Mit 4 Abbildungen In den Jahren seit 1957 wurde am nördlichen Dorfrand von Badenhausen das Gelände beiderseits des Bachlaufes "Johannisborn" für eine neue Siedlung erschlossen. Bei den hierzu durchzuführenden Ausschachtungsarbeiten konnten frühmittelalterliche Scherbenfunde aus insgesamt fünf Fundstellen geborgen werden. Für die Meldung der Funde und für Hilfeleistungen bei der Fundbergung ist dem Grundeigentümer Frank, seinen Enkeln Passauer und den Mitarbeitern G. Neumann, R. Splisteser sowie W. und A. Helmoldt zu danken. Die rasch voranschreitenden Baumaßnahmen ließen jedoch weitere großräumige Flächenabdeckungen nicht zu, so daß sich die Bergungsarbeiten auf die Beobachtung der an den Baugrubenwänden angeschnittenen Fundstellen beschränken mußte. Beim ersten Auftreten von Funden war der damals für das Gebiet zuständige Bodendenkmalpfleger des Verwaltungsbezirkes Braunschweig, Dr. A. Tode, benachrichtigt worden, der nach erfolgter Besichtigung eine weitere Beobachtung der Baustellen empfahl. Das Fundgebiet liegt am Nordrand des Dorfes am Zusammenfluß zweier Bachläufe, des Wetteborns und des Johannisborns. Für diese vom Westharzrand abfließenden Gewässer waren hier, bedingt durch geologische Verhältnisse, Stauungen enstanden, die zu einer teilweisen Vermoorung des Gebietes geführt hatten. Die ursprüngliche landwirtschaftliche Nutzung, auf die noch der alte Flurname "Große Wiese" hindeutete, wurde nach der um die Jahrhundertwende durchgeführten Kanalisierung, die eine Austrocknung des Geländes zur Folge hatte, kurzfristig durch die Inbetriebnahme einer Ziegelei und eines Sägewerkes unterbrochen, bis es in neuerer Zeit als Bauland ausgewiesen wurde. Fundstelle 1 (Grundstück Frank, Am Johannisborn 14): An der Nordwand der Baugrube war eine Siedlungsgrube von 3,50 m Länge und 0,90-1,05 m Tiefe angeschnitten worden, deren unregelmäßig wellig gestaltete Grubensohle eine auffallende Festigkeit aufwies. Kleinere Gerölle und Kiese waren in dunkelbraun bis schwärzlich grau verfärbtem Lehm regelrecht "verkittet", als seien sie absichtlich festgestampft. Von dem hellen lehmigen, mit Schottergeröllen unterschiedlicher Größe angereicherten, anstehenden Boden hob sich die Grubenfüllung mit steil nach oben verlaufenden Grubenwänden deutlich durch ihre dunkelbraune Färbung ab. Außer vereinzelten kleineren Geröllen enthielt sie verstreut Reste von Hüttenlehm und Holzkohleteilchen, die sich besonders im westlichen Teil der Grube häuften. Hier kamen Scherben von verschiedenen Gefäßen zutage (Abb. 1 a). Fundstelle 2 Auf dem gleichen Grundstück konnte nur noch in bereits gestörtem Zustand beobachtet werden. Sie ähnelt im Befund der Fundstelle 1, war jedoch nur noch mit einer Tiefe von 30 bis 45 cm erhalten. Die Trennung von Grubenfüllung und umgebendem Lehm zeichnete sich nicht immer deutlich ab. Immerhin konnten in der restlichen Grubenfüllung gebrannte Lehmbrocken, Hüttenlehmreste mit Flechtwandabdrücken, Holzkohleeinschlüsse sowie mehrere Scherben verschiedener Gefäße festgestellt werden. Fundstelle 3 (Grundstück Minte, Am Johannisborn 3) wurde bei der Aushebung eines Wasserleitungsgrabens angeschnitten; eine seitliche Erweiterung der Fundstelle war durch die örtlichen Gegebenheiten nicht möglich. Abb. 1 Badenhausen, Kr. Osterode a. Harz a) Fundstelle 1; b) Fundstelle 3
Länge der Siedlungsgrube 3,70 m, Tiefe der Grubensohle 0,90 m unter Oberfläche. Den Grubenboden bildete ein dunkelbraun verfärbtes, mit Lehm fest verkittetes Gemenge von Kiesen, das eine Festigkeit von nahezu betonartiger Beschaffenheit besaß. Im Gegensatz zu Fundstelle 1 war er ausgeprägt gleichmäßig eben; die Grubenwände stiegen steil schräg aufwärts. Die mit wenigen Holzkohleresten durchsetzte Füllerde hob sich klar von den umgebenden horizontal gelagerten Fließschottern ab und enthielt kleinere Scherbenreste. Hüttenlehm konnte bei den begrenzten Untersuchungsmöglichkeiten nicht beobachtet werden (Abb. 1, b). Abb. 2 Fundstelle 4 (Grundstück Dahlke/Schöppe, Am Johannisborn 8) wurde bei Anlage der Baugrube größtenteils zerstört; die Scherben eines Kugeltopfes waren bereits dem Boden entnommen worden. Immerhin ließ der im hellgelben Lehm noch deutlich feststellbare Abdruck des Gefäßes erkennen, daß es zu ungefähr zweidrittel in den anstehenden Boden eingetieft gewesen sein muß. Die Gefäßmündung schien ringsum von durchschnittlich 3 bis 5 cm dicken Grauwackeplatten umgeben gewesen zu sein. Eine etwas abseits liegende Platte von annähernd quadratischen Format mag vielleicht als Deckstein für das Gefäß gedient haben. Wegen der Unsicherheit der Befunde ist eine weitere Deutung nicht möglich. Die Annahme, daß es sich um eine Herdstelle gehandelt haben könnte, verbietet sich, da keinerlei Spuren von Brandresten im umgebenden Erdreich festzustellen waren. Fundstelle 5 (Grundstück Dahlke/Schöppe, Am Johannisborn 8) wurde bei der Ausschachtung einer Klärgrube freigelegt. Sie brachte keine klaren Befunde. Gestörte Schichten, die teilweise Reste von Ziegelbrocken enthielten, können nur mit der späteren unterschiedlichen Nutzung des Johannisborngeländes in Verbindung gebracht werden. Lediglich eine, im Grubenaushub gefundene Randscherbe ist der frühmittelalterlichen Keramik einzuordnen. Die KeramikDie Ausbeute an keramischem Fundgut ist nicht groß, sie umfaßt Wand-, Rand- und wenige Bodenscherben. Im folgenden werden nur die Teile vorgelegt, die einen gewissen Aussagewert besitzen. Die meisten Randstücke stammen aus der Fundstelle 1; sie werden, abgesehen von atypischen Scherben ergänzt durch zwei Bodenstücke, überwiegend handelt es sich um Teile von größeren, dickwandigen Gefäßen, deren Wandstärke 7 bis 12 mm beträgt; dünnwandige Keramik mit 4 bis 7 mm Wandstärke ist nur bei einigen wenigen kleineren Gefäßen, z. B. Abb. 2,1, vertreten. Die Tonware weist durchschnittlich mittelgrobe, in wenigen Fällen feinere Magerung auf und ist mäßig hart gebrannt. Die Oberfläche der Keramik zeigt geringfügige Unterschiede; sie ist überwiegend glatt; einige Scherben, wie z. B. Abb. 2, 4, lassen deutliche Knetspuren erkennen; andere besitzen infolge der gröberen Magerung eine rauhe Oberfläche. Die Farbe der Keramik wechselt auf der Außenfläche von Hellocker über Hellrot bis ins matte Rotbraun; stellenweise besitzen die Scherben eine dunkelbraun bis schwärzlich gefleckte Tönung. Die Bruchstellen sind im Kern schwarz bis schwarzbraun. Die Innenseiten zeigen eine sandfarben braune bis schwärzliche Farbe. Das Randstück Abb. 2, 3 besitzt auf der Innenseite noch eine verkohlte Kruste des ehemaligen Gefäßinhaltes. Der Gefäßtyp läßt sich nach den vorliegenden Randstücken (Abb. 2, 1-4) als verhältnismäßig einheitlich bestimmen. Sie stammen von mehr oder weniger bauchig gestalteten Töpfen von meist „eiförmiger" Form. Für sie alle ist die hochgezogene Gefäßschulter kennzeichnend, die bei dem großen steilwandigen tonnenförmigen Gefäß (Abb. 2, 4) in eine niedrige Halskehle übergeht. Eine gleiche deutlich ausgeprägte Halskehle weist das kleine, stärker bauchig gestaltete und mit einer gut gewölbten Schulter versehene Töpfchen Abb. 2, 1 auf. Hier erscheint die Randpartie gegenüber dem Gefäßkörper als deutlich abgesetzt. Eine stärkere Betonung, bzw. Einschnürung der Halspartie, allerdings nicht als ausgeprägte Halskehle sondern als eine gleichmäßig verlaufende Rundung, weisen auch die Randstücke Abb. 2,2 und 3 auf. Der niedrige, im Saum stets abgerundete Rand biegt bei allen Stücken nach außen um. Zwei Bodenstücke stimmen in der Materialbehandlung völlig mit der der Gefäßoberteile überein. Eines dieser Bodenstücke besitzt eine völlig ebene Standfläche (Abb. 3, 1), die ohne besondere Merkmale gleichmäßig schwach gewölbt in das bauchig gestaltete Unterteil des Gefäßes übergeht. Das zweite Bodenstück weist einen "Wackelboden" auf, der u. U. bereits einen Übergangzum "Kugelboden" erkennen lassen könnte (Abb. 3, 2). Abb. 3 Von geringerem Aussagewert sind die wenigen Gefäßbruchstücke aus der Fundstelle 2. Abgesehen von dem kleinen Randstück Abb. 4, 2 zeigen die drei weiteren abgebildeten Scherben die gleiche Oberflächen- und Materialbehandlung auf wie die der Fundstelle 1. Das Randstück Abb. 4, 1 gehört zu einem kleinen, napfähnlichen Gefäß mit steiler, leicht nach außen geneigter Wandung, die deutlich. Knetspuren aufweist. Die Wandstärke nimmt in der Randzone ab und geht in einen dünnen, abgerundeten Randsaum über. Das zweite Randstück (Abb. 4,3) stammt von einem weitmündigen, bauchigen Gefäß mit gewölbter Schulter, die nach einer nahezu knickartig gestalteten Halspartie in einen niedrigen, nach außen geneigten und schwach abgestrichenen Randsaum übergeht. Durch Fingertupfendellen ist die Gefäßmündungszone leicht wellig gestaltet. Ein Bodenstück (Abb. 4, 4) stammt von einem Gefäß, dessen Wandung vom flachen Standboden nach einer niedrigen Einschnürung konisch nach außen geneigt ansteigt. Von dieser Keramik unterscheidet sich die kleine Randscherbe eines steilwandigen Gefäßes, dessen Randsaum mit Fingertupfen verziert ist (Abb. 4,2). Mit seiner schwach gerauhten Außen- und Innenseite, dem auch im Bruch rötlich-braunen Ton mit dünnem, schwarzem Kern ähnelt es mehr dem keramischen Fundgut, das aus einer früheisenzeitlichen Abfallgrube im "Karrenbruch" einer etwa 400 m nordöstlich des Johannisborns liegenden Fundstelle, geborgen werden konnte (vgl. W. Reißner, Nachr. aus Niedersachs. Urgesch. 41, 1972, 256 f.). Das aus der Fundstelle 5 stammende Randstück (Abb. 4, 5) weicht von den bisher beschriebenen Formen ab. Seine Oberfläche ist rotbraun, Innenseite und Bruchstellen sind schwarz. Der Ton ist fein gemagert, der Brand wesentlich härter als bei den bisherigen Stücken. Die Randscherbe stammt von einem ausgeprägt kugelig-bauchigen Gefäß, von dem der niedrige, gerade Halsteil fast rechtwinkelig nach außen abknickt. Die sich leicht verdünnende Randlippe weist fast waagerecht zur Halspartie nach außen. Dagegen geht die Innenwandung vom Gefäßkörper mit einer gleichmäßigen Rundung in den Rand über. Die im Profil sichtbare, fast rechteckig herausgearbeitete "Halskehlung" läßt die Benutzung eines Formholzes vermuten, zumal auch schwach horizontal verlaufende Streichspuren auf der Außenwandung erkennbar sind. Schließlich bleibt noch aus der Fundstelle 4 das Unterteil eines Kugeltopfes zu erwähnen, dessen Profil eine etwas mehr ellipsenförmig gestauchte, als kugelige Körperform besitzt (Abb. 4, 6). Die einheitlich 5-6 mm starke Gefäßwandung ist feinkörnig gemagert, der Ton hart gebrannt. Vier an der Innenwand in Höhe der Gefäßschulter horizontal verlaufende Furchen weisen auf die Anwendung eines Formholzes hin. Die feinkörnig-rauhe Oberfläche ist innen wie außen von einheitlich schmutzig weiß-grauer Farbe; die Wandscherben besitzen einen dunkelgrauen Kern von wechselnder Stärke. Da Randstücke dieses Gefäßes nicht vorhanden sind, entfällt der Versuch einer genauen formenkundlichen Eingliederung und damit auch einer zeitlichen Bestimmung. Abb. 4 Die bescheidenen Befunde und die geringe Menge keramischen Fundgutes erlauben keine weiteren Schlußfolgerungen. Der Versuch einer schärferen chronologischen Fixierung der Keramik ist mangels gut datierter Vergleichsfundeaus dem engeren Bereich des südniedersächsischen Berglandes nicht angebracht. Sie läßt sich jedoch dem allgemein bekannten Formenvorrat des 8./9.-10. Jahrhunderts n. Chr. einordnen, so daß festgestellt werden kann, daß in Badenhausen am Johannisborn eine frühmittelalterliche Siedlung dieser Zeitspanne bestanden hat. Die Vorlage des Fundgutes soll dazu beitragen, die für jene Zeit immer noch bestehende Fundlücke im südwestlichen Harzvorland etwas zu schließen. Wilhelm Reißner
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