Die Försterhöhle Von Johannes Ehrhardt, Fachgruppe Höhlenforschung, Nordhausen (Harz) Welcher Nordhäuser kennt nicht die Försterhöhle bei Steigerthal, oder hat wenigstens schon von ihr erzählen hören. Schon immer war sie und das darunter liegende Goldbörnchen ein beliebtes Ausflugsziel der wanderlustigen Bevölkerung unserer Vaterstadt, und mancher Junge hat dort wohl mit klopfendem Herzen das erste Mal das Grottendunkel unterirdischer Räume erlebt. Ihr schönes und verhältnismäßig großes Höhenportal verlockt auch geradezu, in die geheimnisvolle Unterwelt einzudringen, freilich wird dann der Pfad recht mühsam und feucht. Die Försterhöhle liegt etwa 1 km südostwärts von Steigerthal im Windehäuser Holz in etwa 245 m Seehöhe. Geht man vom Goldbörnchen das sogenannte Tiefe Tal aufwärts, so führt an der rechten Hangseite bald ein schmaler, steiler Pfad zu dem etwa 20 m über der Talsohle gelegenen Höhleneingang. Nachdem man das Höhlenportal – man kann es auch als Vorhöhle bezeichnen – durchschritten hat, muß man, um in den nächsten Raum zu gelangen, in demütig tief gebückter Haltung, fast kriechend, ein niedriges Dach passieren. Dann öffnet sich aber gleich der größte Raum der Höhle, der mit 5 m Höhe und 4 m Breite ein fast domartiges Aussehen hat und wohl als der hübscheste Raum der Höhle bezeichnet werden kann. Von hier aus geht es auf einer glitschigen Lehmschicht über 3 m abwärts zu dem tiefsten Punkt der Höhle, 6 m unter dem Höhleneingang. Gleich darauf steigt die Sohle aber wieder steil um 4 m an, und nun folgt eine etwa 30 m lange, fast horizontale Strecke, die reichlich mit niedergebrochenen Gesteinstrümmern bedeckt ist. Diese Strecke ist der geologisch interessanteste Teil der Höhle. Hier treten an der linken Seitenwand sehr schöne Auslaugungserscheinungen auf, und an der gegenüberliegenden Seite hat von oben einsickerndes Wasser einen schlotartigen Kamin ausgewaschen, der in solch ausgeprägter Form in Gipshöhlen selten ist. Der weitere Teil der Höhle nimmt dann fast klammartigen Charakter an. Wieder erschwert niedergebrochnes Gestein und seifiger Lehm den Weg, der nochmals steil abfällt, um gleich darauf ebenso steil wieder anzusteigen, bis nach einer kurzen Kriechpartie das letzte niedrige Kämmerchen erreicht ist, 12 m vom Eingang entfernt. Hinsichtlich ihrer Entstehung ist die Försterhöhle, die im jüngeren Gips des Zechsteins angelegt ist, immer noch ein Streitobjekt. Während der bekannte frühere Nordhäuser Höhlenforscher, Dipl.-Ing. Dr. Friedrich Stolberg, annimmt, daß die Höhle durch fließendes Wasser entstanden ist, wird von Dr. Walter Biese (Abhandlungen der Preußisch-geologischen Landesanstalt, Berlin, 1931) die Meinung vertreten, daß es sich hier um eine reine Spalthöhle handelt. Tatsächlich scheinen die oben beschriebenen Auslaugungserscheinungen an der linken Höhlenwand die Meinung Dr. Stolbergs zu bekräftigen. Demgegenüber bestreitet Dr. Walter Biese die frühere Existenz eines fließenden Wassers, das er nach der jetzigen Höhe der Vorflut (des Goldbörnchens) als unwahrscheinlich erklärt. Daß sich die Försterhöhle auf einer das Gestein in O-W-Richtung durchsetzenden Spalte erstreckt, ist an der Firstspalte leicht erkennbar. Daß sich diese Spalte in die Tiefe erstreckt und bis zu der jetzigen Höhlensohle mit Trümmern und Schutt aus früherem Deckenverbruch angefüllt ist, kann ebenso als wahrscheinlich gelten. Wenn es sich bei der o. a. Auslaugungserscheinung um Korrosion, also durch Auslaugung durch Kondens- oder Sickerwasser handelt und nicht um Erosion durch fließendes Wasser, so können nur die von oben reichlich einsickernden Tageswässer (Niederschläge) für diese Erscheinungen in Frage kommen. An der Klärung dieser Fragen mitzuarbeiten, ist u. a. eine der Aufgaben, die sich die Fachgruppe Höhlenforschung im Kulturbund Nordhausen (Harz) gestellt hat. Aber auch in zoologischer Beziehung kann hier noch wertvolle Arbeit geleistet werden. Bis jetzt sind von Lengersdorff in der Försterhöhle nur eine Collembole (Onych urus armatus) und eine Diptere (Exechia fimbriata) gefunden worden, und in jüngster Zeit von der Fachgruppe Höhlenforscher die Höhlenspinne (Meta menardi). Da die Höhle aber gern von Fledermäusen als Tages- und Winterschlafplatz benutzt wird, bietet der von ihnen in reichlicher Menge hinterlassene Kot die Lebensmöglichkeit für eine Kleintierwelt, wie sie bereits aus anderen Höhlen bekannt ist. Die Fledermaus kann man nicht als echtes Höhlentier, sondern nur als Höhlengast bezeichnen; denn zu den ersteren gehören nur solche, deren ganze Entwicklung in der Höhle stattfindet. So bietet die Försterhöhle, obgleich sie nür eine Kleinhöhle ist und schon seit langer Zeit bekannt ist, noch mancherlei Anregung zu wissenschaftlicher Arbeit. Leider ist nicht mehr genau feststellbar, seit wann die Försterhöhle überhaupt bekannt ist. Wenn die Deutung der darin gefundenen Topfscherben richtig ist, so kann man daraus (nach W. Elbert) auf eine vorübergehende Benutzung als Wohnhöhle (wahrscheinlich Zufluchtsstätte) im 15. und 16. Jahrhundert schließen. Ungefähr auf diese Zeit deutete auch eine in den Felsen eingehauene Jahreszahl 1549, die nach einem Bericht aus dem Jahre 1840 noch dort zu sehen gewesen sein soll, heute aber nicht mehr auffindbar ist. In der nachfolgenden Zeit ist die Höhle aber wahrscheinlich wieder in Vergessenheit geraten. Erst unser Nordhäuser Chronist, Friedrich Christian Lesser (1692–1754), beschreibt sie dann wieder in seinen naturhistorischen Merkwürdigkeiten. Kurz darauf wird sie nochmals von dem Assessor Leopold aus Neustadt befahren und beschrieben, und wird auch zeitweilig nach ihm Leopoldshöhle genannt. Man kann also sowohl Lesser als auch Leopold mit Recht als die ersten Höhlenforscher unserer Heimat bezeichnen. Erst Dr. Stolberg nimmt 1920 einen genauen Plan der nunmehr allgemein als Försterhöhle bezeichneten Höhle auf, und gibt neben Dr. Biese eine moderne wissenschaftliche Beschreibung. Seitdem wird die Försterhöhle alljährlich gern von abenteuerlustigen. Wanderern aufgesucht, und es ist wohl nicht zuviel behauptet, daß sie zu den bekanntesten Höhlen unserer engeren Heimat gehört. Mögen alle, die sie besuchen, dazu beitragen, daß sie, als ein Beispiel für die vielseitige Schöpferkraft der Natur, unserer Heimat noch lange erhalten bleibt. Vor allem mögen auch alle daran denken, daß die dort sich gern aufhaltenden Fledermäuse zu den Tieren gehören, die unter Naturschutz stehen und infolge ihrer außerordentlichen Nützlichkeit gehütet werden müssen, wo sich immer die Gelegenheit bietet.
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