Die Questenhöhle

Inhalt:


Die historischen Beschreibungen der Höhlen im Questenberge

Das Kalte Loch

In der Dorflage Questenberg befinden sich zwei Höhlen, welche in historischen Beschreibungen immer wieder genannt wurden. Diese wurden von Zeit zu Zeit auch verwechselt, so daß die Beschreibungen unklar blieben. Das liegt an der Tatsache, daß die Chronisten die Örtlichkeit selbst nicht kannten und voneinander abschrieben. Dabei war die Beschreibung des Nordhäuser Stadtarztes BEHRENS wohl die am häufigsten verwendete Vorlage der „Nachschriften“.

Eine dieser Höhlen ist das sogenannte Kalte Loch, welches auch das Eisloch genannt wurde. Einige Chronisten unterschieden noch ein kleines und ein großes Kaltes Loch. Den Beschreibungen nach war das Kalte Loch die Höhlenattraktion des Questenberger Tales. Heute weiß niemand mehr so richtig, wo sich diese Höhle befunden hat. Ältere Questenberger deuten auf einige Kelleransätze im Berghang des Questenberges. Diese passen aber garnicht zu den alten Beschreibungen.

SCHUSTER meinte, daß der Eingang des Kalten Loches im letzten Grundstück des südlichen Ortsausganges von Questenberg gelegen haben soll. Einige Einheimische wollen sich auch daran erinnern, als Kinder hier einen Höhleneingang gekannt zu haben. Heute ist jedenfalls nichts mehr von diesem legendären Kalten Loch übriggeblieben. Auch die in der Nachbarschaft gelegene Höhle „Eisloch“ auf dem Gebiet der Gemeinde Wickerode hat nichts mit dem Kalten Loch zu tun.

Das Kalte Loch hatte seinen Namen wohl zu Recht verdient. Eis und Schnee sollen das ganze Jahr hindurch auf der Höhlensohle gelegen haben. Reif und Eiskristalle schmückten die Wände. Wer das steile Questenberger Tal kennt, kann sich vorstellen, daß in diesem Felstal auf der Seite des Questenberges selten die Sonne ausdauernd scheint. Dazu kommt wahrscheinlich ein starker Wetterzug aus den Spalten und offenen Klüften, die den ganzen Berg durchziehen, so daß hier eine kleine Eishöhle mit dynamischer Wetterführung vorgelegen haben wird.

Ein starker Wetterzug und eine stete Bergfeuchte erzeugten eine große Verdunstungskälte und das Zusammentreffen dieser Faktoren ermöglichte diese Bildungen. An der gegenüberliegenden Bergwand des Nassetales, unmittelbar über dem Totensumpf, befindet sich das kleine Mundloch einer weiteren „Eishöhle“, die aber nicht zugänglich ist. Auch hier halten sich Schnee und Eis bis in den Sommer hinein. Kalte Luft zieht in einem starken Strom aus der Bergöffnung heraus, die an der Rückwand eines Schuppens in einem Questenberger Privatgrundstück liegt. Höhlenforschern gelang es bisher nicht, in diese enge Öffnung hineinzukriechen und nach größeren Hohlräumen zu spähen. Es ist alles schauderhaft eng und für den Menschen unpassierbar. Auch kann man aus der Wetterführung schließen, daß der überwiegende Anteil dieser Höhle nur aus engen, unpassierbaren Spalten besteht.

Eine größere Abhandlung über das Kalte Loch gab BEHRENS 1703.
(1) „... unter vor besagten Bergen nun befindet sich einer, so ein Kalckberg, und an der Seite, da er nach dem Dorffe zugehet, sehr hoch und stickel ist, welchen die Einwohner gemeldeten Dorffes den Wasser-Berg nennen, und derjenige ist, so von denen Curiosis gesuchet wird, massen man daselbst auf der Sommer Halbe oder der mittägigen Seite, da der Weg nach Wickerode zugeht, gleich unter dem Dorffe einen Riß oder Loch antrifft, so etliche Klafter tieff ist, in welchem zur Sommerszeit, auch in den allerheissesten Tagen, eine solche hefftige verspüret wird, das die Tropffen des in dieselbe fliessenden Wassers, als wie im Winter an denen Dächern geschiehet, zu Eis-Zapfen gefrieren, und bald vorne im Eingange herab hangen, daß es also scheinet, als wenn die Natur allhier gleichsam einen immerwährenden Winter im Sommer machen wolle, wie dann auch die Kälte daselbst ist empfindlich, daß wenn einer so vorwitzig ist, und die Nase hinein stecket, solcher dieselbe bald wieder der grausamen Kälte wegen, zurückziehet. Dieser sehr kalte Ort wird das kleine kalte Loch oder das Eis Loch genennet, zum Unterschied des berühmten großen kalten Loches, als welches weiter in den Berg hinein lieget und an sich selbst nichts anderes, als eine aus dem Kalck-Stein-Felsen bestehende graume und nicht sehr tiefe licht-helle Höhle ist, darinnen im Sommer auch wunderwürdige Kälte angetroffen wird. Wenn ein curieuser Herr nicht weit von dieser kalten Höle ein Schloß oder andere Lust-Wohnung aufbauen liesse, so könnten die Gemächer derselben in warmen Sommer, wenn große Hitze vorhanden, durch die in gedachter Höle befindliche und vermöge etlicher Röhren bis dahin gebrachter kalten Luft kühl gemachet werden ...“

In seiner weiteren Beschreibung vergleicht BEHRENS mit einer bekannten Anlage aus italienischen Höhlen, wo zum Kühlen der Räume eines Schlosses die kalte Luft der Höhlen benutzt wurde. Es klingt allerdings vermessen, das kühle Questenberger Klima mit italienischen subtropischen Temperaturen zu vergleichen. Das schönste Lustschloß Questenbergs würde wohl eher im Sommer noch eine Heizung gebrauchen als den Aufbau einer Kühlanlage, betrieben mit eisiger Höhlenluft. Der älteste bekannte Besuch des Kalten Loches fand im Jahr 1649 durch den Fürsten Friedrich von Anhalt Bernburg statt.
(15) „... Sie haben nicht fern unter dem Dorfe Questenberg eine Höhle, das kalte Loch, besehen, welche die Art hatte, daß, wenn es draußen warm und die Hitze groß ist, darin Eis und Schnee häufig gefunden wird, gestalt er (Fürst Friedrich) mehrmalen solchen Schnee und Eis draus holen und das Trinken damit erfrischen lassen ...“

KRANOLD beschrieb 1740 das Kalte Loch:
(14) „... Wenn man unten im Dorfe hinaus nach Dittichenrode zugeht, findet man das kalte Loch, welches wie ein Keller in den Berg geht. Geht man einige Schritte hinunter, so strömt einem eine große Kälte entgegen, daß leicht die Haut schauert, zumal im Sommer, wenn man sich durch das Gehen erhitzt hat, spürt man den eisigkalten Zug sehr stark; hingegen ist es im Winter ganz warm und gelinde; man spürt ordentlich, wie da ein Nebel oder Dunst herausgeht. Diesen Ort besuchen die Fremden der Merkwürdigkeit wegen oft und gern ...“

Heute ist das Kalte Loch nicht mehr auffindbar, die historischen Überlieferungen sind das einzige, was davon noch kündet. [ Inhalt ]


Die historischen Beschreibungen der Questenhöhle

Vergeblich wird man in der alten Literatur nach der Nennung der Questenhöhle Ausschau halten. Dieser Name ist eine Schöpfung des Erschließers der Höhle und erst 60 Jahre alt. Bis dahin trug die Höhle den Namen Heckerloch oder Heckersloch.

SCHMIDT deutete den Namen Heckerloch aus einer alten Erzählung. Ein Tilledaer Bauer, namens Hecker, habe seinen großen Reichtum durch Schatzsuche in den Bergen und Höhlen erworben, die Höhle erhielt deshalb den Namen.

Erzählungen über die sogenannte „Kuxgängerei“ waren damals sehr häufig und viele andere Höhlen wurden damals ebenfalls als der geheime Aufbewahrungsort irgendwelcher Schätze angesehen. Nun hat sich der Name Questenhöhle so stark eingebürgert, daß wir bei diesem Namen bleiben wollen und damit auch dem Erschließer dieser Höhle ein kleines Denkmal setzen.

Nennungen des Heckersloches sind in der alten Literatur nicht selten, bedeutende Angaben und Beschreibungen der Höhle aber schon viel seltener. Am 26. Juli 1649 besuchte Fürst Friedrich von Anhalt mit seinen beiden Vettern und Begleitern die Heimkehle. Dieser Besuch muß ihn zu weiteren Höhlenfahrten animiert haben, denn am 28 Juli besuchte er dann das Kalte Loch und anschließend das Heckersloch.
(15) „... Von dannen sind sie durch das Dorf gegangen und am Ende desselben wiederum in eine Höhle, das Heckersloch gestiegen, in der sie es fast ebenso wie in der Heimkehle bei Uftrungen gefunden ...“

BEHRENS gab 1703 in der Hercynia curiosa eine gute Beschreibung des damals bekannten Teils der Höhle:
(1) „Von der Questenbergischen Höle, das Häckers-Loch genannt
Weilen ich unter dem vorigen Titel eines berühmten durch Menschen-Hand verfertigten, Berg Kellers gedacht habe, so will ich auch allhier dem curieusen Leser von einem, allein durch die Natur gemachten, Berg-Keller Bericht ertheilen: Es ist aber derselbe eine Höle, so ebenfalls im gedachten Wasser-Berg bei dem Ober-Theil des gemeldeten Dorffes Questenberg, hinter einem Hause eines Einwohners, lieget; wenn man nun zu dem Eingange dieser Höle kömmet, muß man auff einer Leiter hinab steigen zu einem ziemlichen hohen und weiten Gewölbe, so von demjenigen, der nechst daran wohnet, an Statt eines Kellers gebrauchet wird. Von hier steiget man weiter, durch Hülffe einer Leiter, hinunter in eine dunckele, grosse und weit unter dem Felsen hingehende Höle, worinnen ein sehr hartes, stilles und so tieffes Wasser sich befindet, daß man sich darüber verwundern muß, und manchem davon ein Grausen entstehet: Dieses Wasser dienet nun dem gemeldeten Inhaber der Höle an Statt eines Brunnen, daß also mancher geitzige und ungewissenhaffte Bier- oder Breyhan-Schencke eine solche schöne Gelegenheit wünschen möchte, um das Wasser mit dem Biere oder Breyhan so wohl ohne Gesang und Klang als auch mit demselben, wie mir eine lächerliche Historie bekannt, bequem vermischen zu können; ausser vorigen aber ist sonst allhier nichts mehr zu sehen, als daß man darinnen eine Art Tropff-Steine antrifft, so gantz kraus wie eine Wolle ist...“

In der Weißen Galerie

ZEITFUCHS erwähnte 1717 die beiden Questenberger Höhlen:
(4)„... zu Questenberg ist bekannt das Eis Loch, darinnen grosser Frost und Kälte, je wärmer es aussen – welches Wunder sehr viele Reisende an sich locket, ingleichen das Häckers-Loch auch am Wasser – Berge ...“

KRANOLD berichtet 1740 über das Heckersloch:
(14) „... Wenn man in ihr einige Lachter tief hinunter steigt, trifft man ein stillstehendes Gewässer, wie einen kleinen See an, in dem sich große Klippen befinden
Über dem Wasser scheint es, als ob alles künstlich gewölbt und mit Edelsteinen angesetzt sei; bringt man Feuer in die Höhle, so tropft es häufig, wegen der großen Kälte, herab. Es läßt sich auch ein Licht nur schwer brennend erhalten, weshalb man einige Bunde Stroh zur Hand haben muß, eine nach dem andern anzünden, um dadurch Licht darinnen zu haben. In den heißesten Sommertagen geht eine große Kälte heraus. Gleich unter dieser Höhle befindet sich ein Keller, in dem das Bier des Brauhofes liegt, welches im Sommer sehr kalt ist, so daß man sich wohl vorsehen muß, dasselbe nicht so hitzig zu trinken, dadurch man sonst sich gar leicht eine Krankheit zuziehen und sich den Magen verderben kann ...“

Der See in der Weißen Galerie

Eine weitere Schilderung des Heckersloches gab LESSER 1751:
(3) „... Ausser dieser lieget in den benachbarten Hochgräflichen Stolbergischen gegen den Vor- oder Vorder-Hartz gelegenen Ambte Questenberg, in einem Thale zwischen zweyen Bergen im Dorffe, so ebenfalls wie das Ambt Questenberg heisset; unter vorbesagten Berge nun befindet sich einer, so ein Kalck-Berg, und an der Seite, da er nach dem Dorffe zu gehet sehr hoch und steil ist, welchen die Einwohner gemeldeten Dorffes den Wasser-Berg nennen, und derjenige ist, so von denen Curiosis gesucht wird, massen man daselbst auf der Sommerhalbe, oder der mittägigen Seite, da der Weg nach Wickerode zu gehet, gleich unter dem Dorffe einen Riß oder Loch antrifft, so etliche Klafter tief ist, in welcher der Tropf-Stein, auch häufig abfällt, welcher aber nicht solche Figuren machet, als in der Baumanns-Höhle ...“

Der Name Wasser-Berg stammt bestimmt von der für die Menschen unerklärlich großen Ansammlung von Wasser in der Höhle.

Der heutige Questensee übertrifft mit seiner Wasserfläche die Größe der Seen der Heimkehle beträchtlich und wurde Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung im Jahre 1966.

Beim Vortrieb des Tiefen Breitunger Stollens stieß man 1760 auf eine Höhle, die einen hydrologischen Zusammenhang mit dem benachbarten Bauerngraben aufwies. C. und R. VÖLKER berichteten 1983 ausführlich darüber (20).

Es kam zu einem Gerichtsstreit zwischen den Betreibern der Wickeröder und der Breitunger Kupferschieferbergwerke.

In diesem Zusammenhang erfolgten auch Ortsbesichtigungen, die die Questenhöhle mit einschlossen. Die Wickeröder wollten beweisen, daß das Wasser des Bauerngrabens über Höhlen im Gebirge nach der Wickeröder Hüttenquelle lief. Die Wickeröder regten eine Befahrung des Heckersloches an und wollten einen Tracerversuch durchführen, um nachzuweisen, daß das Wasser des Questensees in genannter Quelle wieder zum Vorschein komme. Die Höhle wurde befahren und die Befahrung in einem Berichte niedergeschrieben.

Durch die Befahrung und den Tracerversuch konnte jedoch nicht bewiesen werden, woher das Wasser im Questensee kommt. Auch brachten eingestreute „Heckerlinge“ keinen Beweis mit der Verbindung zur Hüttenquelle.

(18) „... hingegen haben wir zwar das Heckersloch, nach dem Verlangen der Bevollmächtigten der Wickeröder Gewerken, durch die bei der Local-Besichtigung gegenwärtig gewesenen beiden Geschwornen Ziervogel und Brunner, mit Zuziehung des Wickeröder Berg- und Hüttengeschworenen Bischoff und Steiger sofort befahren lassen, und denen selben nach der Befahrung hierüber auch noch aufgegeben, daß sie das Gebirge auch übertage befahren und ob und wiefern das Vorgehen des Wickeröder Berg- und Hüttengeschworenen Bischoff, daß nämlich aus den Erdfällen und Schlotten, welche in dem jenseits des Ditcher- oder Fahrweges nach Questenberg und hinter diesem nach Wickerode sich ziehende Kalkgebirge, über Tage sich befinden, der Abfluß der Wasser aus dem Bauerngraben nach der Wickeröder Hüttenquelle ersehen werden könne, untersuchen und davon Bericht und Gutachten erstatten sollten. Alleine, ob schon nach der, von gedachten beiden Geschworenen Ziervogel und Brunner sogleich nach der Befahrung des Heckersloches kürzlich mündlich erstatteten, und in dem Bericht weitläufig ausgeführten Relatien, bei dieser Gelegenheit in dem Heckersloch ein sogenannter großer Wasserspiegel oder eine große Sammlung von Wassern, welche aller Wahrscheinlichkeit nach, aus dem Kalkgebirge ihren Ursprung nehmen, und in dem Heckersloche sich sammeln, angetroffen werden, es auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, das solthane Wasser, nach dem Vorgehen des Wickeröder Berg- und Hüttengeschworenen Bischoff, nach der Wickeröder Hüttenquelle, welche ca. 3 bis 400 Lachter davon, aus dem Kalkgebirge sich zu zutage ausdrücket ihren Abgang weiter nehmen, und dieselbe ihre Nahrung davon erhalten kann, ohngeachtet die, von dem Berg- und Hüttengeschworenen Bischoff, zum Erweis der Sache , mit dem auf der Wassersammlung in dem Heckersloch ausgeschütteten Heckerlinge gemachte Probe, nicht reussieren wollen. So ist doch weder die Breite, Länge und Tiefe mehr erwähnter Wassersammlungen zu erfahren, noch am wenigsten, woher der Zufluss deselben eigentlich komme, in dem Heckersloch irgendwo zu ersehen gewesen. Es hat auch der Berg- und Hüttengeschworene Bischoff weder woher die eigentlichen Quellen des Zuflusses kommen, zu zeigen vermocht, noch haben sich bei der Befahrung des Tagegebirges einige offene Schlotten und Erdfälle finden wollen, oder angegeben, und dadurch der von Bischoff behauptete Abzug des Wassers aus dem Bauerngraben nach der Wickeröder Hüttenquelle erweislich dargetan und untersuchet werden können ...“

ROSENMÜLLER und TILESIUS verfaßten 1805 ein Werk über ihnen bekannte große Höhlen.

In diesen Höhlenbeschreibungen befand sich auch eine Schilderung einer der beiden Höhlen Questenbergs

Ob Heckersloch oder Kaltes Loch gemeint sind, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich war das Kalte Loch gemeint.

(19) „Auf gleicher Weise meldet Behrens, das sich in der Graffschaft Stolberg, bey dem Dorfe Questenberg eine Höhle befinde, die, ob sie gleich nicht sonderlich tief unter dem Gipfel des Berges eingehet, dennoch so ausserordentlich kalt seyn soll, daß die in derselben aufsteigende Dünste an den Wänden augenblicklich zu Schnee und Eis gefrieren.“

NIEMANN schrieb 1824 über die Höhlen:
(7) „... das Häkersloch, das kleine kalte und das große kalte Loch, in dem nahe gelegenen Kalkfelsen, sind bemerkenswert. Die erstere Höhle wird von einem Einwohner des Dorfes Questenberg als Keller gebraucht. Es findet sich ein tiefes Wasser und eine Art Tropfstein darin, so kraus wie Wolle. Sowohl in dem großen, als dem kleinen kalten Loche friert es im Sommer zu Eis ...“

EY erwähnte 1855 in seinem Harzführer beide Höhlen:
(6) „... das Heckersloch und das große und kleine Eisloch, Kalkhöhlen, wie sich überhaupt in dieser Gegend des Harzes häufig finden ...“

MEYER beschrieb 1885 im Nordhäuser Sonntagsblatt merkwürdige Karsterscheinungen des Südharzes. Dabei wurden dann wohl kaltes Loch und Heckersloch zu einer Höhle verwandelt:
(2) „... Dann ist gleich über dem Dorfe an der westlichen Bergwand eine Höhle, das Heckersloch genannt, aus der im Sommer eine eiskalte Luft strömt. Neuere Untersuchungen derselben haben ergeben, das sie eine von den seltenen Höhlen ist, deren Temperatur Winter wie Sommer unter dem Gefrierpunkt steht. Die Wände starren von Eis; der Boden und die auf demselben liegenden Steine sind ganz von Eis überzogen ...“

BECKER schrieb 1925 ein Manuskript mit dem Titel „Die deutschen Höhlen“. Dieses Manuskript wurde nicht gedruckt. Es fand aber rege Verbreitung durch Abschriften mitt Schreibmaschine, die vom Deutschen Höhlenforscherverband organisiert wurden. In der Reihe der Harzhöhlen wurde auch das Heckersloch aufgeführt.
(11) „... Heckers Höhle bei Questenberg zum Teil zerstörtes Flußsystem mit gewaltigen Deckenstürzen und grossen See. Bezüglich einiger besonders interessanter Kalksinter bildungen wurde vom Verfasser an anderer Stelle berichtet ...“ [ Inhalt ]


Die Erschließung der Questenhöhle

Bis zum Jahr 1922 konnte an die Questenhöhle nur über einen Schacht, das Heckersloch, befahren. In diesem Jahr schlug die Stunde der Erschließung der Höhle.

AUGUST SCHRÖDER versuchte sich eine neue Existenz aufzubauen. Er hatte seinen Besitz verkauft, als die Inflation hereinbrach. Das Geld war plötzlich wertlos geworden. Auf einer Reise zu Verwandten und Bekannten kam ihm dazu die Idee, die Questenhöhle zu erschließen. Anläßlich seines 94. Geburtstages im Kreise Nordhäuser Höhlenforscher erinnerte er sich an diese Begebenheit und schrieb den Sachverhalt auf Bitten der Höhlenforscher nieder:
(8) „ … Im Jahre 1921 fuhr ich mit meinem Freund nach Kelbra … Auf meine Bitte fuhr ich mit ihm zur Heimkehle, welche neu aufgemacht war. Da sagte mir mein Begleiter, ich weiß in Questenberg auch ein Loch (Heckersloch). Wir sind dann nach Questenberg gefahren, wo seine Familie herstammte. Da hat Herr Fritz Jödicke eine Leiter und eine Laterne genommen und ist mit uns beiden durch das Heckersloch in die Höhle gedrungen, wo ich beim Anblick der schönen Decke gleich Lust bekam, die Höhle auszubauen. Ich habe mich dann sofort mit dem damaligen Herrn Bürgermeister Bürger in Verbindung gesetzt und einen Antrag gestellt, um die Höhle zu pachten. Der Vertrag wurde am 1. Januar 1922 ausgestellt und zwar vom 1. Januar 1922 bis zum 31. Dezember 1946. Wird von keiner Seite gekündigt, läuft der Vertrag weiter. Der Pächter hat vor Beginn der Erschließung eine Kaution von 3000 Mark zu zahlen. Außerdem mußte ich noch 3000 Mark an den Fürsten Stolberg zahlen, weil ich keinen direkten Weg zur Höhle hatte und mir erst einen suchen mußte. Später habe ich mir das Grundstück von Kober erworben. Zum Ausbau habe ich meinen Cousin , einen Bergzimmermann und Leute vom Gipswerk angeworben. Auch mein Schwager, Berginspektor Zwanzig, hatte sich die Höhle nach der Eröffnung angesehen und wollte mit anderen Leuten wiederkommen und eine Bohrmaschine mitbringen. Leider ist er nach einer Blinddarmentzündung unmittelbar nach der Operation verstorben. Der Höhlenforscher Stolberg kam auch mit seiner Mutter, um die Höhle zu besichtigen. Er hat bei dieser Gelegenheit dieselbe ausgemessen. Zu erwähnen wäre noch, daß ich am Anfang eine Scheinwerferanlage besaß, was sich aber nicht bewährte. Es war eine Benzol-Anlage. Später bekam ich eine elektrische Leitung. Der Eingang war verschließbar und ging bis 17 Meter tief.

Den Weg hinunter hatte ich teilweise mit Stufen ausgelegt. Die Lichtanlage besaß 25 Lampen. Jedenfalls habe ich mir alle Mühe gegeben, der Bevölkerung die Schönheiten der Höhle zu erschließen, weil ich persönlich daran große Freude hatte.“


PROFIL DURCH DIE QUESTENHÖHLE

Die Erschließung der Questenhöhle brachte viele Interessierte nach Questenberg, die auf ausgebauten Stufen den Abhang zum Questensee hinabsteigen konnten. In zahlreicher heimatkundlicher Literatur wurde damals über die Höhle berichtet, ohne allerdings wissenschaftlich Neues zu erwähnen.

Der Begründer der Harzer Höhlenforschung Friedrich STOLBERG besichtigte die ausgebaute Höhle und führte eine Vermessung durch. Eine umfangreiche Schilderung und die Wiedergabe des Höhlenplans ist aus seiner Veröffentlichung über die Höhlen des Harzes 1926 zu entnehmen.
(17) „ … Die Heckershöhle erstreckt sich unter dem gegen das Dorf Questenberg steil abfallenden Felshang der Queste in westöstlicher Richtung. Sie wird von älteren Gips eingeschlossen, der von Stinkschiefer überlagert ist und stellt einen ehemaligen unterirdischen Lauf der das Tal von Questenberg durchfließenden Nasse dar. Die Sohle der Höhle liegt etwas tiefer als das Bachbett außen. Infolgedessen dringt bei hohem Wasserstand von der Nasse her das Wasser in die Höhle, so daß diese in ihrem westlichen Teil dann nicht betreten werden kann.


Lage des Erschließungsstollens der Questenhöhle (STOLBERG 1922)

In ihrem Bau ist die Heckershöhle eine typische Flußhöhle, deren Verlauf durch große von Norden her erfolgte Einbrüche gestört ist. der jetzige Höhleneingang ist ein 5 m tiefer schachtförmiger Einbruch, der sich unter einer kleinen Wand am Ende des Dorfes eröffnet. Die Oberkante des Schachtes liegt etwa 20 m über dem Talboden und genau 22 m über der Sohle der Höhle. Der Schacht führt auf einen steilen, 45° geböschten Schuttkegel, über den die Fahrt 17 m in die Tiefe geht. Unten weitet sich die Höhle in überraschender Weise zu einer geräumigen Halle von 30 m Spannweite, deren westliches Ende von einem spiegelklaren Teich (30 m lang, 20 m breit) abgeschlossen wird. Über dem Wasser steigt die Decke in schönem Schwung um 8 m an, um sich nach oben gegen den Eingang zu , als hohe Kluft zu verlieren. Die gesamtlänge des befahrbaren Höhlenzuges beträgt vom Westende des Teiches bis zum östlichen Abschluß der sich allmählich zur Galerie verengenden Halle 100 m, wobei die südliche Wand unversehrtes Gefüge zeigt, während die ganze Nordseite der Höhle aus steil einfallenden Schutt- und Blockmassen besteht. Einzelne der über dem Questensee und in die weiße Galerie hereinhängenden Blöcke haben 130 m³ Inhalt, und in der Seitenkluft „Rolands Spielstube“, liegen sie regellos, gleich den weggeworfenen Spielbällen eines Riesen durcheinander ...“

RUGER berichtete in einem unveröffentlichten Manuskript:
(10) „... Herr Schröder ist seit 1921 in Questenberg. Die von den Einheimischen als „Heckersloch“ bezeichnete Höhle untersuchte er und machte sie dem Besuch zugänglich. Diese später von ihm „Questenhöhle“ genannte Gipshöhle ich ca. 200 m lang. Herr Schröder vermutet jedoch noch weitere Gänge, da beim Suchen eines neuen Einganges auch durch Sprengung das Niederstürzen von Gestein als dumpfes Geräusch hörbar wurde. der in der Höhle befindliche See besitzt einen Abfluß (wahrscheinlich nahe des Sägewerkes), da ein Stück Holz innerhalb eines Tages einen Meter abgetrieben wurde...“

AUGUST SCHRÖDER erwarb das Grundstück vor der Höhle. Dort war eine kleine Dampfmaschine installiert, mit deren Hilfe ein kleiner Generator das Licht für die Höhle erzeugte. Ältere Questenberger Einwohner können sich noch daran erinnern, dem „Höhlenbär“ wie Schröder genannt wurde, beim Betrieb der Maschine geholfen zu haben. 1940 versank die Questenhöhle wieder im Dunkel.

Schröder berichtete darüber:
(8) „... Leider ist durch eine Naturkatastrophe der Eingang zertrümmert, indem eine Buche von großem Ausmaße entwurzelt wurde und sich direkt vor den Eingang legte. Sie konnte nur durch Dynamitpatronen (28 Stück) beseitigt werden. Die Buche besaß 22 Meter Holz, der Wurzelstock extra 3 Meter ...“


Am Ufer des Questensees

SCHRÖDER war nicht in der Lage, die Höhle wieder zu eröffnen. Er blieb in Questenberg ansässig und half später bei den Ausgrabungen auf der Kaiserpfalz Tilleda. Die Nordhäuser Höhlenforscher unter Leitung von Friedrich SCHUSTER besuchten ihn oft. 1954 erweiterten sie den Eingang so, daß Befahrungen ohne ohne große Schwierigkeiten möglich wurden. Am 25. Mai 1954 konnten RÖDIGER und SCHUSTER den Eingangsstollen wieder vollständig befahren. Sie begeisterten auch ein Häuflein Heimatfreunde mit dem Plan, die Höhle wieder zu erschließen.


Am Ufer des Questensees

HELMBOLD schrieb 1954 in der Tageszeitung „Freiheit“ etwas enttäuscht über die zu erwartende Wiedererschließung.
(9) „... Es wäre auf alle Fälle eine Bereicherung der Kulturstätten unseres Kreises, wenn die mit Mühe erschlossene und 1921 eröffnete Questenhöhle allen wieder zugänglich gemacht würde. Wie der Bürgermeister von Questenberg erklärte, ist die Wiedererschließung der Höhle im Zuge des Nationalen Aufbauwerkes 1954 vorgesehen gewesen, aber dabei ist es auch geblieben. Als erstes wäre die über der Höhle auf die Bergkuppe führende Schurre von den halbvermoderten Baumstämmen zu räumen und der Höhleneingang von herabfallenden Erd- und Gesteinsmassen zu sichern, ehe an die Wiedereröffnung gedacht werden kann. Einige gut organisierte Einsätze der Jugend und fortschrittlichen Kräfte Questenbergs wären nötig, um einen Anfang zu bekommen. Ein technisches Kollektiv des Thomas-Münzer-Schachtes hat sich bereit erklärt, Hilfe bei der Erschließung der Questenhöhle zugeben …“

Es blieb aber dabei, die Höhle war für den Tourismus verloren. Der Eingangsstollen verbrach total, er war sowieso in der geologisch ungünstigsten Position der Höhle angelegt, was aber damals niemand erkannte. Schließlich wurde die Höhle völlig unzugänglich.


Am Ufer des Questensees

1960 wurde ein neuer Zugang zur Höhle durch Nordhäuser Höhlenforscher freigelegt. Dieser Eingang war sehr eng und verbruchsgefährdet. Am 24. April 1961 schrieb SCHUSTER darüber:
„...Mundt, Kordewan und Henze bereits am Heckersloch tätig. Der alte Eingang war durch heruntergebrochenes Fels- und Erdreich versetzt. Neuer Eingang wurde gegraben. Nachdem dieser auch noch nicht die Ideallösung darstellt, so ist er doch gegenüber dem Stolleneingang und dem unmittelbaren Eingang des Heckersloches etwas sicherer, was noch heißt, daß derselbe befestigt werden muß. Die Initiative dieser 3 Forschungsfreunde ist zu begrüßen ...“


Kopie der Originalzeichnung vom 31.7.1960
Kordewan und Mund entdeckten eine neue Zugangsmöglichkeit in die Questenhöhle

Die Enge des neuen Eingangsbereiches schildert SCHUSTER bei einer Befahrung der Questenhöhle am 12. Januar 1969 so:
„... war der steilabfallende Schluf dermaßen eng, so daß Forschungsfreund SCHUSTER sich nicht durchpressen konnte. Forschungsfreund Bernd Brüning, eine schmale Figur, wurde durchgelassen und hat mittels Hammer die vereiste Sohle freigeklopft. Seit dem Tauwetter wurde die Höhle mit Tropfwasser beschickt und der einziehende Kaltwetterstrom verursachte das Vereisen der Sohle und somit wurde der Zwischenraum zwischen First und Sohle äußerst eng ...“

„... Die Zugangsverhältnisse werden von Jahr zu Jahr schwieriger, da von vielen Höhlenbesuchern beim Herunterrutschen zur „Senke“ laufend Erdmassen heruntergedrückt werden, die nicht entfernt werden und dadurch die „Senke“ immer enger wird...“

Ab und zu erfolgten Aufräumungsarbeiten, die Enge des Einganges blieb aber im wesentlichen bestehen. Der Eingang wurde verschlossen und vergittert. 1981 stellte der Rat der Gemeinde Questenberg die Höhle unter die Aufsichtspflicht des Karstmuseums Heimkehle.

1983 wurde ein neues Gitter mit einem Spezialverschluß angebracht. Interessierte Gruppen haben die Möglichkeit, die Questenhöhle zu befahren und zu besichtigen. Notwendig ist dabei die ordnungsgemäße Anmeldung und die Führung durch einen ausgebildeten Befahrungsleiter für Höhlenforschung und die Ortskenntnis in der Höhle. Die Befahrungsverhältnisse in der Höhle sind durch Engstellen und gefährlichen Verbruch nicht ganz einfach. [ Inhalt ]


Die Questenhöhle in der Sage

Höhlensagen sind im Gebiet des Südharzes nicht häufig.

SCHÖNICHEN gibt eine Sage um die Questenhöhle an, die an dieser Stelle wiedergegeben werden soll.
(16) „Dem Meister Lehne in Bennungen träumte einst in der Johannesnacht, er wäre im Questenberger Tale und stehe vor einer großen Höhle, in welcher sich ein großer Sack befände.

Am anderen Morgen machte er sich auf und ging in das Questenberger Tal und fand auch richtig links im Berge eine Höhle. Als er in dieselbe ging, sah er in derselben an der Seite einen Haufen Schiefer, welche wie Gold glänzten, und daneben eine weiße Jungfrau sitzen. Weil es ihm gruselig wurde, kehrte er um, ging heraus und heimwärts. Er war froh, daß er glücklich wieder heraus war. Nachdem er 50 Schritte gegangen war, reute es ihn, daß er so unverrichteter Dinge aus der Höhle gegangen war und kehrte wieder um. Als er wieder an die Stelle der Höhle kam, fand er nur noch eine ganz kleine Höhlung im Berge und in derselben saß ein Molch, der ihn mit seinen großen Augen anglotzte. Es dauerte nicht lange, so entschwand auch dieses kleine Loch seinen Blicken ...“ [ Inhalt ]


Die Questenhöhle
aus der Sicht der wissenschaftlichen Forschung

Wie bereits erwähnt, wurden 1766 die ersten Tracerversuche mit Häcksel in der Höhle durchgeführt, ohne damit ein Ergebnis über die Herkunft und den Verbleib des Wassers zu erhalten.

Diese Frage wurde bis heute nicht wissenschaftlich geklärt. Alle darüber gemachten Angaben sind reine Spekulationen. Es fehlte nicht an Versuchen, das Problem zu klären, allerdings mangelte es an der Ernsthaftigkeit der Methoden.

BIESE beschäftigte sich 1931 auf knappen 2 Seiten in seiner genetischen Deutung der Harzer Gipshöhlen auch mit dieser Höhle. Seine genetischen Vorstellungen wurden bis zur Vorlage dieser Schrift immer wieder herangezogen und interpretiert. Durch intensive Arbeiten an der Höhle im Jahre 1983 kamen dem Verfasser dieser Schrift Zweifel an den Vorstellungen.

Nach BIESE betätigten sich eine Reihe von Hobbyforschern zeitweilig sehr aktiv mit der Lösung von Teilproblemen dieser Höhle. Genannt seien Namen wie SCHUSTER (Nordhausen), TSCHIRNER (Questenberg), GÜNTHER (Bad Frankenhausen), SPANGENBERG (Nordhausen), BRILL (Eisleben), FANTASNY (Halle), GRAF (Nordhausen), HATTENHAUER (Nordhausen).

Besonders in den 60iger und 70iger Jahren wurden solche Probleme bearbeitet, wie:

  • Vermessungen und Teilvermessungen
  • Temperaturmessungen
  • Feuchtigkeitsmessungen
  • Tiefenbohrungen im See
  • Beprobungen des Wassers mit Rückschlüssen auf die Lösungsfähigkeit
  • Verdunstungsmessungen
  • Biologische Bearbeitung
Leider wurden viele Arbeiten durchgeführt, die niemals zusammengestellt, ausgewertet und veröffentlicht wurden. Vieles des sagenhaften Fleißes dieser Forscher ist wieder in Vergessenheit geraten, manche Unternehmen waren geradezu absurd, dienten aber dem wissenschaftlichen Nachweis der Zusammenhänge bestimmter Erscheinungen.

SCHUSTER richtete in der Höhle ein Netz von Meßstellen ein. Bei seinen häufigen Befahrungen entstanden viele Meßprotokolle. Augewertet wurden diese Werte bisher nur zögernd.

Im Klimaverlauf zeigte sich das typische Temperatuverhalten der Höhle:

  1. Eingangsbereich mit wechselnden Temperaturen in Abhängigkeit von den Außentemperaturen
  2. Kältezone mit deutlich tiefen Temperaturen als eine Form des Kaltluftsackes
  3. Angleichungszone mit deutlich ansteigenden Temperaturen
  4. Höhlenzone mit konstanten Temperaturen, die den Jahresmitteltemperaturen der Gegend in etwa entsprechen.
Aus seinen Meßreihen der Jahre 1960 bis 1963 gab er folgende Durchschnittstemperaturen an:
  1. Eingangsbereich (im Eingang) 6,9°
  2. Kältezone (10 m hinter Eingang) 6,4 °C
  3. Angleichungszone (Weiße Galerie) 7,1 – 7,2 °C
  4. Höhlenzone (Questensee) 7,8 – 8,0 °C
Für das Wasser ermittelte SCHUSTER eine Durchschnittstemperatur von 7,7 bis 8,0 °C. Aus diesen Werten geht hervor, daß die Höhle keine abweichenden Klimadaten gegenüber ähnlichen Höhlen des Südharzes aufweist. Die „eisigen“ Spekulationen der früheren Berichte mögen einerseits darauf zurückgehen, daß man keine saubere Trennung zum Eisloch oder zum Kalten Loch durchführte. Die meisten Chronisten übernahmen die Berichte einfach ohne zu prüfen.
SCHUSTER führte noch andere interessante Versuche durch. Mit unvorstellbarem Aufwand versuchte er, Verdunstungsmessungen in der Höhle durchzuführen. Er stellte in 4 verschiedenen Höhlenteilen Verdunstungsschalen auf, die er mit verschiedensten Wässern füllte. Die Wässer zum Füllen der Schalen teilte Schuster so ein:
  • Talsperrenwasser Nordhausen
  • Wasserleitung Questenberg
  • Wasser aus dem Questensee
Die Schalen von rund 6 cm Durchmesser und 2 cm Höhe wurden mit einer genau bestimmten Wassermenge gefüllt und in bestimmten Abständen mit einer Zweischalen-Feinwaage nachgemessen. Das war eine mühselige Arbeit. SCHUSTER beschrieb das so:
(22) „... Die Ein- und Nachwiegungsarbeiten in einer Naturhöhle bei Wasser, Lehm, Felsbrocken an den verschiedenartig aussehenden Meßpunkten gestalteten sich schwierig. Das Auspendeln bis zum Stillstand der Waage muß mit angehaltenem Atem vollzogen werden. Infolge der 95-100 %igen Luftfeuchtigkeit (Einwirkung auf die mit den anhängenden Schalen verbundenen Seidenfäden) Beschlagen der Kunststoffschalen, Beschlagen der Messingteile des Reiters und Zeigers, muß eine Feinwaage bei jedem Meßvorgang auf die Nullstellung des Zeigers kontrolliert, etwaige Abweichungen mittels winziger Gesteinskörnchen korrigiert werden. Jeder Meßvorgang dauerte etwa eine ¾ Stunde bis Stunde inclusive Auf- und Abbau ...“

Die erste Messung führte SCHUSTER am 11. Juli 1959 durch, die letzte Messung wurde am 28. Oktober 1963 durchgeführt.

In diesen 4 ½ Jahren wurden 16 Meßreihen, bestehend aus 113 Wiegevorgängen, durchgeführt.

Nach dem vorliegenden Höhlenplan ermittelte SCHUSTER die Grundfläche der Höhle und errechnete nun die Verdunstungsmengen. Er gab in Auswertung seiner Meßreihen an, daß zwischen 4,5 l und 5,8 l Wasser pro Jahr auf einen Quadratmeter Höhlenfläche verdunsten.
 
(22)Verdunstung pro Quadratmeter
am Tagim Jahrfür 4 ½ Jahre
"Weiße Galerie"16,081 ml5,87 l26,678 l
Durchstieg Weiße Galerie/Questensee15,068 ml5,50 l24,998 l
Questensee12,329 ml4,50 l20,454 l
Bürgersteig14,545 ml5,31 l24,130 l

Unabhängig jeglicher Kritik der von SCHUSTER angewandten Methoden, Auswertungsmethoden und Schlußfolgerungen wurde damit von Hobbyforscher ein beachtliches Stück Arbeit geleistet. Diese Zahlen zeigen, daß Kondenswasser einen entscheidenden Anteil an der Formenbildung in Höhlen haben kann. Dieser Tatsache wurde besonders in letzter Zeit starke Beachtung geschenkt.

Im Oktober 1970 baute der Leiter der Eislebener Höhlenforschergruppe BRILL einen Verbruchsmesser in die Höhle. Dank seiner praktischen Kenntnisse auf rundfunktechnischem Gebiet installierte er ein besonders empfindliches Mikrophon in die Höhle. Abstürzende Blöcke geben bekanntlich einen Laut von sich. Dieser wurde über das Mikrophon aufgenommen und dann auf einem Trommelschreibgerät registriert. Eine Meßbox wurde im wenige Meter entfernten Fantasnyschen Grundstück aufgebaut. Die Idee selbst war gut, doch fehlte hier das notwendige Programm, so daß diese Messungen nicht ausgewertet wurden., das Interesse an der Sache bald erlahmte und die Anlage bedauerlicherweise verfiel.

LENGERSDORF bearbeitete die Tierwelt der Harzer Höhlen. Sein Besuch galt auch der Questenhöhle, in der er folgende Arten fand.
(23)
Schnecken (Gastropoda)Hyalina cellaria Müll.
Goydiscus rotunduts Müll.
Fruticicola hispida
Monacha incarnata Müll.
Helicondonta obvoluta Müll.
Epaea nemoralis L.
Cepaea hortensis Müll.
Limnaea pergra Müll.
Chilotrema lapicida L.
Arianta arbustorum L.
Helix pomatia L.
Clausilia lanunata Mont.
Clausilia beplecata Mout.
Clausilia parvula Stud.
Flohkrebs (Amphipoda)Niphargus puteams Koch.
Springschwänze (Collembola)Onychiurus tuberculatus Mon.
Zweiflügler (Diptera)Sciara ofenkaulis
Milben (Acarina)Eugamasus lircatus Wank.


Der Höhlenkrebs Niphargus puteanus (Koch 1835) (nach CHEVREUX et FAGE 1925), ein Bewohner des Questensees. Das Tier wird etwa zwischen 1 und 2,5 cm groß.

MÜHLMANN veröffentlichte 1943 eine Liste der bis dahin gefundenen Tiere aus den Harzer Höhlen, darunter auch aus der Questenhöhle:
(24)
OligochaetaPachydrillus Marionina sp.
CopepodaDiacydops languidus disjunchus TH.
AmphipodaCrangonyx subterraneus BATE
Niphargus fontams BATE
ColembolaOnychiurus fimetarius L.
Kalaphorura burmeisteri LUBB.
Isontoma olivacea f.
DipheraNeosciera forficulata BEZZI
Neosciera ofencaulis LENG
GastropodaCarychium minimum Mül.
(Limnaea peregra Müll.)
Vertigo pygmaea DRAP.
Vertigo (Vertilla) angustior JEFFR
Vallonia pulchella Müll
Cochlicopa lubrica Müll
Azeka menkeona C.PF!
Ena obscura Müll
Caecilioides acidula MÜLL
Lacimniaria sp.
Clausilia prvula STUD
(Clausilia laminata MONT)
(Clausilia biplicata MONT)
Eucunulus fulvus MÜLL
Vitrea crystallina MÜLL
Oxychilus cellarium MÜLL
Gonyodiscus rotundatus MÜLL
Pertoratelle (Monachoides)
incarnata MÜLL
Helicodonta obvoluta MÜLL
(Schilotrema lapicida L.)
(Monacha incarnata Müll)
(Ariconta arbustorum L.)
(Helix pomatia L.)
(Cepaea nemoralis L.)
(Cepaea hortensis MÜLL)
(Fruticola hispida L.)
AraneinaPorrhomma microphthalmum (AmBR.)
Acarina(Eugamasus loricatus WANKEL)

Die meisten Leser dieser Abhandlung werden von dieser Namensfülle entsetzt sein und sich nicht sehr viel darunter vorstellen können. Doch zeigen die Namen auch, wieviel Arbeit notwendig war, diese kleinen Tiere aufzuspüren und zu fangen, wieviel Fachwissen dazu gehört, die Tiere auch zu bestimmen. Andererseits gibt diese Liste eine gute Übersicht über die Vielfalt der Lebewelt in der Höhle, ist doch der Leser meist geneigt, anzunehmen, daß darin alles tot sei und sich nur hin und wieder eine Fledermaus an diesen Ort verirre.

GARLEB veröffentlichte 1975 einen Versuch, die schrägen Wandflächen der Höhlen zu deuten (24). BIESE hatte für diese Formen den Begriff Facette eingeführt. Unter diesem Begriff versteht man international jedoch etwas völlig anderes, deshalb ist heute der Begriff „schräge Wandfläche“ dafür gebräuchlich.

BIESE deutete die Schrägen als graphische Projektion der Lösungsfähigkeit des Wassers, d. h. mit wachsender Tiefe steigt die Mineralisation des Wassers, es kommt zu einer Dichtschichtung, die Ablaugungsfläche am Kontakt Gestein – Wasser zeichnet das nach.

KEMPE wies nach, daß in einem Höhlensee mehrere Grenzflächen ausgebildet sein können. Das bedeutet, es sind mehrere übereinanderliegende Wasserpolster vorhanden, die in sich eine Dichtschichtung aufweisen, untereinander aber scharf getrennt sind. Diese Schlußfolgerungen wurden allerdings aus wenigen Einzelmessungen gezogen. Mit einem durch GRAF gebauten Konduktometer wurde im Questensee der Questenhöhle versucht, Dichtschichtungen und Grenzflächen nachzuweisen.

GARLEB veröffentlichte darüber einige Werte, die nachwiesen, daß die Dichteschichtung mit der Tiefe des Sees zunimmt. Bei 1,5 m Wassertiefe nahm die Leitfähigkeit sprunghaft zu, was eine solche genannte Grenzfläche nachweisen könnte. Trotzdem konnten viele Fragen der Bildung der schrägen Fläche nicht beantwortet werden.

Der Verfasser verwies darauf:
(25) „... Trotz dieser Feststellung bleiben weiterhin zahlreiche Probleme im Zusammenhang mit den Facetten ungelöst ...“

Es mag noch manche andere interessante Untersuchung an dieser Höhle gegeben haben, es ist jedoch nicht möglich, alles zu erwähnen. Leider sind auch viele Untersuchungsergebnisse verloren gegangen, weil man sie nicht richtig dokumentierte und im Verlaufe kurzer Zeit manches schon Bekannte in Vergessenheit geriet. [ Inhalt ]


Moderne Vorstellungen
über die Enstehung der Höhle

Die Höhlenentstehung wurde durch BIESE 1931 behandelt und neuere Autoren haben nur unwesentliches an diesen Auffassungen verändert. Bei Kartierungsarbeiten 1982 bemerkte der Verfasser eine Reihe von geologischen Ungereimtheiten, die sich bald aufklärten und ein neues Bild entstehen ließen.

Die Höhle befindet sich im Questenberg, der in seinem unteren Teil aus Ablagerungen des Oberen Werraanhydrites besteht. Die an der Westwand des Berges aufgeschlossenen schönen Anhäufungen von Alabsterkugeln gehören der Zone my an. Darüber befindet sich ein morphologisch deutlich ausgebildetes Gesteinsband, welches kaum wandbildend, sondern abflachend in Erscheinung tritt. Es handelt sich um Stinkschiefer. Über ihm liegt der geringmächtige Basalanhydrit, darauf folgend der Sangerhäuser Anhydrit, der alle Oberflächenformen des Questenberges bildet. Das Stinkschieferband hebt sich so deutlich morphologisch heraus, daß man die Ablagerungen durch den Stinkschiefer verfolgen kann. Dieses Band steigt nach Norden zu am Berghang immer weiter heraus, einige Dekameter nördlich der Queste fällt es langsam in entgegengesetzte Richtung und bricht plötzlich in einer gewaltigen Flexur [Eine starke Verbiegung der Gesteinsschichten ohne größere Brüche. In der Tiefe kann sie in eine Verwerfung übergehen] senkrecht in die Tiefe. Diese Flexur ist auch am gegenüberliegenden Berghang deutlich erkennbar, was Begehungen durch MÜCKE und VÖLKER 1983 nachwiesen. Die Flexur ist bis auf das Niveau des Weges zur Questenhöhle verfolgbar. Wenige Meter nördlich dieser Flexur liegen die Schichten völlig eben. Das haben auch die 1983 angelegten Aufschlüsse im ehemaligen Grundstück August schröders gezeigt. Der Eingang der Höhle liegt also mitten in einer fast 90° stehenden Flexur, in der das Stinkschieferband senkrecht steht und über 30 m tief abbricht. Auch der alte Stollen stand in diesem Punkt, war also an geologisch ungünstiger Position angelegt. Der anstehende Felsen vor dem Höhleneingang zeigt diese Flexur deutlich. Mit dem Hineingehen in die Höhle durchläuft man die fast senkrecht stehenden Schichten im Eingangsbereich, die an den Wänden der „Weißen Galerie“ schon wieder ganz ruhig liegen. Es ist deshalb erklärlich, wrum die Höhle in ihren verschiedenen Teilen so verschieden aussieht. Im Bereih der steil einfallenden Schichten befindet sich teilweise erschreckender Verbruch, im Bereich der Normallagerung macht die Höhle einen sicheren Eindruck.

In der weißen Galerie ist der Obere Werraanhydrit aufgeschlossen. Von oben nach unten lassen sich hier die Zonen ny, my und lambda auseinanderhalten. Aber bei einer genauen Besichtigung muß man erkennen, daß auch diese Ablagerungen total gestört sind, besonders der Horizont my.

In diesem unregelmäßig eng bis fein gestreiften Anhydrit liegen räumlich begrenzte Ablagerungen von regelmäßig eng bis fein gestreiften Anhydrit. Diese Einschaltungen sind teilweise klein, teilweise sind es große, begrenzte Schollen, teilweise sind es langgestreckte Bänder. Das Einfallen der Einzelpakete wechselt häufig. Auch der Horizont lamda ist gestört. Die Ablagerungen bilden also einen großen Olistostrom [Eine Gesteinsmasse, deren Schichtung durch untermeerische Rutschungen chaotisch durcheinander gebracht wurde]. Es muß eine Unebenheit, eine Schwelle, eine Bewegung während der Ablagerung des Gesteins vorhanden gewesen sein. Die regelmäßig abgesetzten Sedimente sind in Bewegung geraten, abgerutscht, haben sich wie Teig durcheinandergeschoben. Im Gesteinsverband liegt also eine große Schwächezone vor. Die Flexur selbst wird von großen Klüften begleitet. Der nördliche Teil der Höhle liegt wahrscheinlich auf der anderen Seite der Flexur und der Klüfte. Damit steht dieser Teil der Höhle bereits im Basal- und Sangerhäuser Anhydrit. Die Untersuchungen sind noch nicht soweit abgeschlossen, diesen großen Sprung in der Höhle genau zu verfolgen und präzise auf eine Karte zu übertragen. Durch diese geologische Situation drängt sich eine Erklärung der Höhlenentstehung auf, die in dieser Art in Form der Schlotten schon oft beobachtet wurde. Auch weist der Erklärungsversuch der Höhlenentstehung darauf hin, daß nicht nur tektonische Schwächen, sondern auch lithologische Leitbahnen eine Voraussetzung für die Höhlenentstehung bringen und in unseren Südharzhöhlen meist das Zusammentreffen beider Faktoren für die Höhlenbildung verantwortlich war. Die Höhlenentstehung ist wie folgt denkbar:

Schematische Darstellung der Entstehung der Questenhöhle


1 Sangerhäuser Anhydrit
2 Stinkschiefer
3 Werraanhydrit, Zone ny
4 Werraanhydrit, Zone my
5 Werraanhydrit, Zone lambda
6 Werraanhydrit, Zone kappa
7 Störungszone
8 Höhlenbildung

Bild 1
Der im Nassetal angeschnittene Stinkschiefer war ein idealer Wasserleiter. Das Wasser gelangte an die Störungszone.

Bild 2
Durch den Abriß des Stinkschiefers kam das zirkulierende Wasser mit dem verkarstungsfähigen Werraanhydrit in Berührung. Im Bereich der Störung begann die Entstehung der Höhle.
Bild 3
Durch die Wechselbeziehung Auslaugung und Verbruch wurde die Höhle ständig erweitert. Es ist möglich, daß es Höhlenteile auch auf der rechten Seite der Störung Im Sinne der Zeichnung) gibt.
  1. Das Wasser des Nassetales erreichte bei der Eintiefung des Tales den Stinkschiefer. Die Eintiefung des Tales läßt sich hervorragend nachweisen. Besonders am nördlichen Teil des Questenberges kann man die aus dem Harzpaläozoikum stammenden Flußschotter noch bis 30 m über der Talsohle am Berghang ablesen!
  2. Der Stinkschiefer leitete das Wasser in bekannter, hervorragender Weise. Es entstanden kleine, flache Höhlen vom Schlottentyp am Kontakt Stinkschiefer – Anhydrit.
  3. Im Gebiet der großen Flexur und der begleitenden großen Klüfte war eine besondere Schwächezone erreicht. Es kam hier zu intensiver Auslaugung.
  4. Auf Grund der steil einfallenden Schichten und der Klüfte kam es zu besonders großem Verbruch mit großen Verbruchshohlräumen.
  5. Das führte bis zum Durchbruch an die Tagesoberfläche und zur Entstehung der Öffnung „Heckersloch“.
  6. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß durch Unterlaugung große Abrißspalten geöffnet wurden und damit die Hohlraumbildung begünstigt wurde.
Das Wasser des Questensees stammt deshalb vermutlich aus den im Stinkschiefer versickernden Grund- oder Oberflächenwässern des Nassetales. Dieses Wasser läuft auf den Klüften und Schichten des Stinkschiefers entsprechend dessen Einfallen bis zur großen Flexur. Dort wird der weitere Weg versperrt. Das Wasser staut sich auf. Diese Stelle wird durch den Questensee gebildet. Nördlich des Questensees dürfte das Wasser einen Kontakt mit dem Stinkschiefer haben. Bereits am Questensee liegt der Stinkschiefer wieder über dem See. Die zahlreichen Kalksintergebilde an der Decke des Sees haben in dieser Lage des Stinkschiefers ihre Erklärung.

Das Auftreten von Marienglas in der Höhle wirft ein Licht auf die Möglichkeit tektonischer Entstehung. Es ist überall im Bereich der Flexur und der Klüfte zu finden.

Die Questenhöhle weist besonders im Bereich des Sees die von BIESE geschilderten „Facetten“ /schräge Wandflächen) und die sogenannten „Laugdecken“ auf. Er schreibt:
(21) „... Die Oberflächenstruktur der Laugdecken gleicht durchaus dem „Himmel“ an der Decke der Sinkwerke des ostalpinen Salzbergbaus, z. B. Dürrnberg bei Hallei, entsteht ...“

Über die schrägen Wandflächen soll hier nur gesagt werden, daß sie mit Sicherheit alte Wasserstandniveaus nachzeichnen. Es gehören aber viele Faktoren zu ihrer Entstehung dazu, die bis heute nicht untersucht wurden. Die herrlich ebenmäßigen Decken sind nicht durch die nivellierende Ablaugung bei der Berührung Wasser – Gestein entstanden. Eine Bootsfahrt über den See zeigt das deutlich. Die Decken entstehen durch großräumigen Verbruch an ebenmäßigen Schichtflächen, denn der See befindet sich nicht mehr in der Flexur der Gesteinsschichten. An vielen Stellen kann man deutlich sehen, daß nur durch ebenmäßigen Abriß diese Decken entstehen. Es gibt Stellen über dem See, wo die Natur solche Vorgänge bereits wieder vorbereitet.


Bootsfahrt auf dem Questensee

Die Taucher FRITZ und KAPPELHOFF begannen 1983 erstmals mit tauchtechnischen Erkundungen des Questensees. Sie fanden dabei auf dem Grunde mehrere abgestürzte ebenmäßige Decken mit teilweise hervorragenden schrägen Wandflächen. Der Boden des Sees scheint nur aus solchen abgestürzten Decken zu bestehen. Bisher konnten keine Fortsetzungen des Sees im Unterwasserbereich festgestellt werden. Die Existenz solcher Gänge ist auch höchst unwahrscheinlich. Es wurden Wassertiefen bis 10 m erreicht. Das Wasser ist phantastisch klar, wird aber durch die Schwimmbewegungen schnell getrübt. Zu Beginn des Jahres 1984 wurde eine weitere Tauchexpedition durchgeführt. Dabei wurde eine Unterwasserfortsetzung des Sees gefunden. Leider war es nicht möglich, diese Fortsetzung näher zu untersuchen. Der aufgewühlte Schlamm machte weitere Untersuchungen unmöglich. Es bleibt abzuwarten, ob das kleine Unterwasserportal in neue Höhlenräume führt oder nur eine Öffnung zwischen abgestürzten, größeren Verbruchsmassen ist. Weitere Untersuchungen werden das zeigen.

Die Unterwasserkamera wird für den Tauchgang vorbereitet

Bei der intensiven Untersuchung des Sees konnte festgestellt werden, daß sich etwa 20 cm über dem heutigen Seespiegel eine Hochwassermarke befindet. Im Spülsaum dieser Linie kleben unzählige Schneckenhäuser, darunter auch massenhaft Planorbis planorbis L. Dabei handelt es sich um eine Süßwasserschnecke, die nährstoffreiches, licht- und sauerstoffreiches benötigt, also bei einer Hochwasserwelle von übertage in die Höhle eingeschwemmt worden ist. Die gleichen Funde sind aus der Heimkehle bekannt.

Dieser Umstand deutet darauf hin, daß es dem Wasser zugängige Ponore geben muß und die Wasserbewegung zum Questensee nicht nur auf den Schichten des Stinkschiefers vor sich gehen kann.

Auf dem Questensee

Gegenüber der alten Vermessung der Höhle durch STOLBERG ist der Wasserspiegel stark gestiegen. „Bürgersteig“, „Höhlengrotte“, „Marmorsaal“, „Schwarzer Winkel“ und „Bändergrotte“ sind heute vom See bedeckt.

Der „Stolbergstein“ liegt mitten im Wasser.

Ältere Berichte deuten auf eine starke Veränderung der Wasserstände in der Höhle hin. 1960 war die deutliche Erhöhung des Wasserspiegels feststellbar. Seitdem sind die Schwankungen des Wasserspiegels unwesentlich. 1975 wurde ein neuer Pegel gehangen. Einige Messungen der letzten Jahre bewiesen die Stabilität des Seespiegels.

Die Taucher bergen interessante ausgelaugte Gesteinsstücke vom Boden des Sees

Die Vergrößerung der Fläche des Questensees von 1922 (Kartierung durch STOLBERG) und 1983. Die Ursache dürfte in einem Zusammenbruch und einer Verschlämmung des unbekannten Abflußkanals zu suchen sein.


Profil durch den Questensee (nach STOLBERG 1922) mit den Wasserständen von 1922 und 1983

In 8 Jahren bewegte sich der Wasserspiegel um maximal 10 cm.


DatumWasserstand
Questensee
Differenz unter
höchsten Stand in cm

29.11.1975-0,127,0
25.10.1975-0,105,0
25.02.1978-0,1510,0
04.03.1978-0,1358,5
18.08.1979-0,116,0
17.11.1979-0,1510,0
20.05.1980-0,105,0
04.10.1980-0,050
08.05.1982-0,105,0
13.05.1982-0,105,0
14.06.1982-0,094,0
21.06.1982-0,094,0
10.07.1982-0,105,0
24.10.1982-0,127,0
01.11.1982-0,127,0
07.12.1982-0,1156,5
11.03.1983-0,127,0


Die Beobachtungen der Jahre 1971 bis 1975 zeigen ein ähnliches Bild. [ Inhalt ]


Ein Ausblick

1983 wurde die Höhle sicher verschlossen. Ihr Schutz als Naturdenkmal ist beantragt. Ein Besuch der Höhle für Touristen ist nicht möglich. Die Befahrungsverhältnisse sind nicht ganz einfach, für den Unerfahrenen gar lebensgefährlich.

Der Höhlenforscher wird noch manches Interessante über diese Höhle bei gezielten Arbeiten in der Natur und in den Archiven erfahren. Sonderveranstaltungen des Karstmuseums und der Höhlenforscherorganisation geben die Möglichkeit, mehr über die Höhlen unseres Landes zu erfahren. Eine Erschließung durch einen neuen Stollen hat wenig Aussicht auf Erfolg. Die Arbeiten wären außerordentlich kompliziert und die Höhle selbst bietet für den Normaltouristen keine Attraktionen. Möge dieses Heftchen dafür sorgen, Wissenswertes über die Höhle zu vermitteln.

Gleichzeitig sei anerkennend dem Fleiß vieler Generationen gedacht, die versuchten, mit verschiedenen Arbeiten etwas Licht ins Dunkel zu bringen. [ Inhalt ]


Literatur
 
(1)
BEHRENSHercynia curiosa
Nordhausen 1703
(2)
K. MEYERDie Erdfälle am Rand des Südharzes
Aus der Heimat
Sonntagsblatt des Nordhäuser Courier,
8. November 1885
(3)
LESSERLithotheologie
Nordhausen 1751
(4)
ZEITFUCHSStolbergische Kirchen- und Stadt
Historie 1717
(6)
A. EYHarzbuch oder der Geleitmann durch den
Harz
Goslar 1855
(7)
NIEMANNHandbuch für Harzreisende
Halberstadt 1824
(8)
A. SCHRÖDERUnveröffentlichetes Manuskript 1959
(9)
HELMBOLDWas wird mit der Questenhöhle?
Freiheit Nr. 179, S. 5, 5.August 1954
(10)
RUGERUnveröffentlichetes Manuskript 1954
(11)
BECKERDie deutschen Höhlen
Frankfurt 1925
(Veröffentlichung durch viele Abschriften)
(12)
BECKERIst die Heckershöhle eine Tropfsteinhöhle?
Verein für Höhlenkunde Frankfurt 1923
(13)
K. MEYERGeschichte der Burgen und Klöster
des Harzes
Nordhausen, Jahr unbekannt
(14)
KRANOLDDie landschaftlichen und geschichtlichen
Merkwürdigkeiten der güldenen Aue 1740
(15)
BECKMANN„Historie des Fürstentums Anhalt“
(16)
SCHÖNICHEN„Thüringen und der Harz“
(17)
STOLBERGDie Höhlen des Harzes
Magdeburg 1926
Eilersverlag
(18)
Akten des Staatsarchivs Dresden
Rep I x b/Abtk. B. Nr. 421
(19)
ROSENMÜLLER
TILESIUS
Beschreibung merkwürdiger Höhlen
Zweiter Band, Leipzig 1805
(20)
C. u. R. VÖLKERDer Bauerngraben
Mitteilungen des Karstmuseums
Heft 5  1983
(21)
BIESEÜber Höhlenbildung
Entstehung der Gipshöhlen am südlichen
Harzrand und am Kyffhäuser
Berlin 1931
(22)
SCHUSTERErgebnisse langjähriger Verdunstungsmes-
sungen in Südharzer Zechsteinhöhlen
Manuskript 1964
(23)
LENGERSDORFDie lebende Tierwelt der Harzer Höhlen
Mitteilungen über Höhlen- und Karst-
forschung
Berlin 1932
 [ Inhalt ]

Quelle:
Christel und Reinhard VÖLKER
Die Questenhöhle
Heft 9, Mitteilungen des Karstmuseums, Uftrungen

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