Der Nordhäuser Roland
1954 (3)
S. 70-71
Nordhausen

Das Hügelgräberfeld auf dem Solberg bei Auleben

Von Friedel Lösche, Auleben

Auleben war im Sommer 1953 das Ziel vieler Wandergruppen und Schulen. Diese Besuche galten einmal dem Dorfe selbst, von dessen malerischer Schönheit uns Herr Fr. Teichmüller, Nordhausen, im November-Heft des „Nordhäuser Roland“ erzählte. Aulebens schöne, alte Fachwerkhäuser zeugen von der Vielfalt seiner langen Geschichte, von der hier später einmal berichtet werden soll.

Fast jede dieser Wanderungen aber führte auf den Solberg, die Stätte vorgeschichtlicher Ausgrabungen, und im Roland-Heft September 1953 schilderte uns Herr R. H. Walther Müller, Nordhausen, die Wanderung der Fachgruppe Heimatgeschichte zum Hügelgräberfeld auf dem Solberg. Die Ergebnisse der derzeitigen Grabungen werden jetzt ausgewertet, und es wird nach der Auswertung an dieser Stelle ein fachkundiger Bericht darüber erscheinen. Bis dahin aber soll der Solberg nicht in Vergessenheit geraten, und so sei erst einmal in die Erinnerung zurückgerufen, was viele von Ihnen selbst draußen an den Gräbern hörten.

Vom Oktober 1952 bis zum September 1953 wurden auf dem Solberg bei Auleben von dem Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar zehn Hügelgräber ausgegraben. Diese Grabung hatte mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen. Im Herbst 1952 machten das überaus niederschlagsreiche Wetter und das frühe Einsetzen des Winters die genaue Beobachtung des Aufbaus der Hügel fast unmöglich. Außerdem waren fast alle Hügel bereits in früheren Zeiten durch Grabungen erforscht worden.

Vor ungefähr einhundert Jahren wurden die Hügel auf dem Solberg als vorgeschichtliche Begräbnisstätten erkannt, als die ehemalige Zuckerfabrik Aumühle den fruchtbaren Böden der Hügel zur Melioration ihrer Zuckerrübenfelder abfahren ließ. Dabei wurden wiederholt menschliche Gebeine, Keramik und Bronzesachen gefunden. Zunächst wurden diese Funde gesammelt, wenig später begannen dann die weiteren Ausgrabungen. Die umfangreichsten Grabungen wurden durchgeführt von Herrn Thümmel, Rudolstadt, mit zehn Hügeln, von Hermann Arnold mit seinem Freund Paul Oswald aus Nordhausen, die insgesamt 60 der 130 Hügel ausgruben, und von Direktor Jul. Schmidt vom Provinzial-Museum in Halle, der auch zehn Hügel durchsuchte. Hermann Arnold stellte in einem Bericht fest, daß mehrere Hügel bereits zum zweiten Male ausgegraben wurden. Alle diese Ausgrabungen erfolgten in der Zeit von 1880 bis 1903. Im Jahre 1920 legte eine Kommission schriftlich nieder, daß nur noch wenige Hügel des Solberges unverletzt wären. Man wandte sich dann der am Nordabhang des Solberges gelegenen Solwiese zu, die Professor Schulz, Halle, als das zum Gräberfeld gehörige Siedlungsgebiet ansah. Der größte Teil der damals gemachten Funde befindet sich heute in den Museen Nordhausen, Halle, Halberstadt und Rudolstadt. Diese Funde ließen eine zeitliche Datierung des Gräberfeldes auf dem Solberge zu. Es wurde 1939 zeitlich in die mittlere bis späte Bronzezeit angesetzt.

Die Grabung 1952/53 wurde unter Berücksichtigung der vielen bereits stattgefundenen Ausgrabungen in der Quadrantenmethode durchgeführt. Die Hügel wurden in vier Quadranten eingeteilt, die dann bis zum gewachsenen Boden abgetragen wurden. Dabei stellte es sich heraus, daß von den zehn Hügeln nur einer noch ungestört war, während die Grabungsfunde bewiesen, daß die anderen neun bereits ausgegraben waren. Als nun aber, der Grabungsmethode entsprechend, der gesamte künstlich aufgeschüttete Boden abgetragen war, kamen unterhalb und seitlich der bisherigen bronzezeitlichen Grabungsstätten Funde aus der Jungsteinzeit heraus. Insgesamt wurden vier Hockerbestattungen von Erwachsenen, die Hockerbestattung eines Kindes, Skelettreste, die bereits in vorgeschichtlicher Zeit durch eine eingetiefte bronzezeitliche Bestattung zerstört worden waren, Keramik, Steinbeile und Feuersteingegenstände gefunden. Die Funde sind der schnurkeramischen Kultur zuzuweisen; auf Grund der Formen und der Verzierungsweise der Keramik handelt es sich im wesentlichen um eine Spätstufe der Schnurkeramik. Diese wird nach den neuesten Ergebnissen der Vorgeschichtswissenschaft an das Ende der Jungsteinzeit verlegt, da eine typologische Unterteilung der Schnurkeramik bisher noch nicht erfolgte. Eine Hockerbestattung hatte neben schnurkeramischen Beigaben eine solche aus Kupfer, die als Schmuck getragen wurde. Dieser bisher größte Kupferbeigabenfund in Thüringen besagt, daß dieses Metall damals bereits bekannt war. Dadurch ist ein erneuter Beweis erbracht, daß die Schnurkeramik endjungsteinzeitlich ist. Das Alter der Funde beträgt ungefähr dreieinhalbtausend Jahre.

Die letzte Grabung hat den Beweis erbracht, daß die Hügelgräber auf dem Solberg zum größten Teil wohl im bronzezeitlichen Horizont ausgegraben wurden, der jungsteinzeitliche Horizont aber bei den früheren Grabungen in seinem Umfang nicht erkannt wurde. Die Belegung des Solberges ist also schon für die Jungsteinzeit anzusetzen, und das Gräberfeld, das früher nur bronzezeitliche Funde erbrachte, kann demnach nicht als ausgegraben betrachtet werden. Weitere systematische Grabungen würden mit ihren Funden zur Klärung der zeitlichen Stellung der schnurkeramischen Kultur innerhalb der Jungsteinzeit und zur inneren Gliederung dieser Kultur beitragen.

Bei den Ausgrabungen auf dem Solberg
Federzeichnung von Fritz Teichmüller, Nordhausen


Amphore aus dem schnurkeramischen Grab vom Lindey bei UthlebenAufnahme: W. Steinmann, Nordhausen

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