Beitr. Naturk. Niedersachsens 50 (1997): 148-152

Nachruf
Friedel Knolle
(17.11.1923 - 5.7.1997)

Mit Friedel Knolle, Goslar, ist überraschend, viel zu früh, als Folge einer heimtückischen unheilbaren Erkrankung eine der markantesten Gestalten der ehrenamtlichen Faunistik, Ornithologie, Heimatgeschichte und des Naturschutzes von Niedersachsen dahingegangen. Er war ein Harz-Kenner per excellence, ein Stück Harzer Urgestein. Sein Blick richtete sich tief in die Vergangenheit der Naturforschung im Harz, wie es die Chronik "125 Jahre Naturwissenschaftlicher Verein Goslar" (Festschrift 1977, S. 9-19) für den von ihn geleiteten Verein eindrücklich beweist, dem er seit 1957 angehörte und den er in den letzten 20 Jahren als 1. und 2. Vorsitzender führte. Seine umfangreichen Spezialkenntnisse verdankte er einem lebenslangen Selbststudium, nicht einer biologischen oder naturwissenschaftlichen akademischen Ausbildung. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse waren ihm während seiner potentiellen Ausbildungsjahre nicht gewogen. Geboren 1923 in Hannover, war er schon vom Kindesalter in Goslar zu Hause. Seinen Schulbesuch in Goslar schloß er mit einem "Kriegsabitur ab", leistete Kriegsdienst und kehrte erst 1946 aus der Gefangenschaft zurück. Er war zeitlebends mit der Juristerei, als Beamter für Rechtspflege im Grundbuchamt des Amtsgerichtes Goslar, zeitweilig zur Vertretung in Clausthal verbunden. Seine ihn von der trockenenen Berufsarbeit entlastendenen naturkundlichen Neigungen, richteten sich besonders auf Vögel und die ebenfalls flugfähigen Fledermäuse, die er unermüdlich aus allen Teilen des Harzes, mit vielen z.T. sehr aufschlußreichen Neufunden dokumentierte. Persönlich bin ich ihm für viele gemeinsame Exkursionen, für die Mitarbeit an dieser Zeitschrift, bei dem Großprojekt "Die Vogeldichten des Harzes", aber auch bei einer Höhlenexkursion mit unseren damals noch jüngeren Kindern, bei der Leitung von Lehrexkursionen zu Dank verbunden. Bereits Anfang 1950 stieß er zur niedersächsischen Ornithologie, so als Begleiter (Harzspezialist) zu Treffen der "Kommission Avifauna Niedersachsen", wo wir uns z.B. mehrfach in Hildesheim bei Paul Feindt trafen und gemeinsam im Feindtschen VW-Käfer zu Treffen nach Nienburg oder Hann. Münden fuhren. Obwohl es schwer war, in den eloquenten Redefluß des Hildesheimer Ornithologen-Papstes einzufallen, verschaffte sich Friedel Knolle stets Gehör und lenkte die Diskussion auf seine Versionen von Forschung, Schutz und Dateninterpretationen. Aus dieser Zeit baute sich seine Arbeit und Betreuung der niedersächsischen Avifauna auf, die er in der Serie "Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen" maßgeblich, als Herausgeber hier und auch der Zeitschrift "Vogelkundliche Berichte von Niedersachsen" maßgeblich prägte und initiierte.
Er war Schatzmeister der "Niedersächsischen Ornithologischen Vereinigung von Niedersachsen" 1972 - 1982 und 2. Vorsitzender von 1982 - 1997. Er gab mit H. Heckenroth 1985 Band 2.4 "Hühner- und Kranichvögel" und mit H. Zang 1989 Band 2.3 "Greifvögel" heraus.
Ein ebenso großer Teil seiner Lebensarbeit galt dem Naturschutz. Der Naturschutzstelle des Landkreises Goslar gehörte er 1978 - 1982 an. Ab 1981 war er einer der vier bestellten Beauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege des Kr. Goslar mit dem Arbeitsschwerpunkt Geologie, Gewässerkunde, Wasserwirtschaft, Amphibien, Reptilien und Kleinsäuger. Für die Goslarer Bürger war er kompetenter Ansprechpartner bei Fragen zu Igeln, Wespen, Fledermäusen und Hornissen. Die Unterschutzstellung der Osterfelder Tonkuhlen als Naturschutzgebiet (Vorkommen der Gelbbauchunke) ist ihm zu verdanken. Heimatkundlich fesselten ihn der Goetheweg, die Torfhäuser, das Brauchtum der Berg- und Hüttenleute oder die Kanarienzucht im Harz. Er ließ sich nicht von den hektischen Maßnahmen fanatischer Tierschützer anstecken oder mitreißen, ein Brauchtum wie den Finkenschlag oder die Finkenmanöver zu bekämpfen. Während der DDR-Zeit hielt er treu und beständig die Kontakte zum Osten offen, so besonders zum Museum Heineanum in Halberstadt.
Er lehnte zugunsten seiner Unabhängigkeit stets finanzielle Zuwendungen für sein ehrenamtliches Engagement ab. Noch zu Lebzeiten, 1997, wurde ihm für seine herausragenden Verdienste das Verdienstkreuz 1. Klasse des niedersächsischen Verdienstordens und die Ehrennadel der Kaiserstadt Goslar verliehen.
F. Knolle hatte eine kräftige, pyknische Statur, einen großen, kräftigen, markanten Kopf, er war agil, lebhaft, kontaktfreudig, auf Ausgleich bedacht jedoch offenen Konflikten und tieferen Auseinandersetzungen abhold. Selbst als unsere Wege seit 1972 auseinanderdrifteten, vornehmlich durch die damalige mit F. Dierschke getroffene Feststellung von Wasserpiepern auf dem Acker-Bruchberg bedingt, kam es nicht zu einem offenen Bruch, obwohl er die Wasserpieper-Frage nicht aus den Augen ließ (s. Vogelk. Ber. Niedersachsen H. 2 - 1993) und in dem genannten Beitrag als eine Art Vermächtnis regelte.
Es wird schwer sein, die von F. Kolle hinterlassene Lücke zu schließen. Das gilt vor allem für seine Familie, für seine Frau, die er jahrelang aufopferungsvoll in ihrer Krankheit betreute, für seine beiden Söhne.
Seine beiden letzten wichtigen Arbeiten erschienen über Dr. Carl Hennecke und Erich Bauer in Bd. 5 (1997) der Mitt. Naturwiss. Ver. Goslar, DM 20,-, zu beziehen über Herwig Zang, Oberer Triftweg 31 a, 38640 Goslar.
Friedhart Knolle und Herwig Zang (s. Publikalionsverzeichnis) danke ich für die Informationen zu diesem Nachruf.
Hans Oelke


Friedel Knolle im Sommer 1971,
bei einem gemeinsamen Besuch der Brockenfeld-Moores im Oberharz. Photo Hans Oelke

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