Von diesem vergriffen geglaubten Heft zur Südharzer Regionalgeschichte sind Restbestände wieder aufgetaucht und können über den Förderverein Deutsches Gipsmuseum und Karstwanderweg e.V. erworben werden [webmaster@karstwanderweg.de ]


Schauhöhlen - Höhlenführer - Touristen

- von Christel und Reinhard Völker -


Inhalt

Schauhöhlen

Höhlenforscher kriechen in jede Spalte und in jedes Loch wenn nur der Kopf hindurchpaßt. Sie haben keine Angst vor Dunkelheil, Kälte und Nässe, tiefen Abgründen Schluchten und Schächte werden mit Leitern und Seilen überwunden, Bäche durchwatet oder durchschwommen, Flüsse und Seen mit Booten durchfahren, Siphons durchtaucht . . .
Der Laie hört oder liest faszinierende, spannende Schilderungen, schaut ungläubig auf fast unwirkliche Bilder und kann es kaum fassen, was da die Natur im Reich des Unterirdischen an Farbe und Form hervorbringen kann.
So wurden und werden ständig Höhlen erforscht, neue entdeckt, vermessen, fotografiert und in verschiedensten Publikationen vorgestellt.
Der Eingang zur Hermannshöhle
Von den tausenden von Höhlen auf der Erde wurden einige so hergerichtet, daß der normale Tourist ohne Angst und Gefahr hindurchgehen kann. Vor 200 bis 300 Jahren war ein Besuch einer Schauhöhle noch ein wirkliches Abenteuer. Mit steigender Zivilisation und wachsendem Wohlstand wurden die Ansprüche der Touristen immer größer. Ein Abenteuer ist der Besuch einer Schauhöhle heute nur noch im seltensten Fall. Um weiter als Besuchermagnet wirksam zu sein, mußten die Schauhöhlenverwaltungen all diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Heute reichen Fackeln und schlechte Kleidung für eine Höhlenbefahrung nicht mehr aus. Von der Zubringerstraße über Gaststätte, Empfangsgebäude, Informationsmöglichkeiten und bequemer Wanderung durch das unterirdische Reich bis zum vorbereiteten Andenken möchte heute alles da sein. Auch kommen heute die Touristen mit großen Erwartungshaltungen, sind meist gut gebildet und lassen sich nicht mehr mit kleinen Gespenstergeschichten abspeisen.
Das Schauhöhlengewerbe hat einen großen Wandel erfahren. Von den rund 700 Höhlen unseres Landes sind sechs und eine halbe für Besucher zum Teil zugänglich. Das sind:

Baumannshöhle bei Rübeland
Hermannshöhle bei Rübeland
Heimkehle bei Uftrungen
Barbarossahöhle bei Rottleben
Drachenhöhle bei Syrau
Altensteiner Höhle bei Schweina
Die "halbe" Höhle ist die Marienglashöhle bei Friedrichroda. Eigentlich handelt es sich bei diesem Objekt um ein altes Bergwerk. Die Bergleute fanden bei ihren Arbeiten aber eine kleine kristallerfüllte Höhle. welche die eigentliche Attraktion des Objektes ist, wenn auch die kleinste Räumlichkeit, die bei der Besichtigung durchschritten wird.
In diesem Heft sollen am Beispiel der im Harz gelegenen Schauhöhlen Baumannshöhle, Hermannshöhle und Heimkehle und der am Kyffhäuser gelegenen Barbarossahöhle einige Probleme des Schauhöhlenwesens angerissen werden.

Der Leser findet Schilderungen früherer und heutiger Höhlenbesucher und kann dadurch den Wandel in Auffassung und Ablauf erkennen. Er bekommt die rasante Entwicklung der Besucherzahlen vorgestellt und sieht, daß damit in der Organisation von Höhlenführungen Probleme auftauchen, die vor den Kulissen nie sichtbar werden.
Den Schauhöhlen unseres Landes stehen auch Schaubergwerke gegenüber. Das sind zwar künstliche unterirdische Räume, die aber einen interessanten Einblick in die Gesteinswelt geben, die Entwicklung des Bergbaus dokumentieren, und da es sich meistens um sehr alte Bergwerke handelt, auch noch manches Museale beherbergen.
Schaubergwerke, die dem Touristen zugänglich sind, kann man an folgenden Orten besichtigen:

Silberstollen bei Geising
Schaustollen am Pochwerk bei Altenberg
Rabensteiner Felsendome bei Chemnitz
Feengrotten bei Saalfeld
Tiefer Molchner Stollen bei Pobershau
Herkules-Frisch-Glück bei Waschleithe
Schaubergwerk Glöckl bei Johanngeorgenstadt
Märchen- und Sandsteinhöhle bei Walldorf
Rabensteiner Steinkohlenstollen bei Ilfeld
Schaubergwerk Büchenberg bei Elbingerode

Eingang der Baumannshöhle, MERIAN 1654

Es gibt darüber hinaus noch Objekte, die zur Zeit als Schaubergwerke vorbereitet werden und auch welche, die nach kurzer Blütezeit ihren Betrieb wieder eingestellt haben. Die Problematik mit dem Besucherverkehr ist bei den Schaubergwerken ähnlich der Problematik der Schauhöhlen, wobei es schon eine Reihe wichtiger Unterschiede gibt. Nur sollen im Rahmen dieses Heftes ausschließlich Probleme und Fakten der touristisch zugänglichen Naturhöhlen vorgestellt werden.
Auf der ganzen Erde gibt es einige tausend Schauhöhlen. Der Komfort ist unterschiedlich, einige touristisch erschlossene Höhlen sind noch wahre Abenteuerbefahrungen. In einigen Höhlen kann man mit der Eisenbahn hindurchfahren, einige laden zu einer langgestreckten Bootsfahrt ein. Es gibt sogar künstliche Höhlen aus Pappmaché und Farbe, die verblüffend echt auf kleinstem Raum alles vorgaukeln, was in einer einzigen Höhle alles garnicht nebeneinander vorkommen könnte.
Die Arbeit des Höhlenführers ist nicht einfach. Er hat ständig mit anderen Menschen zu tun, muß immer freundlich sein, kann auch nicht alles wissen, ihm wird nicht alles geglaubt. Oft gibt es Touristen, die doch alles besser wissen. . .
Am Abend, wenn der letzte Tourist gegangen ist, wenn die Lichter verlöschen, kehrt wieder Ruhe in das unterirdische Reich ein. Da huschen Fledermäuse, fallen Wassertropfen und nagt der Zahn der Verkarstung und Verwitterung am Gestein und wird erst dann ruhen, wenn das letzte Quentchen Gestein aufgelöst und vom Wasser fortgeführt wurde.


Höhlentourismus früherer Jahrhunderte in der Baumannshöhle

Seit 1649 stand die Baumannshöhle bei Rübeland in dem Ruf, eine Einmaligkeit ihrer Art in der Welt zu sein.
Für den mutigen Harztouristen mit Naturinteresse standen Brockengipfel und Baumannshöhle auf dem Besucherprogramm. Natürlich ging das recht abenteuerlich zu, und ein Tourist der heutigen Zeit wäre entsetzt gewesen über die Umstände eines damaligen Höhlenbesuches.
Valtin Wagner führte gegen ein Trinkgeld mutige Harzreisende in den Berg, so auch im Jahre 1656 den halleschen Superintendenten Olearius.

(1) "Nachdem wir am 18. Juli 1656 die Eisenhammer zum Neuen Werke und Rübelande besehen, sind wir nach Anweisung unseres Führers Valtin Wagner den Berg hinauf, welcher nahe am Rübelande gelegen und oben ganz bloß und ohne einigen Baum gefunden worden, zu der Baumannshöhle gestiegen, für deren Eingang, welcher fast oben am Berge war, ein ziemlicher Schwibbogen in Form einer Kapellen sich präsentiert, und daselbst haben wir die Bergkappen angezogen, unsere Kleidungsteile darinnen liegen lassen, die Fackel und Lichter angezündet und einer nach dem andern auf den Knien eine ziemliche Länge zwei enge Kluften hindurch kriechen müssen, worauf wir in die erste Höhle eingetreten und selbige von ziemlicher Höhe und Weite, so daß kleine Bauernhäuser garwohl darin stehen können, befunden, den Tropfstein durchgehende bei großen Haufen, als die Unterteils von gewölbten Schwibbogen auf dem Boden gestanden, auch oben am Gewölbe wie Eiszapfen gehangen, in gleichen viele Nebenhöhlen gesehen worden. Weil wir aber unseren Führer nachfolgen müssen . . ."

Es folgen umständliche Beschreibungen der seltsamen Bildungen der Natur und Hinweise auf die Gefährlichkeit des gesamten Unternehmens. Auch galt es durchaus als gute Sitte, einige der Naturgebilde als Souvenirs herauszubrechen und mit in die heimische Studierstube zu nehmen. Von besonderem Interesse waren da die seltsamen Knochen, die man dem legendären Einhorn zuschrieb und die wundertätigste Heilwirkung ausüben konnten.


Inneres der Baumannshöhle, MERIAN 1654

Auch Herr Superintendent hätte gern ein paar der Knochen mitgenommen:(1) ". . . Was sonsten von dem Einhorn, welche allhier gefunden worden, ausgesprenget wird, hat unserer Führer uns dessen überflüssig hin und wieder in Felsen steckend gezeigt, weil aber der Felsen hart, und ohne eiserne Picken, deren wir keine bey uns hatten, nicht los zu machen vermochten, haben wir müssen bleiben und mit einem gar wenigen nur zur Probe und Beweistum diesmal begnügen lassen . . ."

Nach dem Tode des Höhlenführers Wagner kümmert sich keiner um die Höhle. Man kroch wild darin herum und verunstaltete die Höhle.
Herzog Rudolf August von Blankenburg besuchte 1668 die Höhle und bemerkte diese Beschädigungen:

(6) ". . . Nun war kurz vorher der alte Führer Valtin Wagner gestorben, und um die Ernennung eines neuen hatte sich bisher niemand gekümmert. Das hatten einige freche Burschen benutzt, um . . . in die Höhle einzudringen und eine dort gezeigte Tropfsteinfigur, die sogenannte Himmelfahrt Christi, zu verstümmeln. Als der Herzog dies bei seinem Besuche in der Höhle bemerkte, geriet er in heftige Erregung und griff sofort persönlich ein. Er befahl daß dem Schwiegersohn des verstorbenen Führers, Hans Becker, der ihn begleitet hatte, sogleich ein Privilegium ausgestellt werden sollte, wonach dieser allein das Recht zur Führung in der Höhle habe, dafür aber auch mit aller Sorgfalt für die Ordnung und Schönheit in der Höhle sorgen und jeden, der sich unangemeldet darin aufhielte, zur Bestrafung anzeigen sollte . . ."

Die Höhle wurde mit einem fest verschließbaren Tor versehen, die Engstellen im Eingangsbereich wurden erweitert, an schwierigen Stellen wurden Treppen eingehauen, Leitern aufgestellt und Abgründe mit hölzernen Brücken gesichert. Nach und nach wurden durch neue Entdeckungen weitere Hohlräume bekannt, die auch geführt wurden, wenn auch unter großen Abenteuern.
Der Höhlenführer hatte sich darum zu kümmern, daß Interessenten unter seiner Leitung die Höhle besuchten. Er staffierte sie mit alten Kleidungsstücken aus, stellte Kerzen und Fackeln zur Verfügung, bot nach der Führung eine Waschgelegenheit und nahm mit artig vorgetragenen Sprüchen seinen Obolus entgegen. Hans-Jürgen Becker eröffnete 1668 eine Höhlenführerdynastie, die in Rübeland über 200 Jahre Bestand haben sollte.
Auch ausländische Besucher weilten in der Baumannshöhle und lobten deren Schönheit und merkwürdige Erscheinungsformen. Unter ihnen auch VALVASOR, der später berühmte Erforscher der Adelsberger Grotten (Postojnska jama), einer Höhle, die nach ihrer Erforschung und Erschließung eine der bedeutendsten Schauhöhlen der Welt wurde. Nach ersten Forschungen in jener Adelsberger Grotte verglich er diese mit der Baumannshöhle und schrieb 1689 darüber:

(2) ". . . Ich zwar habe diese Baumannshöhle vor zwanzig Jahren, da ich selber drinn gewest, auch gesehn; aber in diesem vierten Teile meines Vaterlandes viel verwunderlichere gefunden, als unter anderen, zu Lueg und Adelsberg. Vor fünf Jahren ließ ich einen Engländer und zwei Holländer neben anderen unseres Landes Denkwürdigkeiten (gemeint ist das heutige Jugoslawien) auch diese Grotten sehen, leistete ihnen auch selber einen Gefährten. Dieselben konnten des Verwunderns nicht satt werden über die Grotte zu Adelsberg und noch weniger über die zu Lueg. Sie hatten die obbeschriebene Baumannshöhle im Braunschweigischen auch gesehen, gleich wie auch sonst in unterschiedlichen Ländern viel andere wunderbare Speluncken; (denn es waren alle drei gar curiöse und schaugierige Peregrinanten) und versicherten, daß ihnen zwar niemals eine Höhle zu Augen gekommen, welche über die Baumannshöhle wäre, diese zwei aber gingen weit darüber; ja die Baumannshöhle könnte gegen diese beiden Crainerinnen gar in keine Vergleichung treten. In welcher Meinung ich mit ihnen ganz einig . . ."


In der "Schlucht" der Hermannshöhle

Nach der Erwähnung einiger Vorzüge der im Jugoslawischen Karst gelegenen Höhlen gibt VALASOR aber auch der Baumannshöhle eine versöhnliche Bewunderung:

(2) ". . . Nichts destoweniger ist doch auch überaus und fast unglaublich wundersam die Grotta (gemeint ist die Baumannshöhle)."

GEORG HENNIG BEHRENS gab 1703 eine treffende Schilderung einer Höhlenbefahrung der Baumannshöhle:

(3) ". . . wenn nun einige curieuse Personen vorhanden, die selbige zu sehen verlangen, müssen sie sich, damit sie keine vergebenes Werk anfangen, vorher und vor allen Dingen um einen Führer umsehen, welcher ein Mann ist, so gemeiniglich zu gedachten Rübelande wohnt, und von der hohen Obrigkeit über die Höhle bestellet, auch mit solcher Verrichtung privilegieret worden; haben sie nun daselbst nach demselben gefraget, und ihn angetroffen, können sie demselben ihr Verlangen entdecken, so wird er alsdann leichtlich ihnen seines Interesses wegen willfahren, und sie um ein leidliches Trinkgeld in die Höhle führen; zu dem Ende der alsobald Berg- oder andere geringe Kleider verschaffet, welche die Compagnie anziehen muß, wenn sie anders nicht im Durchkriechen der Höhlen ihre Kleider mit Staub und Kot abscheulich besudeln Und verderben auch wohl gar zu ihrem Schaden noch Spott haben wollen; wovon ich ein Exempel an einem filzigen und geizigen Menschen gesehen, welcher zu menagieren gedachte, und deswegen seine Kleider anbehielt, in Meinung: daß er als denn nicht so viel zum Trinkgelde vor den Führer, welches demselben vorher einige aus Kurzweile weisgemacht, geben dürfte, und half es nicht, daß demselben von dem Führer vorher gesagt wurde, wie er dieselben häßlich zurichten würde, welches auch erfolgte, in dem er grausam besudelt aus der Höhle kam, worüber denselben die Compagnie heftig auslachte, und nicht wenig versicherte, sonderlich da er eben so viel als andere zum Trinkgeld nach Ausspruch des Führers, mit dem einige aus der Compagnie solches vorher abgeredet, unter dem Vorwand, daß solches also bräuchlich sei, erlegen mußte, um ihm seine Entschuldigung nicht zu statten kam: daß er nämlich seine Kleider anbehalten hätte. Unterdessen, als die Compagnie mit dem Aus- und Anziehen beschäftigt ist, versieht sich der Führer nicht allein mit Lichtern und Fackeln, sondern auch mit einem guten Feuerzeuge, welche in Sonderheit mit trockenem Zunder wohl versehen ist; massen derselbe ohne dem in der Höhle nicht gerne fänget, weilen er daselbst von den darinnen enthaltenen feuchten Dünsten noch feuchter wird, und also destoweniger die aus dem Stahl geschlagenen Funken annimmt.
Es wird aber das Feuerzeug von dem Führer deswegen in Vorrat mitgenommen, daß er sich desselben bedienen könne, wenn die Lichter und Fackeln nicht brennen wollen, sondern auslöschen, welches denn öfters zu geschehen pflegt, und von denen meisten den Bosheiten und Tücken derer sich in der Höhle aufhaltenden Erdgeister oder Gespenster zugeschrieben wird, das auch zu Zeiten wohl von ihnen geschehen kann, weilen nicht zu leugnen ist, daß der Teufel nicht allein über sondern auch unter der Erde, und zwar in den einsamen Höhlen am meisten sich aufhalte, und daselbst sein Spiel habe, wie sich denn zu Zeiten solche Spectra in der Baumannshöhle in einer langen weißen Frauen oder anderen Gestalt denen Curiosis präsentiert, und sonderlich aus denen Nebenhöhlen, darinnen es etlicher Aussage nach nicht richtig sein soll, heraus geguckt haben und erzählt Herr Licentiat Christoph Helvig, Phisikus zu Tännstedt in seinen Berghistorien pag, 44, daß solches einigen von der Gesellschaft so mit ihm die Baumannshöhle besehen, in der oberen Höhle wiederfahren sei, als sie sich in die mittlere Höhle nicht mit wagen wollen, sondern daselbst, bis zur Wiederkunft derjenigen, die in solche mittlere Höhle gefahren, verblieben waren: welches denn keine unmögliche Sache ist, wenn sie nicht aus Furcht sich dergleichen Gespenst eingebildet haben. Ob nun schon also vorgemeldete Auslöschung der Lichter und Fackeln von den Gespenstern geschehen kann, so halte doch davon, daß dieselbe mehrenteils von den Dünsten und Ausdämpfungen herrührte . . ."


Titelseite von LESSERS "Anmerkungen von der Baumannshöhle . . ." aus dem Jahre 1745

BEHRENS versuchte sich in physikalischen Deutungen des Lichtverlöschens. An Erdgeister und Gespenster wollte er nicht mehr so recht glauben. Die Reisegesellschaft war schließlich umgezogen, sie lachten über ihre wundersame Verkleidung, besonders über ein "beherztes und curioses Frauenzimmer", welches ebenfalls in ungewöhnlicher Kleidung den Gang in die Unterwelt wagte.
In vielen Details schilderte er das Höhlenerlebnis aus seiner Sicht.
Der Höhlenführer hatte während einer solchen unterirdischen Reise eine ziemliche Verantwortung. Viele ängstliche Gemüter wurden schnell schwach und nicht immer halfen Vorzeigen und gutes Zureden. Es wurden allerhand Anforderungen an Sportlichkeit und Mut gestellt. War die Gesellschaft glücklich ans Tageslicht zurückgekehrt, galt es die Kleidung zu säubern, neue Beleuchtung zu schaffen und auf neue Kunden zu warten. Zu Reichtum werden die Höhlenführer wohl kaum gekommen sein.

REINBOTH fand handschriftlich eine gereimte Ansprache eines unbekannten Rübeländer Höhlenführers, der artig, aber unmißverständlich, um ein Trinkgeld bat:

(4) ". . . Meine Herren ich führe Sie aus und ein
Ganz sicher ohne Gefahr
Er sei groß oder klein
auch jung an Jahren
von weit entferntem Land
er sei reich, arm oder schlecht
ob er gleich wird geführet recht,
von meines gnädigsten Befehl
ich sage es ihnen ohne Hehl
man pflegt auch wohl zu dursten
alwo denwohl ein Gläßchen Wein
von den Herrn Passagiers wohl zu bekommen sein,
wo aber dies gebricht
da ist der Apetit auf gut Bier gericht
will einer oder der andere mir zum Andenken was geben, so habe ich diesen Gebrauch ihm alles zu erzählen
Glück auf - Glück auf! . . ."

ROSENMÜLLERS Zeichnung eines Höhlenbärenschädels, 1805

Wer denn alle Gefahren und Entbehrungen auf sich nahm, konnte mit Stolz seine Erlebnisse berichten. Meist hatte er auch noch einen Stein oder Knochen aus der Höhle mitgebracht, als klaren Beweis, wirklich dort gewesen zu sein. Der Name wurde mit Fackelruß an die Höhlenwand verewigt oder gar mit spitzem Gegenstand eingekratzt. Der Herzog Ludwig Rudolf erließ schließlich eine Verordnung.

(6) " . . . daß die damals immer noch herschende Unsitte des Anmalens und Einkratzen der Namen abgeschafft und jeder Besucher aufgefordert wurde, seinen Namen mit einer gewissen Devise, oder wer die Geschicklichkeit dazu besitzt, mit einer auf diese Höhle verfertigenden Poesie in ein besonders hierzu gewidmetes Buch eintragen sollte . . ."

ROHR fand das vom Herzog gewünschte Poesiebuch bereits vor und berichtete 1748 darüber:

(7) ". . . Ist man mit der Besichtigung dieser Höhle zu Ende kommen, und hat seine Curiosität sattsam gebüßet, so gibt man seinen Führer eine Diskretion und zeichnet alsdann nach einer von ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht, dem ohnlängst verstorbenen Herzog Ludwig Rudolf zu Blankenburg gemachten Verordnung, seinen Namen mit einer gewissen Devise, oder wer die Geschicklichkeit hierzu besitzt, mit einer auf diese Höhle verfertigten Poesie in ein besonders hierzu gewidmetes eingebundenes Buch . . . "

BREDELOW beschreibt 1846 einen Besuch der Baumannshöhle. Die Besichtigung war schon bedeutend einfacher geworden. Effekte wurden mit Feuerwerkskörpern erzeugt, der Glaube an Gespenster und Erdgeister war gewichen, also mußte man etwas nachhelfen.

(5) ". . . Felsenstiicke hängen herab, Untergang drohend dem Haupte dessen, der vorwitzig in die Geheimnisse der Unterwelt dringen will. Dennoch ist nicht die geringste Gefahr, die Höhle zu befahren, wofern man dem Führer genau folgt, sich nicht von ihm entfernt und nicht erhitzt hinabsteigt . . .
. . . Aber das Interessanteste der Höhlen sind durchaus nicht etwa diese phantastischen Gebilde selbst, sondern die ewig fortdauernde Bildhauerarbeit der Natur, die kühnen Wölbungen, die gigantische Bogenspannung, diese schwebenden Felskollosse in Verbindung mit jenen Stalaktiten, die als riesige Träger und Pfeiler uns entgegenstarren; es überfällt uns ein eigener Schauer in dem unterirdischen Dome, den die Natur sich selbst in ihrem Schoße errichtet hat; ­ dazu noch das Grauen der Nacht, das heimliche Tröpfeln des Wassers, das gedämpfte Echo, die wunderlichen Schattenbildungen und unbeschreiblich schönen Lichtreflexe bei stärkerer Illumination, alle nur denkbaren Nuancen vom grellsten Licht bis zum schwärzesten Schwarz bei einer bengalischen Flamme oder bei dem koboldartigen Sprüngen eines angezündeten Schwärmers; oder hier ein Choral von Männerstimmen; - es ist ein ungeheurer Eindruck, welchen die Höhle auf Jeden macht, der irgend Sinn für Großes, Gefühl für Erhabenes hat . . .


Ein Höhlenbärenskelett in der Baumannshöhle

. . .Bei dem Hinaufsteigen zu Tage fängt man mit wahrhaftiger Freude den ersten fernen Schimmer des halb hinglitzernden Sonnenlichtes auf, sobald die milde, schmeichelnde Sommerluft warm und labend uns wieder umfächelt und unsere Füße wieder den grünen Bergteppich unter sich haben, da ist's, als wenn wir aus einem großen, ängstlichen Traume zum wirklichen Leben erwachten. Das dargebotene Wasserbecken erinnert an die schwarze Höllenfahrt und dient zugleich als Klingelbeutel zur Aufnahme eines kleinen Danceurs an die Magd des Führers für dargereichten, notwendigen Waschapparat. Auch der Führer bittet um sein Viaticum; eine Person zahlt 6 Groschen; a zwei Personen 4 Groschen; drei oder mehrere a Person 3 Groschen. Für vollständige Illumination der Höhlen verlangt der Führer 2 bis 3 Taler, eine bengalische Flamme oder sonstiges Feuerwerk wird nach dem Werte bezahlt, die Bergmusici bekommen 2 Taler . . ."

Besonders schauerliche und effektvolle Beilagen zur Höhlenführung standen hoch im Kurs, wie das Entzünden von bengalischen Feuern. Im illustrierten Reisebuch von 1850 wird der Besuch der Höhle empfohlen:

(8) " . . . Der Besuch jener 7 Höhlen (gemeint sind 7 Räume) erfordert 1-2 Stunden. In der Nähe des oben genannten Gasthauses wohnen angestellte Führer, welche, wenn es gewünscht wird, die Höhlen mit bengalischen Feuern etc. beleuchten, wofür man 10-20 Silbergroschen zahlt . . ."

Meyers Reisebücher "Der Harz" 1884 priesen eine Höhlenbesichtigung in Rübeland so an:

". . . Im Gasthof und vor den Höhlen sind Führer für die Höhlen meist anwesend. Jeder leiste dem Fiihrer Folge. Gebrechliche Leute dürfen nicht in die Höhle, sonst auch für Damen und Kinder ohne Beschwerde. Damen mögen aber nicht mit Zeugschuhen einfahren, Herren nicht mit hohen Hüten. Abkühlung vor der Höhle. Die Höhlen sind am Abend, wenn viele Feuerwerke schon darinnen gebrannt haben, weniger angenehme zu besuchen . . .
Jede bengalische Flamme 50 Pfennig, man braucht deren wenigstens drei; wenn man überhaupt einen Eindruck haben will.
Wer also die Höhle allein besucht, hat 2,20 M Kosten. Die Flammen werden nur einmal bezahlt. Nach dem Besuch Waschgelegenheit (Trinkgeld)."

Der Touristenstrom wuchs ständig, Geld war zu verdienen. Man erkannte immer mehr, daß Fackelruß und bengalische Flammen die Höhle zerstörten. Qualifizierte und auf Ordnung bedachte Höhlenführer mußten den Besucherstrom steuern. Die Hermannshöhle war entdeckt worden und sollte eine weitere Attraktion Rübelands werden.
1889 schloß deshalb die Herzogliche Braunschweigische-Lüneburgische Kammerdirektion der Forsten mit dem Gemeindeort Rübeland und den Harzer Werken zu Rübeland und Zorge einen umfassenden Vertrag über die Nutzung der Höhlen ab, der unmißverständlich mit den alten Bräuchen brach.


Heute öffentlich nicht mehr zugänglich: Die Namenswand in der Baumannshöhle

So wurde vereinbart, daß nur bestimmte Räume der Höhlen für den Tourismus zu erschließen sind. Ein Teil der Räume wurde ausschließlich wissenschaftlichen Arbeiten vorbehalten. Es wurden keinerlei Veränderungen gestattet.

(9) " . . . Der Pächterin ist untersagt, an dem gegenwärtigen Zustande der Höhlen, insbesondere an den vorhandenen Tropfsteinbildungen, Knochenfeldern und einzelner Knochen eigenmächtig irgendwelche Veränderungen vorzunehmen und hat dieselbe von Anfang an dafür Sorge zu tragen, daß zur Vermeidung von Schädigungen die Räume nur auf bestimmten von der Verpächterin vorgezeichneten Wegen betreten werden . . ."

Es wurde sogar vorgeschrieben, an bestimmten Stellen:

(9) ". . . Schutzvorrichtungen, die ein Berühren der Gegenstände seitens des Publikums zu verhindern geeignet sind, auf eigene Kosten anzubringen und in zweckentsprechendem Zustande zu unterhalten . . ."
". . . Im gleichen hat die Pächterin auch die ausschließlich als Zugang zu den Höhlen dienenden Wege, sowie die Höhlen selbst und namentlich in den vom Publikum betretenen Teilen in besten saubersten Zustande zu erhalten . . ."

Bengalische Feuer und Fackelruß wurden ebenfalls aus den Höhlen verbannt:

(9) ". . . Bis zur Einrichtung der elektrischen Beleuchtung dürfen in der Hermannshöhle zu Beleuchtungszwecken darin nur Apparate, welche eine schwärzende Wirkung auf die Wandungen und den Inhalt der Höhle nicht ausüben, benutzt, dagegen rußende Öllampen, Fackeln, bengalische Feuer und dergleichen keinesfalls angewandt werden, während in der alten Baumannshöhle hinsichtlich der Beleuchtung in bisheriger Weise verfahren werden kann, (Mit alter Baumannshöhle meinte man die alten, verrußten, heute für den Touristen nicht mehr zugänglichen Höhlenteile). In der Bielshöhle kann es überhaupt bei der bisherigen Beleuchtungsmethode verbleiben, jedoch darf ein Abbrennen bengalischer Feuer darin künftig nicht mehr stattfinden . . ."

Im Paragraphen 12 des Pachtvertrages wurden die Höhlenführer benannt:

(9) ". . . Pächterin hat die jetzigen, für die Baumanns- und Bielshöhle angenommenen Höhlenführer, Carl Volkmann, Fritz Müller, Eduard Schünemann, Christian Streitenberg und Fritz Kober, sämtlich zu Rübeland, so lange sie diesem Dienste tauglich sind, letzteren auch nicht durch schlechte Führung verwirkt haben und es wünschen, alljährlich während der Monate Juni, Juli, August und September vor allen anderen Personen als Führer oder Aufseher in den Pachthöhlen zu beschäftigen und denselben für jeden Tag in diesen Monaten je drei Mark Lohn zu zahlen, jedoch liegt den Genannten die Verpflichtung ab, an Tagen, an welchen Sie durch die Höhle besuchendes Publikum nicht genügend in Anspruch genommen werden, gegen den gedachten Lohn zugleich Arbeiten in den Höhlen oder in Ermangelung solcher auch entsprechende leichte Arbeiten auf den Rübeländer Werken der Pächterin zu verrichten . . .
Pächterin kann eine definitive Entlassung einer der vorgenannten Personen als Höhlenführer selbstständig dann und ohne weiteres vornehmen, wenn der Betreffende sich einer Veruntreuung oder einer Entwendung von Gegenständen aus den Höhlen schuldig gemacht und solche selbst eingestanden hat, oder derselben im gerichtlichen Verfahren überführt ist . . ."

Damit war zumindest offiziell auch der Verkauf von Tropfsteinen und "Einhornknochen" als beliebtes Souvenir unterbunden.
Die Zeit eines "zivilisierten Höhlentourismus" begann.


Alte Treppeneinbauten auf dem alten Führungsweg der Baumannshöhle.
Heute werden Touristen dort nicht mehr entlang geführt.


Der Höhlenführer und die Höhlenbesucher

Wenige Menschen hatten den Mut, in Höhlen einzudringen und auf eigene Faust in ihnen herumzukriechen. Die, die das taten, kann man bereits als Höhlenforscher bezeichnen, wenngleich sich ihre Forschungen von denen unserer Zeit erheblich unterscheiden.
In einem grundlegenden höhlenkundlichen Buch riet KRAUS 1894 allen Höhleninteressierten:

(10) ". . . Bei gangbar gemachten und vielbesuchten Höhlen ist stets geeignetes Führerpersonal vorhanden, welches auch für die gewöhnlich nicht dem Publi­kum zugänglichen Nebenstrecken kennt... Bei allen derartigen Exkursionen sollte man sich ortskundiger und höhlengewohnter Führer oder mindestens Begleiter bedienen. Das Alleingehen in Höhlen ist unbedingt zu verwerfen . . ." 

Nach und nach begriffen Einheimische, daß sie mit Höhlenführungen Geld verdienen konnten. Es mußte ja auch nicht unbedingt sein, daß die Fremden in das dunkle Loch geführt wurden. Oftmals reichte ja schon, den Weg zum Mundloch zu zeigen und vor dem Eingange sitzen zu bleiben und zu warten. Manchmal aber war auch das schon eine zu gefährliche Angelegenheit und Interessierte mußten mangels eines geeigneten Höhlenführers auf einen Höhlenbesuch verzichten.
Eine solche Angelegenheit beschrieb v. ROHR 1748, als er versuchte, die damals noch nicht erschlossene Heimkehle aufzusuchen:

(7) ". . . v. Rohr hat diese Höhle selbst nicht besuchen können, ob ich ihr gleich zu Gefallen einige Meilen hierher gefahren, inmassen die Einwohner dieses Dorfes, weil es damals Ernte war, sich mehrenteils auf dem Felde aufhielten und sehr wenig Leute in dem Dorfe Uftrungen anzutreffen waren.
Ich konnte auch von denen, die noch in den Häusern stacken, keinen zum Führer bekommen, einige wollten von der Höhle ganz und garnichts wissen, andere aber meinten, es wäre jetzt zu gefährlich hinein zu steigen . . ."

1668 war mit Hans-Jürgen Beckers Berufung zum Höhlenführer der Baumannshöhle die Zunft der Höhlenführer im Harz entstanden.

Zur Arbeit des Höhlenführers gehörte nicht nur das obligate Führen der Besucher. Der Höhlenführer war auch ein Höhlenforscher. Durch das zerstörerische Beschlufen und Bekriechen der Hohlräume und das Verhökern von Souvenieren war es von Zeit zu Zeit notwendig, jungfräuliche Hohlräume aufzufinden und der Besichtigung zu übergeben. Bengalische Feuer und pyrotechnische Illuminationen verrußten Decke und Wände, zerstörten den Glanz des Tropfsteins. Eine frisch entdeckte Kammer brachte da allerhand Abwechslung und Neubelebung in das Geschäft.

(5) " . . . Vor 2 Jahren veranlaßte ein kühner Amerikaner die jetzigen Führer zu einer weiteren Entdeckungsreise; nie betretene Abgründe wurden durchsucht, neue Höhlen eröffnet, seltene Schönheiten, Grotten mit ganzen Säulenreihen stellten sich dem spähenden Auge dar und immer öffneten sich neue Zugänge und neue Portale und immer tiefer ging's von Schlotte zu Schlotte ­aber plötzlich fingen die Grubenlichter an dunkler zu werden und das Glas des rettenden Kompasses zerbrach, -da war schleunige Rückkehr notwendig . . ."

Immer wieder waren die Höhlenführer als gute Kenner der Höhle an Neuentdeckungen beteiligt oder führten auf eigene Faust Neuvorstöße durch. Entdeckerfieber ließ sie vor nichts zurückschrecken. So auch 1887 bei der Erforschung der Hermannshöhle.

(12) ". . . Fritz Hase, durch den letzten großen Erfolg vom 2. 9. vom Entdeckungsfieber ergriffen, hatte sein Feuerwehrseil wieder herbeigeschafft und ließ sich an diesem Seil, das von 2 Arbeitern gehalten wurde, so weit nach unten gleiten, als die Länge des Seiles es gestattete. Als er aber damit in ca. 15 m Tiefe den Boden des ihn umgebenden Raumes noch nicht erreicht hatte und von unten beobachten konnte, daß die Kameraden, die das Seil hielten, auf dünner Sinterplatte standen, verlangte er wieder heraufgezogen zu werden. Das war leichter gesagt als getan. Das mit Hase belastete Seil hatte sich in die Sinterplatte eingeschnitten und so festgeklemmt, daß alles Ziehen vergeblich war und ich schließlich ein Reißen des Seiles befürchten mußte. Erst nach Herbeischaffung und Einkeilen eines glatten Holzstückes gelang es mir mit viel Mühe zumal die Enge der Nische hindernd wirkte, dem Seil eine andere Unterlage zu geben und den armen Hase glücklich heraufzubefördern und aus seiner unglücklichen Lage zu befreien . . ."

Auch später haben Höhlenführer bedeutende Teile der Hermannshöhle entdecken können. So konnte man im Blankenburger Kreisblatt vom 6. 4. 1939 von einer weiteren Neuentdeckung lesen:

"Seit Wochen hatte einer der Höhlenführer in Rübeland wieder eine Fledermaus beobachtet, die im Zickzackflug durch die großen Höhlenhallen geisterte und dann hinter ein paar besonders großen Tropfsteingebilden verschwand. Schließlich ging er der Flugbahn der Fledermaus nach und entdeckte im Gestein und Lehm ein kaum kellergroßes Loch, aus dem ein starker Luftzug kam.
Der Flug der Fledermaus und der Luftzug ließen darauf schließen, daß ein größerer Hohlraum hinter der Wand liegen müsse und nach einigen Spatenstichen, mit denen sich die Öffnung ohne Schwierigkeit vergrößern ließ, stellte man fest, daß die Fledermaus den Weg zu einer neuen Höhle gewiesen hatte. . ."

Höhlenführer an der 1865 entdeckten Barbarossahöhle zu sein, brachte noch andere Verpflichtungen mit. Nach absolvierter Höhlenführung wurde die Touristenschar durch den Höhlenführer beköstigt:

(13) ". . . Draußen verteilte sich so (die Gesellschaft), daß die Damen in der Hütte zur linken Hand Platz nahmen, um den von Frau Jögike freundlich präsentierten Kaffee und Kuchen zu sich zu nehmen, während in der Hütte zur rechten die Herren den durch die Aufbewahrung im Stollen eiskalt gewordenen, vortrefflichen Bachmüller-Bier und den ganz vorzüglichen, von der Höhlen-Wirtin mit manchem Scherzwort gereichten Schinkenbrötchen zusprachen . . ."

Wichtig für einen Höhlenführer war sein ganzes Auftreten, seine Art, den Besuchern die unterirdischen Erscheinungsformen leicht faßlich zu erkIären. Es durfte nicht zu wissenschaftlich werden, ein Scherz, hier und da eingestreut, war überaus wichtig. Andererseits mußte der Höhlenführer aber auch in der Lage sein, speziellere Fragen zu beantworten. Redetalent und Ausstrahlungskraft waren gefordert. Das war natürlich nicht jedem gegeben und so ist es nicht verwunderlich, daß verschiedenste Besucher mit diesem oder jenem Höhlenführer nicht einverstanden waren, andererseits wahre Lobeshymnen verbreiteten. LEHMANN schrieb gegen 1803 über den Führer der Bielshöhle:

(14) ". . .Herrn Beckers Leuteseligkeit hat dazu nicht wenig beigetragen (zum Anwachsen der Besucherzahlen) und künftige Reisende dürfen nicht zweifeln, eben so gut aufgenommen zu werden. . ."

Auch sprach LEHMANN sein volles Vertrauen gegenüber dem Höhlenführer aus:

(14) ". . . Wir befinden uns in der zweiten Höhle zwar nicht in fürchterlicher Einsamkeit, denn der mutvolle Becker ist ja bei uns . . ."

Der Höhlenführer Becker muß wohl einer der begabtesten seiner Innung gewesen sein. HORSTIG schilderte Beckers Auftritte 1805 so:

(15) ". . . In der letzten Tiefe der Höhle . . . ließ uns der alte Becker stehen, um von hier aus über eine hohe Leiter hinaufzusteigen, und von oben herüber einen Querbalken einige Verse im pathetischen Tone über die Allmacht und Größe des Schöpfers zu deklamieren, die nach seiner Aussage ihn selbst zum Verfasser haben. Wäre dies letzte auch nicht, so würde man doch dem Manne, der sie vorträgt, das Verdienst nicht absprechen können, diese Kanzelrede unter dem schauervollen, von einem schwachen Lämpchen beflimmerten Steinklüften, bei dem erschütternden Widerhalle in dem weiten Gewölbe, auf den größten Effekt berechnet zu haben . . ."

Ganz anders schilderte Ingeborg BYHAN 1955 einen Höhlenführer der Hermannshöhle:

(16) ". . . lch mußte alt Frau Holles Bergschloß, an Barbarossas unterirdisches Reich und an Rübezahls Kristallpalast denken. Plötzlich blieb nur noch die kalte, feuchte Höhle, erfüllt von einer leiernden Stimme, der man es anhörte, daß sie schon tausendmal dasselbe gesagt hatte. Im Handumdrehen war die ganze Märchenwelt entzaubert. Für die zartesten Kristallgebilde wußte sie (die Höhlenführerin) Namen, wie "Streuselkuchen", "Harzer Käse" usw.
Und dann kamen die Witzchen, die selbst dem Wohlmeinensten den Anflug eines Lächelns auf den Lippen gefrieren ließen. "Das ist ihre Schwiegermutter, das Aas. Hier haben sie die Freude, sie einmal versteinert zu betrachten." ... Ich schaute hinüber zu Herrn Hippel. Der gequälte Ausdruck in seinem Gesicht macht ihn mir plötzlich sympatisch. Resignierend trottete ich weiter, versuchte die Ohren zu verschließen und machte nur noch die Augen weit auf. Aber selbst das wurde einem verleidet. Grüne und gelbe und rote künstliche Beleuchtung nahm den Tropfsteinen ihren zarten Schimmer, ihren weichen, natürlichen Glanz. Sie standen da, als wären sie mit Vanillesoße und Himbeerlimonade übergossen worden. Annähernd eine Stunde dauerte die Führung und sie war wahrhaftig kein Vergnügen . . ."

Ein Herr aus Altenburg schrieb 1955 einen Brief über seine Eindrücke aus Höhlen und das Auftreten der Höhlenführer. Es war begeistert von der Führung in der Baumannshöhle.

(17) ". . . Da ist z. B. eine Führerin für die Baumannshöhle in Rübeland, die wirklich eine Führung ins Märchenreich vornimmt . . ."

Von den Führungen in der Hermannshöhle war er auch sehr angetan:

(17) ". . . Auch der eine Führer der Hermannshöhle mit dem kleinen Gummihammer ist zur Gruppe der guten Führer zu rechnen . . ."

Von den Führungen in der Heimkehle war der gute Herr sehr enttäuscht:(17) ". . . Nichts wirkt schlimmer, als wenn die führende Person in dem Beruf als Führer nur den Beruf sieht, also seinen Broterwerb.
Es kommt zu keinem Kontakt zwischen Führer und Besuchern. Die, in ziemlich monotoner, heruntergeleierte Epistel des eingeübten Berichtes wirkt nicht gerade angenehm auf die Besucher und das unangenehmste war, da auch zwei Klassen bei der Besichtigung zugegen waren, der gute Mann von Führer konnte sich nicht genügend durchsetzen, so daß diese Führung nicht gerade eine Erbauung für die erwachsenen Besucher war. Solche Führungen rufen Enttäuschung hervor . . ."


Eingangsbereich der Hermannshöhle um 1901

Euphorische Berichte über Höhlenbesuche sind heute seltener geworden. Was ist die Ursache?
Der alte Becker führte in einem Jahr soviele Besucher in die Höhle, wie ein Höhlenführer heute in den Vormittagsstunden. Der Tourismus hat gegenüber vergangener Jahrhunderte so gewaltig zugelegt, daß eine individuelle Betreuung des Besuchers nicht mehr möglich ist. Der Besucher wird als Masse durch die Höhle geführt. Er hat heute auch meist keine Zeit mehr. In der nächsten Stunde möchte er mit dem Auto die nächtste Sehenswürdigkeit bereits hinter sich haben. Nicht wenige Besucher versuchen an einem Tag, die vier Harzhöhlen zu absolvieren. Barbarossahöhle frühzeitig, Heimkehle vor Mittag und am Nachmittag beide Rübeländer Höhlen. Ein Gespräch am 16. 05. 1989 vor der Heimkehle belegt das:

"Früh waren wir in der Barbarossahöhle, war viel los. Wir wollen die anderen Höhlen noch sehen, wie lange ist denn in Rübeland offen? Lohnt es sich, in beide Höhlen zu gehen oder ist das nicht dasselbe? Ist die Heimkehle nicht genau so wie die Barbarossahöhle, da brauchen wir ja nicht erst hineinzugehen -Ach, sie ist anders, dann müssen wir schnell zur Führung, damit wir unser Programm schaffen . . ."

Viele Besucher bringen keine Wartezeiten mehr auf. Alles muß streng nach Plan laufen, Höhlenbesuch, Ein- und Aussteigen eine Stunde, mehr nicht . . . Da bleibt nichts mehr von der gemütlichen Vorbereitung auf die Höhlenfahrt, das Frage- und Antwortspiel mit dem Höhlenführer.
Nicht selten haben heute Führungen 70-100 Personen. Becker ging mit wenigen Leuten, manchmal mit einem Touristen auf Tour.


Der Haupteingang der Hermannshöhle um 1901

Die Besucher früherer Jahrhunderte waren mit dem Dunkel der Stille, dem Geräusch des tropfenden Wassers und dem Blick in dunkle Spalten mächtig zu beeindrucken.
Der heutige Besucher wähnt, daß alles erforscht ist, Geheimnisse nicht vorhanden sein können, die Dunkelheit im Weltraum viel dunkler ist er fühlt sich allseitig gebildet und erwartet etwas Umwerfendes vorgesetzt zu bekommen. Kommt es dann nicht so, ist er enttäuscht. Heute braucht keine Dame mehr ihren Rock gegen einen Leinenkittel tauschen, müssen "wohlbeleibte Personen" nicht vor der Höhlentür warten, werden Säuglinge im Tragegestell durch die Höhle getragen, Gehbehinderte im Rollstohl gefahren, Kerzen und Fackeln brauchen nicht ausgegeben werden. Die Gesellschaft ist meist zusammengewürfelt aus allen Altersklassen, Interessengruppen, Geschlechtern, Nationalitäten, Interessierten und Uninteressierten. Da hätte es selbst der alte Becker schwer und bei seiner pathetischen Deklamation würde wohl eher gelacht, gejauchzt und gewundert werden, als in ergriffenes Erstaunen zu verfallen. Der Massentourismus hat alles verändert, heute kann nicht nur ein privellegierter mutiger Harzreisender in die Höhle, heute kann es jeder und bei ein wenig Glück und Geschick am Tage achtmal hintereinander.
Dieser Tourismus bedingt auch, daß es nicht nur einen "Becker" gibt. Es müssen viele Höhlenführer bereit sein, an Spitzentagen tausende Menschen in einer nicht abreißenden Flut in die Höhle zu führen. Da kann nicht jeder Höhlenführer ein Forscher, Enthusiast und Jünger der geliebten Höhlenwelt sein.
Da gibt es Saisonführer, die führen aus Broterwerb. In den Sommermonaten sind es meistens Schüler, die sich ihr "Taschengeld" gewaltig aufbessern.
Nun mag nicht der Eindruck entstehen, es gäbe kein Erlebnis beim Höhlenbesuch mehr, keinen enthusiastischen Touristen mehr, kein überschwengliches Lob für Natur und ihre Repräsentation, keinen wackeren und mißreißenden Höhlenführer. Auch das ist geblieben. Doch sollte man derartige beeindruckende Erlebnisse außerhalb der Saison suchen, lieber in den besucherunfreundlichen Zeiten nach alter Art größere Wartezeit in Anspruch nehmen und dann mit wenigen Touristen und persönlicher Betreuung einen Höhlenrundgang antreten.


In der Schildkrötenschlucht der Baumannshöhle


Einige Probleme mit der Höhlenerschließung

Fackeln und Illuminationen sind heute aus den Höhlen verbannt. Elektrisches Licht schafft eine sichere Helligkeit, ein Druck auf den Knopf und die gewünschten Effekte können vorgeführt werden. Direkte und indirekte Beleuchtung verändern das Bild, durch Zuschalten verschiedenster Effektscheinwerfer kann der Höhlenführer das Bild verändern. Im Überschwang der technischen Möglichkeiten wurden große und lichtstarke Lampen errichtet. Doch bald mußte man erkennen, daß das eine neue Gefahr für die Höhlen bedeutete. Während man anfangs noch erfreut war, daß im Kegel der Scheinwerfer ein paar grüne Pflänzchen ihr Haupt erhoben, waren bald die schönen Sinterwände unter grünen Algen bedeckt, Farne und Moose wucherten die Scheinwerfer ein. Die Pracht ging verloren. "Lampenflora" nennt man diese Erscheinung, die in allen Schauhöhlen der Welt große Probleme hervorgebracht hat.
Anfangs versuchte man mit verschiedenen Chemikalien dagegen vorzugehen. Das Ergebnis war zwar meist positiv, aber die Tropfsteine, Kristalle und die glatten Höhlenwände wurden mit angegriffen und damit die Einmaligkeit und Schönheit nun vollends zerstört. In den Sulfatkarsthöhlen Heimkehle und Barbarossahöhle war das Problem der Lampenflora recht unbedeutend bzw. gar nicht akut. In beiden Rübeländer Höhlen wuchs es zur Existenzfrage heran. Höhlendirektor HASE schrieb 1978 darüber:

(17) ". . . In den letzten 10 Jahren hat der Bewuchs im Bereich der Lampen und Scheinwerfer verstärkt zugenommen. So sind diese Höhlenteile mit einem dichten Moosteppich, mit Algen und vereinzelt mit Farnen bewachsen. Dieser Bewuchs hat schon heute solche Formen angenommen, daß das vom Bewuchs befallene Gestein der Höhle, die Sinterwände, die Stalagmiten und Stalaktiten und die Kristalle durch biogene Säuren zersetzt sind. Die Lampenflora wirkt störend auf die Besucher. Die Höhle hat ihre ursprüngliche Beschaffenheit in diesen Bereichen verloren . . . Da in unbeleuchteten Höhlenteilen dieser als Lampenflora bezeichnete Bewuchs nicht auftritt (die Sporen sterben hier früher oder später ab), müssen wir das Wachstum über die Beleuchtung regulieren . . ."


Die Elektrofirma Breitmayer aus Blankenburg,
die die elektrische Beleuchtung der Hermannshöhle schuf.

HASE kommt zu dem Schluß, Beleuchtungsintensität und Beleuchtungsdauer drastisch zu reduzieren.

(17) ". . . Zur besseren Ausleuchtung der Höhlenteile wurden in der Vergangenheit immer mehr Beleuchtungsquellen mit größerer Lichtstärke angebracht, so sind solche mit 500 und 1000 W keine Seltenheit mehr.
Hier ist zu prüfen, ob in allen Fällen . . . die Beleuchtung tatsächlich nötig ist . . . Auf Grund immer höherer Besucherzahlen wird in den einzelnen Höhlenbereichen nach Passieren der jeweiligen Führung die Beleuchtung kaum noch abgeschaltet. So ist nach vorsichtiger Einschätzung die Beleuchtung der Hermannshöhle jährlich an 180 Tagen 9 Stunden, an 120 Tagen 6 Stunden und an 60 Tagen 4 Stunden eingeschaltet. Hieraus ergibt sich eine Gesamtschaltzeit pro Jahr von 2580 Stunden . . ."

Unter HASE wurde diese drastische Reduzierung der Beleuchtung daraufhin auch durchgesetzt. Heute gibt es in den Rübeländer Höhlen keinen 1 000 W und keinen 500 W Scheinwerfer mehr. Anders liegen die Verhältnisse in der Heimkehle und in der Barbarossahöhle. Mit Lampenflora hat man hier nicht zu kämpfen. Anfangs lag die Vermutung nahe, daß der Chemismus des Sulfatgesteins jegliche Vergrünung verhindere. Daraufhin wurde das Experiment durchgeführt, Gipsbrocken in die Lampenflora der Rübeländer Höhlen zu legen. Doch nach einiger Zeit begrünten auch diese Steine. An starken Tropfstellen trat das jedoch nicht auf. Es liegt deshalb der Schluß nahe, daß Ursache für die fehlende Vergrünung von Sulfatkarsthöhlen die hohe Löslichkeit des Sulfatgesteins ist. Die Luftfeuchtigkeit sorgt für einen feinen Wasserfilm und dieser löst das Gestein ständig. Deshalb scheinen Pflanzen nicht Fuß fassen zu können. Ein nicht reparierter Scheinwerfer in der Heimkehle ließ sich während der Führung nicht abschalten. So brannte der Scheinwerfer während der gesamten Führungszeit etwa ein halbes Jahr. Daraufhin entstand in seinem Umfeld Lampenflora mit Moosen und kleinen Farnen. Aber all das wuchs nur im Lehm. Das Gestein setzte kein Grün an. Damit verträgt die räumlich große Heimkehle mehrere Staffeln von Scheinwerfern mit Einzelleistungen von 1 000 W, ohne unter der Lampenflora zu leiden.
Alljährlich wird der neu entstandene grüne Filz in den Rübeländer Höhlen mit Wasser, Bürsten und viel Fleiß entfernt. Scharfe Chemikalien werden nicht mehr eingesetzt.

(18) ". . . Mit Bürsten und Schwämmen werden in der Rübeländer Hermanshöhle im Harz gegenwärtig (1986) bizarre Schönheiten gereinigt. Mitarbeiterinnen der Höhlenverwaltung beseitigen an den leicht zugänglichen Stellen der Höhle die sogenannte Lampenflora . . . bergsteigerisch erfahrene Mitglieder der Höhlenforschergruppe Rübeland im Kulturbund der DDR säubern das zerklüftete Deckengewölbe . . ."

Modeme Höhlenerschließung verbannte zwar den Fackelruß aus den Höhlen, schuf aber völlig neue Probleme. Auch bedeutet die Errichtung einer elektrischen Anlage unter der Erde einen enormen Aufwand und ständige Wartung. Auf dem 700 m langen Führungsweg der Heimkehle sind etwa 15 km Kabel verlegt, ist eine Anlage von 50 kW elektrischer Leistung installiert, 1987 wurde nur für die Höhlenbeleuchtung die stattliche Leistung von 62.500 kWh (Kilowattstunden!) verbraucht.


In der Säulenhalle der Baumannshöhle

Das entspricht dem Eintrittsgeld von 10 000 erwachsenen Besuchern. Die ständige Einwirkung von Feuchtigkeit, ständiges An- und Ausschalten erfordern pro Jahr einen Ersatz von rund 5 000.- M. Die gesamte elektrische Anlage verkörpert den Wert einer halben Million Mark. Das sind die Eintrittseinnahmen der Heimkehle von 5 Jahren. Da hatte es der alte Becker einfacher, im Jahr zwischen 200 und 500 Fackeln zu verrechnen.
Über die Sicherheit der touristisch erschlossenen Wege in den Schauhöhlen wacht heute die Bergbehörde, eine Art "Bergpolizei". So wie Becker einfache Leitern und Holzgerüste aufstellte und Besucher kriechen und klettern mußten, geht es heute nicht mehr. Da sind feste Wege eingerichtet, in den Rübeländer Höhlen im ständigen Treppauf und Treppab, in der Heimkehle alles zu ebener Erde, in der Barbarossahöhle mit einer Treppenanlage.
Diese Wege sind durch die Bergbehörde abgenommen, sie werden täglich durch den Höhlenführer begutachtet und das Ergebnis der Kontrolle schriftlich vermerkt. Jede Woche erfolgt ein größerer Kontrollgang. Mit starken Lampen und speziellen Stangen wird das umgebende Gestein beleuchtet und beklopft, Gefährdungen sofort beseitigt. Man kann heute Gesteinsplatten annageln oder ankleben, im Notfall herabsprengen, was aber sehr selten angewendet wird, weil ja die Natur der Höhle durch keinen menschlichen Eingriff zerstört werden soll. Treppen und Schluchten werden mit Geländern gesichert. Leider muß auch gegen Diebstahl oder ständiges "Begrabschen" gesichert werden. Wären die Netze in der Kristallkammer der Hermannshöhle nicht angebracht worden, könnte heute wohl kein Tourist mehr bewundernd vor dieser Kristallpracht stehen.
Eine 1980 in der Heimkehle frisch freigelegte Kristallwand (kleine Gipskristalle im Lehm) war trotz Kontrolle seitens der Höhlenführer nach zwei Monaten restlos durch rücksichtslose Touristen abgetragen.
Die Anlage von Wegen durch eine Höhle ist eine große Kunst. Leider müssen da schöne Sinterberge angeschnitten werden, Lehmkegel werden abgetragen und Standflächen an Seen errichtet.
Es verlangt viel Fingerspitzgefühl das alles so zu machen, daß die Natur der Höhle dabei nicht vergewaltigt wird. Nicht immer sind die Arbeiter Höhlenfreunde und achten dabei auf jedes Detail. Auch soll die Arbeit in einer bestimmten Frist beendet werden. So kommt manches unwiderruflich unter den Hammer. Generationen später kennen den ursprünglichen Zustand der Höhle nicht mehr und finden den Weg als gelungen . . .
Die Besucher früherer Zeiten brauchten ihre Hände zum Klettern und Kriechen. Heute wird vieles in die Höhlen getragen und benutzt. Was man gerade nicht braucht wird in der Höhle gelassen. Die Spitze ist wohl Bonbonpapier, gefolgt von Filmschachteln, Eisbechern, "Wackelmännern", Bierflaschen, herausgefallenen Keksen, ganzen geplatzten Bonbontüten. Trotz scharfer Kontrolle werden allein in den Monaten Juli und August 10 Mülltonnen Abfälle aus der Heimkehle herausgefahren. Und das trotz Belehrung und Ermahnung.
In Rübeland ist zur Säuberung der betonierten Führungswege in beiden Höhlen eine Wasserleitung entlang des Weges verlegt. Höhlenführer säubern den Weg und schrubben ihn sauber. In der Heimkehle werden jährlich zum Erhalt der Führungswege 30 Tonnen Kies auf den Wegen aufgebracht und sauber geharkt. In der Barbarossahöhle besteht dieses Problem nicht die Höhlensohle ist trocken. Die Struktur des Gesteins brachte es aber mit sich, daß der Weg eigenartig "genoppt" ist und das Laufen mit hochhackigen Schuhen zum "Erlebnis" wird.
Früher, zu Beckers Zeiten, war jeder Höhlenführer froh, wenn böse oder gute Erdgeister seine Fackel nicht ausbliesen. Heute wird sehr gern einmal versucht das völlige Dunkel zu erzeugen und das schaurige Aufheulen der geführten Touristen zu provozieren. Nicht selten betätigte während einer großen unübersichtlichen Führung einer der ausgelassenen Besucher einen Schalter und setzte die Führung ins Dunkel.
So mußten sich die Höhlenverwaltungen einiges in den letzten Jahren einfallen lassen, um diese Spielereien unmöglich zu machen.
Wenn andererseits wirklich einmal der seltene Umstand eintritt und die Lichter kurz verlöschen, eilt der Höhlenführer an das an vielen Stellen versteckte Notgeleucht. Es muß ständig gewartet werden.
In der Barbarossahöhle läuft ein Notstromaggregat an. Becker hatte nur ein besonders gutes Feuerzeug mit . . . Es ließen sich noch viele Aspekte einer modemen Höhlenerschließung mit all ihren Vor- und Nachteilen erwähnen.
Doch auch an diesen Beispielen ist klar ersichtlich, daß die beschaulichen Zeiten für Touristen und Höhlenführer lange der Vergangenheit angehören. Die Schauhöhlen sind heute Großbetriebe und erfordern von ihren Betreibern vollen Einsatz und Engagement.
Da kann es schon einmal vorkommen. daß nicht alles so nach dem Wunsch eines einzelnen Besuchers läuft.


Inschriften und Gästebücher

Besucher der Baumannshöhle gravierten sich einfach in die Wand ein, mit Fackelruß oder mit spitzen Gegenständen. In den heute nicht mehr öffentlich zugänglichen Teilen der Höhle ist eine solche "Namenswand" erhalten.
In der Hermannshöhle sind solche Inschriften selten, die Höhle wurde erst 1890 dem Tourismus übergeben, und zu dieser Zeit waren solche Verewigungen bereits offiziell nicht mehr erwünscht. In unseren Tagen hat diese Art der Eingravierungen glücklicherweise Seltenheitswert.
In der Barbarossahöhle gibt es alte Namenszüge, in der Heimkehle ist nichts erhalten geblieben.
Interessant sind die noch erhaltenen Inschriften in der Bielshöhle bei Rübeland, die heute allerdings keine Schauhöhle mehr ist.
1988 hat die Fachgruppe Höhlenforschung Wernigerode eine Arbeit abgeschlossen, bei der die alten Schriftzüge erfaßt wurden, die den Zahn der Zeit überdauerten. Die Hälfte aller noch erkennbaren Inschriften war leserlich.
Die älteste Inschrift stammte vom Entdecker dieser Höhle

"C. F. Becker, Anno 1787
Entdecker dieser Höhle"
332 Inschriften wurden als lesbar gedeutet. Die meisten waren mit Bleistift geschrieben, nur einige mit Fackelruß.
7 Inschriften deckten sich mit den Eintragungen in den noch erhaltenen Gästebüchern der Bielshöhle. Diese Gästebücher aus den Jahren 1796 bis 1803 wurden durch ein gedrucktes Büchlein erhalten, welches HEINRICH LUDWIG LEHMANN auf Kosten des Entdeckers Becker herausgegeben hatte. Einige bemerkenswerte Sprüche seien hier wiedergegeben, teilweise nur auszugsweise,

Nr. 43  1796
". . . Diese so merkwürdige Höhle ist besonders als Schule für angehende Höflinge zu empfehlen, da sie sich besonders im Bücken sehr gut üben können."

Nr. 55  1796
". . . Niemand sage, daß er im Harz gewesen
wer nicht die berühmte Bielshöhle gesehen;
Darum rate ich jeden ja nicht vorbeizugehen . . ."

Nr. 108  1796
"Den 21sten Juli 1796 besuchte ich nach der Befahrung der Baumannshöhle die Bielshöhle, welche in Rücksicht labyrinthischer Gänge, auch einiger Figuren von Tropfstein nebst der Bequemlichkeit der Fahrten den Vorzug vor der Baumannshöhle verdiente . . ."

Nr. 241  1796
"G. W. Mundt, aus der Neumark, Lehrer am Kön.Päd. zu Halle
Die Höhle ist ebenso sehenswert, als ihr gewöhnlicher Lobredner bedauernswert . . ."

Nr. 270  1796
"Es lebe Christian Friedrich Becker
Der allerliebsten Höhl' Entdecker
Es ärgert mich in meinem Geist
daß sie nicht Becker-Höhle heißt . . ."

Nr. 92  1797
"Mag. Paul Christoph Gottlob Andrea der R. Bacc. aus Leipzig besuchte die Bielshöhle am 29. Juni und fand alle seine Erwartungen von einem so merkwürdigen Schauspiele der Natur weit übertroffen und für seine Bewunderung und Größe in den verborgensten Klüften der Erde keine Worte . . ."

Nr. 248  1797
". . . Mit dem größten Vergnügen befuhr ich mit noch einigen Freunden seit zwei Jahren wieder zum zweitenmal die mir unvergeßliche Bielshöhle - Leb wohl, alter guter Becker!
Wohl uns - wenn wir uns nach langen Jahren vergnügt wiedersehen, Sollte es
nicht der Fall sein -"
Darunter stand mit Beckers Handschrift: "Wie Gott will"


Die Palmengrotte in der Baumannshöhle

Nr. 235  1797
"Dem alten braven Becker dankt für die schöne Zurichtung der schönen Höhle Wilhelm Körte aus Halberstadt . . ."

Nr. 93  1798
"Die Höhle hab ich auch gesehen,
und fand sie ganz vortreffiich schön
Doch mußt ich, wollt ich mich drinn schicken
An manchen Stellen treffiich bücken . . ."

Unter Nr. 118 schrieb Kleist am 18. Juni 1798 nach dem Höhlenbesuch einige Verse in das Gästebuch, die aber nach unserem Geschmacke kaum etwas über Höhle und Höhlenführung aussagen. Er war wohl sehr mystisch von dieser Höhle angetan.

Andere entwickelten im Dunkel der Höhle ganz andere Gefühle:

Nr. 167
"In Gesellschaft der hübschen Jungfer Gluck bin ich in der Bielshöhle gewesen . . ."

Nr. 301  1798
". . . George Butter, A. M. aus der Universität von Cambridge, der mit der Bielshohle so zufrieden ist, daß er nicht weiter geht um die Baumannshöhle zu besehen . . ."

Im Jahre 1799 besuchte TILESIUS die Bielshöhle. Er ist als Verfasser eines zweibändigen Werkes über Höhlen bekannt und wurde in den Veröffentlichungen des Karstmuseums schon oft zitiert:

"den 11ten Juni (1799)
Befuhr ich die Bielshöhle und sah was in allen stalaktitischen Höhlen, von denen ich mehrere in meinen Beschreibungen merkwürdiger Höhlen, Grotten, Klüfte und Gänge in der Erde Leipzig bei Breitkopf 1799 aufgestellt habe, zu sehen ist, nämlich sonderbare Bildungen, von denen sich eine starke Einbildungskraft allerlei schaffen kann. Indessen muß ich dem braven Manne dem Herrn Steiger Becker, das Zeugnis geben, daß er durch unverdorbenen Fleiß dafür gesorgt hat, diese grausenden, sonst so wilden und unzugänglichen Naturschönheiten immer dem Auge des Kenners und Bewunderers zugänglich zu machen . . ."

Auch die damalige "Bergbehörde" besuchte die Höhle und verewigte sich im Gästebuch:

Nr. 111  1799
"Besonders den fremden Liebhabern der Bielshöhle die Gegenstände derselben um so angenehmer und die Befahrung auch vor die Zukunft möglichst sicher zu machen, haben auf höheren Befehl heute Dato die Bielshöhle befahren.
A. Haberback
H. C. Hausdörfer, Fürstlich Blankenburgischer Bergmeister und Bergvoigt"

Sehr wissenschaftlich sind nachstehende Eintragungen gerade nicht:

Nr. 119  1799
". . .Die Ähnlichen des Tropfsteins sind oft sehr unähnlich . . ."

Nr. 135  1799
"Postsekretär Zeysing, aus Magdeburg
A. Baillen, nebst Tochter
Holzhausen blieb zurück, weil er zu stark war . . ."

Nr. 447  1800
"Übrigens fand ich die Bemerkung wiederum bestätigt, daß in allen feuchten Vertiefungen der Erde die Temperatur geringer als die mittlere der Erdrinde in userer Breite . . ."

Einige der Besucher waren wohl so beleibt, daß sie nicht in die alten Kleidungsstücke paßten, die der Höhlenführer für sie bereithielt.

Nr. 165  1801
"A. B. C. Habermalz, aus Weddersleben
Es wäre sehr zu wünschen, das Herr Becker dahin sehe, daß wenigstens einige weitere Kamisole vorhanden wären. Dies bezeugt mein Nachfolger . . ."

Nr. 315  1801
"In Gesellschaft meines oben stehenden Freundes und unter der sicheren Leitung des biederen Führers Becker befuhr auch ich heute die berühmte Bielshöhle.
Ich konnte nicht unterlassen, zwischen ihr und der fürchterlichen Öde, der Roßtrappe Gegend, Vergleiche bei mir anzustellen. Ein heftiger Schauer durchbebte mich in dieser Höhle, aber fürchterlich war der Eindruck, welchen sie auf mich machte, nicht, woran wohl freilich teils die Leitung des freundlichen Greises, und die Gesellschaft meines Freundes, teils aber auch die Äußerung des ersteren: "daß diese Klüfte nicht selten auch von Personen des zarteren weiblichen Geschlechts besucht werden" Ursache sein mögen . . ."

Es könnte noch so mancher Vers aus diesem Büchlein zitiert werden. Immer wieder war man von der Höhle begeistert, lobte Fleiß, Mühe, Mut und Auftreten des Höhlenführers. Das Büchlein als noch vorhandener Rest alter Gästebücher läßt den Leser das Höhlenerlebnis vergangener Jahrzehnte nacherleben.

Mit dichterischer "Glanzleistung" zog Karl Teuerkauf aus Harzburg am 20. Juli 1803 ein Fazit des Besuches.

Nr. 244 1803
"Zwar ist die Bielshöhle tief
Bald geht man grad, bald schief.
Doch muß ich wahrlich wohl gestehn
Ich möcht noch einmal nein gehn . . ."


Besucherzahlen, Besucherrekorde

Innige Verse an den alten Höhlenführer Becker schmücken die verbliebenen Reste des Gästebuches der Bielshöhle. Becker konnte sich für seine Führungen Zeit lassen. Er war für die Besucher da. Das war allerdings auch kein großes Kunststück. betrachtet man die damaligen Besucherzahlen. LEHMANN hat diese in seinem Büchlein über die Gästebücher für die Bielshöhle zusammengefaßt.

1788108 Besucher
178987 Besucher
1790102 Besucher
1791117 Besucher
1792218 Besucher
1793123 Besucher
1794174 Besucher
1795201 Besucher
1796275 Besucher
1797322 Besucher
1798365 Besucher
1799391 Besucher
1800402 Besucher
1801463 Besucher
1802446 Besucher

In fünfzehn Jahren waren es immerhin 3 798 Besucher.
An einem guten Sommertag erreichen das beide Rübeländer Schauhöhlen an einem Tag. Da wäre der alte Becker davongelaufen.


Höhlenbesuch in der Baumannshöhle nach einer Darstellung aus dem Jahre 1703

Direktor HASE, für Baumanns- und Hermannshöhle verantwortlich, schrieb 1989 über die zurückliegenden sechs Jahre und nannte dabei die aktuellen Besucherzahlen für beide Rübeländer Höhlen.

1983424 765 Besucher
1984427 759 Besucher
1985438 180 Besucher
1986418 299 Besucher
1987424 454 Besucher
1988425 301 Besucher

In diesen letzten sechs Jahren besuchten 2 588 798 Touristen die Höhle. Diese Zahl beginnt, bedenklich zu stimmen und ist für die filigranen Naturobjekte ohne Schäden kaum noch verkraftbar. Aber welcher Tourist ist einsichtig und verzichtet auf einen Besuch oder kommt außerhalb der Saison noch einmal zu den Höhlen, um in der besucherarmen Jahreszeit den Schaden einer zu hohen Besucherfrequenz zu verringern.
Welcher Tourist wäre einverstanden mit einer schriftlichen Anmeldung für einen Höhlenbesuch? Wohl keiner! Aber wie kann man das Problem lösen?

Diese Besucherzahlen verteilen sich ja nicht regelmäßig auf ein Jahr. Es gibt bestimmte Wochen und Monate, in denen die Touristen in wahren Scharen die Höhle bestürmen. Das sind besonders die Ferienwochen der Schulkinder. Vom November bis zum Januar dagegen gibt es nur wenige Besucher.
Liegt im Februar Schnee in den Bergen, dann sind die vielen Urlauber (Winterferien!) auf den Brettern und die Kassen der Höhle werden nicht sonderlich gefüllt. Wehen dagegen Frühlingsstürme und der Winter will sich nicht einstellen, dann wissen die Höhlenführer nicht was sie zuerst machen sollen.
Dann gehen die Besucherströme zu den unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten, natürlich auch zu den Höhlen.
Ähnlich ist das in den Sommerferien. Sonnige heiße Wochen sind gut für Strand und Freibäder, feuchte oder "durchwachsene" Witterung bringt den Schauhöhlen ihre Eintrittsgelder.
Die monatliche Verteilung der Besucherzahlen der Heimkehle zeigt das typische Bild:

MonatProzentualer Besucheranteil
Januar 1 %
Februar4 %
März2 %
April3 %
Mai12 %
Juni9 %
Juli25 %
August25 %
September8 %
Oktober6 %
November3 %
Dezember2 %

Um die Besucher allseitig zu betreuen, reichen im Januar zwei Personen, im Sommer könnten es zehn sein. In den Rübeländer Höhlen werden in den Saisonwochen täglich bis zu zwanzig Höhlenführer gebraucht. Das ist nur mit Saisonkräften möglich. Höhlenführer Beckers Töchter wirkten bei Höhlenführungen manchmal als weiße Jungfrauen mit, ließen artig eine Melodie erklingen oder sprachen andächtig einige Verse. Heute benötigten die Schauhöhlen die tätige Hilfe von Schülern. Diese werden geschult mit den wichtigsten Regeln für den Höhlenführer vertraut gemacht und dann geht es ins Geschäft. Die meisten dieser Schüler führen diese Tätigkeit mit viel Liebe und hoher Sachkenntnis durch. Sie identifizieren sich mit der Tätigkeit. Manch erwachsener Besucher denkt so ein Schüler-Führer ist ein billiger Ersatz für einen "Echten" und das habe er ja nun gar nicht verdient. Es ist auch nicht gerade leicht wenn sich ein Vierzehn- bis Sechszehnjähriger gegen 50 bis 70 Erwachsene behaupten muß, unter denen es mit Sicherheit einige gibt, die sowieso alles besser wissen . . .


Nach 10 stündiger Höhlenforschung in der Hermannshöhle, 13. August 1926.
Die oberen vier sind die Höhlenforscher FRENZEL, MUNDT, FREYGANG, JORNAT.
Die unteren vier sind die Höhlenforscher K. WERTHER, F. WERTHER, F. STOLBERG, BRUTTEL.

Ohne diese Hilfe von Schülern wäre das Schauhöhlenwesen in der DDR in der Hauptsaison nicht existent. Wenn diese Schüler nach drei Wochen Führungstätigkeit ihr Werk getan haben und ihren Obolus in den Händen halten, haben sie ihn mit Sicherheit verdient.
Außer diesen Besucherfrequenzen, durch Schulferien bedingt, gibt es noch "Spitzentage". Diese werden durch viele Umstände bestimmt und sind oft nicht vorhersehbar. Natürlich spielt das Wetter eine Rolle, die Verknüpfung von Feiertagen und Wochenenden, die Öffnung der Gaststätten, bestehende Umleitungen und viele andere Dinge. Vor drei Jahren fiel ein "Indianerfestspiel" mit beliebten Darstellern durch Erkrankung des Hauptdarstellers aus. Wo sollten die angereisten 22 Busse mit Kindern wohl hinfahren? Natürlich zur Heimkehle.

Höhlenführer Becker hätte sich bei einer solchen Invasion mit Sicherheit in seiner Höhle eingeschlossen. In Rübeland gibt es "Supertage" mit 5 000 Besuchern, an der Heimkehle mit knapp 2 000.
Höhlenbesuche unterliegen nicht nur diesen saisonbedingten Schwankungen. Auch der Tagesablauf ist nicht gleichmäßig. Da gibt es in bestimmten Stunden unvertretbare Spitzen, zu anderen Stunden volle Leerläufe.
Planen kann man nicht viel. Erfahrungswerte werden immer wieder umgeworfen. Man kann sich nur bemühen, es jedem recht zu tun, und das geht bekanntlich nicht.
So gibt es immer was zu schimpfen. Der alte Becker hatte es gut . . .


Hauptversammlung der Deutschen Höhlenforscher 1928 vor dem Ausgang der Baumannshöhle


Eintrittsgelder und Aufwendungen

Der alte Becker hatte in der Bielshöhle allerhand Aufwendungen machen müssen. Leitern und Stufen, kleine Brücken und Handläufe kosteten Arbeit, Material und Geld. Er steckte die Besucher in alte Kleidung und gab ihnen ein Geleucht. Nach der Führung bat er um seinen Obolus. Diese Dienstleistungen reichten den Touristen aus. Später wurden diese Aufwendungen schon vor dem Höhlenbesuch genannt so wie es in Griebens Illustriertem Handbuch für Reisende klar ausgesagt wird:

(19) "Die Baumanns- und die Bielshöhle. Zum Besuche derselben ist die Annahme von Führern nötig, sie wohnen in der Nähe und haben ihre Empfehlungsschilder ausgehängt. Gewöhnlich besorgt der Gastwirt die Anmeldung. Es besteht eine Taxe, wonach jede einzelne Person für jede Höhle 7½ Silbergroschen zahlt; 2 Personen entrichten zusammen 10 Silbergroschen, mehr Personen je ¾ Silbergroschen, wofür man mit den nötigen Grubenlampen versehen wird. Außergewöhnliche Kosten, welche nur auf ausdrücklichen Wunsch der Gäste veranlaßt werden dürfen, entstehen z. B. für besondere Beleuchtung und Feuerwerk (pro Flamme 5 Silbergroschen, bengalische Flamme 15 Silbergroschen, für einen Bergmannsanzug 2½, Waschwasser und Handtuch für die ganze Gesellschaft 2½, weitere Handtücher a 1¼ Silbergroschen. Um später nicht durch kostspielige Freiheiten seitens der Führer überrascht zu werden, geben wir den Rat, sich vorher über die Zahl und Kosten der anzuzündenden Flammen so wie über den Preis für etwa gewünschte Musik und sonstige Unterhaltung zu verständigen. Wenn die Gesellschaft eine große ist, so wird man manches interessantes Schauspiel, wie Feuerwerk, bengalische Beleuchtung e.t.c., in den Höhlen für geringe Kosten zu sehen bekommen. Beschwerdebücher liegen in den Wirtshäusern aus . . ."


Das Außengelände an der Heimkehle Ende der zwanziger Jahre mit Hotel und Schwanenteich

Auch war man schon davon abgekommen, daß jeder Höhlenbesucher sein Andenken mit Hammer und Meißel selbst entnahm. Da Souveniere ein gutes Geschäft waren, taten das bereits andere und verdienten daran bestimmt nicht schlecht.
Griebens Reiseführer schrieb dazu:

(19) ". . . Erinnerungszeichen an Rübeland und an die Höhlen, Kristalle, Versteinerungen und dergleichen sind in den Gasthöfen und bei den Führern käuflich zu haben. An Mineralien findet man beim Mineralienhändler Brandes treffliche Auswahl . . ."


Der Eingang der Heimkehle durch den großen Natureingang in den Zwanziger Jahren

Besucher der Barbarossahöhle beschwerten sich 1895 über zu hohe Eintrittspreise:

(20) ". . . Erwähnt sei zum Schluß eine Einrichtung, zu deren Abstellung hiermit Anregung gegeben werden soll. Für die Besichtigung der Höhle wird ein Eintrittsgeld von 70 Pfennigen für jede erwachsene Person erhoben. Kommt ein einzelner Besucher zur Höhle, ohne daß es gelingt, eine größere Zahl von Besuchern anzusammeln, dann muß der einzelne Besucher dreifaches Eintrittsgeld zahlen, wie gesagt wird, wegen der Kosten für elektrische Beleuchtung. Es ist das für den einzelnen Wanderer, der den weiten Weg zur Höhle gemacht hat, recht hart. Der Eigentümer der Höhle dürfte sicher durch den vermehrten Besuch entschädigt werden, den eine zuvorkommende Behandlung der Finanzfrage allemal im Gefolge hat . . ."

Ob diese Beschwerde erhört wurde, ist nicht sicher, aber anzunehmen, denn 1905 schrieb der Reiseführer über den Harz:

(21) ". . . Barbarossahöhle, eine der sehenswertesten Höhlen dieser Art im deutschen Mittelgebirge, mit großartigen Gipssteinbildungen . . . und kristallklaren Wasserbecken, deren Grund elektrisch beleuchtet wird. Die Höhle (elektrisch beleuchtet) ist zugänglich, Eintritt je Person (auch eine einzelne!) 70 Pfennig, Kinder 40 Pfennig . . ."

Die Heimkehle wurde 1920 erschlossen und dem Tourismus zugänglich gemacht. 1944 wurde ein unterirdisches Rüstungswerk in die Höhle eingebaut. Ein Jahr lang wurden in drei Werkhallen Flugzeugteile produziert.
Die letzte Führung fand am 11. März 1944 statt. Hunderte von Häftlingen, in einem Lager bei Rottleberode zusammengepfercht, mußten große Eingriffe in die Höhle machen.
Am 4. März 1945 wurde das Lager evakuiert und die Häftlinge in drei verschiedenen Todesmärschen von der Heimkehle weggebracht.
Die Werksanlagen wurden abgebaut die Zugänge zur Höhle wurden gesprengt.
In tausenden Aufbaustunden wurde die Höhle wieder zugänglich gemacht. 1954 wurde der Führungsbetrieb aufgenommen. Offizielle Zahlen liegen seit 1965 vor.

JahrBesucherzahlen
196556 756
196651 415
196764 006
196859 118
196959 860
1970  1 418

Im Jahr 1970 mußte die Höhle geschlossen werden, da die elektrische Anlage verschlissen war und von Grund an erneuert werden mußte. Die Besucherzahlen zeigen das. 1979 wurde die Heimkehle in den Rang des Karstmuseums erhoben und damit begann eine umfassende Rekonstruktion der Außenanlagen, eine Veränderung der Führungswege, eine Uminstallation in der Höhle und im Jahre 1988 wurde der Grundstein zur Schaffung einer neuen Gastronomie gelegt. Die Besucherzahlen der letzten Jahre haben sich bei 80 000 Besuchern eingepegelt.

JahrBesucherzahlen
198088 696
198182 575
198278 111
198377 493
198480 703
198583 423
198679 110
198772 130
198880 550


Eine Führung durch die Heimkehle in den zwanziger Jahren.
Sonntags wurde mit Blasmusik geführt.

Damit gehört die Heimkehle nicht zu den am meisten besuchten Höhlen der DDR, aber auch 80000 Besucher müssen erst einmal betreut werden.
Der alte Becker brauchte nicht allzuviel, um die Höhle in den gewünschten Zustand der damaligen Zeit zu versetzen. Heute sieht das erheblich anders aus. Zufahrtswege, Parkplatz, Gastronomie, saubere und bequeme Zugangswege, Andenkenkiosk, schnelle und zuvorkommende Bedienung sind nur einige wenige Selbstverständlichkeiten, die gefordert werden.
In der Höhle möchte sich keiner bücken, keiner will sich Schuhe, Strümpfe oder Hosen beschmutzen, der Dackel möchte die Höhle sehen, der 6 Monate alte Sohn muß mitgenommen werden, es darf nichts gefährlich sein. Ah- und Oh-Effekte möge es hinreichend geben . . .
Das alles zu schaffen und zu unterhalten, ist nicht billig. Interessant ist ein Vergleich der Einnahmen und der Ausgaben an der Heirnkehle im Wandel der Zeiten. Während man 1966 noch davon ausging, daß die Heimkehle seit Jahrtausenden stand und wohl noch ein Weilchen überdauern würde, wurde seit 1979 erheblicher Aufwand getrieben, das Objekt zu erhalten, zu sanieren, zu verschönern. Diesen Wandel erkennt man dann auch im Vergleich zweier Haushaltspläne, wobei sich in den Zahlen des Jahres 1988 bei der Werterhaltung und beim Lohn die Aufwendungen des Neubaus einer Gaststätte deutlich widerspiegeln.


196619791988

Einnahmen58,675,2100,7
Ausgaben z. B.:
Lohn24,664,183,2
Strom2,59,018,0
Werterhaltung7,028,1290,0
davon Werkzeuge0,35,020,0

Gewinn
oder Verlust
+ 16,0-31,0-329,2


Alle Angaben in Tausend Mark (TM).
Gewinn oder Verlust wurde anhand aller Ausgaben ermittelt, die in der kleinen Tabelle nicht alle aufgeführt wurden.
Wenn auch die Zahlen der Heirnkehle nicht verallgemeinerungsfähig sind, entkräften sie doch den Standpunkt der Besucher, 1.50 M Eintrittsgeld für Besucher seien zu viel. All diese Arbeiten und Voraussetzungen für einen modemen Führungsbetrieb lassen sich mit dem Eintrittsgeld nicht bezahlen.
Barbarossahöhle und die Rübeländer Höhlen sind zweifelsohne nicht in den roten Zahlen. Eine Neuverkabelung der Barbarossahöhle und Sanierungsarbeiten im Rübeland können aber auch dort die Seiten der Soll- und Haben-Tabelle verschieben. Der Obolus für Höhlenbesucher ist also keinesfalls zu hoch.


Infrastruktur und Naturschutz

Der Harzreisende früherer Jahrhunderte erwartete in der Nähe der Höhle keine weiteren Bequemlichkeiten. Für ihn war der Kontakt mit der unterirdischen Natur Erlebnis genug. Meist lag die Höhle am Wege einer Harzreise, Absteigen und Herbergen gab es an vielen Stellen, die Preise waren jedoch nur für besser gestellte Reisende erschwinglich. Der einfache Mann ging zu Fuß, die Reiseliteratur gab eine umfassende Aufstellung, was man alles mitzunehmen hatte:

(11) ". . . Dem Fußgänger ist als bequemstes Gepäck der Rucksack (für kleinere Touren ein Netzrucksack) zu empfehlen, der sich viel leichter trägt als jede Seitentasche. Ferner Feldflasche und Gummibecher; ein kleines Fernrohr, bzw. Feldstecher. Handstock und Schirm vereinigt am besten in einem festen Stojschirm mit starker Stachelzwinge. Ferner Waschzeug (angenehm auch etwas Seifenpapier und wohlmöglich ein Handtuch), Messer mit Propfenzieher und Schere, ein nicht zu kleiner Kompaß, Zündhölzchen, Nadel, Zwirn, Knöpfe, englisches Pflaster und etwas Bindfaden. Von Nutzen sind endlich auch oft medizinische Heilmittel: Natron bicarbonicum gegen Magensäure, Tropfen gegen Kolik und Diarrhöe etc. Ein ordentliches Stück antiseptischer Hirschtalg sowie alte Leinwand zur Heilung wundgelaufener Stellen und nicht zu vergessen . . ."


Die Aufwältigung des Ausgangsstollens der Heimkehle 1982

Die Reisekosten richteten sich nach dem, was man erschwingen konnte. Führer waren ebenso wie Träger nicht gerade billig:

(11) ". . . Führer erhalten täglich 4 bis 6 M; dafür müssen sie bis 20 kg Gepäck tragen und sich selbst verpflegen. Ihren Gasthofsempfehlungen schenke man aus naheliegenden Gründen nicht ohne weiteres Glauben.
Seitdem der Harzklub die Touristenwege bezeichnet hat, sind Führer für diese überflüssig; sie dienen nur noch als Träger . . ."

Mit der Gastronomie schien es nicht sonderlich bestellt zu sein:

(11) ". . . In den großen Verkehrsmittelpunkten gibt es gut eingerichtete Häuser, die auch größeren Ansprüchen genügen; im übrigen aber stehen die Gasthäuser des Harzes in Bezug auf Komfort häufig hinter dem zurück, was der von ausserhalb des Harzes kommende Reisende gegenüber den geforderten Preise billigerweise verlangen kann. Die Einrichtung (besonders Betten, Waschgelegenheit und Aborte) läßt oft zu wünschen übrig, und es wäre den Gastwirten, welche ihre bescheidenen Häuser als "Hotel ersten Ranges" ankündigen, im eigenen Interesse anzuraten, erst einmal einen gut geführten Gasthof kennen zu lernen und danach ihr Haus umzugestalten . . ."

Heute bestehen ganz andere Ansprüche. Die Höhle muß verkehrstechnisch leicht erreichbar sein. Eine Asphaltstraße, möglichst bis zum Eingang, ist das Mindeste. Ein Parkplatz, im Sommer mit schattigen Bäumen, möchte in unmittelbarer Nähe des Höhleneinganges liegen. Die Zahlung einer Mark Parkplatzgebühr ist für viele Touristen nicht akzeptierbar. Da stellt man sein Auto lieber in eine Einfahrt oder an eine Stelle, wo man selbst bei heftigstem Streit Sieger bleiben kann und die Parkplatzgebühr nicht entrichten muß.
Ein Fußweg vom Parkplatz zum Höhleneingang sollte nicht 100 m lang sein, keinesfalls etwa noch länger. An der Höhle hat der freundliche Führer bereits lächelnd auf die Ankunft zu warten und dann geht es gleich los . . .
Etwa 25 % der Besucher kommen heute mit dieser Vorstellung und man kann ihnen kaum gerecht werden.
Einen Parkplatz in Rübeland zu finden, ist nicht nur in der Saison fast hoffnungslos. Viele Touristen fahren nach kurzem Suchen weiter und hetzen so von Ort zu Ort. Beschauliche Harzreisen sind selten geworden.
Heimkehle und Barbarossahöhle liegen so, daß Parkplätze kein Problem bedeuten.
Frühere Höhlenreisende mußten Wartezeiten aller Art einkalkulieren. Die rastlose Hetzfahrt vieler heutiger Touristen bringt es mit sich, daß man schon mal eine halbe Stunde warten muß. Das ist aber für manchen Touristen unzumutbar. Kinderspielplätze, Ruhebänke, Grünanlagen, Bockwurstbuden, Andenkenläden und Ausstellungen versuchen diese Wartezeit zu verkürzen. Das alles muß ständig erhalten und gepflegt werden, wird es aber bei diesem Massentourismus von denen, für die es geschaffen wurde, oft nicht. Höhlenführer und Angestellte müssen nach der großen Saison kräftig Hand anlegen, um die Umgebung wieder in einen reinlichen Zustand zu versetzen. Selbst in der Höhle ist vom Regenschirm bis zum Eisbecher alles zu finden.
Das große Problem der Schauhöhlen ist die gastronomische Betreuung, die weder in Rübeland noch an Heimkehle und Barbarossahöhle ausreichend vorhanden ist.
Da wird es wohl auch nie eine Ideallösung geben. Wenn um die Mittagszeit hunderte Touristen ihren Hunger an einer Stelle stillen wollen oder die Sommerhitze die Limonade in Strömen fließen läßt, kommen Wirte, Kellner und Kaltmamsellen nicht mehr zurecht. Dazu schimpfen auch noch die Besucher, denen das Warten in einer Warteschlange zu lange dauert, wenn sie nach 10 Minuten Wartezeit von 50. Warteposition erst an 41. Stelle gelangt sind. Das alles sind Probleme, die es zu Beckers Zeiten nie gab.
Die alten Höhlenführer zu Beginn des Höhlentourismus kannten das Wort Naturschutz noch nicht.
Man durfte noch Souvenirs aus den Wänden brechen und so manches Handgeld mag für einen Tropfstein, ein Kristall oder einen profanen Stein seinen Besitzer gewechselt haben.
Als die veränderte und geplünderte Baumannshöhle dann hinter der noch jungfräulichen Bielshöhle zurückblieb, merkte man die Auswirkungen. Die Erschließung der Hermannshöhle erfolgte bereits nach strengen Naturschutzvorschriften.


Bergsicherungsarbeiten in der Heimkehle 1980

Die vielen Besucher bringen nicht nur Eintrittskarten, Taschentücher, Flaschen und Essenreste in die Höhle. An ihren Schuhen haften Sporen, die in der Umgebung der warmen und hellen elektrischen Beleuchtung eine alles zerstörenden Lampenflora auslösen. Dagegen eingesetzte Chemikalien zerstören das Gestein und die Höhlenfauna. Beim Anlegen der Wege werden Naturgebilde zerstört. eine Schauhöhle ist bei aller Vorsicht ein großer Eingriff in die Natur.
Weder in der Baumannshöhle, noch in Hermanns- und Barbarossahöhle oder gar in der Heimkehle werden alle Teile der Höhlen dem Touristen vorgeführt. Die nicht öffentlich zugänglichen Teile der Höhle bleiben schon aus Naturschutzgründen so, wie sie die Natur hinterlassen hat. In Baumanns- und Hermannshöhle sieht der Tourist etwa die Hälfte aller Höhleneingänge, in der Heimkehle etwa ein Drittel, in der Barbarossahöhle sieht er dreiviertel der Höhlenteile. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Mit ihrem großen Natureingang bietet die Heimkehle in jedem Winter den Fledermäusen ein brauchbares Winterquartier.
Die Eingangshallen der Rübeländer Höhlen verriegeln diese Zugänge für die Tiere, aber im Fels befinden sich noch genügend mögliche Einflugspalten. Anders bei der Barbarossahöhle. Die vor einigen Jahren angebrachten Verschlüsse sperrten die Tiere aus. Erst vor kurzer Zeit durchgeführte Veränderungen brachten erste Tiere zurück.


Die Ausstellungshalle zum Thema: Der Sulfatkarst am Südharz und am Kyffhäuser, 1982 errichtet

Oft hört man Besucher fragen, warum nicht weitere Höhlen der Umgebung touristisch erschlossen werden.
Die in diesem Heft angesprochenen Kapitel haben den dazu benötigten Aufwand schon teilweise gezeigt, der betrieben werden muß, um ein solches Objekt zu schaffen und zu erhalten. Die Naturschutzangelegenheit ist ein weiterer wichtiger Punkt.
Mit der Höhlenerschließung wird eine Höhle samt Umfeld stark beeinflußt. Die Erschließung ist ein Kompromiß. Tausende Menschen sollen auf bequeme Weise sehen, welche Formen die Natur unter der Erde hervorzubringen vermag. Dazu genügt es, einige ausgewählte Objekte zu zeigen. Die anderen sollen nach Möglichkeit so bleiben, wie sie die Natur hervorgebracht hat. Von rund 160 Höhlen des Ostharzes und seines Vorlandes sind 4 den Touristen zugänglich.
Die anderen Höhlen sind das Reich des Höhlenforschers und eventuell werden nachfolgende Generationen diese oder jene Höhle zu einer späteren Zeit ebenfalls zugänglich machen.

Baumannshöhle
Anschrift:Höhlenverwaltung Rübeländer Schauhöhlen
Blankenburger Str.
Rübeland 3725
Lage:Sachsen-Anhalt
Kreis Wemigerode
Gemeinde Rübeland
Am nördlichen Hang des Bodetales
Karsttyp:Karbonatkarst
Höhlentyp:Höhle im devonischen Kalkstein
Gesamtganglänge:550 m
Länge des Führungsweges::330 m, mit Stollen 400 m
Besonderheiten:- Interessante Tropfsteinbildungen
- Knochenfunde vom Höhlenbären
- unterirdischer Raum mit beheizbaren Sitzflächen für besondere Veranstaltungen
Entdeckung:vor 1600
Die Baumannslegende ist historisch nicht bestätigt.
Erschließung:Seit 1668 auf herzogliche Anordnung.
Führungen fanden aber bereits 1649 statt.
Umgebung:Liegt in der Dorflage Rübeland.
Parkmöglichkeiten an verschiedenen Stellen des Ortes vorhanden. Verschiedene Gaststätten im Ort.
Öffnung:Das ganze Jahr geöffnet. Außerhalb der Saison schließt und öffnet die Höhle abwechselnd mit der Hermannshöhle.

Hermannshöhle
Anschrift:Höhlenverwaltung Rübeländer Schauhöhlen
Blankenburger Str.
Rübeland 3725
Lage:Sachsen-Anhalt
Kreis Wemigerode
Gemeinde Rübeland
Am nördlichen Hang des Bodetales
Karsttyp:Karbonatkarst
Höhlentyp:Höhle im devonischen Kalkstein
Teil eines ehemaligen Bodelaufes
Gesamtganglänge:1 500 m
Länge des Führungsweges::650 m
Besonderheiten:- Interessante Tropfsteinbildungen
- Knochenfunde vom Höhlenbären
- faszinierende Kristallkammer
- Grottenolme, die für wissenschaftliche Untersuchungen in der Höhle ausgesetzt wurden.
Entdeckung:1866 beim Wegebau
Erschließung:Übergabe an die Touristen im Jahre 1890
Umgebung:Liegt in der Dorflage Rübeland.
Parkmöglichkeiten an verschiedenen Stellen des Ortes vorhanden. Verschiedene Gaststätten im Ort.
Öffnung:Das ganze Jahr geöffnet. Außerhalb der Saison schließt und öffnet die Höhle abwechselnd mit der Baumannshöhle.
Heimkehle
Anschrift:Karstmuseum Heimkehle
PSF 61
Uftrungen 4711
Sachsen-Anhalt
Kreis Sangerhausen
Gemeinde Uftrungen
Lage:Im westlichen Hang des Thyratales
Karsttyp:Sulfatkarst
Höhlentyp:Laughöhle im Hauptanhydrit des Zechsteins
Gesamtganglänge:2000 m
Länge des Führungsweges::700 m
Besonderheiten:- Ausstellung über Höhlen und Karst der Umgebung
- sehr große Räume und tiefe Seen
- großerNatureingang
- Nationale Mahn- und Gedenkstätte
Entdeckung:seit 1357 urkundlich bekannt
Erschließung:Erste Versuche um 1900 durch den Harzklub.
Echte touristische Erschließung 1920
Umgebung:Liegt 2 km vom Dorf Uftrungen entfernt.
Parkplatz am Objekt, Gaststätte im Bau, Eröffnung im Juni 1990, bis dahin Kioskversorgung.
Öffnung:Das ganze Jahr geöffnet.


Die Ausstellung: Der historische Kupferschieferbergbau und seine Beziehung zu Höhlen,
übergeben 1986 in der Heimkehle


Barbarossahöhle
Anschrift:Einrichtung Erholungswesen
Bereich Barbarossahöhle
Rottleben 4731
Lage:Sachsen-Anhalt
Kreis Artern
Gemeinde Rottleben
Am Südhang des Kyffhäusers
Karsttyp:Sulfatkarst
Höhlentyp:Laughöhle im Werraanhydrit des Zechsteins
Schlottenbildung vom Wimmelburger Typ
Gesamtganglänge:800 m
Länge des Führungsweges::550 m, mit Stollen 660 m
Besonderheiten:- Anhydrithöhle mit Vergipsungslappen
- Schöner Aufschluß des Werraanhydrits mit interessanten Gesteinslammelierungen
- Reststollen des ehemaligen Kupferschieferbergbaus
Entdeckung:1865 beim Vortrieb eines Suchstollens auf Kupferschiefer
Erschließung:seit 1866
Umgebung:Liegt 2 km vom Dorf Rottleben entfernt, Parkplatz am Objek, Kleine Gaststätte und Imbißversorgung vorhanden.


Hochwasser in der Heimkehle, Januar 1987. Touristen konnten die Höhle nicht mehr betreten.


Drachenhöhle
Anschrift:Rat der Gemeinde Syrau
Höhlenverwaltung
Syrau 9906
Lage:Sachsen
Kreis Plauen
Gemeinde Syrau
liegt in der Ortslage
Karsttyp:Karbonatskarst
Höhlentyp:Höhle liegt in den Falser- und Knotenkalken des Oberdevons, entstanden durch chemische Auflösung und mechanische Ausräumung des Gesteins im fließenden Wasser.
Gesamtganglänge:260 m
Länge des Führungsweges::230 m
Besonderheiten:- interessanter Tropfsteinschmuck
- mehrere Höhlenseen mit Unterwasserfortsetzung
- Füllung der Höhle mit Lehmablagerungen
Entdeckung:Im Jahre 1928 bei Steinbruchsarbeiten
Erschließung:seit 1928
Umgebung:Liegt in der Dorflage Syrau.
Parkmöglichkeiten und Gastronomie sind am Objekt vorhanden.
Das ganze Jahr geöffnet.
Drachenhöhle
Anschrift:Rat der Gemeinde Schweina
Höhlenverwaltung
Schweina 6203
Lage:Thüringen
Kreis Bad Salzungen
Gemeinde Schweina
Karsttyp:Karbonatkarst
Höhlentyp:Höhle im Bryozoenkalkriff des Zechsteins Anflösung und Ausräumung auf wasserführenden Klüften unter Einbeziehung primärer Riffhöhlchen.
Gesamtganglänge:700 m
Länge des Führungsweges::200 m
Besonderheiten:- aktiver Höhlenfluß
- kulturhistorische Nutzung der Höhle
Auch heute finden noch Konzerte in der Höhle statt.
Entdeckung:1799 beim Straßenbau
Erschließung:1802 erste öffentliche Besichtigungen
Umgebung:Liegt am Rande des Dorfes Schweina.
Kleiner Parkplatz vorhanden. Imbißkiosk. Gastronomie im Ort.
In den Wintermonaten nicht durchgehend geöffnet. Nachfrage in dieser Zeit ratsam.


Das Mahnmal in der Heimkehle


Literatur
(1)"Des hallischen Superintendenten Olearius
Besuch in der Baumanshöhle 1656"
BÜRGER, 1929
Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde
(2)Beschreibung deren auf allerhöchsten Befehl ihrer Römischen Kaiser-
lichen und Königlichen Majestät Francisi I. untersuchten, in dem Herzog-
tum Crain befindlichen Seltenheiten der Natur.
VALVASOR, 1689
(3)Hercynia Curiosa
BEHRENS, 1703
(4)
Gereimte Ansprachen der Rübeländer Höhlenführer
(5)Der Harz - Zur Belehrung und Unterhaltung für Harzreisende
BREDERLOW, 1846
(6)Die Baumannshöhle und ihre Geschichte
BÜRGER
(7)Merkwürdigkeiten des Vor- und Unterharzes
ROHR, 1748
(8)Illustriertes Reisebuch
JAHN, 1850
(9)Vertrag über die Nutzung der Rübeländer Höhlen aus dem Jahre 1889
(10)Höhlenkunde
KRAUS, 1894
(11)Meyers Reisebücher Harz 1901
(12)Geschichtliches von den Rübeländer Tropfsteinhöhlen
NEHRING, 1930, Manuskript
(13)Die Barbarossahöhle am südlichen Rande des Kyffhäusergebirges
SCHÖNAU, 1890
(14)Die Jahrbücher der Becker-Biels-Höhle (1796 bis 1803)
LEHMANN, ohne Datum
(15)Die Ansprachen der Führer in den Rübeländer Höhlen
STEINHOFF, 1899
(16)Harzreise 1955
Magazin 8/55 BYHAN
(17)Probleme der Lampenflora in den Rübeländer Schauhöhlen
HASE, 1978
in "Der Höhlenforscher" 3/78
(18)Liberal-Demokratische Zeitung Halle
23. Januar 1986 "Höhlenputz"
(19)Griebens Reisebibliothek Nr. 2
Der Harz 8. Auflage
ohne Datum etwa 1860
(20)Der Harz
LEHMANN, 1895
Die Barbarossahöhle im Kyffhäusergebirge
(21)Meyers Reisebücher - Der Harz
1905 Große Ausgabe
18. Auflage


Die Errichtung einer neuen Gaststätte an der Heimkehle. Richtfest 1988
 


In der Säulenhalle der Baumannshöhle
 


Der Natureingang der Heimkehle
 


Winter in der Heimkehle

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