Über die bisher in der Provinz Hannover und den Nachträge und Ergänzungen. Von Dr. C. Struckmann. Hierzu Tafel I. Im Jahre 1884 habe ich im 33. und 34. Jahresberichte der Naturhistorischen Gesellschaft in Hannover unter obigem Titel eine Zusammenstellung der mir bis dahin bekannt gewordenen Funde von Resten quartärer Säugetiere in der Provinz Hannover unter gleichzeitiger Berücksichtigung der unmittelbar angrenzenden Gebiete geliefert. Gleichzeitig erschien dieser Aufsatz als Sonderabdruck. Seitdem sind eine nicht unerhebliche Anzahl neuer Funde hinzugekommen, von denen ich die wichtigsten, soweit dieselben zu meiner Kenntnis gelangt sind, als Nachtrag zu meiner früheren Arbeit im Nachfolgenden aufführen will. Während ich bei Bearbeitung meiner ersten Zusammenstellung vielfach auf die Resultate meiner umfangreichen Ausgrabungen in der Einhornhöhle bei Scharzfeld am südlichen Harzrande Bezug zu nehmen hatte, hat in neuerer Zeit der nördliche Harz und zwar die Umgegend des Braunschweigischen Hüttenortes Rübeland bei Gelegenheit der wissenschaftlichen Durchforschung der dortigen Höhlen, welche im Auftrage des Herzoglich Braunschweigischen Staats-Ministeriums seitens der Herren Professoren Dr. J. H. Kloos und Dr. Wilh. Blasius in Braunschweig ausgeführt sind, sehr reiche Funde fossiler Säugethier-Reste geliefert. Bereits bei meiner ersten Arbeit sind die älteren Funde in der Baumanns- und Hermanns-Höhle bei Rübeland von mir berücksichtigt worden. Wenn nun auch die wissenschaftliche Bearbeitung des vorliegenden sehr reichen Materials seitens der genannten Forscher noch |
nicht abgeschlossen ist, so habe ich doch auf die bisherigen Ergebnisse in soweit Rücksicht genommen, als über dieselben bereits wissenschaftliche Berichte vorliegen. Es sind dieses folgende: |
1) C. Struckmann, Notiz über das Vorkommen des Moschus-Ochsen (Ovibos moschatus) im diluvialen Flusskies von Hameln an der Weser. Zeitschr. d. deutschen geolog. Ges. Jahrgang 1887. S. 601 ff. Mit Tafel. Raubtiere.
*) Friedrich von Alten, Die Kreisgruben in den Watten der Nordsee. Bericht über die Thätigkeit des Oldenburger Landesvereins für Altertumskunde. III. Heft. Oldenburg 1881. S. 17. Taf. I. Fig. 16. |
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Derselbe, Beiträge zur Kenntnis der Diluvialfauna. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XLVH. 1876. S. 1 ff. Derselbe, Übersicht über 24 mitteleuropäische Quartär-Faunen. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Jahrgang 1880. S. 471 u. 473. |
und auf einer besonderen Tafel abzubilden. Zu letzterem Zwecke hatte der Sekretär auf hiesigem Provinzial-Museum Herr Runde die Güte, zunächst eine sehr genaue Zeichnung der Geweihhälfte in natürlicher Grösse anzufertigen, nach welcher sodann die Vervielfältigung auf photolithographischem Wege und bei Verkleinerung auf ca. 1/4 der Kunstanstalt von A. Frisch in Berlin geschehen ist. Unser Geweih ist eine abgeworfene rechte Geweihhälfte und von der Vorderseite, die am besten erhalten ist, abgebildet. Dasselbe hat eine echt fossile Beschaffenheit und eine gelblich-weisse Farbe, wie solche fast allen fossilen Knochen, welche im Diluvialkies des Leinethals gefunden worden, eigen ist. Die Fundstelle ist, wie bereits oben erwähnt, die der Königlichen Eisenbahnverwaltung gehörige Kiesgrube im Leinethale bei Edesheim unweit Northeim, unmittelbar an der Hannoverschen Südbahn. Diese mir wohl bekannte Kiesgrube, die sich bis vor wenigen Jahren im Betriebe befand, hat zahlreiche Reste diluvialer Säugetiere geliefert, insbesondere von Elephas primigenius und Rhinoceros tichochinus, welche also die Zeitgenossen unseres Hirsches gewesen sind. Die Grössenverhältnisse des Geweihs, welches leider an der Spitze abgebrochen ist, sind folgende: Die Breite dicht unter der abgebrochenen Spitze beträgt 8 cm, der Umfang an der Rose 20 cm, dicht unter der Eissprosse 26,5 cm, dicht unter der Spitze 21 cm. Die Hauptstange ist schwach nach aussen gekrümmt und mit ziemlich tiefen Längsfurchen bedeckt; die Rose, von der nur geringe Spuren erhalten sind, scheint |
schwach gewesen zu sein. Unmittelbar über letzterer ist die Hauptstange rund, über der Augensprosse wird der Durchschnitt ein ovaler; dann erweitert sich dieselbe da, wo die Eissprosse abzweigt, schaufelförmig, verschmälert sich wieder zwischen dieser und der Mittelsprosse, wo abermals eine wenn auch minder erhebliche Erweiterung eintritt. Über der Mittelsprosse bis zur abgebrochenen Spitze behält die Hauptstange einen rundlich-ovalen Umriss; die Spitze scheint sich wiederum schaufelförmig erweitert zu haben. Die dicht über der Rose stehende Augensprosse ist sehr lang; sehr eigentümlich ist die Eissprosse gebildet, die zu einer schaufelförmigen Abplattung des Geweihs Veranlassung gegeben hat und in einer Doppelspitze ausläuft, von welcher leider eine abgebrochen ist; auf der Rückseite des Geweihs sind beide Spitzen durch eine tiefe Furche getrennt. Die Mittelsprosse, die nicht sehr gross und lang gewesen zu sein scheint, ist leider zum grössten Teil abgebrochen. *) Boyd Dawkius, British Pleistocene Mammelia. Part VI. British Pleistoceue Ceividae. S. 17 ff. Pl. IV. |
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Jahresbericht Naturhistorische Gesellschaft Hannover 40/41:48-62