Von Friedrich Schuster, Leiter der Fachgruppe Höhlenforschung. Dem Naturfreund bietet unser herrlicher Südharz in jeder Jahreszeit eine recht angenehme Abwechslung bei Festlegung seiner Wanderziele. Warum denn in die Ferne schweifen, wenn wir im Kreisgebiet Nordhausen, Sondershausen und Sangerhausen im Zechsteingebiet des Südharzvorlandes geologisch, botanisch und hydrologisch interessante Kostbarkeiten vorgesetzt bekommen. Ein in den letzten Jahren umstrittenes Problem ist der sogenannte „Bauerngraben“, ein periodischer See, etwa 4 Kilometer nördlich von Roßla, zwischen Breitungen und Agnesdorf, südlich des „Hattendorfer Feldes“ gelegen. Das größte Naturdenkmal gleicher Art finden wir im Gebiet Krain, an der Nordgrenze des istrischen Karstgebirges, den Zirknitzer See. An dritter, vierter und fünfter Stelle rangieren der „Eichener See“ bei Schopfheim, der „Schmiechener See“ bei Blaubeuren (Schwäbische Alb) sowie der kleinere Nixsee, südlich des Römersteins, westlich von Tettenborn. Wir können den „Periodischen See“ von Uftrungen aus durch das liebliche Breitunger Tal oder durch das Gebiet des Seekopfes, am nördlichen Waldrand entlang, vorbei an der „Diebeshöhle“, Nordhang des Spatenberges, verfallene Burgruine „Tierburg“, Nordhang Hoher Kopf erreichen. Andererseits wandern wir auf allgemein bekanntem Weg ab Bahnhof Roßla am Mühlgraben, westlich des Heiligenholzes entlang nordwärts auf die Höhe des Roßlaer Forstes. Dort haben wir vor Erreichung des Waldstückes einen fesselnden Überblick auf die gesamte Goldene Aue und Kyffhäusergebirge. Hier fällt sofort das ruhige, sanft hügelige Landschaftsbild des Buntsandsteins auf. Im Roßlaer Forst erreichen wir ostwärts des „Hohen Kopfes“ (351 m NN) den Kammweg, verfolgen ihn nach Osten bis zur alten knorrigen „Grenzeiche“ (332 m NN), biegen nach links (N) ab in den Roßlaer Gemeindewald und stehen dann unverhofft, nach Lichtung des Buchenwaldes, an einem mächtigen Gips-Steilabsturz. In einer Tiefe von 80 bis 90 m schweift der Blick auf das noch zur Zeit gefüllte Seebecken, der „Bauerngraben“ oder „Periodische See“ (238,2 m NN) genannt. Im Westen und Osten wird das Seebecken von steilen buchen- und zum Teil fichtenbewachsenen Hängen umgrenzt. In verschiedenen Windungen gelangt das Glasebachtal (Zuflußtal des Glasebaches) mit dem eigentlichen und einzigen Zuflußbach zum Seebecken, welches nach noch nicht abgeschlossenen Messungen annähernd eine Fläche von knapp 3,5 ha = 13,7 Morgen einnimmt. Im Nordwesten liegt am Kupferschiefer- und Lettenhang das Dörfchen Breitungen, im Nordosten die kleine Ortschaft Agnesdorf. Im Osten grüßt der „Rote Kopf“ (332 m NN) mit einem kurz unterhalb des Gipfels befindlichen kleinen Hangteich, der von Tannen verdeckt wird. Hier verläuft übrigens ein sehr schöner Waldweg hinüber zur Queste. Vom mittleren Teil des flachen Nordufers steigt das Gelände sanft an und bildet hier das „Hattendorfer Feld“, mit zahlreichen Erdfällen (Dolinen), die sich am Wandrand bis in das Gebiet von Uftrungen und im Osten bis zum „Roten Kopf“ fortsetzen. Schon ringsherum, von der Oberkante des Steilabsturzes, sind Erdrisse, lange, breite Spalten, tiefe Einbruchsgräben, Abrißklüfte zu sehen. Starke laufend eintretende Erdrutsche verwandeln in wenigen Jahren ständig sonst noch markante Geländemerkmale. Das gesamte Gebiet des „Periodischen Sees“ ist seit langen Jahren Naturschutzgebiet! Während des letzten Winters war das westliche Seebecken halb mit Wasser gefüllt. Kurz nach der Schneeschmelze, Ende Februar 1953, erfolgte die restliche Füllung des gesamten Beckens mit einem Wasserhöchststand von etwa 4 bis 5 m über sonstigem Normalstand. Wie oft ist es vorgekommen, daß man bei einem Besuch statt einer großen Wasserfläche nur ein vollkommen leeres, grünbewachsenes Seebecken vorfand, welches nie an einen gewaltigen See mit stattlicher Tiefe erinnern würde. Nur der kleine harmlose Zuflußbach, der Glasebach, dem man bisher in der gesamten Literatur, sowie in den Fachkreisen nur eine geringe untergeordnete Bedeutung zuerkannte, schlängelte sich in einem tiefen Erosionsgraben bis zum kleinen Wassertümpel, dem eigentlichen Ponor (Wasserschwinde), an der tiefsten westlichen Ecke des Seebeckens. Dort verschwindet das Wasser lautlos. Der darüber befindliche sogenannte „Trümmerhang“ ist der aktivste Teil der Umgrenzungshänge. Fast wöchentlich erfolgen hier Abbrüche, Abstürze riesiger Gips-Felsbrocken, vermischt mit Humusboden, Birkenstämmen, besonders im Frühjahr und im Winter. Der noch vor etwa 20 Jahren ohne Schwierigkeit zu begehende Saumpfad von den hohen aussichtsreichen Klippen hinunter zur Wasserschwinde ist nicht mehr zu begehen; ein neuer Pfad geht weit im Bogen um die Abrißklüfte und Erdspalten herum. Bei dem „Periodischen See“ handelt es sich in erster Linie um ein großes Erdfallgebiet (Erdfallbecken), eine einzige große Doline, die im Jüngeren Gips des Zechsteins liegt. Dieser Gürtel des jüngeren Gipses ist dem Südharzvorland nördlich Sangerhausen, beginnend von Wettelrode – Mooskammer, Ankenberg, Harand, Questenberger Gebiet, Stolberg-Roßlaer Forst („Periodischer See“) bis Uftrungen vorgelagert und streicht mit dem „Alten Stolberg“ nördlich Nordhausen, am gesamten Südharz nordwestlich hinauf bis Bad Grund. Der Gipsgürtel im Gebiet des „Periodischen Sees“ nimmt allerdings nur einen verhältnismäßig schmalen Streifen ein. Teilansicht des Periodischen Sees im trockenen Zustand mit Zuflußtal des Glasebaches vom Gipssteilhang gesehen im Sommer 1952.
Vermessung der Zuflußmengen und Fließgeschwindigkeit des Glasebaches (Zuflußbach) zum Periodischen See.
Geschichtlich sei bemerkt, daß bereits D. Georg Henning Behrens, Physico Ordin. Subordin., Nordhausen, 1703 in seiner „Hercynia Curiosa oder Curiöser Hartzwald“, in einem umfangreichen Artikel das Prinzip des „Periodischen Sees“ erläuterte. Es würde im Rahmen dieser kurzen Veröffentlichung zu weit führen, umfangreiche wissenschaftliche Erläuterungen klarzulegen, da im Interesse der laufenden Forschungsarbeiten der Zeitpunkt einer ausreichenden großen Veröffentlichung noch verfrüht ist. Es ist zu wünschen, daß dieses Naturdenkmal von vielen Naturfreunden besucht wird und das Interesse für die Höhlen- und Karstforschung im Harzgebiet von manchem noch abseitsstehendem naturwissenschaftlich interessierten Menschen geweckt wird, zum Wohle der gesamtdeutschen Forschung und Wissenschaft! |