Von Dr. Fritz Haefke Seltener als aus Kalkgestein sind Karstphänomene, die im Gips auftreten, beschrieben worden. In letzter Zeit ist das Südharzer Gebiet mehrfach behandelt worden, allerdings nicht immer sein gesamter Formenschatz: von W. Hoffmann ("Verwitterungserscheinungen a. Zechsteingips b. Niedersachswerfen a. Südharz"l), von A. Penck ("Das unterirdische Karstphänomen"2), von Verfasser in einem Vortrag in der Gesellschaft für Höhlenforschung,3) und in einem Aufsatz "Karsterscheinungen a. Südharz"4) Die Zechsteinformation streicht in einem schmalen Streifen mit der hangenden Trias am Fuße des Südharzes als Randglied der Thüringer Mulde zu Tage. Die Formationen bestehen aus einem Wechsel verschieden widerständiger Gesteine, aus denen die festeren zu Schichtstufen herausgearbeitet sind. In der Schichtenfolge des Zechsteins bilden die beiden Gipse, besonders der ältere Gips eine Stufe. Lagerungs- und Ablagerungsverhältnisse indessen verursachen, daß die Stufen nicht durchgängig den Harzrand begleiten, daß die- stattliche weiße, oft mit Buchenwald bestandene und von zahlreichen Gipsfabriken und Brüchen begleitete Stufe des älteren Gipses, nicht überall ihre Stirn dem Harze zukehrt, von dem sie eine mehr oder weniger weite Talung trennt.5) Die Gipse sind nicht, wie man dem Namen nach erwartet, ein einheitliches Gestein. - Der "ältere Gips", etwa 90 m mächtig, besteht in der Tiefe vorwaltend aus festem Anhydrit (wasserfreiem Gips). Wo aber Wasser zu ihm Zutritt hatte, hat es ihn in Gips (wasserhaltig) umgewandelt, einem weicheren, leicht löslichen Gestein. Das geschah besonders am Ausgehenden, so daß deshalb die Berge der Stufe neben dem widerständigen, schwer löslichen Anhydritkern mit einzelnen Gipspartien darin, eine Gipsschale besitzen. - Der "jüngere Gips" dagegen ist ganz überwiegend leicht löslicher Gips, er ist meist nicht halb so mächtig wie der andere Gips. Für die Entwicklung der Karstformen aber ist außer der Löslichkeit auch die Klüftung wichtig, die dem Wasser Angriffsflächen und Abzugswege bietet. Die Gipse sind stark zerklüftet, besonders der jüngere. Ihn unterlagert nämlich in der Tiefe ein mächtiges Salzflöz, das zu Tage bereits der Auflösung verfiel, also fehlt. Ueber ihm sank der hangende Gips völlig zerbrechend nach. Eine kleine da und dort im älteren Gips vorhanden gewesene Salzschicht konnte nicht so zertrümmernd wirken; aber die Zerblätterung des Gesteins bei seiner Umwandlung aus Anhydrit in Gips (womit Volumenvergrößerung verbunden ist), ist hier ein feinste Zerklüftung bewirkender Faktor neben der echten Tektonik. Es ist einleuchtend, daß diese zertrümmernden Vorgänge auch das Hangende beeinflußten. Bei den entstandenen Formen läßt die Untersuchung 2 Gruppen scheiden: 1. Formen, die durch mehr oder weniger vertikal zirkulierendes Sickerwasser unter einem Deckgestein an der Oberfläche des Gipses entstanden und 2. Formen, die horizontalfließendes Wasser innerhalb des Gesteinskörpers der Gipse erzeugte. I. In den Steinbrüchen, die in der Stufe des älteren Gipses angelegt sind, wird das hangende des Gipses (zähe tonige Verwitterungsrückstände und viele große und kleine Brocken des Dolomites von der Gipsoberfläche abgeräumt. In einem solchen Steinbruch kann man die Gipsoberfläche und die Bruchwand betrachten - die Oberfläche wogt auf und nieder und diese Schwell- und Hohlformen sind über und über mit zylindrischen Röhren, eng beieinander bedeckt, so daß ein ganz bizarres Relief entsteht. Alle großen Hohlformen, die oft nicht mehr als 20 m tiefen Säcke, laufen so unten in Röhren aus, alle großen Pfeiler zwischen den Säcken sind über und über von Rohren zerbohrt; meist sind die Röhren an ihrem oberen Ende nur von kleinen isolierten Pfeilern getrennt. - Gleiches zeigt die Bruchwand im Profil: auf und ab verläuft die Oberkante des Gipses, in großen Taschen, in bald tiefen, bald kurzen Röhren greift das Hangende vertikal in den Gips von oben ein. Die Röhren besitzen glatte Wandungen, enden in Klüften, besitzen runden Querschnitt. Die beschriebene Gipsoberfläche ist eine Zerstörungsfläche. Die Röhren sind geologische Orgeln. Während der Gips gelöst durch die Klüfte entfernt wurde, sackte das Hangende in die entstandene Hohlform nach. Weil sich benachbart immer mehr Orgeln einbohrten, verwuchsen ihre oberen Teile schließlich oft und erweiterten miteinander, so daß die Scheidewände nur mehr Pfeiler blieben. So entstehen an Stellen intensivster Orgelbildung schließlich weite Säcke, in deren Boden die unteren, noch nicht verwachsenen Enden der Orgeln die Bildung verraten. Die Zerstörungsfläche des Gipses, durch Orgelbündelbildung erzeugt, weicht unter der Unterkante des Hangenden langsam als höchst unebene Fläche abwärts; das Hangende gerät so unter seine einstige Auflagerfläche. Gelegentlich kann man beobachten (Walkenried, Tettenborn), daß einige dieser Orgel- und Sackbildungen hangabwärts oft tiefer in den Gips reichen als auf der Höhe, ferner, daß die Tiefe dieser Gebilde hangabwärts sich mindert und in gleicher Richtung die Dicke der Decke abnimmt. Die Lösungsvorgänge im Gips sind abhängig von der Niveaudifferenz, von der Durchlässigkeit des Hangenden (die auch von der Deckendicke abhängt), von der Klüftigkeit des Gipses. An der Stirn sind große Höhendifferenzen, ist das Hangende dünn, ist der Gips durch Umwandlung etc. am zerstörtesten. Hier wird die Orgelbildung am besten vor sich gehen, kann sie tiefer reichen als oben.6) Aber schließlich wird der Mangel an Hangendem, die kleiner werdende Niveaudifferenz der Fortbildung ein Ende machen: Der trennende Pfeiler wird nun relativ stärker als die Orgeln angegriffen, das Gipsrelief gleicht sich mehr und mehr aus,7) die Formen werden flacher. Das Füllmaterial der Orgeln besteht überwiegend aus dem normal hangenden Material (Dolomit), seltener aus diluvialem Schotter verschiedenen Alters,8) mit Ausnahme des jüngsten. Das normale Hangende ist meist ein zäher Ton mit oft großen Brocken des Hangenden, doch (Tettenborn) sind auch wohlgebankte große Partien des Hangenden eingesackt. Das richtet sich wohl mit nach der Art des Dolomites. Es nimmt die Zerstörtheit des Hangenden zum Ausgehenden hin zu. Aber sowohl in den Säcken der Stufenhöhe finden sich viel kopfgroße, ja zentnerschwere Blöcke oder wohlgebanktes Material als in solchen nahe dem Stufenfuß. Die Beteiligung verschiedenaltriger Schotter zeigt gut, daß es verschiedenaltrige Orgeln geben kann. Das Vorhandensein einer Decke und von Höhendifferenzen genügt zur Bildung. Die Wirkung des Hangenden ist Problem. Da das Füllmaterial am Stirnhang oben und unten meist ziemlich gleichartig ist und eine allmähliche Aenderung der Sackdimension eintritt, liegt wohl eine einheitliche Formenreihe vor, deren Unterschiede nur in einer vorgeschrittneren Entwicklung des Gliedes hangabwärts beruht, deren Ursache vorhin beschrieben wurde. Diese Orgelbildungen hat Hoffmann für Karrenbildungen gehalten, "im Diluvium durch lösende Tagewässer gebildet, deren Erhaltung wir nur der alsbaldigen Bedeckung durch den diluviaren Lehm verdanken". Dieses Alter zeigen ihm im Lehm gefundene Säugerreste. Von den Knochen (die von andern Orten schon bekannt sind) war, soviel ich weiß, nicht feststellbar, ob sie im obersten Abraum lagen oder tiefer im Lehm, innerhalb einer Orgel, ob sie also etwa in einem tiefen Sack oder nah der Erdoberfläche lagen. Wanderschutt mit Knochen kann ja auch über Sackungen fließen und dann mitsacken. So können auch Knochen in die Decke kommen. Es kann der Schutt diluvial, die Sackung jünger und älter sein! Wir mutmaßen, daß keine alte Landoberfläche in den Brüchen künstlich abgedeckt wird (so Hoffmann), sondern ein in der Tiefe gebildetes in Erdoberflächennähe gelangtes Relief. Daß sich zwischen den großen kleinere Orgeln jederzeit bilden, überhaupt alles in steter Aenderung ist, erscheint natürlich. Das beschriebene Gipsrelief liegt verdeckt, es wird durch S t e i n b r ü c h e erst erschlossen. Die Stufe zeigt aber auf ihrer O b e r f l ä c h e stellenweise ebenfalls ein besonderes Relief. Figur 2. Auf der Stufenlehne, wo der Dolomit dem Gips in dicker Decke aufliegt, herrschen normale Böschungsverhältnisse. Der Stirn aber, d.h. dem Ausgehenden zu, tritt mit dünner werdender Decke folgendes ein: zuerst treten auf weite, flache: (etwa 20 m Durchmesser, 3-4 m tief) Schüsseln, bald beginnt dann am oberen Stirnhang ein unruhiges Relief: aus dem glatten Hang entwickeln sich kleine Rückchen, dazwischen liegen kleine Gruben; das geht abwärts über in ein Gewirr kleiner Buckel und Näpfe von weniger in Höhe und Durchmesser. Alle Formen, gleichaltrig aussehend, ineinander verfließend, sind vom Hangenden noch überkleidet, aber weiter abwärts tritt der Gips allmählig heraus, ja schließlich tritt er ganz zu Tage (mit Resten des Hangenden) und die Buckel und Näpfe liegen in ihm. Sie werden aber immer kleiner und verschwinden schließlich, der Hang wird normal geböscht. Nicht nur am normalen Ausgehenden des Gipses findet sich dieses Relief, sondern auch da wo Täler die Stufe queren und an ihrem Hange die Schichtfolge angeschnitten wird (Teil des Sachsensteins bei Neuhof). Hier, wo der Gips wegen seines Einfallens nach Süden je südlicher je tiefer am Hang liegt, sieht man Buckel und Näpfe gleichen Stadiums in Zonen etwa parallel der Auflagerlinie des Hangenden, also in Abhängigkeit vom Gesteinsfallen, d.h. von der Entfernung vom normalen Hangenden. Bei Ellrich erschließen große Brüche ein Profil im Streichen; Stirntäler zerschneiden die Stufe und ein zwischen ihnen befindlicher Gipsriedel zeigt nun eine verschieden dicke Decke. In der Mitte ist sie am dicksten, sind die Säcke am größten, ist die Erdoberfläche ziemlich glatt. Zur Seite hin aber wird die Decke dünner, das Gipsrelief rückt nahe an die Oberfläche, diese bekommt nun ihr unruhiges Relief. Dieses aber und die Säcke schwinden allmählig, wo nur eine dünne Decke liegt. Da findet sich der Gips nur von kleineren Orgeln zerbohrt. Am Kranichstein bei Neuhof zeigt sich: wo eine dicke Decke lagert (Osten) ist normale Böschung, wo sie westwärts (im Streichen!) dünner wird, stellen sich einzelne Trichter ein, die weiterhin ganz allmählig zu talartigen Formen verwachsen, schließlich aber treten Buckel und Näpfe auf, in denen (nun im Fallen betrachtetl) der Gips heraustritt. Dabei zeigen sich in den Näpfen oftmals die Umrandungen von Orgeln, die als weißes Geäder den Napfboden decken. Die Orgelbildungen, ihre Verwachsungen veranlassen dieses Relief. Das Hangende sackt in ihnen nach, vermag, wo es noch dick ist, alles zu verkleiden (Fig. 1 u. 2). Wo es aber etwas dünner ist und vielleicht auch die Sackbildung stärker ist, kann es die Formen der Tiefe nicht mehr verdecken; die größten Hohlformen, etwa von mehreren großen benachbarten Säcken gebildet, markieren sich an der Erdoberfläche als flache Schüsseln.9) Noch dünnere Hangenddecke aber läßt das unterirdische Gipsrelief allmählich immer mehr sich oberflächlich abbilden, schließlich heraustreten. Es hört aber auf, wenn die Decke verschwindet, wenn also die Gipskante heraustritt, d.h. kein Hangendes mehr da ist, die Orgelbildung ausklingt. Die gesamten Erscheinungen sind also Folgeformen der Sackentwicklungen in ihren verschiedenen Stadien. Die Beobachtung vom Sachsenstein bei Neuhof zeigte die Wichtigkeit des normalen Hangenden für die Formenentwicklung (von dessen Entfernung sie abhängen), wie das auch die Betrachtung des gesackten Materials früher tat. Es gibt nun aber auch außer diesen Hängen solche, die normale Böschung zeigen. Sie sind völlig von Dolomit überkleidet und nur gelegentlich zeigt ein Steinbruch, daß darunter der ältere Gips liegt. Diesen Gips zeigt der Tettenborner Steinbruch gänzlich von tiefen Säcken zerbohrt, von der Höhe bis zum Stufenfuß. Mächtige Partien gebankten Dolomites sind oben, der Hangneigung entsprechend, eingesackt, andere (kleiner Bruchbetrieb darauf!) gebankt, auch unten, nahe dem Hangfuß. Es kann sich wohl nur um Stellen handeln, an denen das Hangende noch zu dick ist. - Vielleicht, daß hier die Hangendzerstörung viel weniger intensiv war als die des Gipses. Sehr deutlich aber wird hier wieder, wie das normale Hangende über der Lösungsfläche n a c h g e k l a p p t ist: die Bankung zeugt davon, daß es sich um kein hangabwärts g e w a n d e r t e s Material handelt. Wie sollten sich auch unter einer Wanderdecke wohl so tiefe und weite Schlote bilden können. Deren Bildung müßte dann auch unwahrscheinlich rasch vor sich gehen. Auch unter verschiedenaltrigem Schotter bilden sich die Formen (wie die Sackungen) aus. Wieweit sich Wanderschutt daran beteiligt, ist schwer erkennbar. Dieser, an manchem Gehänge lagernd, liegt wohl immer einer normalen gesackten Decke auf, kann sich so allerdings an Sackungen mitbeteiligen. In mancher Seitental-Sohle auf Gips abgelagert, scheint er selbständig Sackung in kleinerem Maße zu veranlassen. Gelegentlich finden sich 2 verschiedene Gesteine als Deckenrest bei Sackungen: Dolomit und Schotter. Ist letzterer sehr reichlich, ersterer nur sehr gering vertreten, so kann man schließen, daß hier vielleicht ein weitgehendes Sackungsstadium, etwa eine bucklige Oberfläche vorlag, als die Ueberschotterung eintrat, unter der dann, nach Eintritt von Niveaudifferenzen, erneute Sackbildung sich in die alte schachtelte. Näher eine periodische Sackbildung als Folge periodischer Talbildung zu erkennen, war mir nicht möglich. Wo die gebuckelte und genapfte Oberfläche herrscht, tritt sie nicht immer in gleicher Art auf. Bald ist sie auf breitem Raum (Kyffhäuser), bald auf schmalem (Sachsenstein), bald sind die Einzelformen stattlich, bald kleiner, entwickelt. Die Breite der Zone ist abhängig vom Winkel, unter dem die Erdoberfläche die Sackbildungen schneidet, d. h. vom Verhältnis der Hangneigung zum Schichtfallen. Die Formen fehlen, wo die Decke zu dick ist oder wo der Hang zu steil die Sackbildungen schneidet. (S. Walkenried.) Die Stattlichheit der Formen hängt ab von den vorhandenen Niveaudifferenzen. Es zeigt auch der jüngere Gips Säcke wie deren Folgeformen, aber längst nicht so ausgeprägt; das hat wohl seine Ursache in der größeren Zerstörbarkeit dieses Gesteines. A. Penck [a. a. 0.] scheidet an der Stufe:
A. Penck scheidet also: junge, offen gebildete Hangorgeln (offenes, bedecktes Karstph.) und ältere unter einer Decke gebildete Säcke der Höhe (unterirdisch. Karstph.). Er sagt, daß die Altersunterschiede aber keine wesentlichen Formverschiedenheiten bedingen. Ich konnte diese Gruppen in der Natur, vor wie nach Kenntnis der Arbeit Pencks, nicht scheiden, wie auch die Belege Pencks mich nicht überzeugen. So z.B, Pencks Stufenquerschnitt, in dem er aus einem beobachteten Bruch-Grundriß einen Aufriß projiziert: auf der Höhe mit Säcken, am Hang mit Orgeln. - Abgesehen davon, daß der Grundriß nur ein kleiner Teil der hier angelegten Brüche, also längst kein ganzer Stufenschnitt ist, wäre für den Aufriß einzuwenden: ohne zeichnerisches Versehen (beim projizieren) mußten überall Säcke gezeichnet werden; ohne große Uebertreibung der sanften Hangneigung würden sich dann im ganzen Schnitt nur gleichgroße Säcke zeigen! - Dem Stufenfuß zu folgen in der Tat in anschließenden Brüchen weiterhin große Säcke. So zeigt der Schnitt nicht was er soll. Die "Orgeln" fehlen! Eine Eigentümlichkeit dieser "Orgeln" soll die Parallelität ihrer Spitzen mit dem Hang sein. Der erwähnte Schnitt zeigt ja, korrigiert, das aber nun gerade gegensätzlich für Säcke! Das stützt aber unsere erörterte Ansicht, daß dem Stufenfuß zu alle Schlote tiefer reichen können. Des weiteren sollen die jungen Orgeln zugeschwemmte Schlote sein. Ich konnte nie offene orgelähnliche Schlote finden. Sind nirgends mehr offene vorhanden? Der genetische Gegensatz zu den Säcken soll erhärtet werden durch andres bei den "Orgeln" beteiligtes Material: dies soll "Gekriech" sein. Aber das Argument, daß in ihnen im Lehm weniger Brocken steckten als oben, wird oft, sehr oft durchbrochen und kann, auch anders erklärt werden. Der gebankte, Dolomit enthaltende Sack von Tettenborn spricht schon ganz gegen gewandertes Material. - Daß Wanderschutt in offene Schlote floß, ein offenes K. Ph. vorhanden war, dafür fehlt mir ein Anhalt. Dieser Schutt, schwer vom verwitterten Anstehenden zu trennen, ist wohl fossil und beteiligt sich nur an Sackungen, bezw. erzeugt kleinere. So kann ich den Typ der jungen Orgeln Penck's nicht sehen. Auch die Oberflächenformen, die Penck als Folgen seiner 3 Typen sieht, kann ich derart nicht erkennen. Er scheidet: 1."Die tiefen Säcke der Höhe spürt man auf der Oberfläche kaum. 2. die jungen Orgeln sind oben noch ein wenig offen, erscheinen als Grübchen am Hang; 3. dazwischen tritt das unterirdische Karstphän. zu Tage, sich evtl. oberflächlich weiterbildend, hier liegen flache Schüsseln. - Also Schüsseln durch die Säcke, Grübchen (und die Buckel?) durch die Orgeln verursacht. Wir aber erblicken in allem nur ein unter seiner Bedeckung als seiner Bildungsstätte heraustretendes, sich ständig umbildendes Gipsrelief: in Schüsseln, Buckeln und Näpfen, ein heraustretendes unterirdisches Karstphänomen (Kratzer). II. Diesen vertikalen Schloten, die sich an eine Gipsoberfläche knüpfen, stehen Schlotten gegenüber, innerhalb des Gesteinskörpers selbst: Höhlen. Es gibt in unserem Gebiet viele Bäche, die plötzlich verschwinden und plötzlich entspringen. Es sind auch zahlreiche H ö h l e n im älteren wie im jüngeren Gips bekannt geworden, die in ihrem Verlauf an die Erdoberfläche anknüpfen. Es sind bald enge, bald weite, hohe Dome, Seenaufweisende, oft lange, verzweigte Höhlen,10) deren Eingang häufig erst ein Erdfall erschloß. Sie durchziehen den Gips unabhängig von seiner Schichtung, liegen zwischen oberirdischen Niveaudifferenzen, sind meist von einem Bach durchflossen. Es sind typische, von einem Fluß geschaffene, Höhlen, die da angelegt sind, wo ein Bach durch den klüftigen Gips und Anhydrit hindurch seinen Weg zur Erosionsbasis abkürzen konnte. Es gibt aber noch eine a n d e r e A r t H ö h l e n. Freiesleben11) beschrieb mächtige Höhlensysteme aus dem älteren Gips, die der Mansfelder Kupferschiefer-Bergbau in der Tiefe erschloß und die er als ausgelaugte Salznester beschrieb, die dem Gips als flache Linsen hier eingelagert sind. Aber nicht nur das Salz sondern auch der es umgebende Gips verfiel nach Freiesleben der Lösung. Sobald Wasser zu dem Salz Zutritt hatte, konnte es Salz und Gips lösen und wegen der schichtartigen Erstreckung des Salzes weite Systeme schaffen, die aus gleichem Grunde ein Fallen konform dem des Kupferschiefers zeigen. Salzfunde, in neuerer Zeit in solchen Schlotten gemacht, bestätigen diese Ansicht. Woher das lösende Wasser kommt, ob es in Strängen zirkuliert, ob es ruht, ob also Diffusion Salz und Gips entfernt, ist noch problematisch. Freiesleben glaubte, daß die Höhlen nahe der Erdoberfläche gleicher Entstehung seien. Wir glauben, daß kaum eine "Tiefenhöhle" existiert bis sie in Erdoberflächennähe tritt. Die Klüftigkeit, Löslichkeit des Gipses ist, wie jede Höhle zeigt, zu groß. Viel von Höhlen durchschwärmter als der ältere ist der viel klüftigere, löslichere, jüngere Gips.12) Ihre Lebensdauer aber ist aus diesen Gründen geringer. A. Penck a. a. 0. nimmt an, daß die Tiefenhöhlen durch nahezu ruhiges zusammenhängendes Karstwasser infolge Lösung von Gips entstanden. Dieses Wasser soll manchmal eine fast konzentrierte Gipslösung sein, da es Kristallisation an den Wandungen hervorruft; es soll aus Sickerwässern entstehen, deshalb fehlen Höhlenportale. Kristallisation erfolgt aber auch, wenn Salzwasser, das reichlich Gips enthält, aufsteigt, sich mit anderem Wasser mischt; also durch Minderung des Konzentrationsgrades. - Höhlenportale aber fehlen den meisten Höhlen; letztere sind ja meist durch einen Erdfall oder anders zufällig entdeckt worden. Penck glaubt mit Freiesleben, wie er in einer Figur zeigt (Fig. 2), daß Tiefenhöhlen zu erdoberflächennahen werden können. Die Barbarossahöhle ist nach ihm durch "Karstwasser" gebildet: fast stehendes Wasser, die Erschließung der Höhle durch Bergbau zeigt ihm das. In Wirklichkeit aber fließt deutlich ein Bach durch die Höhle, hat sie nur ein k u r z e r h o r i z o n t a l e r Stollen erschlossen, liegt sie im Talniveau, finden sich Schwinden und Springen in der Nähe! So ist die Pencksche Ansicht hier nicht gut begründet. - Wirkung des Karstwassers mutmaßt Penck auch in dem Höhlenhorizont, der den kleinen Priestersteinfels in etwa 10 m Breite durchzieht. Er soll die Abfuhrbahn des durch die Schlote eingesickerten Wassers sein. Bereits die von Penck angeführte Tatsache, keine zweite derartige Stelle zu kennen, macht stutzig. Die weitere ebenso, daß die unteren Höhlen im Niveau eines unmittelbar anschließenden Teiches liegen, zwischen diesem und einem etwas tiefer liegenden Bach! Der obere, 5 m höher liegende Horizont könnte von früheren Verhältnissen sprechen. Eine Beziehung zu den Orgeln ist hier wie nirgends feststellbar. All diese ans Talniveau knüpfende Höhlen halten wir für Flußwasserhöhlen. Die Einführung des "Karstwassers" ist anfechtbar. Darüber wissen wir hier noch zu wenig und manches Widersprechende.12* Es gibt am Südharz zahlreiche Eintrittsstellen des Wassers in beiden Gipsen. Sie sind nach den örtlichen Verhältnissen verschieden. - Meist führt ein kurzes, blindes Tälchen mit oft stark geneigter Sohle, sobald ein Bach auf den durchlässigen Gips tritt, zu einem Schlundloch, das meist unter einer Wand liegt, die durch Untergrabung rückschreitet. So entsteht eine Kerbe im Gips, deren absperrende Wand besonders stattlich ist, wenn sie im Hang eines Berges liegt (W a n d s ch w i n d e), die nur eine Art Trichter bildet, wenn sie in flacherem Gelände liegt (Trichterschwinde). - Es finden sich manchmal ganz dicht benachbarte Schwinden und Trichter (Gr. Trogstein b. Tettenborn) so dicht, daß man eine spätere Verwachsung annehmen kann (Fig. 3 a u. b). Auf diese Weise sind wohl die langen Schwindwände gebildet worden, an deren Fuß oft mehrere Schlucklöcher liegen, von denen meist aber nur der Hauptponor tätig ist. Ueber diesem geht der Vorgang weiter, der die Wände selbst bildet: starke Wandunterminierung, Einbrüche. So bilden sich Einbrüche in und hinter der Wand an dieser Stelle (Pfaffenholz s. Sachsa); schließlich daraus eine Kerbe in der langen Wand (Fig. 3b) (Periodischer See.) Der Periodische Seel3) bildet ein weites flaches Becken, das stufenwärts eine lange Wand begrenzt. Die starken Zerstörungsprozesse in den Gipshöhlen tun sich hier deutlich kund: sie verstopfen sich gelegentlich durch Nachbruch; das Wasser staut sich dann vor der Schwinde im Becken. (P e r i o d i s c h e r S e e.) Also keine Aehnlichkeit mit Poljen. Diesen Schwinden stehen Schwindzonen gegenüber, in denen ein Bach oft ganz allmählig in keiner morphologischen Form versiegt (Wieda bei Gudersleben, Steina b. Nixei). Die Springen, auch in beiden Gipsen zahlreich, sind ebenso nach dem Ort der Anlage verschieden: unter Wänden (bei Tettenborn z.B.), morphologisch nicht erkennbar in Springzonen (Wiedabach bei Gudersleben), ferner in großartiger Weise als mächtiger, Werke treibender Bach tritt das Wasser aus kleinen Teichen heraus. Diese letztgenannten Quelltöpfe entwässern wohl große Gebiete, vereinigen zahlreiche Höhlenstränge.l4) Sie liegen an tiefsten Punkten des Gipsauftreffens größerer Gelände. (Rhumequell, Förste, Salza.) Für die Wasserzirkulation spielt die Verteilung der durchlässigen und undurchlässigen Gesteine eine große Rolle. Eingangs wurden trichterartige kleine Hohlformen betrachtet, die gesellig und mit Buckeln auftretend, die Erdoberfläche zu einer genapften und gebuckelten machten. Diesen Sackungs-Folgeformen stehen andere trichterförmige Hohlformen gegenüber, die sich oft, aber nicht immer von jenen gut scheiden. In den Gipsen wie ihren Hangenden finden sie sich einzeln, in Reihe, in Feldern; in Talsohlen, an Gehängen, auf der Stufenhöhe, und vor dieser liegen sie. Flache, topfartige und spitze (herrschend) Formen gibt es. Am meisten hat der jüngere Gips. Einzeln auftretende Trichter sind sicher keine Sackungsfolgen, aber auch die oft zahlreich vergesellschafteten (Nixei, Osterode) haben Züge, die sie von jenen scheiden: sie wechseln schnell ihre Tiefe, haben im Schotter oft scharfe Ränder (in Letten nicht), sind in eine F l ä c h e gesenkt (d.h. es fehlen die Buckel dazwischen), viele liegen in Reihe, etliche bilden kurze blinde Täler, sie liegen oft an Stellen ohne große oberflächliche Niveaudifferenzen (Talsohle), in sehr dickem Hangenden. Am schwierigsten scheiden sich flache Formen von den Sackungs-Schüsseln, wenn nicht einige der eben erwähnten Merkmale sich noch finden. - Die Trichterfelder hat der klüftige, höchst lösliche jüngere Gips, in ihnen herrscht Reihen-Ordnung. Es läßt sich oft beobachten (Kelle b. Ellrich, Barbarossahöhle, Heimkehle), daß solche Trichter mit Höhlendacheinbrüchen verknüpft sind: daß es E r d f ä l l e sind. Die Reihen-Ordnung zeigt Anlage über Höhlensträngen, auch in den Feldern. Sackungstrichter und Erdfälle15) mögen etwa gleich stark am Harz auftreten.16) Bisweilen treten (Ellrich-Walkenried, Sachsa) im Streichen der Stufe tiefe Kerben in den Hängen auf. Sie sind wohl fortgeschrittene Stadien verwachsener tiefer Erdfälle, die in einer Reihe liegend in eine Bergflanke griffen. Solch Anfangs-Stadium liegt dicht am Bhf. Tettenborn vor. Bei Walkenried-Ellrich liegt zwischen 2 sich entgegenstreckenden Kerben noch dazwischen im Gipsriegel eine verbindende Höhle. Sie alle liegen zwischen oberirdischen Niveaudifferenzen. Neben Erdfällen, die die Stufen bedecken, oder vor dieser liegen,17) kommen solche weit ab von ihr vor. Es kann sich da wohl nur um mächtige Einbrüche über Tiefenhöhlen handeln oder um Stellen, wo Lagerungsverhältnisse den Gips wieder nahe der Erdoberfläche bringen. (Liebenrode.) Die Trichterreihen, wie zahlreiche Karstformen, folgen häufig Störungslinien. T a l a r t i g e Bildungen gehen durch Verwachsung der Sackungen wie der Erdfälle hervor, sie lassen sich oft nicht voneinander scheiden. Große Täler sind so nicht entstanden. - Wo Gips nackt liegt, bilden sich an geneigten Stellen kleine Rillen, scharfgratig voneinander getrennt, an flacheren Stellen Näpfchen mit scharfem Rand, etwa gleich tief (1 cm) Jenes vom abfließenden, dieses vom aufschlagenden Regen gebildete Formen. Nur bei Sachsa (Sachsenstein) häufig sind, wie lange erkannt,18) durch Volumenvergrößerung bei der Umwandlung von Anhydrit in Gips entstandene, oft mannshohe G i p s b l a s e n, gebildet von aufgewölbten Gesteinsschichten. Sie gaben Veranlassung, auch in den Buckeln der buckligen Oberflächen (der Sackungen) solche Quellkuppen zu sehen. Diese aber stehen mit der Schichtung, unterschiedlich zu den Blasen, in keiner Beziehung. Den Blasen entsprechen in der Barbarossahöhle von der Decke wie Fahnen hängende Gipsstreifen.19) - Durch die geschilderten Zerstörungsvorgänge wird das Ausgehende der Gipse zerstört: durch vertikale Schlote und horizontale Schlotten und beider Folgeformen. Eine andere als diese höchst unebene Zerstörungsfläche ist die von Fulda erstmalig erkannte des Salzes: der fast ebene Salzspiegel und der unebene Salzhang,20) die das wegen der hohen Löslichkeit bereits tief unter der Erdoberfläche liegende Ausgehende des Salzes darstellen. Der allmähligen Salzauflösung folgt langsam nachsinkend und zerbrechend das Land darüber. Penck hat versucht, dies am Südharz in einem Profil darzustellen, das aber auf recht unsicherer Grundlage beruht. Uebrigens läge in diesem Profil der Salzspiegel wohl anders, wenn nicht kleine Versehen unterlaufen wären (so: der ältere Gips bildet bei Penck nur eine am Ausgehende liegende Linse, er keilt zur Tiefe aus; die Lagerungsverhältnisse sind nicht ganz richtig, so daß die Clettenberger Erdfälle hier etwa 100 m über dem jungen Gips liegen, während dieser in ihnen herausschaut). Es vermag uns dieses Profil nicht viel mehr zu bieten als die einfache Ueberlegung, daß der Weglösung des Salzes das Land folgen mußte.21) Das breite "Auslaugungstal" aber zwischen Gips und Muschelkalk ist vielleicht nicht allein eine Auslaugungsfolge; es würde dieses Buntsandsteingebiet immer ein Tiefgebiet sein, da es zwischen widerständigeren Stufenbildnern liegt. - In welcher Weise die Lösung der Salze vor sich geht, ist ein Problem, das auf physikalisch-chemischem Wege zu lösen sein wird. Jedenfalls geht die Ablaugung tief liegender Salzspiegel sehr langsam vor sich, und es fragt sich, ob sie dann zur Hauptsache nicht ein Werk vergangener Zeit ist. Die morphologische Auswirkung ist schwer feststellbar. Wie ausgeführt wurde, können die Sackungen und ihre Folgen verschiedenes Alter haben, verschiedene Generationen sich evtl. ineinanderschachten, Doch wird man die meisten für quartär ansehen können. Die Formen des fließenden Wassers liegen zumeist ans heutige Talniveau anschließend. Wesentlich höher liegende sind selten; eine größere Nische im Sattelberg b. Wolfleben ist vielleicht eine alte Wandschwinde. Ob sich die Verschiedenheit zwischen dem mediterranen und unserm Karstgebiet, wie Penck glaubt, zuspitzt in der Frage weshalb dort keine, hier aber eine Decke liegt, erscheint wohl etwas fraglich. Ob hier nicht andere, physikalisch-chemische Fragen der Gesteine mitsprechen? 1. Schematische Fig.: Stutenstirn b. Walkenried.
1 Jahrbuch d. Preuß. Geol. Landesanst. 1923, Berlin 1924. |