Auszug aus:
Der HARZ.
Zur Belehrung und Unterhaltung für Harzreisende.

C. G. Fr. Brederlow, Braunschweig 1846


III.Flötzgebirge des Harzes.

Die Nord- und Ostsee liegen dem Harze nordwärts und nehmen ungefähr unter 54° Breite ihren Anfang; von diesem Punkte beginnt auch das F l ö t z g e b i r g e zu steigen; in der Nähe des Harzes wird die Abwechselung der Flötze immer häufiger, aber die Mächtigkeit immer geringer, bis endlich das harzische Uebergangsgebirge sich aus der ihn rings umgebenden Flötzschale frei heraushebt. Durch diese Anlagerung hat die Flötzformation ganz vorzüglichen Antheil an der Bildung des Gebirgsrandes und wie namentlich die Gestaltung der Nord- und Südseite überhaupt nicht ein und dieselbe ist (§. 2 und 3), so zeigt sich auch grade in der Anlagerung der Flötze dieser entgegengesetzten Harzseiten eine grosse Verschiedenheit. Die sogenannten ältern
F l ö t z g r u p p e n Porphyr, rother Sandstein, älterer Kalkstein, Mergelschiefer, Zechstein, blasiger dolomitischer Kalk, Asche, Stinkstein, Gyps etc.) ziehen nämlich am Ost-, Süd- und Westrande mehr oder weniger zusammenhängend an das Uebergangsgebirge hinan und breiten sich abwärts aus; dagegen sind diese Flötzformationen am Nordrande
n i r g e n d s sichtbar. An diese ältern Flötzgruppen lagern sich die j ü n g e r n , die aber an der Ost-, Süd- und Westseite an keiner Stelle den Harzrand berühren, weil ihr Rücken durch die ältern Flötze von dem Uebergangsgebirge getrennt ist. Diese j ü n g e r n Flötzgruppen (bunter Sandstein, Muschelkalk, Keuper, dunkeler Liasschiefer, Mergel, Gryphitenkalk, oolithischer und weisser Jurakalk, Sandstein, Kreidekalk etc.) aber berühren an der Nordseite das Ganggebirge der Grauwacke und des Thonschiefers unmittelbar und erheben sich in seiner nächsten Nähe mit einigen Unterbrechungen in schmalen, langhinziehenden, niedrigen Rücken. Mit dieser ungleichen Anlagerung der Flötze steht im Allgemeinen der verschiedene Anblick in Verbindung, welchen der Harz auf seiner Nord- und Südseite gewährt (§. 2 und 3).

a) Die ä l t e r n F l ö t z e , - welche vorzüglich in der Gegend von Ilfeld, Neustadt, Sachsa am vollständigsten entwickelt an den Harzrand herantreten, - kann man von Lutter und Seesen am westlichen Harzrande, am ganzen Südrande, um den Ostrand herum bis Ballenstedt genau verfolgen. Die S t e i n k o h l e n –Flötze, nur sichtbar bei Ilfeld, Hohnstein und Ballenstedt, sind überall unergiebig und nicht vorzüglich. In grösserer Ausbreitung erscheint das T o d t l i e g e n d e . Als Glieder dieser Formation erscheinen (Ilfeld, Neustadt, Stolberg) Eisenthon, Eisenthonmandelstein, Porypyr, Roth- und Grauliegendes; der Kupferschiefer gewöhnlich vom Dache, oft von Zechstein begleitet, zieht sich auf der Unterlage des Grauliegenden hinan; oft übergreifend und sich bis auf das Uebergangsgebirge erstreckend (Lauterberg, Osterode, Gittelde). Dieses Kupferschiefer-Flötz ist meistens nicht sehr mächtig, weil es, obgleich von grosser Ausbreitung, sehr regelmässige Zwischenlagerungen hat. In einem ähnlichen Verhältnisse erscheint auch Z e c h s t e i n (Grund und Gittelde), sowie der R a u h k a l k (Scharzfeld); beide übergreifend auf das Grauwacken- und Thonschiefergebirge, ruhend auf diesem in ununterbrochener Lagerung und bedeutender Höhe. Höchst merkwürdig sind die F l ö t z g y p s e ; es waltet kohlensaure Kalkerde vor, zum Theil mit Bitumen verbunden; auch zeigt sich schwefelsaurer Kalk; der blasige dolomitische Kalk erscheint in seiner grössten Mächtigkeit zwischen barbis, Scharzfeld und Herzberg, wo er am Schlosse unmittelbar an das Schiefergebirge in einer Höhe von 1240 Fuss herantritt. Der Gyps ist meistens körnig, weiss und grau, zuweilen röthlich; in ihm finden sich Schichten und Nester von dichtem und blättrigem, sogenanntem Fraueneis. Die stockförmigen Lagermassen dieses ältern Flötzgypses sind gewöhnlich von Stinkkalk begleitet; sie erheben sich in ununterbrochenen Zügen mit, gegen den südlichen Harzrand gewandten, blendend weissen Felsenwänden von Badenhausen über Osterode und Düna fort gen Walkenried, Sachswerfen bis in das Mansfeldische. – Wie in dem Uebergangskalke die Tropfsteinhöhlen charakteristisch sind, so in diesen Flötzgypsen die häufigen
S c h l o t t e n (Einhornhöhle bei Scharzfeld, das Weingartenloch bei Nixei, die Jettenhöhle bei Düna, die Kelle bei Ellrich, die Heimkehle bei Rottleberode, das Diebsloch bei Uftrungen etc.) und die ebenso häufigen E r d f ä l l e (die Teufelsbäder bei Osterode, der Weinsee, das schwarze Loch bei Scharzfeld, die teichartigen Tiefen bei Walkenried, Barbis etc). Diese höchst interessanten jErdfälle, theils mit Wasser angefüllt, theils trocken findet man meistens auf ebenen oder wenig abschüssigen Flächen und in Form und Tiefe sehr mannigfaltig; hier als senkrechte Löcher, dort als kraterartige Abgründe, oft von- ungemessener Tiefe; auch kessel- und trichterförmig, oval, rund. Jedenfalls sind sie aus Einsenkungen vom Tage entstanden und entstehen noch täglich; ihre Genesis hängt sicherlich mit unterirdischen, blasenartigen Kalkhöhlen zusammen, deren Einsturz den drüber lagernden Erdboden nachstürzen liess; auch neuere Auswaschungen im Gypse und Auflösungen von Steinsalzstöcken mögen dazu Veranlassung geben. Während die g r ö s s e r n Erdfälle, z. B. bei Walkenried, Osterode und Scharzfeld, im ältern Gypse ganz besonders in den grabenartigen Vertiefungen, welche zwischen den Gypswällen und dem südlichen Gebirgszuge hinstreichen, zu finden sind, zeigen sich die k l e i n e r n nur da, wo das bunte Thon- und Mergel- oder Keupergebirge mit dem zu ihm gehörigen Sandsteine und Gypse oder Muschelkalke unmittelbar an die Grauwacke tritt und deswegen auch häufiger am Nordrande, z. B. bei Goslar auf dem Wege nach der Oker, am Nordberge, bei Harzburg existiren; es sind zum Theil kleine Bingen, oder trichterförmige Tiefen, die sich besonders vom Rammelsberge fort bis Harzburg ziehen; interessant wird auch in dieser Beziehung der sonst so räthselhafte Salzquell bei Juliushall, indem man jetzt gefunden hat, dass der Soolschacht seine Zuflüsse von der Seite her empfängt, wo sich die Erdfälle am Fusse des Gebirges hinziehen. Aehnliche Verhältnisse finden sich auch bei der Salzquelle des Hubertusbrunnens bei Thale.
 

Seite 462 - 463 Heimkehle:

¼ St. südlich von R. ist die H e i m k e h l e , an der Schabeleite, eine imposante Kalkhöhle, der Eingang 38 Fuss hoch, steil zieht die kraterförmige Weitung hinab, im Schlunde ein grosser Teich, dessen Spiegel den Schein der Grubenlichter wunderseltsam reflectirt; am Ufer starren wunderlich gehöhlte Kalkblöcke, welche zu übersteigen zu gewagt sein würde; das säuerlich schmeckende Wasser erregt Uebelkeit; es ist Alles todt drin, kein Thier dort; durch Nebenöffnungen bricht das Sonnenlicht, und diese Tagesstrahlen mit dem trüben Scheine der Grubenlampen und dem Flimmern dieser stygischen Fluthen bringen magische Wirkung hervor. – Der nachbarliche, aus dem Kupferschieferflötze hervorragende K r ä u s e l b e r g birgt in seinen Kalksteinlagern Knochen urweltlicher Thiere. – ½ St. auf dem Wege von Rottleberode nach Nordhausen, ganz in der Nähe vom alten Stolberg, liegt das zum Amte Neustadt gehörige Dorf S t e i g e r t h a l ; in seiner Nähe Alabaster von mehr als 20 Sorten; ringsum Stinkstein und Gypsberge; auch findet sich Schaumgyps mit den schönsten Krystallen von gelbem späthigem Gypse in grossen rundlichen Massen von Stinkgypse; dabei wird ein Bach von einer Kalkschlotte verschlungen, der 1000 Schritt weiter viel verstärkt wieder hervorsprudelt; das F ö r s t e r l o c h ist eine aus 11 Abtheilungen bestehende Kalkschlotte, ähnlich der Baumannshöhle; viele Knochen urweltlicher Thiere aus Lehmlagern hier ausgegraben.
 

Seite 530 - 536, Iberg und Grund:

Ein 12 Fuss hohes Mundloch mit einem schönen Portale und goldener Inschrift, lindenbepflanzte Terrassen schmücken den Ausgang des tiefen Georgstollens; am Fusse des Eichellberges im Mühlenthale stehen wir, an der Grenze des Oberharzes, vor uns die letzte der 7 Bergstädte G r u n d , in welcher die erste Sorge des Reisenden ist, im Schützenhause sich von der Strapaze in der Unterwelt zu reinigen, sich umzukleiden und zu erholen. Das Städtlein, die westlichste und älteste der städtischen Bergschwestern, wird von den umliegenden Bergen, dem Königsberge, Iberge, Winter-, Teufels-, Spitz- und Eichelberge fast erdrückt und mit knappster Einschränkung haben die 200 ärmlichen Häuser kaum mässigen Platz im tiefen Thale; hart an der braunschweigischen Grenze wird auch zu seinem Gebiete das kleine braunschweigische, mit ihm eng verbundene Dorf
L a u b h ü t t e gerechnet. Selbst wenn der kleine Ort wahrlich keine andere Merkwürdigkeit aufzuweisen hätte, als seine Abgeschiedenheit, - so würde dieser versteckte Harzwinkel im tiefsten Gebirgsfrieden eines Grusses, eines Besuches werth sein, um wenigstens den Eingang des Riesenstollens zu beschauen oder zu befahren. Aber auch an andern grossen Naturschönheiten ist das originelle Grund sehr reich. Der nahe Winterberg beut schöne Fernsichten nach dem Eichsfelde. Interessant sind die Wasserkünste; von Bergen stürzt das in eisernen Röhren aufgefangene Wasser hinab, springt im Thale als Fontäne und wird in Röhren wieder bergauf getrieben zu den Kunsträdern. In drei riesigen Häuptern starret aus dem Fichtendickicht das Kalksteingebirge; 120 Fuss hebt sich der bis auf die Spitze mit Madreporen, Milleporen und Korallen durchwachsene berühmte
H ü b i c h e n s t e i n , ein fester, feinkörniger Kalksteinkoloss, der sein Wiege auf Meeresgrunde hatte, eigentlich ein Doppelobelisk, der durch den unter ihm wegstreichenden Eisengang zweispaltig geworden ist; der höhere Pfeiler kann leider gar nicht, der niedrigere auch nur mit vorsichtiger Mühe bei stillem Wetter erklimmt werden; droben ein herrlicher Blick in die tiefe Ruhe des Thals, drüber hinweg nach der verhängnissvollen Staufenburg, nach der reichen Gegend von Seesen, Kirchberg etc. Im frischen Bruche sieht das Gestein einer Brescia ähnlich; verwittert oder auch geschliffen sieht man die darin versteinerte Welt von Seethieren. – Der Nachbar und Blussverwandte des Hübichensteins ist der
I b e r g , nach der Form der merkwürdigste, nach dem Inhalte der begabteste der Harzberge, ein 50 Lachter mächtiger Kalksteinkopf, den man wohl das Mineralienkabinet des Harzes heisst, mit Korallen und Conchylien durchwachsen, aber nicht etwa in geregelte Schichten und in gemessene Bänke getheilt, sondern geklüftet in unregelmässigen grossen Spaltungen. Seinen Namen hat der Berg vielleicht von den vielen Eibenbäumen (Taxus baccata). Wahrscheinlich mögte der Eisenbergbau in den Eingeweiden des Ibergs der älteste am Harze sein, obgleich bei der Natur der Lagerstätten der hiesige Betrieb sehr schwierig ist; die Bergleute, die im Innern des Berges den Eisenstein nesterweis finden, bedienen sich jener Zerklüftungen, um mit ihren Schächten darauf niederzugehen und dadurch die Durchbrechung des sehr festen Gesteins möglichst zu vermeiden. Der Carler- und Magdeburger Stollen verdienen befahren zu werden, weil sie über das Innere des Gebirges wichtige Aufschlüsse geben. Ausser den in Nestern, Nieren und Drusenlöchern versteckten Eisenadern findet sich Bergkrystall auf pyramidalem Kalkspath, Eisenkiesel von schwarzer Farbe in kleinen Krystallen, Kalk- und Schwerspathe, grauschiefriger Mergel mit schönen Dendriten, Arragon in spiessigen, sechsseitigen Pyramiden, klebriges, erdiges und schlackiges Erdpech auf Kalkstein etc. Das vorzüglichste Material wird auf der Deich- und Neuenhütte, auf dem Wege von Osterode nach Tittelde verarbeitet. Höchst überraschend ist der Anblick der an der Strasse nach Wildemann gelegenen, oben offenen Höhlungen des Berges; wie ein Feenpallast glänzen sie, wenn die Sonnenstrahlen die schimmernden Erzwände beleuchten und im klaren Wasser, was drin entspringt, sich brechen. Von so wunderbaren Bergen gestalteten sich auch wunderliebliche Sagen. Leicht mögten die Volksmährchen vom Zwergkönige Hübich, der auf dem Hübichstein und im Iberge seine Residenz hielt, die lieblichsten und schönsten aller Harzsagen sein: „Vor langen Jahren wohnte in Grund ein Bergmann, der hatte von seinem Urgrossvater einen Tannenzapfen geerbt von lauterm Silber; das Prachtstück hatten die Vorfahren einst vom Zwergkönige Hübich auf folgende Weise bekommen: einst war nämlich der erste Empfänger, ein armer Bergmann, sehr krank und konnte nun keine Nahrung verdienen für seine Frau und die sieben Kinder. Darüber härmte sich die Frau bei Tag und Nacht; weinend ging sie einst in den Wald, um wenigstens einige Tannäpfel zu suchen. Da gesellte sich zu ihr ein Männlein und fragte mit zutraulicher Stimme, warum sie so bitter weine; das Männlein mit dem langen Barte tröstete die arme Frau und führte sie unter den Hübichenstein, wo gar viele und grosse Tannzapfen lagen. Der Korb der Frau ward bald bis oben hin gefüllt und durch den freundlichen Zuspruch des theilnehmenden Zwerges getröstet ging die Frau wohlgemuth nach Hause. Aber je näher sie ihrer Hütte kam, desto schwerer wurde ihr der Korb mit den Tannzapfen und als sie den Korb daheim ausschüttete, da fielen lauter silberne Tannäpfel heraus. Voll Schreck lief die Frau zum kranken Manne und fragte mit ängstlichem Zweifel, ob das mit rechten Dingen zugehe. Der Mann aber meinte, dass man so schöne Gaben wohl behalten dürfe und dass das Geschenk gewiss vom mitleidigen Hübich komme, der armen Leuten gern helfe. Als nun am andern Morgen die glückliche Frau wieder hinauseilte in den Jtann, um sich beim Zwergkönige zu bedanken, da sass auch wirklich wieder das Männlein am Wege und hatte ein feines Kraut zwischen den Fingern und sprach: „nimm, gutes Weib, koche davon deinem Manne ein Süpplein, so wird er genesen.“ Die Frau konnte vor Thränen nicht reden und als sie sprechen wollte, war das Männlein verschwunden. Der Bergmann wurde gesund und reich; den einen Tannzapfen haben die Leute behalten und von Kind auf Kind geerbt, bis derselbe im 30jährigen Kriege verloren ging. – Noch eine andere Sage erzählt sich das Volk vom Hübichenstein und Iberge; „auf dem Försterhofe wohnte zu gleicher Zeit ein Förster, der hatte einen einzigen Sohn, der war sehr gut, aber auch sehr lustig und vorwitzig, wenn es etwas zu wagen gab. Der ging eines Tages mit seinen Kameraden zum Hübichsteine und da galt‘s eine Wette, wer den zackigen Fels ersteigen könne. Der Förstersohn war flugs dabei und wie eine Gais klimmte er zum äussersten Grad hinauf. Aber kaum stand er festen Fusses oben, so kam ein fürchterliches Ungewitter und ein grässlicher Sturm sauste um den Fels, also dass die Bäume im Thale zerbrachen und die Berge bebten. Der Jüngling wollte sich platt niederlegen und stracks hinabklimmen, aber die Füsse waren ihm wahrhaftig in den Felsen gewachsen, waren Stein wie der Fels und eins mit dem Hübichenstein, so dass er nicht vor- und nicht rückwärts konnte und wie ein schwankendes Rohr vom Sturme hin und her gepeitscht und geschleudert wurde und aus allen Adern blutete. Die anderen Burschen unten im Thale sahen das Unglück ihres Kameraden, liefen zurück nach Grund und berichteten das Wunder; auch der alte Vater hörte davon. Alles lief hinaus und bejammerte den Unglücklichen, der händeringend um Hilfe rief und kläglich hat, man mögte ihn todtschiessen, denn er sterbe sonst hier oben eines tausendfachen Todes. Dem greisen Förster ging’s durch das Herz, er raufte sich das Haar aus, warf sich auf die Erde, knieete, betete, so dass die Leute den verzweifelnden Vater endlich gewaltsam vom Orte des Jammer nach Hause führten. Aber in seiner Wohnung hatte der unglückliche Mann noch weniger Ruhe; draussen stürmt’s und heult’s, als ob’s am jüngsten Tage wäre. Da sprang der Förster plötzlich auf, girff nach seinem besten Geschosse und sprach: du erweisest deinem Kinde die grösste Wohlthat. – Fort stürzte der Alte in den brausenden Wald; da hörte auf einmal der Sturm auf und klarer Mondschein leuchtete in den dunkeln Forst hinein. Der Alte eilte fort zum Hübichenstein, weinte, fluchte, betete und bemerkte nicht, dass neben ihm einMännlein trabte; Glück auf! sprach der Kleine, so spät noch in das Holz? warum weinet ihr und ist euer Herz so voll Angst? – Da erzählte der Förster sein Wehe, wie der Satan seinen Sohn verführt habe, auf den Hübichenstein zu steigen, wie das arme Kind droben nun festgewachsen eines jämmerlichen Todes sterben müsse und wie er nun seinem Kinde den schrecklichen Liebesdienst erweisen, es vom qualvollsten Tode erlösen und todt schiessen wolle. – Jetzt stand der Vater am verhängnissvollen Steine; - oben der jammernde Sohn erkannte den verzweifelnden Vater im Thale; - Vater, schiess, - bat das unglückliche Kind, - und der Vater legte an auf das Herz seines Sohnes! – Aber da sprangen auf einmal tausend kleine Männlein aus allen Spalten und Klüften, die zwickten und zwackten dcn Förster so lange, bis er sein Geschoss von sich warf und aus dem Forst lief. Sobald er fort war, da wurde es auf einmal lebendig und laut am Hübichenstein; allenthalben aus dem zackigen Gestein und Drusenlöchern marschirten heraus viel tausend kleine Männlein, ein jegliches eine eiserne Fahrt auf der Schulter und ein messingenes Grubenlicht in der Hand, voran einer, ganz alt, mit eisgrauem Barte und silbernem Lichte, das wie die helle Sonne schien, und auf dem Haupte eine goldene Krone; das war der Zwergkönig Gübich. Die ganze Schaar der Zwerge kletterte zum Gübichstein hinaus und oben sprach der Gnomenfürst zum Förstersohne: „Wie durftest du wagen, auf meinen Stein zu steigen! eigentlich solltest du hier umkommen; aber dein Vater dauert mich, sei erlöset. Darauf bannete ihn der Gnome wieder los, und trug den todesmatten Jüngling säuberlich bis zum Fusse des Hübichensteins. Unten fasste ihn der Gübich bei der Hand und führte den Erretteten in sein Schlosss, damit er sich erquicke. Da blitzten die Wände von edlen Stufen, die Deckc war ein Stück Schwerspath, weiss wie Schnee, von der Decke hing ein Kronleuchter von Krystall und Edelstein; mitten in der Stube stand ein Tisch von Glaskopf und daran ein Stuhl von Silber; alsbald schlug der Gübich mit einem silbernen Fäustel an den Tisch und zahllose Diener kamen und reichten liebliche Früchte auf güldenen Schaalen und funkelnden Wein in silbernen Bechern. Endlich führte der Gnomenfürst seinen Gast zu einer grossen Braupfanne aus Amethyst, die war schier gefüllt mit blanken Wildemannsgulden. Drauf sprach Gübich: ich bin den Menschen nicht feindlich, aber man muss mich in Ruhe lassen; willst du mir einen Gefallen thun, so soll’s dein Schade nicht sein; die Leute aus Grund schiessen immer nach Falken, die oben auf meinem Steine sitzen; das kann ich nicht leiden, denn trifft’s den Stein, so bröckelt immer etwas ab und wenn der Hübichenstein kleiner und kleiner wird, so verliere ich endlich meine Krone; versprich mir, dass solches Niemand mehr thue. Freudig sagte der Jägerbursch sein ehrliches Ja, füllte seine Kappe mit blankem Gelde und kehrte eiligst zum glücklichen Vater. Dieses alles hat nun der Bursch der Obrigkeit getreulich berichtet und diese erliess sofort ein Gesetz, dass Keiner auf den Hübichenstein steigen, und dort nach Falken und Raben schiessen dürfe. Da blieb denn auch der Zwergkönig Gübich in Ruhe, hat noch fiel Gutes gethan, aber auch manchen Bösen betraft. Im 30jährigen Kriege haben die Kaiserlichen die Spitze vom Hübichenstein aus Muthwillen mit Kartaunen heruntergeschossen und seit der Zeit hat kein Mensch mehr den Gübich gesehen.

Von Grund aus kehren wir auf leichter, freier Gotteserde über Berg und Thal nochmals nach Clausthal zurück (2 St.). Ungefähr eine gute halbe Stunde von Grund auf dem Wege nach Clausthal gähnt uns das Mundloch eines alten Stollens entgegen; da theilt sich der Weg, entweder steigen wir bergauf und bleiben im lichten Forste, ziehen an der Grube Bergmanns-Wohlfahrt vorbei und gelangen endlich auf der Chaussse nach Clausthal; - oder unter dem Schutz eines Führers und mit einer Laterne ziehen wir durch den Tunnel und treten bei der Frankenscharner Hütte wieder an’s Tageslicht; beide Wege interessant, der letzte ½ St. näher.
 

Seite 544 - 545 Jettenhöhle und Klinkerbrunnen:

Wenn man auf entgegengesetzter Seite auf dem Wege von Herzberg nach Osterode kommt, links ab von der Heerstrasse, ¼ St. liegt das Dorf Dühna mit der J e t t e n h ö h l e , einer Kalksteingrotte, die einst einem schönen Edelfräulein, das ein Ritter von Uehrde entführt hatte, zum Aufenthalte diente; seitdem soll die Grotte der heimlichen Liebe gewidmet und ein viel besuchter Ort derer sein, welche die lauten Geheimnisse lieben. – Auf demselben Wege folgt auch eine Reihe grosser, schwarzer, mit Erlen bekränzter Teiche, die T e u f e l s b ä d e r benannt; der tiefste dieser Erdfälle, von steilem Waldgebirge umgeben, ist mit vielen Volkssagen geschmückt, die dem schaurigen, düstern Orte ganz angemessen sind. Bald, heisst’s, ragen die Glieder eines gewaltigen Wasserthiers daraus hervor (die Aeste versunkener Bäume); bald tanzt ein grässliches Ungeheuer mit leuchtenden Augen auf seiner Oberfläche (die Irrlichter); bald tobt eine wilde Wasserschlange drin um, bald steigt ein wüthender Stier, ein feuersprühender Eber aus der Tiefe und jagt Hirt und Heerde in den Wasserschlund; alle Abend aber steigt der Teufel aus der Hölle, um sich im frischen Bade abzukühlen von der Glut des höllischen Feuers. – Dieses Teufelsbad, meint man, stehe auch in unterirdischer Verbindung mit dem links ab von der Chaussee auf dem Wege nach Schwiegershausen liegenden K l i n k e r b r u n n e n , einer Kalksteinhöhle mit tröpfelndem Sinter und unaufhörlichem geheimnissvollen Rieseln und Rasseln, wovon auch der Name.

Die Mineralien in der Nähe von Osterode sind verschiedene Gypse, Anhydrit und Alabaster-Arten, Eisenglimmer, bituminöser Mergelschiefer, dichter, blättriger und körniger Stinkstein.

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