Von diesem vergriffen geglaubten Heft zur Südharzer Regionalgeschichte sind Restbestände wieder aufgetaucht und können über den Förderverein Deutsches Gipsmuseum und Karstwanderweg e.V. erworben werden [webmaster@karstwanderweg.de ] Schauhöhlen - Höhlenführer - Touristen - von Christel und Reinhard Völker - Schauhöhlen
Das Schauhöhlengewerbe hat einen großen Wandel erfahren. Von den rund 700 Höhlen unseres Landes sind sechs und eine halbe für Besucher zum Teil zugänglich. Das sind: Baumannshöhle bei RübelandDie "halbe" Höhle ist die Marienglashöhle bei Friedrichroda. Eigentlich handelt es sich bei diesem Objekt um ein altes Bergwerk. Die Bergleute fanden bei ihren Arbeiten aber eine kleine kristallerfüllte Höhle. welche die eigentliche Attraktion des Objektes ist, wenn auch die kleinste Räumlichkeit, die bei der Besichtigung durchschritten wird. In diesem Heft sollen am Beispiel der im Harz gelegenen Schauhöhlen Baumannshöhle, Hermannshöhle und Heimkehle und der am Kyffhäuser gelegenen Barbarossahöhle einige Probleme des Schauhöhlenwesens angerissen werden. Der Leser findet Schilderungen früherer und heutiger Höhlenbesucher und kann dadurch den Wandel in Auffassung und Ablauf erkennen. Er bekommt die rasante Entwicklung der Besucherzahlen vorgestellt und sieht, daß damit in der Organisation von Höhlenführungen Probleme auftauchen, die vor den Kulissen nie sichtbar werden. Silberstollen bei Geising Eingang der Baumannshöhle, MERIAN 1654 Es gibt darüber hinaus noch Objekte, die zur Zeit als Schaubergwerke vorbereitet werden und auch welche, die nach kurzer Blütezeit ihren Betrieb wieder eingestellt haben. Die Problematik mit dem Besucherverkehr ist bei den Schaubergwerken ähnlich der Problematik der Schauhöhlen, wobei es schon eine Reihe wichtiger Unterschiede gibt. Nur sollen im Rahmen dieses Heftes ausschließlich Probleme und Fakten der touristisch zugänglichen Naturhöhlen vorgestellt werden.
Seit 1649 stand die Baumannshöhle bei Rübeland in dem Ruf, eine Einmaligkeit ihrer Art in der Welt zu sein. (1) "Nachdem wir am 18. Juli 1656 die Eisenhammer zum Neuen Werke und Rübelande besehen, sind wir nach Anweisung unseres Führers Valtin Wagner den Berg hinauf, welcher nahe am Rübelande gelegen und oben ganz bloß und ohne einigen Baum gefunden worden, zu der Baumannshöhle gestiegen, für deren Eingang, welcher fast oben am Berge war, ein ziemlicher Schwibbogen in Form einer Kapellen sich präsentiert, und daselbst haben wir die Bergkappen angezogen, unsere Kleidungsteile darinnen liegen lassen, die Fackel und Lichter angezündet und einer nach dem andern auf den Knien eine ziemliche Länge zwei enge Kluften hindurch kriechen müssen, worauf wir in die erste Höhle eingetreten und selbige von ziemlicher Höhe und Weite, so daß kleine Bauernhäuser garwohl darin stehen können, befunden, den Tropfstein durchgehende bei großen Haufen, als die Unterteils von gewölbten Schwibbogen auf dem Boden gestanden, auch oben am Gewölbe wie Eiszapfen gehangen, in gleichen viele Nebenhöhlen gesehen worden. Weil wir aber unseren Führer nachfolgen müssen . . ." Es folgen umständliche Beschreibungen der seltsamen Bildungen der Natur und Hinweise auf die Gefährlichkeit des gesamten Unternehmens. Auch galt es durchaus als gute Sitte, einige der Naturgebilde als Souvenirs herauszubrechen und mit in die heimische Studierstube zu nehmen. Von besonderem Interesse waren da die seltsamen Knochen, die man dem legendären Einhorn zuschrieb und die wundertätigste Heilwirkung ausüben konnten.
Auch Herr Superintendent hätte gern ein paar der Knochen mitgenommen:(1) ". . . Was sonsten von dem Einhorn, welche allhier gefunden worden, ausgesprenget wird, hat unserer Führer uns dessen überflüssig hin und wieder in Felsen steckend gezeigt, weil aber der Felsen hart, und ohne eiserne Picken, deren wir keine bey uns hatten, nicht los zu machen vermochten, haben wir müssen bleiben und mit einem gar wenigen nur zur Probe und Beweistum diesmal begnügen lassen . . ." Nach dem Tode des Höhlenführers Wagner kümmert sich keiner um die Höhle. Man kroch wild darin herum und verunstaltete die Höhle. (6) ". . . Nun war kurz vorher der alte Führer Valtin Wagner gestorben, und um die Ernennung eines neuen hatte sich bisher niemand gekümmert. Das hatten einige freche Burschen benutzt, um . . . in die Höhle einzudringen und eine dort gezeigte Tropfsteinfigur, die sogenannte Himmelfahrt Christi, zu verstümmeln. Als der Herzog dies bei seinem Besuche in der Höhle bemerkte, geriet er in heftige Erregung und griff sofort persönlich ein. Er befahl daß dem Schwiegersohn des verstorbenen Führers, Hans Becker, der ihn begleitet hatte, sogleich ein Privilegium ausgestellt werden sollte, wonach dieser allein das Recht zur Führung in der Höhle habe, dafür aber auch mit aller Sorgfalt für die Ordnung und Schönheit in der Höhle sorgen und jeden, der sich unangemeldet darin aufhielte, zur Bestrafung anzeigen sollte . . ." Die Höhle wurde mit einem fest verschließbaren Tor versehen, die Engstellen im Eingangsbereich wurden erweitert, an schwierigen Stellen wurden Treppen eingehauen, Leitern aufgestellt und Abgründe mit hölzernen Brücken gesichert. Nach und nach wurden durch neue Entdeckungen weitere Hohlräume bekannt, die auch geführt wurden, wenn auch unter großen Abenteuern. (2) ". . . Ich zwar habe diese Baumannshöhle vor zwanzig Jahren, da ich selber drinn gewest, auch gesehn; aber in diesem vierten Teile meines Vaterlandes viel verwunderlichere gefunden, als unter anderen, zu Lueg und Adelsberg. Vor fünf Jahren ließ ich einen Engländer und zwei Holländer neben anderen unseres Landes Denkwürdigkeiten (gemeint ist das heutige Jugoslawien) auch diese Grotten sehen, leistete ihnen auch selber einen Gefährten. Dieselben konnten des Verwunderns nicht satt werden über die Grotte zu Adelsberg und noch weniger über die zu Lueg. Sie hatten die obbeschriebene Baumannshöhle im Braunschweigischen auch gesehen, gleich wie auch sonst in unterschiedlichen Ländern viel andere wunderbare Speluncken; (denn es waren alle drei gar curiöse und schaugierige Peregrinanten) und versicherten, daß ihnen zwar niemals eine Höhle zu Augen gekommen, welche über die Baumannshöhle wäre, diese zwei aber gingen weit darüber; ja die Baumannshöhle könnte gegen diese beiden Crainerinnen gar in keine Vergleichung treten. In welcher Meinung ich mit ihnen ganz einig . . ."
Nach der Erwähnung einiger Vorzüge der im Jugoslawischen Karst gelegenen Höhlen gibt VALASOR aber auch der Baumannshöhle eine versöhnliche Bewunderung: (2) ". . . Nichts destoweniger ist doch auch überaus und fast unglaublich wundersam die Grotta (gemeint ist die Baumannshöhle)." GEORG HENNIG BEHRENS gab 1703 eine treffende Schilderung einer Höhlenbefahrung der Baumannshöhle: (3) ". . . wenn nun einige curieuse Personen vorhanden, die selbige zu sehen verlangen, müssen sie sich, damit sie keine vergebenes Werk anfangen, vorher und vor allen Dingen um einen Führer umsehen, welcher ein Mann ist, so gemeiniglich zu gedachten Rübelande wohnt, und von der hohen Obrigkeit über die Höhle bestellet, auch mit solcher Verrichtung privilegieret worden; haben sie nun daselbst nach demselben gefraget, und ihn angetroffen, können sie demselben ihr Verlangen entdecken, so wird er alsdann leichtlich ihnen seines Interesses wegen willfahren, und sie um ein leidliches Trinkgeld in die Höhle führen; zu dem Ende der alsobald Berg- oder andere geringe Kleider verschaffet, welche die Compagnie anziehen muß, wenn sie anders nicht im Durchkriechen der Höhlen ihre Kleider mit Staub und Kot abscheulich besudeln Und verderben auch wohl gar zu ihrem Schaden noch Spott haben wollen; wovon ich ein Exempel an einem filzigen und geizigen Menschen gesehen, welcher zu menagieren gedachte, und deswegen seine Kleider anbehielt, in Meinung: daß er als denn nicht so viel zum Trinkgelde vor den Führer, welches demselben vorher einige aus Kurzweile weisgemacht, geben dürfte, und half es nicht, daß demselben von dem Führer vorher gesagt wurde, wie er dieselben häßlich zurichten würde, welches auch erfolgte, in dem er grausam besudelt aus der Höhle kam, worüber denselben die Compagnie heftig auslachte, und nicht wenig versicherte, sonderlich da er eben so viel als andere zum Trinkgeld nach Ausspruch des Führers, mit dem einige aus der Compagnie solches vorher abgeredet, unter dem Vorwand, daß solches also bräuchlich sei, erlegen mußte, um ihm seine Entschuldigung nicht zu statten kam: daß er nämlich seine Kleider anbehalten hätte. Unterdessen, als die Compagnie mit dem Aus- und Anziehen beschäftigt ist, versieht sich der Führer nicht allein mit Lichtern und Fackeln, sondern auch mit einem guten Feuerzeuge, welche in Sonderheit mit trockenem Zunder wohl versehen ist; massen derselbe ohne dem in der Höhle nicht gerne fänget, weilen er daselbst von den darinnen enthaltenen feuchten Dünsten noch feuchter wird, und also destoweniger die aus dem Stahl geschlagenen Funken annimmt.
BEHRENS versuchte sich in physikalischen Deutungen des Lichtverlöschens. An Erdgeister und Gespenster wollte er nicht mehr so recht glauben. Die Reisegesellschaft war schließlich umgezogen, sie lachten über ihre wundersame Verkleidung, besonders über ein "beherztes und curioses Frauenzimmer", welches ebenfalls in ungewöhnlicher Kleidung den Gang in die Unterwelt wagte. REINBOTH fand handschriftlich eine gereimte Ansprache eines unbekannten Rübeländer Höhlenführers, der artig, aber unmißverständlich, um ein Trinkgeld bat: (4) ". . . Meine Herren ich führe Sie aus und ein ROSENMÜLLERS Zeichnung eines Höhlenbärenschädels, 1805 Wer denn alle Gefahren und Entbehrungen auf sich nahm, konnte mit Stolz seine Erlebnisse berichten. Meist hatte er auch noch einen Stein oder Knochen aus der Höhle mitgebracht, als klaren Beweis, wirklich dort gewesen zu sein. Der Name wurde mit Fackelruß an die Höhlenwand verewigt oder gar mit spitzem Gegenstand eingekratzt. Der Herzog Ludwig Rudolf erließ schließlich eine Verordnung. (6) " . . . daß die damals immer noch herschende Unsitte des Anmalens und Einkratzen der Namen abgeschafft und jeder Besucher aufgefordert wurde, seinen Namen mit einer gewissen Devise, oder wer die Geschicklichkeit dazu besitzt, mit einer auf diese Höhle verfertigenden Poesie in ein besonders hierzu gewidmetes Buch eintragen sollte . . ." ROHR fand das vom Herzog gewünschte Poesiebuch bereits vor und berichtete 1748 darüber: (7) ". . . Ist man mit der Besichtigung dieser Höhle zu Ende kommen, und hat seine Curiosität sattsam gebüßet, so gibt man seinen Führer eine Diskretion und zeichnet alsdann nach einer von ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht, dem ohnlängst verstorbenen Herzog Ludwig Rudolf zu Blankenburg gemachten Verordnung, seinen Namen mit einer gewissen Devise, oder wer die Geschicklichkeit hierzu besitzt, mit einer auf diese Höhle verfertigten Poesie in ein besonders hierzu gewidmetes eingebundenes Buch . . . " BREDELOW beschreibt 1846 einen Besuch der Baumannshöhle. Die Besichtigung war schon bedeutend einfacher geworden. Effekte wurden mit Feuerwerkskörpern erzeugt, der Glaube an Gespenster und Erdgeister war gewichen, also mußte man etwas nachhelfen. (5) ". . . Felsenstiicke hängen herab, Untergang drohend dem Haupte dessen, der vorwitzig in die Geheimnisse der Unterwelt dringen will. Dennoch ist nicht die geringste Gefahr, die Höhle zu befahren, wofern man dem Führer genau folgt, sich nicht von ihm entfernt und nicht erhitzt hinabsteigt . . .
. . .Bei dem Hinaufsteigen zu Tage fängt man mit wahrhaftiger Freude den ersten fernen Schimmer des halb hinglitzernden Sonnenlichtes auf, sobald die milde, schmeichelnde Sommerluft warm und labend uns wieder umfächelt und unsere Füße wieder den grünen Bergteppich unter sich haben, da ist's, als wenn wir aus einem großen, ängstlichen Traume zum wirklichen Leben erwachten. Das dargebotene Wasserbecken erinnert an die schwarze Höllenfahrt und dient zugleich als Klingelbeutel zur Aufnahme eines kleinen Danceurs an die Magd des Führers für dargereichten, notwendigen Waschapparat. Auch der Führer bittet um sein Viaticum; eine Person zahlt 6 Groschen; a zwei Personen 4 Groschen; drei oder mehrere a Person 3 Groschen. Für vollständige Illumination der Höhlen verlangt der Führer 2 bis 3 Taler, eine bengalische Flamme oder sonstiges Feuerwerk wird nach dem Werte bezahlt, die Bergmusici bekommen 2 Taler . . ." Besonders schauerliche und effektvolle Beilagen zur Höhlenführung standen hoch im Kurs, wie das Entzünden von bengalischen Feuern. Im illustrierten Reisebuch von 1850 wird der Besuch der Höhle empfohlen: (8) " . . . Der Besuch jener 7 Höhlen (gemeint sind 7 Räume) erfordert 1-2 Stunden. In der Nähe des oben genannten Gasthauses wohnen angestellte Führer, welche, wenn es gewünscht wird, die Höhlen mit bengalischen Feuern etc. beleuchten, wofür man 10-20 Silbergroschen zahlt . . ." Meyers Reisebücher "Der Harz" 1884 priesen eine Höhlenbesichtigung in Rübeland so an: ". . . Im Gasthof und vor den Höhlen sind Führer für die Höhlen meist anwesend. Jeder leiste dem Fiihrer Folge. Gebrechliche Leute dürfen nicht in die Höhle, sonst auch für Damen und Kinder ohne Beschwerde. Damen mögen aber nicht mit Zeugschuhen einfahren, Herren nicht mit hohen Hüten. Abkühlung vor der Höhle. Die Höhlen sind am Abend, wenn viele Feuerwerke schon darinnen gebrannt haben, weniger angenehme zu besuchen . . . Der Touristenstrom wuchs ständig, Geld war zu verdienen. Man erkannte immer mehr, daß Fackelruß und bengalische Flammen die Höhle zerstörten. Qualifizierte und auf Ordnung bedachte Höhlenführer mußten den Besucherstrom steuern. Die Hermannshöhle war entdeckt worden und sollte eine weitere Attraktion Rübelands werden.
So wurde vereinbart, daß nur bestimmte Räume der Höhlen für den Tourismus zu erschließen sind. Ein Teil der Räume wurde ausschließlich wissenschaftlichen Arbeiten vorbehalten. Es wurden keinerlei Veränderungen gestattet. (9) " . . . Der Pächterin ist untersagt, an dem gegenwärtigen Zustande der Höhlen, insbesondere an den vorhandenen Tropfsteinbildungen, Knochenfeldern und einzelner Knochen eigenmächtig irgendwelche Veränderungen vorzunehmen und hat dieselbe von Anfang an dafür Sorge zu tragen, daß zur Vermeidung von Schädigungen die Räume nur auf bestimmten von der Verpächterin vorgezeichneten Wegen betreten werden . . ." Es wurde sogar vorgeschrieben, an bestimmten Stellen: (9) ". . . Schutzvorrichtungen, die ein Berühren der Gegenstände seitens des Publikums zu verhindern geeignet sind, auf eigene Kosten anzubringen und in zweckentsprechendem Zustande zu unterhalten . . ." Bengalische Feuer und Fackelruß wurden ebenfalls aus den Höhlen verbannt: (9) ". . . Bis zur Einrichtung der elektrischen Beleuchtung dürfen in der Hermannshöhle zu Beleuchtungszwecken darin nur Apparate, welche eine schwärzende Wirkung auf die Wandungen und den Inhalt der Höhle nicht ausüben, benutzt, dagegen rußende Öllampen, Fackeln, bengalische Feuer und dergleichen keinesfalls angewandt werden, während in der alten Baumannshöhle hinsichtlich der Beleuchtung in bisheriger Weise verfahren werden kann, (Mit alter Baumannshöhle meinte man die alten, verrußten, heute für den Touristen nicht mehr zugänglichen Höhlenteile). In der Bielshöhle kann es überhaupt bei der bisherigen Beleuchtungsmethode verbleiben, jedoch darf ein Abbrennen bengalischer Feuer darin künftig nicht mehr stattfinden . . ." Im Paragraphen 12 des Pachtvertrages wurden die Höhlenführer benannt: (9) ". . . Pächterin hat die jetzigen, für die Baumanns- und Bielshöhle angenommenen Höhlenführer, Carl Volkmann, Fritz Müller, Eduard Schünemann, Christian Streitenberg und Fritz Kober, sämtlich zu Rübeland, so lange sie diesem Dienste tauglich sind, letzteren auch nicht durch schlechte Führung verwirkt haben und es wünschen, alljährlich während der Monate Juni, Juli, August und September vor allen anderen Personen als Führer oder Aufseher in den Pachthöhlen zu beschäftigen und denselben für jeden Tag in diesen Monaten je drei Mark Lohn zu zahlen, jedoch liegt den Genannten die Verpflichtung ab, an Tagen, an welchen Sie durch die Höhle besuchendes Publikum nicht genügend in Anspruch genommen werden, gegen den gedachten Lohn zugleich Arbeiten in den Höhlen oder in Ermangelung solcher auch entsprechende leichte Arbeiten auf den Rübeländer Werken der Pächterin zu verrichten . . . Damit war zumindest offiziell auch der Verkauf von Tropfsteinen und "Einhornknochen" als beliebtes Souvenir unterbunden.
Wenige Menschen hatten den Mut, in Höhlen einzudringen und auf eigene Faust in ihnen herumzukriechen. Die, die das taten, kann man bereits als Höhlenforscher bezeichnen, wenngleich sich ihre Forschungen von denen unserer Zeit erheblich unterscheiden. (10) ". . . Bei gangbar gemachten und vielbesuchten Höhlen ist stets geeignetes Führerpersonal vorhanden, welches auch für die gewöhnlich nicht dem Publikum zugänglichen Nebenstrecken kennt... Bei allen derartigen Exkursionen sollte man sich ortskundiger und höhlengewohnter Führer oder mindestens Begleiter bedienen. Das Alleingehen in Höhlen ist unbedingt zu verwerfen . . ." Nach und nach begriffen Einheimische, daß sie mit Höhlenführungen Geld verdienen konnten. Es mußte ja auch nicht unbedingt sein, daß die Fremden in das dunkle Loch geführt wurden. Oftmals reichte ja schon, den Weg zum Mundloch zu zeigen und vor dem Eingange sitzen zu bleiben und zu warten. Manchmal aber war auch das schon eine zu gefährliche Angelegenheit und Interessierte mußten mangels eines geeigneten Höhlenführers auf einen Höhlenbesuch verzichten. (7) ". . . v. Rohr hat diese Höhle selbst nicht besuchen können, ob ich ihr gleich zu Gefallen einige Meilen hierher gefahren, inmassen die Einwohner dieses Dorfes, weil es damals Ernte war, sich mehrenteils auf dem Felde aufhielten und sehr wenig Leute in dem Dorfe Uftrungen anzutreffen waren. 1668 war mit Hans-Jürgen Beckers Berufung zum Höhlenführer der Baumannshöhle die Zunft der Höhlenführer im Harz entstanden. Zur Arbeit des Höhlenführers gehörte nicht nur das obligate Führen der Besucher. Der Höhlenführer war auch ein Höhlenforscher. Durch das zerstörerische Beschlufen und Bekriechen der Hohlräume und das Verhökern von Souvenieren war es von Zeit zu Zeit notwendig, jungfräuliche Hohlräume aufzufinden und der Besichtigung zu übergeben. Bengalische Feuer und pyrotechnische Illuminationen verrußten Decke und Wände, zerstörten den Glanz des Tropfsteins. Eine frisch entdeckte Kammer brachte da allerhand Abwechslung und Neubelebung in das Geschäft. (5) " . . . Vor 2 Jahren veranlaßte ein kühner Amerikaner die jetzigen Führer zu einer weiteren Entdeckungsreise; nie betretene Abgründe wurden durchsucht, neue Höhlen eröffnet, seltene Schönheiten, Grotten mit ganzen Säulenreihen stellten sich dem spähenden Auge dar und immer öffneten sich neue Zugänge und neue Portale und immer tiefer ging's von Schlotte zu Schlotte aber plötzlich fingen die Grubenlichter an dunkler zu werden und das Glas des rettenden Kompasses zerbrach, -da war schleunige Rückkehr notwendig . . ." Immer wieder waren die Höhlenführer als gute Kenner der Höhle an Neuentdeckungen beteiligt oder führten auf eigene Faust Neuvorstöße durch. Entdeckerfieber ließ sie vor nichts zurückschrecken. So auch 1887 bei der Erforschung der Hermannshöhle. (12) ". . . Fritz Hase, durch den letzten großen Erfolg vom 2. 9. vom Entdeckungsfieber ergriffen, hatte sein Feuerwehrseil wieder herbeigeschafft und ließ sich an diesem Seil, das von 2 Arbeitern gehalten wurde, so weit nach unten gleiten, als die Länge des Seiles es gestattete. Als er aber damit in ca. 15 m Tiefe den Boden des ihn umgebenden Raumes noch nicht erreicht hatte und von unten beobachten konnte, daß die Kameraden, die das Seil hielten, auf dünner Sinterplatte standen, verlangte er wieder heraufgezogen zu werden. Das war leichter gesagt als getan. Das mit Hase belastete Seil hatte sich in die Sinterplatte eingeschnitten und so festgeklemmt, daß alles Ziehen vergeblich war und ich schließlich ein Reißen des Seiles befürchten mußte. Erst nach Herbeischaffung und Einkeilen eines glatten Holzstückes gelang es mir mit viel Mühe zumal die Enge der Nische hindernd wirkte, dem Seil eine andere Unterlage zu geben und den armen Hase glücklich heraufzubefördern und aus seiner unglücklichen Lage zu befreien . . ." Auch später haben Höhlenführer bedeutende Teile der Hermannshöhle entdecken können. So konnte man im Blankenburger Kreisblatt vom 6. 4. 1939 von einer weiteren Neuentdeckung lesen: "Seit Wochen hatte einer der Höhlenführer in Rübeland wieder eine Fledermaus beobachtet, die im Zickzackflug durch die großen Höhlenhallen geisterte und dann hinter ein paar besonders großen Tropfsteingebilden verschwand. Schließlich ging er der Flugbahn der Fledermaus nach und entdeckte im Gestein und Lehm ein kaum kellergroßes Loch, aus dem ein starker Luftzug kam. Höhlenführer an der 1865 entdeckten Barbarossahöhle zu sein, brachte noch andere Verpflichtungen mit. Nach absolvierter Höhlenführung wurde die Touristenschar durch den Höhlenführer beköstigt: (13) ". . . Draußen verteilte sich so (die Gesellschaft), daß die Damen in der Hütte zur linken Hand Platz nahmen, um den von Frau Jögike freundlich präsentierten Kaffee und Kuchen zu sich zu nehmen, während in der Hütte zur rechten die Herren den durch die Aufbewahrung im Stollen eiskalt gewordenen, vortrefflichen Bachmüller-Bier und den ganz vorzüglichen, von der Höhlen-Wirtin mit manchem Scherzwort gereichten Schinkenbrötchen zusprachen . . ." Wichtig für einen Höhlenführer war sein ganzes Auftreten, seine Art, den Besuchern die unterirdischen Erscheinungsformen leicht faßlich zu erkIären. Es durfte nicht zu wissenschaftlich werden, ein Scherz, hier und da eingestreut, war überaus wichtig. Andererseits mußte der Höhlenführer aber auch in der Lage sein, speziellere Fragen zu beantworten. Redetalent und Ausstrahlungskraft waren gefordert. Das war natürlich nicht jedem gegeben und so ist es nicht verwunderlich, daß verschiedenste Besucher mit diesem oder jenem Höhlenführer nicht einverstanden waren, andererseits wahre Lobeshymnen verbreiteten. LEHMANN schrieb gegen 1803 über den Führer der Bielshöhle: (14) ". . .Herrn Beckers Leuteseligkeit hat dazu nicht wenig beigetragen (zum Anwachsen der Besucherzahlen) und künftige Reisende dürfen nicht zweifeln, eben so gut aufgenommen zu werden. . ." Auch sprach LEHMANN sein volles Vertrauen gegenüber dem Höhlenführer aus: (14) ". . . Wir befinden uns in der zweiten Höhle zwar nicht in fürchterlicher Einsamkeit, denn der mutvolle Becker ist ja bei uns . . ." Der Höhlenführer Becker muß wohl einer der begabtesten seiner Innung gewesen sein. HORSTIG schilderte Beckers Auftritte 1805 so: (15) ". . . In der letzten Tiefe der Höhle . . . ließ uns der alte Becker stehen, um von hier aus über eine hohe Leiter hinaufzusteigen, und von oben herüber einen Querbalken einige Verse im pathetischen Tone über die Allmacht und Größe des Schöpfers zu deklamieren, die nach seiner Aussage ihn selbst zum Verfasser haben. Wäre dies letzte auch nicht, so würde man doch dem Manne, der sie vorträgt, das Verdienst nicht absprechen können, diese Kanzelrede unter dem schauervollen, von einem schwachen Lämpchen beflimmerten Steinklüften, bei dem erschütternden Widerhalle in dem weiten Gewölbe, auf den größten Effekt berechnet zu haben . . ." Ganz anders schilderte Ingeborg BYHAN 1955 einen Höhlenführer der Hermannshöhle: (16) ". . . lch mußte alt Frau Holles Bergschloß, an Barbarossas unterirdisches Reich und an Rübezahls Kristallpalast denken. Plötzlich blieb nur noch die kalte, feuchte Höhle, erfüllt von einer leiernden Stimme, der man es anhörte, daß sie schon tausendmal dasselbe gesagt hatte. Im Handumdrehen war die ganze Märchenwelt entzaubert. Für die zartesten Kristallgebilde wußte sie (die Höhlenführerin) Namen, wie "Streuselkuchen", "Harzer Käse" usw. Ein Herr aus Altenburg schrieb 1955 einen Brief über seine Eindrücke aus Höhlen und das Auftreten der Höhlenführer. Es war begeistert von der Führung in der Baumannshöhle. (17) ". . . Da ist z. B. eine Führerin für die Baumannshöhle in Rübeland, die wirklich eine Führung ins Märchenreich vornimmt . . ." Von den Führungen in der Hermannshöhle war er auch sehr angetan: (17) ". . . Auch der eine Führer der Hermannshöhle mit dem kleinen Gummihammer ist zur Gruppe der guten Führer zu rechnen . . ." Von den Führungen in der Heimkehle war der gute Herr sehr enttäuscht:(17) ". . . Nichts wirkt schlimmer, als wenn die führende Person in dem Beruf als Führer nur den Beruf sieht, also seinen Broterwerb.
Euphorische Berichte über Höhlenbesuche sind heute seltener geworden. Was ist die Ursache? "Früh waren wir in der Barbarossahöhle, war viel los. Wir wollen die anderen Höhlen noch sehen, wie lange ist denn in Rübeland offen? Lohnt es sich, in beide Höhlen zu gehen oder ist das nicht dasselbe? Ist die Heimkehle nicht genau so wie die Barbarossahöhle, da brauchen wir ja nicht erst hineinzugehen -Ach, sie ist anders, dann müssen wir schnell zur Führung, damit wir unser Programm schaffen . . ." Viele Besucher bringen keine Wartezeiten mehr auf. Alles muß streng nach Plan laufen, Höhlenbesuch, Ein- und Aussteigen eine Stunde, mehr nicht . . . Da bleibt nichts mehr von der gemütlichen Vorbereitung auf die Höhlenfahrt, das Frage- und Antwortspiel mit dem Höhlenführer.
Die Besucher früherer Jahrhunderte waren mit dem Dunkel der Stille, dem Geräusch des tropfenden Wassers und dem Blick in dunkle Spalten mächtig zu beeindrucken.
Fackeln und Illuminationen sind heute aus den Höhlen verbannt. Elektrisches Licht schafft eine sichere Helligkeit, ein Druck auf den Knopf und die gewünschten Effekte können vorgeführt werden. Direkte und indirekte Beleuchtung verändern das Bild, durch Zuschalten verschiedenster Effektscheinwerfer kann der Höhlenführer das Bild verändern. Im Überschwang der technischen Möglichkeiten wurden große und lichtstarke Lampen errichtet. Doch bald mußte man erkennen, daß das eine neue Gefahr für die Höhlen bedeutete. Während man anfangs noch erfreut war, daß im Kegel der Scheinwerfer ein paar grüne Pflänzchen ihr Haupt erhoben, waren bald die schönen Sinterwände unter grünen Algen bedeckt, Farne und Moose wucherten die Scheinwerfer ein. Die Pracht ging verloren. "Lampenflora" nennt man diese Erscheinung, die in allen Schauhöhlen der Welt große Probleme hervorgebracht hat. (17) ". . . In den letzten 10 Jahren hat der Bewuchs im Bereich der Lampen und Scheinwerfer verstärkt zugenommen. So sind diese Höhlenteile mit einem dichten Moosteppich, mit Algen und vereinzelt mit Farnen bewachsen. Dieser Bewuchs hat schon heute solche Formen angenommen, daß das vom Bewuchs befallene Gestein der Höhle, die Sinterwände, die Stalagmiten und Stalaktiten und die Kristalle durch biogene Säuren zersetzt sind. Die Lampenflora wirkt störend auf die Besucher. Die Höhle hat ihre ursprüngliche Beschaffenheit in diesen Bereichen verloren . . . Da in unbeleuchteten Höhlenteilen dieser als Lampenflora bezeichnete Bewuchs nicht auftritt (die Sporen sterben hier früher oder später ab), müssen wir das Wachstum über die Beleuchtung regulieren . . ."
HASE kommt zu dem Schluß, Beleuchtungsintensität und Beleuchtungsdauer drastisch zu reduzieren. (17) ". . . Zur besseren Ausleuchtung der Höhlenteile wurden in der Vergangenheit immer mehr Beleuchtungsquellen mit größerer Lichtstärke angebracht, so sind solche mit 500 und 1000 W keine Seltenheit mehr. Unter HASE wurde diese drastische Reduzierung der Beleuchtung daraufhin auch durchgesetzt. Heute gibt es in den Rübeländer Höhlen keinen 1 000 W und keinen 500 W Scheinwerfer mehr. Anders liegen die Verhältnisse in der Heimkehle und in der Barbarossahöhle. Mit Lampenflora hat man hier nicht zu kämpfen. Anfangs lag die Vermutung nahe, daß der Chemismus des Sulfatgesteins jegliche Vergrünung verhindere. Daraufhin wurde das Experiment durchgeführt, Gipsbrocken in die Lampenflora der Rübeländer Höhlen zu legen. Doch nach einiger Zeit begrünten auch diese Steine. An starken Tropfstellen trat das jedoch nicht auf. Es liegt deshalb der Schluß nahe, daß Ursache für die fehlende Vergrünung von Sulfatkarsthöhlen die hohe Löslichkeit des Sulfatgesteins ist. Die Luftfeuchtigkeit sorgt für einen feinen Wasserfilm und dieser löst das Gestein ständig. Deshalb scheinen Pflanzen nicht Fuß fassen zu können. Ein nicht reparierter Scheinwerfer in der Heimkehle ließ sich während der Führung nicht abschalten. So brannte der Scheinwerfer während der gesamten Führungszeit etwa ein halbes Jahr. Daraufhin entstand in seinem Umfeld Lampenflora mit Moosen und kleinen Farnen. Aber all das wuchs nur im Lehm. Das Gestein setzte kein Grün an. Damit verträgt die räumlich große Heimkehle mehrere Staffeln von Scheinwerfern mit Einzelleistungen von 1 000 W, ohne unter der Lampenflora zu leiden. (18) ". . . Mit Bürsten und Schwämmen werden in der Rübeländer Hermanshöhle im Harz gegenwärtig (1986) bizarre Schönheiten gereinigt. Mitarbeiterinnen der Höhlenverwaltung beseitigen an den leicht zugänglichen Stellen der Höhle die sogenannte Lampenflora . . . bergsteigerisch erfahrene Mitglieder der Höhlenforschergruppe Rübeland im Kulturbund der DDR säubern das zerklüftete Deckengewölbe . . ." Modeme Höhlenerschließung verbannte zwar den Fackelruß aus den Höhlen, schuf aber völlig neue Probleme. Auch bedeutet die Errichtung einer elektrischen Anlage unter der Erde einen enormen Aufwand und ständige Wartung. Auf dem 700 m langen Führungsweg der Heimkehle sind etwa 15 km Kabel verlegt, ist eine Anlage von 50 kW elektrischer Leistung installiert, 1987 wurde nur für die Höhlenbeleuchtung die stattliche Leistung von 62.500 kWh (Kilowattstunden!) verbraucht.
Das entspricht dem Eintrittsgeld von 10 000 erwachsenen Besuchern. Die ständige Einwirkung von Feuchtigkeit, ständiges An- und Ausschalten erfordern pro Jahr einen Ersatz von rund 5 000.- M. Die gesamte elektrische Anlage verkörpert den Wert einer halben Million Mark. Das sind die Eintrittseinnahmen der Heimkehle von 5 Jahren. Da hatte es der alte Becker einfacher, im Jahr zwischen 200 und 500 Fackeln zu verrechnen. Besucher der Baumannshöhle gravierten sich einfach in die Wand ein, mit Fackelruß oder mit spitzen Gegenständen. In den heute nicht mehr öffentlich zugänglichen Teilen der Höhle ist eine solche "Namenswand" erhalten. "C. F. Becker, Anno 1787332 Inschriften wurden als lesbar gedeutet. Die meisten waren mit Bleistift geschrieben, nur einige mit Fackelruß. 7 Inschriften deckten sich mit den Eintragungen in den noch erhaltenen Gästebüchern der Bielshöhle. Diese Gästebücher aus den Jahren 1796 bis 1803 wurden durch ein gedrucktes Büchlein erhalten, welches HEINRICH LUDWIG LEHMANN auf Kosten des Entdeckers Becker herausgegeben hatte. Einige bemerkenswerte Sprüche seien hier wiedergegeben, teilweise nur auszugsweise, Nr. 43 1796 Nr. 55 1796 Nr. 108 1796 Nr. 241 1796 Nr. 270 1796 Nr. 92 1797 Nr. 248 1797
Nr. 235 1797 Nr. 93 1798 Unter Nr. 118 schrieb Kleist am 18. Juni 1798 nach dem Höhlenbesuch einige Verse in das Gästebuch, die aber nach unserem Geschmacke kaum etwas über Höhle und Höhlenführung aussagen. Er war wohl sehr mystisch von dieser Höhle angetan. Andere entwickelten im Dunkel der Höhle ganz andere Gefühle: Nr. 167 Nr. 301 1798 Im Jahre 1799 besuchte TILESIUS die Bielshöhle. Er ist als Verfasser eines zweibändigen Werkes über Höhlen bekannt und wurde in den Veröffentlichungen des Karstmuseums schon oft zitiert: "den 11ten Juni (1799) Auch die damalige "Bergbehörde" besuchte die Höhle und verewigte sich im Gästebuch: Nr. 111 1799 Sehr wissenschaftlich sind nachstehende Eintragungen gerade nicht: Nr. 119 1799 Nr. 135 1799 Nr. 447 1800 Einige der Besucher waren wohl so beleibt, daß sie nicht in die alten Kleidungsstücke paßten, die der Höhlenführer für sie bereithielt. Nr. 165 1801 Nr. 315 1801 Es könnte noch so mancher Vers aus diesem Büchlein zitiert werden. Immer wieder war man von der Höhle begeistert, lobte Fleiß, Mühe, Mut und Auftreten des Höhlenführers. Das Büchlein als noch vorhandener Rest alter Gästebücher läßt den Leser das Höhlenerlebnis vergangener Jahrzehnte nacherleben. Mit dichterischer "Glanzleistung" zog Karl Teuerkauf aus Harzburg am 20. Juli 1803 ein Fazit des Besuches. Nr. 244 1803
Innige Verse an den alten Höhlenführer Becker schmücken die verbliebenen Reste des Gästebuches der Bielshöhle. Becker konnte sich für seine Führungen Zeit lassen. Er war für die Besucher da. Das war allerdings auch kein großes Kunststück. betrachtet man die damaligen Besucherzahlen. LEHMANN hat diese in seinem Büchlein über die Gästebücher für die Bielshöhle zusammengefaßt.
In fünfzehn Jahren waren es immerhin 3 798 Besucher.
Direktor HASE, für Baumanns- und Hermannshöhle verantwortlich, schrieb 1989 über die zurückliegenden sechs Jahre und nannte dabei die aktuellen Besucherzahlen für beide Rübeländer Höhlen.
In diesen letzten sechs Jahren besuchten 2 588 798 Touristen die Höhle. Diese Zahl beginnt, bedenklich zu stimmen und ist für die filigranen Naturobjekte ohne Schäden kaum noch verkraftbar. Aber welcher Tourist ist einsichtig und verzichtet auf einen Besuch oder kommt außerhalb der Saison noch einmal zu den Höhlen, um in der besucherarmen Jahreszeit den Schaden einer zu hohen Besucherfrequenz zu verringern. Diese Besucherzahlen verteilen sich ja nicht regelmäßig auf ein Jahr. Es gibt bestimmte Wochen und Monate, in denen die Touristen in wahren Scharen die Höhle bestürmen. Das sind besonders die Ferienwochen der Schulkinder. Vom November bis zum Januar dagegen gibt es nur wenige Besucher.
Um die Besucher allseitig zu betreuen, reichen im Januar zwei Personen, im Sommer könnten es zehn sein. In den Rübeländer Höhlen werden in den Saisonwochen täglich bis zu zwanzig Höhlenführer gebraucht. Das ist nur mit Saisonkräften möglich. Höhlenführer Beckers Töchter wirkten bei Höhlenführungen manchmal als weiße Jungfrauen mit, ließen artig eine Melodie erklingen oder sprachen andächtig einige Verse. Heute benötigten die Schauhöhlen die tätige Hilfe von Schülern. Diese werden geschult mit den wichtigsten Regeln für den Höhlenführer vertraut gemacht und dann geht es ins Geschäft. Die meisten dieser Schüler führen diese Tätigkeit mit viel Liebe und hoher Sachkenntnis durch. Sie identifizieren sich mit der Tätigkeit. Manch erwachsener Besucher denkt so ein Schüler-Führer ist ein billiger Ersatz für einen "Echten" und das habe er ja nun gar nicht verdient. Es ist auch nicht gerade leicht wenn sich ein Vierzehn- bis Sechszehnjähriger gegen 50 bis 70 Erwachsene behaupten muß, unter denen es mit Sicherheit einige gibt, die sowieso alles besser wissen . . .
Ohne diese Hilfe von Schülern wäre das Schauhöhlenwesen in der DDR in der Hauptsaison nicht existent. Wenn diese Schüler nach drei Wochen Führungstätigkeit ihr Werk getan haben und ihren Obolus in den Händen halten, haben sie ihn mit Sicherheit verdient. Höhlenführer Becker hätte sich bei einer solchen Invasion mit Sicherheit in seiner Höhle eingeschlossen. In Rübeland gibt es "Supertage" mit 5 000 Besuchern, an der Heimkehle mit knapp 2 000.
Der alte Becker hatte in der Bielshöhle allerhand Aufwendungen machen müssen. Leitern und Stufen, kleine Brücken und Handläufe kosteten Arbeit, Material und Geld. Er steckte die Besucher in alte Kleidung und gab ihnen ein Geleucht. Nach der Führung bat er um seinen Obolus. Diese Dienstleistungen reichten den Touristen aus. Später wurden diese Aufwendungen schon vor dem Höhlenbesuch genannt so wie es in Griebens Illustriertem Handbuch für Reisende klar ausgesagt wird: (19) "Die Baumanns- und die Bielshöhle. Zum Besuche derselben ist die Annahme von Führern nötig, sie wohnen in der Nähe und haben ihre Empfehlungsschilder ausgehängt. Gewöhnlich besorgt der Gastwirt die Anmeldung. Es besteht eine Taxe, wonach jede einzelne Person für jede Höhle 7½ Silbergroschen zahlt; 2 Personen entrichten zusammen 10 Silbergroschen, mehr Personen je ¾ Silbergroschen, wofür man mit den nötigen Grubenlampen versehen wird. Außergewöhnliche Kosten, welche nur auf ausdrücklichen Wunsch der Gäste veranlaßt werden dürfen, entstehen z. B. für besondere Beleuchtung und Feuerwerk (pro Flamme 5 Silbergroschen, bengalische Flamme 15 Silbergroschen, für einen Bergmannsanzug 2½, Waschwasser und Handtuch für die ganze Gesellschaft 2½, weitere Handtücher a 1¼ Silbergroschen. Um später nicht durch kostspielige Freiheiten seitens der Führer überrascht zu werden, geben wir den Rat, sich vorher über die Zahl und Kosten der anzuzündenden Flammen so wie über den Preis für etwa gewünschte Musik und sonstige Unterhaltung zu verständigen. Wenn die Gesellschaft eine große ist, so wird man manches interessantes Schauspiel, wie Feuerwerk, bengalische Beleuchtung e.t.c., in den Höhlen für geringe Kosten zu sehen bekommen. Beschwerdebücher liegen in den Wirtshäusern aus . . ."
Auch war man schon davon abgekommen, daß jeder Höhlenbesucher sein Andenken mit Hammer und Meißel selbst entnahm. Da Souveniere ein gutes Geschäft waren, taten das bereits andere und verdienten daran bestimmt nicht schlecht. (19) ". . . Erinnerungszeichen an Rübeland und an die Höhlen, Kristalle, Versteinerungen und dergleichen sind in den Gasthöfen und bei den Führern käuflich zu haben. An Mineralien findet man beim Mineralienhändler Brandes treffliche Auswahl . . ."
Besucher der Barbarossahöhle beschwerten sich 1895 über zu hohe Eintrittspreise: (20) ". . . Erwähnt sei zum Schluß eine Einrichtung, zu deren Abstellung hiermit Anregung gegeben werden soll. Für die Besichtigung der Höhle wird ein Eintrittsgeld von 70 Pfennigen für jede erwachsene Person erhoben. Kommt ein einzelner Besucher zur Höhle, ohne daß es gelingt, eine größere Zahl von Besuchern anzusammeln, dann muß der einzelne Besucher dreifaches Eintrittsgeld zahlen, wie gesagt wird, wegen der Kosten für elektrische Beleuchtung. Es ist das für den einzelnen Wanderer, der den weiten Weg zur Höhle gemacht hat, recht hart. Der Eigentümer der Höhle dürfte sicher durch den vermehrten Besuch entschädigt werden, den eine zuvorkommende Behandlung der Finanzfrage allemal im Gefolge hat . . ." Ob diese Beschwerde erhört wurde, ist nicht sicher, aber anzunehmen, denn 1905 schrieb der Reiseführer über den Harz: (21) ". . . Barbarossahöhle, eine der sehenswertesten Höhlen dieser Art im deutschen Mittelgebirge, mit großartigen Gipssteinbildungen . . . und kristallklaren Wasserbecken, deren Grund elektrisch beleuchtet wird. Die Höhle (elektrisch beleuchtet) ist zugänglich, Eintritt je Person (auch eine einzelne!) 70 Pfennig, Kinder 40 Pfennig . . ." Die Heimkehle wurde 1920 erschlossen und dem Tourismus zugänglich gemacht. 1944 wurde ein unterirdisches Rüstungswerk in die Höhle eingebaut. Ein Jahr lang wurden in drei Werkhallen Flugzeugteile produziert.
Im Jahr 1970 mußte die Höhle geschlossen werden, da die elektrische Anlage verschlissen war und von Grund an erneuert werden mußte. Die Besucherzahlen zeigen das. 1979 wurde die Heimkehle in den Rang des Karstmuseums erhoben und damit begann eine umfassende Rekonstruktion der Außenanlagen, eine Veränderung der Führungswege, eine Uminstallation in der Höhle und im Jahre 1988 wurde der Grundstein zur Schaffung einer neuen Gastronomie gelegt. Die Besucherzahlen der letzten Jahre haben sich bei 80 000 Besuchern eingepegelt.
Damit gehört die Heimkehle nicht zu den am meisten besuchten Höhlen der DDR, aber auch 80000 Besucher müssen erst einmal betreut werden.
Alle Angaben in Tausend Mark (TM). Gewinn oder Verlust wurde anhand aller Ausgaben ermittelt, die in der kleinen Tabelle nicht alle aufgeführt wurden. Wenn auch die Zahlen der Heirnkehle nicht verallgemeinerungsfähig sind, entkräften sie doch den Standpunkt der Besucher, 1.50 M Eintrittsgeld für Besucher seien zu viel. All diese Arbeiten und Voraussetzungen für einen modemen Führungsbetrieb lassen sich mit dem Eintrittsgeld nicht bezahlen. Barbarossahöhle und die Rübeländer Höhlen sind zweifelsohne nicht in den roten Zahlen. Eine Neuverkabelung der Barbarossahöhle und Sanierungsarbeiten im Rübeland können aber auch dort die Seiten der Soll- und Haben-Tabelle verschieben. Der Obolus für Höhlenbesucher ist also keinesfalls zu hoch. Der Harzreisende früherer Jahrhunderte erwartete in der Nähe der Höhle keine weiteren Bequemlichkeiten. Für ihn war der Kontakt mit der unterirdischen Natur Erlebnis genug. Meist lag die Höhle am Wege einer Harzreise, Absteigen und Herbergen gab es an vielen Stellen, die Preise waren jedoch nur für besser gestellte Reisende erschwinglich. Der einfache Mann ging zu Fuß, die Reiseliteratur gab eine umfassende Aufstellung, was man alles mitzunehmen hatte: (11) ". . . Dem Fußgänger ist als bequemstes Gepäck der Rucksack (für kleinere Touren ein Netzrucksack) zu empfehlen, der sich viel leichter trägt als jede Seitentasche. Ferner Feldflasche und Gummibecher; ein kleines Fernrohr, bzw. Feldstecher. Handstock und Schirm vereinigt am besten in einem festen Stojschirm mit starker Stachelzwinge. Ferner Waschzeug (angenehm auch etwas Seifenpapier und wohlmöglich ein Handtuch), Messer mit Propfenzieher und Schere, ein nicht zu kleiner Kompaß, Zündhölzchen, Nadel, Zwirn, Knöpfe, englisches Pflaster und etwas Bindfaden. Von Nutzen sind endlich auch oft medizinische Heilmittel: Natron bicarbonicum gegen Magensäure, Tropfen gegen Kolik und Diarrhöe etc. Ein ordentliches Stück antiseptischer Hirschtalg sowie alte Leinwand zur Heilung wundgelaufener Stellen und nicht zu vergessen . . ."
Die Reisekosten richteten sich nach dem, was man erschwingen konnte. Führer waren ebenso wie Träger nicht gerade billig: (11) ". . . Führer erhalten täglich 4 bis 6 M; dafür müssen sie bis 20 kg Gepäck tragen und sich selbst verpflegen. Ihren Gasthofsempfehlungen schenke man aus naheliegenden Gründen nicht ohne weiteres Glauben. Mit der Gastronomie schien es nicht sonderlich bestellt zu sein: (11) ". . . In den großen Verkehrsmittelpunkten gibt es gut eingerichtete Häuser, die auch größeren Ansprüchen genügen; im übrigen aber stehen die Gasthäuser des Harzes in Bezug auf Komfort häufig hinter dem zurück, was der von ausserhalb des Harzes kommende Reisende gegenüber den geforderten Preise billigerweise verlangen kann. Die Einrichtung (besonders Betten, Waschgelegenheit und Aborte) läßt oft zu wünschen übrig, und es wäre den Gastwirten, welche ihre bescheidenen Häuser als "Hotel ersten Ranges" ankündigen, im eigenen Interesse anzuraten, erst einmal einen gut geführten Gasthof kennen zu lernen und danach ihr Haus umzugestalten . . ." Heute bestehen ganz andere Ansprüche. Die Höhle muß verkehrstechnisch leicht erreichbar sein. Eine Asphaltstraße, möglichst bis zum Eingang, ist das Mindeste. Ein Parkplatz, im Sommer mit schattigen Bäumen, möchte in unmittelbarer Nähe des Höhleneinganges liegen. Die Zahlung einer Mark Parkplatzgebühr ist für viele Touristen nicht akzeptierbar. Da stellt man sein Auto lieber in eine Einfahrt oder an eine Stelle, wo man selbst bei heftigstem Streit Sieger bleiben kann und die Parkplatzgebühr nicht entrichten muß.
Die vielen Besucher bringen nicht nur Eintrittskarten, Taschentücher, Flaschen und Essenreste in die Höhle. An ihren Schuhen haften Sporen, die in der Umgebung der warmen und hellen elektrischen Beleuchtung eine alles zerstörenden Lampenflora auslösen. Dagegen eingesetzte Chemikalien zerstören das Gestein und die Höhlenfauna. Beim Anlegen der Wege werden Naturgebilde zerstört. eine Schauhöhle ist bei aller Vorsicht ein großer Eingriff in die Natur.
Oft hört man Besucher fragen, warum nicht weitere Höhlen der Umgebung touristisch erschlossen werden.
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