Die Entdeckung und Erforschung der Segen-Gottes-Schlotte- von Reinhard und Christel Völker -Vom Ausstrich des Kupferschieferflözes hatte sich der Kupferschieferbergbau immer weiter in die Tiefe der Sangerhäuser Mulde entwickelt. Im System der Wasserlösung war durch die Anlage des Gonnaer Stollens nach Süden eine Grenze gesetzt. Es wurde der Versuch unternommen, noch tiefer abzubauen und das Wasser mit Kunstzeugen auf das Niveau des Gonnaer Stollens zu heben. An der Anlage eines neuen und tieferen Stollens zur Wasserableitung konnten die Bergleute jedoch nicht vorbeigehen. So wurde am 25. Oktober 1830 mit der Auffahrung des Segen-Gottes-Stollens begonnen. Der Vortrieb wurde später im Gegenortbetrieb durchgeführt, d.h., von beiden Seiten her. Das Mundloch des Stollens befindet sich westlich von Sangerhausen, das Wasser des Stollens fließt in das kleine Flüßchen Gonna. 1855 erreichte der Stollen mit 4934 m Länge das Flöz. Von hier aus wurde im Streichen der Lagerstätte die Stollensohle aufgefahren. Diese erreichte eine Gesamtlänge von 4524 m. Der eigentliche Stollen besitzt 11 Lichtlöcher. Kurz vor dem 11. Lichtloch erreichte man den Stinkschiefer und damit eine wasserführende Schicht, welche in unmittelbarem Kontakt mit dem liegenden Werra-Anhydrit und dem hangenden Basal- und Sangerhäuser Anhydrit mit Verkarstungserscheinungen rechnen ließ. (1) ".... im 130. Lachter zuerst kleine, dann größere Gipsblöcke beigemengt waren, im 137. Lachter nahm der Gips zum ersten Mal den ganzen Ort ein...."Man durchfuhr mit dem Stollen die unteren Zechsteinglieder. Stinksteingeruch gab den Hinweis, das man bald in den "Älteren Zechsteingips" hineinfahren würde. (1) "...am 27. Februar (1854) bemerkten die Häuer, daß in dem Einbruchschlitze durch eine feine Kluft in dem westlichen Stollenstoße einige Wasser sickerten. Man hatte nun nichts eiligeres zu tun, als zum Verbohren zu schreiten. Noch nicht hatte man indeß 10 Zoll gebohrt, als man eine kleine Kluft traf, aus der ein heftiger Wasserstrahl beim Rütteln des Bohrers herausdrang. Man ließ das Ort um einige Tage stehen, um teils das Tragewerk vom 10. Loche her in guten Zustand zu setzen, teils um abzuwarten, ob sich der Wasserdruck aus dem 1 1/4 zölligen Bohrloche, welcher auf 30 Kubikfuß pro Minute geschätzt wurde, von selber verstärken würde."Am 08. März 1854 setzte man ein zweites Bohrloch an und erbohrte abermals die wasserführende Kluft. Es flossen jedoch nur 5 Kubikfuß pro Minute aus. Am 09. März 1854 bohrte man ein drittes Loch. Das Loch endete nach 1 Meter Verbohren, ohne das Wasser getroffen wurde. Am 10. März wurde ein viertes Loch vorgebohrt. Bereits nach 13 Zoll schoß das Wasser aus dem Loche heraus. 25 Kubikfuß pro Minute treten aus. Da man sich auf größere Ereignisse einstellen mußte, wurde erst einmal die Zimmerung bis zum 10. Lichtloche in Ordnung gebracht. Das Wasser stieg bis zum 15. März 1854 an und erreichte bald 130 Kubikfuß pro Minute. (1) "... Bis zum 14. März vermehrten sich die Wasser aus den sich erweiterten Bohrlöchern auf 120 Kubikfuß pro Minute und bald auf 130, führten aber schlechte Wetter mit sich, so daß man kaum bis zum 20. Lachter vom Orte zurück gelangen konnte. Es war nun klar, daß man Schlotten getroffen hatte und es blieb kein anderer Weg übrig, als den Ort stehen zu lassen und abzuwarten, bis sich der Schlottenwog niedergezogen hatte.Man untersuchte die Bohrlöcher, konnte jedoch dem 4. Bohrloche nicht nahe kommen, da es immer noch stark Wasser führte. Man beschloß, die Schlotten nicht anzugreifen und in der Wartezeit die Zimmerung des Stollens in Ordnung zu bringen. Am Mittwoch, 2. Woche Luciae versuchte man, das Schlottenwasser noch stärker anzuzapfen. Mit diesem 5. Loch traf man in etwa den Wasserspiegel, denn es floß nur sehr wenig Wasser ab. Man bohrte noch zwei weitere Löcher. (1) "Nach dem Durchbringen noch zweier anderer Bohrlöcher, mehr nach der Stollensohle, wurde das oberste Bohrloch ganz trocken und durch das selbe zog ein sehr starker Luftstrom aus dem Stollen in die Schlotten, so daß man sehr frische Wetter vor dem Orte hatte.Am Donnerstag, 4. Woche Luciae, wagte man den Durchschlag in die Schlotte. Seit dem ersten Anbohren der Schlottenwasser bis zum Durchschlag in die Schlotte waren über 7 Monate vergangen. (1) "Nachdem man nun die Firste nachgestoßen hatte, machte man donnerstags 4. Woche Lui. den Durchschlag und befuhr zum ersten Male die Schlotten, welche unter einem beträchtlichen Winkel aus der Stollensohle steigen, sich dann noch 3 Lachter in des Stollens Richtung fortsetzen und ziemlich bedeutende Räume bildend, sich in nördliche Richtung über den Stollen ausbreiten.Bei der weiteren Arbeit im Segen-Gottes-Stollen hinderte das aus dem Stinkschiefer austretende Wasser sehr. (1)... gewiß würde man, Schlägel und Eisen bloß anwendend sehr gut fortgeschritten sein, wenn nicht schlechte Wetter und starke Wasser, mindestens 20 Kubikfuß pro Minute aus Firste, Stößen und Ortsstirn abgebend die Arbeit behindert hätten."Die Schlotten nutzten die Bergleute zur Unterbringung ihres Versatzes. (1) "... Da die bedeutendsten Schlotten, wie erwähnt über dem Stollen liegen, so konnte man sie nur mittels eines blinden Schachtes zur Förderung brauchbar machen.Die starke Wasserführung des Stinkschiefers, welche die Ursache der Schlottenbildung war, wird im folgenden Bericht immer wieder belegt: (1) "Wettermangel und viel Wasser, immer noch 20 Kubikfuß, behinderten die Fortschritte sehr, dazu kam noch, das die Sohle wegen zunehmender Festigkeit sowohl als auch wegen des hohen Wasserstandes sehr schwierig nachzuholen war. An Dämmen war nicht zu denken ...."Die Segen-Gottes-Schlotte war entdeckt, unter großen Mühen des Wassers entleert und durch Versatz bergmännisch genutzt worden. Auf Grund des herrlichen gelben Marienglases wurde sie durch Bergleute und Heimatfreunde ab und zu besucht und für Repräsentationszwecke höher gestellten Persönlichkeiten gezeigt. Inschriften an den Wänden der unteren Schlottenräume beweisen das. NAUWERCK beschreibt 1860 die Schlotten: (2) "Nach Freiensleben sind diese Höhlungen nur Folgen der Brüche unterliegender Schlotten. Das dies bei der Leinunger der Fall ist, kann und will ich nicht bestreiten, da ich sie nicht gesehen habe. Bei dem Zuge über dem Segen-Gottes-Stollen, den ich mehrfach befuhr, ist dies aber meiner Ansicht durchaus nicht so und es ist dieser Zug mit Fug und Recht ein Schlottenzug zu nennen. Die Erstreckung und Ausdehnung desselben ist aus beiligendem kleinen Riß, Nr. 3 zu ersehen und schon aus diesem erkennt man die vollkommene Ähnlichkeit mit den älteren Schlottenzügen (man vergleiche diesen Riß nur mit diesen von jenen).Auch nach NAUWERCK wurde die Schlotte noch besucht. Eine wissenschaftliche Bearbeitung erfolgte jedoch nicht. STOLBERG (1926) (3) und BIESE (1931) (4) erwähnten die Segen-Gottes-Schlotte in ihren wegweisenden Schriften nicht. Später erhält die Schlotte die Nummer 99 des Harzer Höhlenkatasters und wird von STOLBERG 1942 beschrieben (5). Er hat die Schlotte jedoch selbst nie gesehen und kann nur das wiedergeben, was er Nauwercks Schriften und einschlägigen Grubenrissen entnimmt. Im Zusammenhang mit Expeditionen ist die Elisabethschächter Schlotte wird die Segen-Gottes-Schlotte durch eine Gruppe des Arbeitskreises Höhlen und Karstforschung und des Karstmuseums zu Beginn der 80iger Jahre mehrfach befahren. Durch Archivarbeit werden weitere Unterlagen über diese Höhle gesichtet. 2. Speläologische Daten der Segen-Gottes-Schlotte Die Segen-Gottes-Schlotte liegt mit ihrer Sohle im Bereich von 140 - 156 m NN. Das darüber befindliche Gelände steigt auf 349 m NN an. Die Vorflut bildet der Grenzbach zwischen Wettelrode und Morungen mit einer Höhe von 280 m NN. Zu gleichen Zahlenangaben kommt 1942 bereits STOLBERG (5). 3. Die Entstehung der Segen-Gottes-Schlotte Die Segen-Gottes-Schlotte gehört nach FULDA (6) zum Wimmelburger Typ. Es handelt sich um einen Verkarstungsprozeß im Anhydrit, welcher sein Wasser aus einer unterlagernden, stark wasserführenden Schicht erhält. Im Bereich der Zechsteinablagerungen des Südharzes der DDR kommen dafür zwei Schichten in Frage: - der ZechsteinkalkDie Segen-Gottes-Schlotte erhält das Wasser aus dem unterlagernden Stinkschiefer. Alle anderen beschriebenen und zu verschiedenen Zeiten befahrenen Schlotten liegen im Werraanhydrit. Da dieser Horizont früher "Älterer Gips" genannt wurde, spricht NAUWERCK auch in diesem Fall von den "Älteren Schlotten". Die notwendigen Verkarstungsprozesse, die zu diesen Höhlen führten, bezogen ihr Wasser aus dem unterlagernden Zechsteinkalk. Die Segen-Gottes-Schlotte liegt im Basal- und Sangerhäuser Anhydrit. Im alten Sinne also im "Jüngeren Gips". Sie ist im NAUWERCKschen Sinne also eine "Jüngere Schlotte". Wie man aus dieser Definition ersieht, hat das alles nicht mit dem wahren Alter der Höhle zu tun, sondern ist nur eine stratigraphische Einstufung. Über die starke Wasserführung des Stinkschiefers gibt der Bericht über die Entdeckung der Höhle umfassend Auskunft. An der Grenzfläche Stinkschiefer-Anhydrit erfolgte die Verkarstung des Anhydrits. Aufschlüsse im Grubenfeld zeigen, daß an dieser Kontaktfläche der Verkarstungsprozeß weitflächig erfolgt. Bedingt durch Klüfte werden bevorzugte Wasserbahnen benutzt und es entstehen größere Hohlraumzüge, die diesen Kluftrichtungen folgen. Der Stinkschiefer selbst bezieht sein Wasser aus dem Zechsteinausstriches im Gebiet der Mooskammer bzw. der Morunger Auslaugungstales. Er dürfte unter quartären Sedimenten teilweise direkt anstehen. Das beweisen die Verhältnisse in Dolinen in der Gegend der Elisabethschächter Schlotte. Ein großer Teil des Niederschlages und des Grundwasserstromes des genannten Tales hat deshalb Zutritt zum Stinkschiefer. Die starke Klüftigkeit des Gesteins bedingt dessen Fähigkeit, das Wasser schnell in die Tiefe zu leiten. Das Wasser folgt dem Einfallen des Stinkschiefers, auch die an der Kontaktfläche Stinkschiefer - Anhydrit entstehenden Höhlen folgen diesem Einfallen. Das gipsgesättigte Wasser füllt die Höhlen ganz aus. Der Verkarstungsprozeß schreitet somit allmählich nach der Tiefe fort. Durch das Auffahren des Segen-Gottes-Stollens wurde die Schlotte angetroffen, die in ihr befindlichen Wasser ergossen sich über den Stollen in die Gonna bei Sangerhausen. Damit wurden bestimmt viele andere Hohlraumsysteme mit entleert, die sich nördlich der Segen-Gottes-Schlotte befinden, die aber nicht durch den Bergbau gefunden wurden. Nach KÄSTNER gibt es einen Bericht, wonach mit der Anzapfung der Segen-Gottes-Schlotte der Wasserspiegel in der Elisabethschächter Schlotte fiel. Wenn auch an anläßlich der hier vorliegenden Arbeit dieser Bericht nicht wieder aufgefunden wurde, erscheint der Vorgang jedoch einleuchtend. STOLBERG macht zu diesen Zusammenhängen eine Ausführung, ohne jedoch die Quellen dazu anzugeben. (5) "... Mit Anlage des Segen-Gottes-Stollens 1854 wurden die Elisabether Schlottenwasser angezapft, womit die Schüttung auf durchschnittlich 3,8 m3/min wuchs."Durch die Entwässerung änderten sich viele Gleichgewichtszustände im umgebenden Gebirge. Beispielsweise wird berichtet, daß der untere Teil des Segen-Gottes-Stollen in der Folgezeit intensiv erneuert werden mußte. 1864 kam es in der schon ausgebauten östlichen Stollensohle zu einem Schlottenbruch. Diese Stelle ist bis heute noch durch Trockenmauerwerk erkennbar. 1880 mußte man den nördlich gelegenen Karolusschacht aufgeben. Das Fördergestell paßte nicht mehr durch die Schachtröhre. Der Schacht wurde durch Seitendruck völlig deformiert. Er wurde schließlich aufgegeben und verfüllt. Das Schachtprofil läßt eindeutig erkennen, daß hier Schlotten im Spiel waren. Die Anzapfung der Segen-Gottes-Schlotte hatte also eine erhebliche Druckentlastung mit sich gebracht. 1874 wurde der Betrieb des westlichen, 1878 der Betrieb des östlichen Stollenortes eingestellt. Unterhalb der Stollensohle des Segen-Gottes-Stollens wurde im Bereich der Schlotte nur geringfügig abgebaut. Deshalb sind keine weiteren Folgeerscheinungen bekannt. Es ist wahrscheinlich, daß unter dem Niveau der Segen-Gottes-Stollensohle noch wassergefüllte Teile der Schlotte vorhanden sind. Morphologisch gibt es dazu im Kontaktbereich Schlotte - Stollen deutliche Anzeichen. 4. Zu einigen Vorgängen beim Anfahren der Schlotte Interessant sind die Schilderungen über einziehende und ausziehende Wetter in Abhängigkeit der Schlottenanzapfung. Eigenartige hydrologisch Vorgänge und die plötzliche Umkehr von Wetterbewegungen ohne sichtbares äußeres Zeichen waren für die Bergleute eine äußerst merkwürdige Angelegenheit. WILCKE gliedert seine Arbeit: (7) "Wie ist zu erklären Auf eine größere Interpretation der Arbeit WILCKES soll hier verzichtet werden. Auch soll keine Beschreibung des Phänomens erfolgen. In einer grafischen Darstellung soll dieser Vorgang aufgezeigt werden. LITERATURZUSAMMENSTELLUNG
Erklärung einiger Begriffe
Der Bergwerkskalender teilt sich in vier Quartale:
Jedes Quartal setzt sich aus 13 Wochen zusammen. Diese sind durch Nummern gezeichnet. Zu Beginn dieser Rechnungsweise begann das 1. Quartal Reminiscere an einem 1. Januar. In der Rechnung gab es immer nur volle Wochen. Da das Bergwerksjahr kürzer als ein Normaljahr des Gregorianischen Kalenders war, entfernte sich der erste Tag des Bergmannsjahres immer weiter vom 1. Januar. Wenn die Verschiebung zu groß wurde, dann schob man ein komplettes 5. Quartal ein. |
Das Mundloch des Segen-Gottes-Stollen bei Sangerhausen