestehen.
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Die Elisabethschächter Schlotte ist heute im Rahmen einer Spezialführung wieder zugänglich.