Ber. Naturhist. Ges.
116, S. 99-101
Festschrift 175 Jahre
Hannover 1972

Das Erdfallgebiet am Blossenberg, südlich von Osterode/Harz

von
Ernst Habetha

In einem Gelände zwischen dem Langenberg, dem Blossenberg und dem Heistermannsgrund, südlich des Ortskernes von Osterode, sind eine ganze Reihe von mehr oder weniger großen Erdfällen zu beobachten, die z. T. auch ganz unregelmäßig verstreut sind. (s. Abb.).
Um einen möglichst ausgedehnten Bereich dieses Geländes ständig mit schweren Fahrzeugen möglichst risikolos befahren zu können, war es notwendig, einen Überblick über Neubildung und Ausweitung der Erdfälle zu gewinnen.
Durch kombinierten Einsatz von Bohrungen und Methoden der Felsdynamik wurde eine Lösung des Problems versucht. Dabei standen als seismische Parameter in erster Linie die Ausbreitungsgeschwindigkeit, ferner die Frequenz und die Dämpfung der durch Sprengung erzeugten Stoßwellen zur Verfügung. Die Messungen erfolgten z. T. von Bohrloch zur Erdoberfläche, z. T. von Bohrloch zu Bohrloch.
Überprüft wurden die seismischen Meßergebnisse durch Kernbohrungen, die außer auf ihren geologischen Inhalt auch auf felsmechanische Eigenschaften, wie Klüftigkeit, Auflockerung usw. ausgewertet wurden. Auf diese Weise ließen sich dann im untersuchten Gelände folgende Geschwindigkeitsbereiche bestimmten boden- bzw. felsmechanischen Eigenschaften zuordnen:
 
Ausbreitungsgeschwindigkeit
in m · s-1
Gesteine


650Ton, Lehm, Hangschutt, Lößlehm, Verwitterungslehm
des Dolomites, grauer Salzton
700 bis 1050Gips, zerrüttet, in der Nähe von "Störungszonen" und Hohlräumen, stark kavernös. Verwitterter und kavernöser Dolomit
1100 bis 1250Gips und Dolomit, schwach kavernös bis kavernös
1300Unverwitterter Gips und Dolomit

Die auf dem Gelände anstehenden Felsgesteine reichen vom Staßfurtdolomit (Z2) bis zum Bröckelschiefer (su) und werden von quartären Verwitterungslehmen, Lößlehm usw. überlagert.


Erdfälle am Blossenberg bei Osterode. Geolog. Karte nach A. HERRMANN

Allerdings konnte aufgrund der geologischen Untersuchungen und Spezialaufnahmen allein der gefährdete Bereich des Untersuchungsgebietes bereits auf den südlichen Teil des Gesamtgeländes, d. h. auf den Abschnitt zwischen Blossenberg und Heistermannsgrund eingegrenzt werden (s. Abb.).
Das Streichen der Zechstein-Schichten wechselt zwischen etwa 110° und 130°; ihr Fallen ist im allgemeinen schwach nach SW gerichtet. Im nördlichen Teil des Geländes tritt, in weiter Fläche vom Quartär überlagert, der Staßfurtdolomit in der Stinkdolomit-Fazies auf und ist dort etwa 35 m mächtig. Wegen ihrer plattig-bankigen Ausbildung (Steinbruch am Langenberg) und der fast horizontalen Lagerung neigen diese Schichten dazu, die Geländeoberfläche (flächenhafter Ausstrich) zu bilden. Unter der Hangend-Decke von mehr als 15 m Dolomit entwickelt sich dann ein Erdfalltyp, der nach A. HERRMANN (1953) durch Subrosionsvorgänge an der Gipsoberfläche des Zechstein 1 unter dem Dolomit entsteht und durch flache, sich schüsselartig aus der Umgebung einsenkende Erdfälle gekennzeichnet ist. Erdfall-Erscheinungen sind hier verhältnismäßig leicht zu orten, weil sich die Formen der Gipsoberfläche durch den Dolomit hindurch an der Oberfläche nachzeichnen.
Anders verhält es sich im südlichen Bereich des Geländes. Hier stehen auf einem Streifen von ca 800 m Breite die besonders subrosionsgefährdeten Gesteine des Zechstein 2 bis 4 an, unter ihnen der Hauptanhydrit (A3) und der Basalanhydrit (A2). Hier herrscht ein anderer Erdfalltyp (A. HERRMANN, 1953) vor, ein Typ, der sich z. T. linienmäßig, z. T. regellos angeordneten Einbruchstrichtern mit einem Durchmesser-Tiefenverhältnis von 2 : 1 äußert. Die Durchmesser können Größenordnungen von weit über 10 m erreichen. Daß dieser Typ der Erdfälle für die Bebauung gefährlich ist, weil sich hier aus der Morphologie keinerlei Hinweise auf mögliche Ablaugungsräume im Untergrund ableiten lassen, ist offensichtlich. Da man auch hier eine Ausweitung des Befahrbarkeitsbereiches anstrebt, muß man die Brücken oder Rippen zwischen den einzelnen Auslaugungsräumen finden und ihre Stabilität beurteilen. Eine unveröffentlichte Untersuchung an der Bundesanstalt für Bodenforschung durch H. Albrecht (1968) führte durch Anwendung der vorstehend genannten Methoden zwar zu wertvollen Ergebnissen, konnte aber natürlich keine allseits befriedigende Lösung bringen. Immerhin war es ein erster Schritt. Das Risiko von Schäden beim Befahren ließ sich danach weiter einschränken, nicht aber ganz beseitigen.

Schrifttum:
ALBRECHT, H.:Bericht über felsdynamische Untersuchungen eines Geländes bei Osterode. - Unveröffentlichter Bericht der Bundesanstalt für Bodenforschung, Hannover, Oktober 1968, mit Geolog. Karte 1 : 5000 von A. HERRMANN
HERRMANN, A.:Der Zechstein am Südwestrand des Harzes. - Inaugural-Dissertation, Freie Universität Berlin, Math.-Naturwissenschafliche Fakultät, 1953


Anmerkung:
Diese Untersuchungen wurde damals durchgeführt um die Befahrbarkeit des oben beschriebenen Gebietes mit schweren Militärfahrzeugen sicher zu stellen.
Das Areal wurde als Standortübungsplatz der Osteroder Kaserne genutzt.

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