Die andere Abtheilung.
Von der
Graffschafft Stollberg.



Das I. Capitel.
Von der Gräfflich Stoll-
bergischen Residenz Roßla.

§. 1. Dieses Roßla, so insgemein Roßel ausgesprochen wird, liege an dem Helm-Flusse auf einer angenehmen Ebene, drey Stunden von Sangerhausen, zwey Meilen von Nordhausen, zwei von Stollberg, und eine halbe Meile von Kälbra. Der Nahme soll vermuthlich wohl so viel anzeigen, als Rosen-Aue, weil die Gegend hier um ein schön Getrayde-Land und eine fruchtbahre liebliche Pflege, die aus Feldern Wiesen, und Huthungen bestehet, wie denn auch das nächste hier angelegene Städtgen Kälbra so viel als Kälber-Aue heißen soll. Von hier siehet man nicht allein die Berge um Qvestenberg, sondern auch den Kiphäuser- und Rothenburger Berg.
§. 2. Dieser Ort ist zwar nur ein Dorff, und hat nicht Stadt-Recht erlanget, inzwischen findet man hin und wieder in demselben einige ganz wohl gebauete und auch meistentheils übersetzte Häuser. Die Wege sind mehrentheils gepflastert, und gereichet es auch zur Ehre dieses Ortes mit, daß man zwei Seiger allhier schlagen höret, so die Stunden und Viertel-Stunden anzeigen. Die Einwohner nehren sich von ihrem Oeconomie-Wesen, fruchtbahren Feld-Bau, Wiesewachs und Fischerey, theils haben sie auch von dem Hofe des Herrn Grafens ihren Zugang, welcher insonderheit unterschiedenen hier wohnenden Handwercks-Leuten ihren Erwerb mittheilet.
§. 3. Die Kirche ist ein ansehnliches Gebäude, inwendig weiß und vergoldet: man siehet in derselben ein schönes Orgel-Werck mit vielen Registern. So haben auch die Herren Grafen von dieser Linie bey dieser Kirche ihr Erb-Begräbniß. Das Ministerium bei der Kirche bestehet aus einem Superintendenten, einem Hoff-Diacono und einem Cantore.
§. 4. Das Schloß scheinet ein gar altes Gebäude zu sein, hat einen Teich um sich herum, und ist mit den Vorwercks-Gebäuden umgeben. Es ist mit tüchtigen Kellern versehen, und mit dem ehemahls ansehnlichen Amthorischen Hause verbunden worden. Der ietzo regierende Herr Graff haben vor ein paar Jahren einen ziemlichen Theil der alten Schloß-Gebäude niederreissen lassen, um aus Mauer-Stücken ein ganz neu Gebäude von Grund aus aufzubauen.
§. 5. Dieser Ort mag schon ein paar Jahrhunderte bei dem Gräfflich-Stollbergischen Hause gewesen seyn. Der Herr Pastor zu Dittersdorff Kranold hat mir zugeschrieben, daß solcher laut eines alten Manuscripti bereits 1400. an den Herrn Graffen Bothonem den VI. dieses Nahmens zu Stollberg gekommen. Er trauet diesem Manuscripto weit mehr zu als Toppio und andern Geschicht-Schreibern, die solches erst auf das Jahr 1420. setzen, indem ein alter Prediger, der sich in dieser Gegend aufgehalten, und ein grosser Liebhaber der Geschichte gewesen, in der Kirchen-Matricul vor hundert Jahren dieses aufgesetzet gehabt.
§. 6. Die Herren Graffen von Stollberg haben zum öfftern hier residiret. Anno 1684. biß 1686. haben der Herr Graff Christoph Ludewig zu Stollberg ihre Residenz hier aufgeschlagen ob sie schon nachgehends nach Stollberg gezogen, so sind sie doch fast wöchentlich hieher gekommen. Anno 1706. kam dieser Ort an den ietzo regierenden Herrn Graffen zu Stollberg, Herrn Jobst Christian, die ihren Sitz hier genommen.
§. 7. Man hat keine sichere Nachricht, zu welcher Zeit das Schloß eigentlich erbauet worden; man vermuthet aber, daß solches gegen den Eingang des funffzehenden Jahrhunderts geschehen. So weiß man auch nicht eigentlich anzuzeigen, ob vor Alters schon ein Schloß hier möge gestanden haben oder nicht. Der Lust-Garten ist nicht gleich bei dem Schloss, sondern eine Ecke davon, ist aber im übrigen sowohl mit den Gewächsen, die zur Lust gereichen, als auch mit dem, was zum Oeconomie-Wesen und Küchen-Gebrauch gehöret, wohl versehen.
§. 8. Einige wollen behaupten, dieser Ort wäre vor einigen Jahrhunderten eine Stadt und verschlossen, auch noch größer, als ietzo gewesen, und wollen solches daraus beweisen: weil man vor einigen Jahren, da man einige neue Häuser an der Land-Strasse erbauet, und den Grund darzu aufräumen wollen, wahrgenommen, daß ehedessen schon Häuser hieselbst gestanden. Es kan wohl seine Richtigkeit haben, daß ehedem an einem und andern Ort Gebäude aufgerichtet gewesen, es folget aber deswegen nicht, daß dieser Ort verschlossen und eine Stadt gewesen. Wäre dieses so würde vermuthlich bei Kriegs- oder Friedens-Zeiten etwas merkwürdiges sich allhier ereignet haben dessen die Geschicht-Schreiber Erwehnung gethan hätten. Zudem so ist auch wohl zu vermuthen, daß die Römisch-Catholischen zur Zeit des Pabstthums ein Closter oder ander Gestiffte hier wurden angeleget haben, wie sie es bey dem benachbarten Kälbra und andern Orten mehr gethan, und würde also Roßla in den Geschichten bekannt worden seyn, als so nicht geschehen.
§. 9. Der selige Leickfeld, der sich doch so grosse Mühe gegeben die Merckwürdigkeiten der alten Geschichte von dieser ganzen Gegend zusammlen, und von dem Städtgen Kälbra so manches angeführet, muß nichts gefunden haben, das er seinen Lesern davon hätte mittheilen können, weil er dieses Ortes gar nicht Erwehnung thut. Also haben auch die beiden gelehrten Historici, der Herr Hoff-Rath Struve und der Hr. Kreyßig in ihren Sächsischen Historischen Bibliothecken, die sie vor einigen Jahren drucken lassen, hievon nichts angeführet.
§. 10. Die Geschichte des Hoch-Gräfflich-Stollbergischen Hauses überhaupt stecken in einer großen Unrichtigkeit und Dunckelheit. Der Hochselige Herr Graff Christoph Ludewig zu Stollberg haben solches wohl eingesehen, und deshalben Sorge getragen, die Geschichte dieser Graffschafft auf bessern Fuß zu setzen, und zu dem Ende den damahligen berühmten Sächsischen Historicum und Prof. zu Jena D. Caspar Sagittarium, 1689. nach Roßel beruffen, damit er Vorschläge thun möchte, auf was vor Art die Stollbergische Historie traditiret und erhalten werden möchte. Er soll sich 14. Tage dieserwegen hierselbst aufgehalten und in einer kurzen Piece ohnmaßgebliche Vorschläge gethan haben, wie die Sache ins Werck zu richten, wie in des Herrn Inspector Zeitfuchsens Historie der Stadt Stollberg pag. 112. zu finden. Die Sache selbst aber ist nachgehends ins stecken gerathen.
§. 11. Es ist wohl zu vermuthen, daß von diesem Ort noch eine und andere gute Historische Nachrichten mögen seyn angetroffen worden, daraus die Geschichte hiesiger Gegend ein weiter Licht erhalten hätten, bevor er Anno 1656. abgebrandt. Da aber bey dieser starcken Feuers-Brunst alle geistliche und andre Gebäude mit draufgegangen, so sind auch dieselben mit zu Asche worden. Die Liebhaber der Roßlarischen Geschichte sind demnach dem Herrn Kranold, treufleißigen Pastori zu Dittersdorff, um destomehr Verbindlichkeit schuldig, daß er sich angelegen seyn lassen, von diesem Ort ein Chronicon zu schreiben, welches nunmehro zum Drucke bereit und auf einen Verleger wartet. Er hat sich keine Mühe verdrießen lassen, allenthalben zu sammlen, was er von diesem Ort und den benachbarten Gegenden von Bennungen, Qvestenberg u.s.w. finden können.

Das II. Capitul.
Von der Höhle bey den Dorffe
Steyer-Thal.

§. 1. Diese Höhle, welche das Förster-Loch genennet wird, liegt eine halbe Stunde von diesem Dorffe nach Urbach zu, an der Mitternachts-Seite eines ziemlichen hohen Berges, bei welchen der Eingang ziemlich unbeqvem. Es sind hier unterschiedene Höhlen hintereinander: Die erste hat eine geraume Weite und Höhe, man kan inwendig ganz aufrecht darinnen stehen, und siehet man sowohl oben an der Decke, als an den Seiten-Wänden allerhand Zeichen und einzelne Buchstaben, so theils in Stein eingehauen, theils mit Rödel angeschrieben.
§. 2. Aus dieser führet ein Loch, so am Boden hinten zur lincken Hand zu sehen, und wie ein groß Back-Ofen-Loch gebildet, in eine andere Höhle, die etwas tiefer lieget. Die Passage durch dieses Loch ist gar unbeqvem, indem man auf den Knien durch selbiges kriechen muß. Diese andere Höhle ist eben nicht breit, aber wohl einer langen Stange hoch. Will man zur dritten Höhle gelangen, so muß man sich durch eine enge Klufft zwingen. Aus dieser gehet man gerade aus, jedoch durch eine unwegsame Schlufft in die vierte. Beyde Höhlen sind nicht gar zu weit, und findet man nichts besonders drinnen.
§. 3. Von der vierten Höhle führet eine lange Schlufft, durch welche man sich krümmen und biegen muß, in die fünffte, welche hoch und geräumig ist. In dieser findet man einen grossen herabgefallenen Felsen, unter welchem man entweder hinkriechen oder darüber steigen muß, und ohne sondere Unbeqvemlichkeit nicht abgehet. Von hier aus gehet eine sehr steile Klufft ganz hoch hinauf in die sechste, vor deren Eingang ziemlich grosse Steine liegen, über welche man hinklettern muß. Die Höhle selbst ist nicht weiter, als ein Mann mit ausgespannten Armen reichen kan, und nicht höher, als ein solcher aufgerichtet auf den Knien darinnen sitzen kan. In diesen Höhlen findet man hin und wieder, daß Leute eingegraben haben, vermuthlich unterirrdische Schätze dazu suchen.
§. 4. Von hieraus gehet man hinten lincker Handwerts und zwar im Niedersteigen nach den Eingang zur siebenden Höhle, durch welche man auf dem Bauch kriechen muß. Diese ist sehr klein und hat weiter keinen Ausgang.
§. 5. Überhaupt ist von allen diesen Höhlen zu mercken, daß ausser der ersten an denen Seiten, ohnerachtet der Berg aus einem dürren Kalck-Felsen bestehet, Wasser herunter tröpffelt, welches als ein Tropff-Stein an denen Wänden klein körnicht ansetzet, die wie überzogener Coriander-Saamen aussehen, und denen Confetti di Tivoli in Italien gleichen; weil sie aber fest am Gebürge sitzen, und sehr klein sind, kan man sie nicht wohl abschlagen. Ferner siehet man in allen Höhlen viel herab gefallene Steine liegen, sie sehen auch, wenn man die Kalck-Berge von unten zu nach ihrer Höhe betrachtet, so gefährlich aus, als ob sie einem ietzo über den Kopff fallen wollten. Man hat aber dieses dennoch nicht leicht zu besorgen, weil die Steine so fest ineinander geschoben, daß einer den andern hält; es wäre denn, daß durch eine starcke Erschütterung von einem schweren Gewitter sich ohngefehr etwas loß machen solte.
§. 6. Man findet in allen Höhlen eine rothe Lette zwischen den Rissen der Felsen, welche naß und schlüpffrig ist, und fettig anzufühlen. Sie ist sehr schwehr, und hat, wenn man sie gegen die Sonne hält, einen Silber-glänzenden Glimmer. So siehet man auch hin und wieder Eindrücke von Händen und Fingern der Menschen, die etwan solche Letten herausgehohlet. Es ist nicht gut, diese Höhlen mit Fackeln zu besehen, indem der Dampff davon bey der ohndem dicken Lufft gar bald den Menschen auf die Brust fallen und ihnen an ihrer Gesundheit sehr nachtheilig seyn kan. Diese Höhle habe nicht selbst besichtiget, sondern diese Beschreibung kommt von dem Herrn Pastor Lesser her, der solche den 27. Augusti anno 1736, in Augenschein genommen und mir selbige gütigst communiciret.

Das III. Capitel.
Von der Höhle bey dem Dorffe
Uftrungen.

§. 1. Ohnweit von diesem Dorffe ist eine gewisse Höhle, die Heim-Kehle genannt, welche schon eine lange Zeit, wie ich in dem vorhergehenden Theil meiner Geographisch-Historischen Merckwürdigkeiten des Unter-Harzes angeführet, in Ruff gewesen. Der Herr Berends gedencket in seiner Hercynia curiosa p. 67. davon, daß gegrabenes Einhorn wie auch der Tropff-Stein darinnen angetroffen würde. Es soll sich nach seiner Beschreibung ein klares Wasser in dieser Höhle zeigen, welches beständig einerley Tieffe behält und weder zu- noch abnimmt. Es soll die Länge der Höhle nach gleichsam eine See formieren, und sollen eben von der Decke der Höhle continuirlich Wasser-Tropffen mit einem Geräusch hineinfallen.
§. 2. Wo man neben dieser unterirdischen See vorwerts über die von oben herabgefallenen Steine fortgienge, gelangte man auf einen Platz, der des Ortes Gelegenheit nach so ziemlich gleich und eben wäre. Hier hätte die Höhle eine besondere Höhe, und die Decke derselben wäre mit einer Fackel-Flamme anzusehen, als wann sie mit einer dunckelrothen Farbe angestrichen worden. Über ihren Eingang praesentierte sich ein hoher und steiler Felß, der aus mürben und losen Kalck-Steinen bestünde, und bei manchen, so diese Höhle besehen wollte, die Furcht erweckte, daß etwan Steine loßbrechen und ihm auf den Kopff fallen würden.
§ 3. Ingleichen ist in dieser Gegend eine andere Höhle, welche das Diebs-Loch genennt wird, weil sich ehedem eine zusammengerottete Diebes-Bande darinnen heimlich soll aufgehalten haben. Der Eingang zu derselben ist so enge und niedrig, daß man nicht anders als durch kriechen in diese Höhle gelangen kan. Ist man hinunter in die erste gekommen, so steiget man aus derselben in die andere hinab, weil dieser Höhlen unterschiedene nach einander.
§. 4. Von der letzten Höhle wird insonderheit groß Werck gemacht. Man giebet vor, es flösse ein kleines Bächlein darinnen, in welchem Gold-Körner unter den Sande angetroffen würden; es sollen auch sonst reichhaltige Erze darinnen verborgen liegen, von welchen manche in hiesigen Gegenden wohnende und auch von fremden Orten hergekommene Personen zu grossen Reichthum gelanget wären, sie hätten aber die Löcher und Gänge zu diesen Erzen so genau und künstlich versetzt und verstopfft, daß sie niemand finden könnte, als sie selbst, weil andre die Merckmahle nicht verstünden, die sie dieser wegen gemacht hätten. Ich halte aber dieses vor ungegründete Meynungen. Es wird vor ein paar hundert Jahren her, da die Bergwercke in hiesigen Gegenden insonderheit angebauet worden, an gelehrten Chymicis, erfahrnen Bergleuten, und geschickten Gold- und Silber-Scheidern nicht gemangelt haben. Wären nun solche reiche Schätze darinnen versteckt gelegen, so ist wohl zu vermuthen, daß sie ihren Landes-Herrn würden Eröfnungen davon gethan haben, da denn schon solche Anstalten würden getroffen worden seyn, daß diese Schätze an den rechten Herrn gekommen wären.

Das IV. Capitel.
Von dem bey den Dorffe Nie-
der-Sachswerfen gelegenen soge-
nannten Ziegen-Loch u. Tantz-Teiche.

§. 1. Die Höhle des Ziegen-Lochs ist über die maaßen kalt, der Eingang davon nicht gar zu weit, und an ihren Ende zeiget sich eine grosse dunckle Höhle. Von dieser kriechet man durch eine Klufft, und kommt alsdenn wieder in eine andere Höhle, so von der Natur mit einem Stein-Felsen rund gewölbet, und wie eine Stube ausgegipst ist. Hinter diesen Gewölbe zu äußerst dieser Höhle ist ein Fall-Loch vorhanden, welches sehr tieff, und gleichsam als in einen Abgrund hinein gehet.
§. 2. Von diesem Loch ist die gemeine Muthmassung, daß sich ein Theil von dem nahe dabey gelegenen Tanz-Teiche darinnen befinde, und die Rede, daß ein Hirten-Junge in solchen Wasser ersoffen. Als derselbe auf dem gegen die Höhle über gelegenen Pfingst-Raasen das Vieh gehütet, und ihm eine Lust ankommen, die Höhle zu besehen, habe derselbe sich zudem Ende ganz allein hinein gewaget, wäre aber nicht daraus gekommen, auch nach allen mühsamen Suchen darinnen nicht gefunden worden.
§. 3. Der sogenannte Tantz-Teich ist über den Dorff, zur lincken Hand des Berges, wenn man nach Appenrode zugehet, hart an den Bergen, darinnen sich das vorher gemeldte Ziegen-Loch befindet. Das Wasser darinnen hat nach des Herrn D. Berends Beschreibung in seinem curieusen Hatz wald p 91. keinen sichtbaren Zufluß, aber einen ziemlich starken Ausfluß, und ist von solcher Tieffe, daß man auch an dem Ort, wo es doch am niedrigsten stehet, keinen Grund wahrnehmen kan; derowegen solches auch ganz schwarz und grausam aussiehet. Er meldet, wenn man mit einem Kahn auf dieser See führe, und dem vorgedachten Berge zu nahe käme, so fienge derselbe gleichsam an zu tanzen, und mit denen darauf Fahrenden in einen Creyß hinein zu gehen, daher er auch den Namen des Tantz-Teichs erhalten.
§. 4. Ein solcher gefährlicher Tantz aber hätte einsmahls einem unvorsichtigen Fischer, so den Teich damahls gepachtet gehabt, bald das Leben gekostet, immassen er mit genauer Noth sich durch die größte Bemühung loß arbeiten können. Die Ursache dieses gezwungenen Tantzes wär ein Strudel oder Wasser-Wirbel, so sich unter dem hohlen Berge, darunter das Wasser hinzu flieset, befände, und die herzunahende Kähne an sich zöge. Anno 1682. hätte ein Hannöverischer Soldat in Sachswerffen im Quartier gelegen, so ein guter Fischer und Täucher gewesen, der manchen Fisch aus dieser See gehohlet, und berichtet, daß unter dem Berge ein Loch in den Felsen gienge, darein das Wasser fiele, und solchen Wirbel verursachte.
Der von mir in diesem Tractat vielmahls mit Ruhm angeführte Conrector zu Ilefeld, Herr Ritter, der sich keine Mühe verdrüssen läst, die Naturalien des Harzes und der benachbarten Gegenden auf das genaueste zu untersuchen, hat diesen Tantz-Teich, der nach Ilefeld gehört, ausgemessen und ihn 6. Morgen und 44. Ruthen befunden. Den Morgen zu 120. Ruthen gerechnet. Er hat ihn auch ausgelothet, als er anno 1728. bey harten Frost überbrücket gewesen und die größte Tiefe zwölff Fuß die geringste aber sieben Fuß befunden. Das Wasser ist damahls ganz faul und stinckend gewesen. Er gedencket in der mir gütigstertheilten Nachricht, es wäre der Wahrheit gemäß, daß er keinen Einfluß hätte, ohn was bey starcken Regen-Wetter von dem anliegenden hohen Berge und Ländereien hineinfiele; an zwey Orten aber zeigten sich zwey wiewohl sehr schwache Qvellen, wie man bey hellen Wetter aus den aufsteigenden Lufft-Bläßgen abnehmen könnte. So hätte er auch keinen Ausfluß, als nur bey starcken Regen-Wetter, und schnell gehenden Schnee. Falsch hingegen wäre (1) der von Herrn D. Behrens angegebene Wirbel, als der wohl nicht gefrieren könte, zumahl wann er so reißend gewesen, als daß er einen Kerl oder Kahn verschlucken können, er glaubt auch nicht, daß iemahls auf einem so kleinen Teich ein Kahn gelegen, denn er sähe nicht wozu, es müste denn zur Beqvemlichkeit der Fisch-Diebe, oder der Sachswerffischen Bauern geschehen seyn; Nicht weniger (2) dessen Unergründlichkeit, denn sonst würde er ihn nicht haben auslothen können, wie doch mehr als an zehen Orten von ihm geschehen, und (3) daß ein rauschendes Wasser unter dem Berge und dem von ihm beschriebenen ohnfern dem Teich gelegenen Ziegen-Loch von diesem Teich ausgienge.

Das V. Capitel.
Von den Gräflich-Stollber-
gischen Aemtern Hahne und
Rothleberode.

§. 1. Das Amt Hahne ist in einer sehr angenehmen Gegend, eine Meile von Stollberg und eine von Hatzgerode, gelegen. Die Hoch-Gräfliche Herrschafften haben vor einiger Zeit ein feines Lust-Hauß allhier erbauen lassen, in welchen sie sich zur Sommers-Zeit bißweilen zweymahl, wenn sie sich des Gesund-Brunnens bedienen, einige Wochen aufzuhalten und der Land-Luft zu geniesen pflegen.
§. 2. Von dem Amte Rothleberode habe zwar allbereits in meinen Geographisch-Historischen Merckwürdigkeiten des Unterharzes p. 296. gehandelt, ich muß aber doch noch gedencken, daß Dasjenige, was der Herr Berends in seiner Hercynia curiosa p. 94. von dem wässerichten Erd-Falle, so sich in hiesiger Gegend ereignet, anführet, den wenigsten hiervon bekannt ist. Er sagt: Es wär einst ein Rothleberodischer Ackermann geschäfftig gewesen, sein des Ortes habendes Land gewöhnlicher maassen zu pflügen. Als er nun solche Arbeit verrichtet gehabt, und mit dem Pflug und Pferden kaum von Acker kommen, so wäre auf dem selben Lande, auf dem er vorher geackert, die Erde plötzlich gesuncken, und dadurch ein großes tiefes Loch entstanden, welches in die etzliche 40. Jahr trucken und ohn Wasser auch sowohl inner- als ausserhalb mit Heckwerck und Bäumen insonderheit mit schwarzen Kirsch- und Zwiesels-Beer-Bäumen durch etzliche von den Vögeln dahin gebrachte Körner also bewachsen gewesen, daß es gleichsam wie ein kleiner Baum-Garten ausgesehen, endlich aber wider aller Menschen Vermuthen anno 1650. in dem Heu-Monathe sich geschwinde mit grossen Krachen und Praßeln ziemlich weit ausgebreitet, und alle Bäume und Sträuche verschlungen, auch mit vielen starck aus der Erde dringenden Wasser dergestalt bedeckt worden, daß man nachgehends weder Strumf noch Stiel davon sehen können.

Das VI. Capitel.
Von dem Uhrberge bey Stoll-
berg.

§. 1. Ohnweit der Gräflichen Stollbergischen Residenz-Stadt Stollberg lieget der Auerberg oder Uhrberg, welcher von einer sehr grossen Höhe, und mehrentheils vor den höchsten Berg in der ganzen Grafschafft Stollberg gehalten wird. Man erkennet dessen Höhe nicht eher, als wenn man sich ganz oben befindet, indem er nicht steil ist, sondern nach und nach steiget. Man passiret denselben, wenn man von Hatzgerode nach Stollberg reisen will.
§. 2. Seine Benennung soll er von dem lateinischen Wort aurum bekommen haben, und aureus mons heissen, weil in dessen Schooße Gold anzutreffen, daraus der gemeine Mann, der von den Gelehrten und der lateinischen Sprache kundigen Leuten dieses erschnappet, Auerberg gemacht, woraus denn endlich nach hiesiger gebräuchlichen und etwas platteutschen Aussprache Uhrberg geworden. Ob dieses nun der wahre Ursprung der Benennung, lasse dahin gestellt seyn.
§. 3. Wenn man den Turneiser in seinem Tractat de Mineralibus und einige andere alte Autoren, die von den Bergwercks-Sachen des Harzes geschrieben, nachschläget, so findet man, daß sie von diesem Berge sehr großes Werck machen, und rühmen von ihm, daß theils in den Qvellen dieses Berges, theils in dessen Sande und Erde Gold anzutreffen. Sie führen an, daß einige in den nächsten Bächlein, die aus diesem Berge ihren Ursprung ableiten, Gold-Körner angetroffen, und wissen dessen unterirrdische Schätze nicht hoch genung zu erheben.
§. 4. Andere neuere Autores rühmen von ihm, daß über das Gold und Silber, so dessen Schooß in sich hielte, fast aller andern Metallen Erze darinnen verborgen lägen, als roth und weiß Gülden Kupffer, Eisen, Zinn, Blei und Qveck-Silber. Erze, wie auch die meisten Mineralien, als Antimonium, Spieß-Glaß, Blut-Stein, Braun-Stein, Kobold, Schwefel-Kisse, weisse Kalcksteine, Stein-Kohlen, Fluß-Steine, Schiefer, darinnen allerhand Sachen gebildet, u. s. w.
§ 5. Noch andere geben vor, daß diejenigen, welche dieses alles dem Berge nachrühmeten, sich allzu große Hoffnung von selbigen machten. Was der ehedem berühmte Chymicus, Jacobus Tollius, einem guten Freunde davon erzehlet, und hoch betheuert, wie er eine Art von Eisen-Stein in dieser Gegend angetroffen, welcher fast halb Gold gewesen, möchte, daferne die Erzehlung der Wahrheit gemäß, wohl eine ausserordentliche Rarität gewesen seyn. Bei den ietzigen Zeiten dürfften dergleichen reichhaltige Eisen-Steine auf diesem Berge wohl nicht gebrochen werden.
§. 6. Manche wollen behaupten, daß über die ietzt angeführten Arten der Metallen und Mineralien auf diesem Berge gute Salz-Qvellen gespühret würden, welches aber hingegentheils von andern auch wieder in Zweifel gezogen wird. Am gewissesten ist, welches nicht allein in dieser ganzen Gegend bekannt, sondern mir auch aus eigner Erfahrung kund worden, daß hin und wieder auf diesem Berge an gewissen Oertern Land-Diamanten gefunden werden, welche, wann sie von den Künstlern sauber geschnitten und poliret, an Glanz und Schönheit den Böhmischen nichts nachgeben. Einige wollen sie gar mit den Orientalischen vergleichen. Doch diese gehen wohl ein wenig gar zu weit. Inzwischen habe ich in hiesigen Gegenden manche Histörgen gehöret, die einige von diesen Diamanten an große Kenner auch an die Juden um ziemlich hohen Werth verkauft worden die solche vor frembde und echte angesehen, biß man ihnen angezeiget, daß solches nur einheimische und Land-Diamanten wären.
§. 7. Da dieser Berg bei so vielen alten Seriebenten in so besondern Ruffe stehet, hingegen gar wenige in den neuern Zeiten dessen unterirrdische Schätze recht erkennen und glauben wollen: so sollter billig ein in Physicis, Chymicis, und Berg-Sachen erfahrner Mann sich bemühen, und alle dessen Güter nach der Wahrheit auf das genaueste untersuchen, sodann dasjenige, was er hievon entweder gewiß oder doch wahrscheinlich angetroffen, nach Befinden entweder der Welt nachrichtlich mittheilen, oder doch der Landes-Herrschafft Bericht davon erstatten.
§. 8. Die Hoch-Gräflich-Stollbergische Herrschafft haben oben auf dem Berge vor einigen Jahren ein Lust-Hauß, oder vielmehr einen Thurm von unterschiedenen Etagen hoch erbauen lassen, welchen Sie sich, wann Sie in hiesigen Gegenden Jagden anstellen, bißweilen aufzuhalten und zu divertiren pflegen.

Das VII. Capitel.
Von Schlosse und Amte
Qvestenberg.

§. 1. Dieses Amt lieget ohnweit der sogenannten güldenen Aue, eine kleine halbe Meile von Roßla, eine Meile von Kälbra, und dritthalb Meilen von dem alten Schloß Kyffhausen. Dieser Ort soll eine Benennung von einem Ritter dem Qvaflo Rolando erhalten haben, und so viel heissen, altz des Qvafli Berg, aus welchem hernach Qvestenberg worden. Ob dieses seine völlige Richtigkeit habe, wie mir erzehlet worden, lasse dahin gestellet sein. Inzwischen ist dieses gewiß, daß bis auf den heutigen Tag nach einen sehr alten eingeführten Gebrauch alle Pfingst-Tage auf dem Felsen, der dem Schloßberge gleich gegenüber lieget, und ihm an der Höhe nichts nachgiebet, zwey hohe Bäume aufgerichtet werden, an welchen eine Qvaste aufgehenckt wird, um sich der vorigen Zeiten hierbei zu erinnern.
§. 2. Einige geben vor, dieses Qvestenberg wäre vor alten Zeiten eine Stadt gewesen. Ich finde aber auch nicht in den Geschicht-Büchern satsamen Beweiß hiervon. Das Schloß ist ein altes Gebäude, so vor einigen Jahrhunderten bereits bekannt gewesen, und vor eine ziemliche Festung passiret hat. Es lieget dasselbige auf einem sehr hohen felsigten Berge. In den ehemahligen Kriegen hat man es gar vor unüberwindlich geschätzet. So soll es auch in dem 30. jährigen Kriege noch in ziemlich guten Stande gewesen seyn, und haben die Einwohner dieses Orts ihre Zuflucht darauf genommen, um sich wider einige Partheyen zu wehren.
§. 3. Jetzund siehet man nichts mehr davon, als die Rudera, ein Stücke Thurn, vieles Mauer-Werck, und in demselben Oeffnungen von Thüren und Fenstern. Jedoch sollen die Gewölber und Keller unter der Erden noch in guten Stande seyn. Dieses Amt gehöret ietzund nach Roßla, und haben der Herr Graf von Stollberg vor einnigen Jahren ein ansehnliches und beqvemes Forst-Hauß hier erbauen lassen, in welchen sie sich zur Sommers-Zeit bisweilen aufhalten.
§. 4. Das Dorff Qvestenberg gleiches Namens liegt unten an den Berge, auf welchen die Überbleibsel des alten Schlosses noch zu sehen. Es hat eine sehr angenehme Lage, und praesentiret sich zwischen den hohen Stein-Felsen und lustigen Gebüschen, die es auf beiden Seiten um sich hat, wie ein Dorff in der Schweiz oder in Italien. Ein Landschaffts-Mahler hätte bey diesem Dorff gute Gelegenheit eine Landschafft mit dem anmuthigsten Prospect abzuschildern. Etwas besonders ist es, daß die sämtlichen Einwohner dieses Dorffs auf dem Gemeinden-Platze an der Land-Straße, die nach Wickerode und Roßel zugehet, eine ziemliche Anzahl guter Kirsch-Bäume in unterschiedenen Reihen hingepflanzet, in welchem sie sich, wann sie zur Reiffe gelangen, ganz ordentlich und ruhig zu heilen pflegen. Ein jeder Besizer hat ein Antheil dran, daher ist auch ein jeder davor besorget, daß von denen Vorbeigehenden nicht etwas davon entwendet oder sonst Schaden zugefüget werde. Die Einwohner dieses Dorffs ernehren sich theils von ihrer Haußwirthschafft, theils von Holzhauen, theils auch von den benachbarten Bergwercken. Es sind auch vor einiger Zeit Kupffer-Bergwercke hierum angeleget worden.
§. 5. Anno 1649. Haben der Churfürst zu Sachsen, Johann George der I. die Herren Grafen von Stollberg und Schwarzburg mit dem Schloß Qvestenberg belehnet, und sich haben, wie es in solchen Fällen damahls gebräuchlich gewesen, das Recht der Oeffnung dabei vorbehalten, wie aus folgenden Lehn-Briefe erhellet:
Von Gottes Gnaden Wir Johann George, Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg, des Heil. Römischen Reichs Erz-Marschall und Churfürstzc. bekennen und thun kund in diesem Unsern Briefe allermänniglich, daß wir dem Wohlgebohrnen Unsern lieben getreuen, Herrn Martin, Grafen und Herrn zu Stollberg und Wernigeroda, und seinen rechten gebohrnen ehelichen Leibes-Erben das Schloß Qvestenberg in Unsern Fürstenthum zu Thüringen gelegen, das etwan durch den Hochgebohrnen Fürsten Unsern lieben Vettern, Herrn Wilhelm, Herzog zu Sachsen zc. dem seligen Grafen Heinrich dem Aeltern von Stollberg, für eine merckliche Summe löthiges Silber erblich verkauft, und zum Mann-Lehn gemacht, Innhalts der Verschreibung, so von dem Hochgebohrnen Fürsten Unsern Vorfahren dem Land-Grafen in Thüringen und bemeldten Unsern lieben Vetter darüber vollzogen und ausgegangen, mit allen und ieglichen Zugehörungen, Dörffern, Zinsen, Renthen, Dienst-Pflichten, Forst-Höltzern und Bergwercken, doch unschädlich der Verschreibung, die der Bergwercke halber zwischen Unsern Vorfahren und der Herrschafft Stollberg aufgerichtet ist, die wir Uns und Unsern Erben hiermit vorbehalten, auch sonsten mit Wild-Bahnen, Teichen, Fischereyen, Gerichte, Rechten, Lehnen, Geistlichen und Weltlichen, und gemeiniglich mit allen ihren Freyheiten, Würden, Herkommen, Gerechtigkeiten, Gewohnheiten, die dem Schloß und der Stadt Roßla mit allen seinen Dörffern, Gerichten, Ein- und Zubehörungen nichts ausgenommen, sondern allermassen seine Vorfahren und er dieses alles von dem hochgebohrnen Fürsten, Unserm freundlich geliebten Herrn Großvater, und Herrn Vater, Herrn August und Herrn Christian dem Ersten, auch Unsern Bruder, Herrn Christian dem II. weyland Herzogen und Churfürsten zu Sachsen, seliger und löblicher Gedächtniß, zu Lehn redlichen hergebracht, ietzo inne haben, gebrauchen, und nun nach tödtlichen Abgang ihrer Geliebden Uns heimgefallen, und zu verleyhen zuständig, wie ihme sein Bruder, Herr Heinrich Ernst, Graf zu Stollberg, solche in brüderlicher Theilung übergeben, zu rechten Mann-Lehn, genädiglich gereichet und geliehen haben, mit allen Rechten Uns davon zu verleyhen gebührende. Reichen und leyhen demnach dem gedachten Grafen von Stollberg und seinen rechten Leibes-Lehn-Erben, und um seiner fleißigen Bitte willen, sämtlich mit ihm dem Wohlgebohrnen Unsern lieben Getreuen, Herrn Heinrich Ernsten, Grafen zu Stollberg und desselben rechten ehelich gebohrnen Leibes-Lehn-Erben, und dann dem auch Wohlgebohrnen Unsern lieben Getreuen, Herrn Christian Günthern, Herrn Anton Günthern, Herrn Ludewig Günthern, und Herrn Albrecht Anton, Grafen zu Schwarzburg, Herrn zu Arnstadt und Sondershausen solche Schlösser, Dörffer und Güter mit sammt allen ihren Ein- und Zubehörungen hievon, mit gegenwärtigen und in Krafft dieses Brieffes, sie hinführo von Uns und Unsern Erben und Nachkommen den Fürsten zu Thüringen zu rechten Mann-Lehn inne zu haben, zu besitzen, zu genießen, zu gebrauchen, und als sich gebühret, zu verdienen, und den Lehnen, wie offt die Zufälle kommen, rechte Folge zu Thun, und sich damit zu halten, wie solcher Mann-Lehn-Güter Recht und Gewohnheit ist, ohne alles Gefehrde und bescheidentlich also, wann gemeldter Graf Johann Martin von Stollberg ohne rechte gebohrne Leibes-Lehns-Erben abgehen und derer hinter ihn nicht lassen würde, als denn und nicht eher das obgenannte Schloß Qvestenberg mit allen und ieden ieglichen vorgemeldten Ein- und Zubehörungen erstlich auf Herr Heinrichen, Grafen zu Stollberg und desselben recht ehlich gebohrnen Leibes-Lehns-Erben, im Fall aber dieselben alle auch verstorben, als denn auf obgenandte Grafen zu Schwarzburg Gebrüdere und Vettern, und ihrer rechtgebohrnen Leibes-Lehns-Erben, Inhalts ihrer alten sämtlichen Beleyhung und Verschreibung von gedachten Unsern Vorfahren Fürsten zu Thüringen ihnen darüber gegebenen, kommen und fallen, die solches Schloß darnach mit allen seinen Zubehörungen von Uns und Unsern Erben zu Mann-Lehn empfangen, und dem Lehn, so offt die Zufälle kommen, rechte Folge thun, die auch, wie sichs gebühret, verdienen und sich damit halten sollen, als solcher gesamten Lehn-Güter Recht und Gewohnheit ist, ohne allerley List und Gefehrde. Doch über das alles, so behalten wir Uns und Unsern Erben und Nachkommen die Oeffnung an dem Schloß Qvestenberg zuvor, also,daß solches uns und Unsern Erben und Nachkommen offen sey, und die Oeffnung ungeweigert erstattet werden soll, wann und wie offt Uns das noth ist, zu allen Unsern Nöthen, Kriegen und Geschäfften, wieder männiglich niemand ausgeschlossen, sondern die genannten von Stollberg, Schwarzburg, und ihre Erben alleine. Und ob wir unssre Hauptleute und Volck zu Unsern Kriegen und Geschäfften auf dasselbe legen würden, das Wir denn thun mögen: So sollen Wir die Hauptleute, Thor-Wärter und Wächter darauf beköstigen und besorgen, auch bestellen, daß sie von den Unsern entladen bleiben. Würde denn das Schloß von Unsern Kriege und Fehde wegen verlohren, daß Gott nicht wolte, so sollen und wollen Wir ihnen dasselbe Schloß binnen den erften Viertel Jahre wiedererstatten, und Uns mit denjenigen, die Uns das abgenommen hätten, mit Frieden abfinden oder richten. Es wäre denn zuvor dem gedachten Grafen von Stollberg oder Schwarzburg gemeldtes ihr Schloß ohne Entgeltniß wieder worden, und zu ihren Händen eingeantwortet. Alle arge List und Gefehrde hierinnen ganz ausgelassen. Hierbey sind gewesen zu Gezeugen die Würdigen Vesten und Hochgelahrten, Unsere verordneten Räthe, Lieben Andächtige und Getreuen, Herr Heinrich von Friese zu Rötha. Unser Canzler Geheimder Rath, Praesident des Appellations Gericht und Dom-Probst zu Merseburg, Christian von Boß zum Parthen und Tröblitz, Herr Johann Hasse zu Schlotta und Segrena, Herr Johann Leiber, Herr Paust Scipion zu Niedern Polentz, alle dreye der Rechten Doctores, Johann Nicol von Schönfeld zu Wachau und andere mehr der Unsern genung glaubwürdige. Zu Urkund mit Unserm heranhangenden grössern Innsiegel wissentlich besiegelt und gegeben zu Dreßden den 17. Octobr. 1649.

Johann George, Churfürst,
Heinrich von Friese, Cantzlar
.


Das VIII. Capitel.
Von einigen Naturalien um
Qvestenberg.

§. 1. Eine Viertel-Stunde von hier nach Dittersdorff zu zeiget sich in einem Thale, das die Nasse heist, ein von Natur gewölbter Felsen, der ziemlich mit Mooß bewachsen, und mehrentheils Conrads-Bette genennet wird, weil einer mit Namen Conradus in dieser waldichten Gegend seine Lagerstatt in selbigen eine lange Zeit soll gehabt haben. Wer aber dieser Conradus gewesen, ist unbekannt. Viele geben ihn vor einen Einsiedler aus, andere aber halten meines Ermessens mit bessern Grund davor, daß es ein berühmter Schnaphahn oder Hartz-Schütze sei.
§. 2. Das kalte Eiß-Loch liegt ganz nahe hinter Qvestenberg, wenn man von dannen nach Ditticherode über das Rückfeld gehet, an den Kalck-Berge, welchen die Einwohner des Dorfes den Wasser-Berg zu nennen pflegen. Der Herr Berends beschreibet dieses Loch als eine große Tiefe, es ist aber nur eine gar mäsige Cavität. Doch ist dieses besonders, daß zur Sommers-Zeit eine sehr große Kälte herausgehe, in Winter hingegen ein Broden. Man kan in den heissesten Hunds-Tagen Eis-Zapfen darinnen abbrechen, und hat mir ein guter Freund aus dasiger Gegend erzehlet, wie er gar öfters um Johannis in der Mittags-Stunde gesehen, daß das Gras ganz weiß beträufft und gereift ausgesehen.
§.3. Oberhalb dem Dorfe findet man eine andre Höhle in dem Wasserberge, hinter den Hause eines Einwohners, so das Herkers-Loch genennet wird. Es gehet ziemlich tief in den Berg hinunter, unten findet man Wasser, und praesentiret sich als ein großer Teich. Über solchen ist das Gebürge gewölbt, und scheinet es, als ob oben lauter Gold, Silber und Edelsteine sich angehangen hätten. Es ist eine Art Tropf-Steines, die aber nicht so fest, als wieder in der Baumanns-Höhle, oder in den anderen Höhlen. Die Kälte leidet die Lichter nicht, sie löscht sie bald aus; wenn man sich ein wenig in dieser Höhle umsehen will, muß man Stroh-Wische anzünden, alsdenn tröpfelt der erstarrte und fest-scheinende Stein herunter. Der ganze Berg steht voll Wasser; man muß in dieser Höhle nicht gar zu weit wagen, sonst könte man eine Curiosität gar theuer büssen und leichtlich ertrincken.
§. 4. Es gedencket Bernds in der Beschreibung seines curieusen Hartz-Waldes eines Brunnens, der nicht gar weit über den Dorf läge. Er gäbe viel Wasser von sich, machte vor seinen Ausfluß ein ziemlich Teichlein, so daß er zur Noth eine Mühle treiben könte, er liefe aber so stracks unter einen hohen Felsen, und verlöhre sich daselbst mit einem ziemlichen Geräusche, daß man also nicht eigentlich wissen könte, wo er hingekommen, obschon etzliche Leute des Ortes vor eine gewisse Wahrheit ausgeben wollten, daß solcher Brunnen in die Ascherslebische See flösse, die doch 8. Meilen hievon entfernet. Von diesem Brunnen, da ich mich in hiesigen Gegenden umgesehen, habe keine Nachricht erhalten, und weiß also nicht, in wie weit dieses gegründet oder nicht.

Das IV. Capitel.
Von dem alten ehemals be-
rühmten Berg-Schloss Hohen-
stein.

§. 1. Dieses Schloß hat der Grafschafft Hohenstein, so jetzund Ihrer Königlichen Majestät in Preussen, und Churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Brandenburg zuständig, ihre Benennung ertheilet. Melissantes nennet es in der curieusen Beschreibung seiner Berg-Schlösser p. 622. ein fast wüstes Schloß an den Anhältischen Grenzen. Es ist aber beides irrig, und siehet man wohl, daß er es selbst nicht in Augenschein genommen. Man kan wohl nicht das von urtheilen, daß es fast wüste wäre, indem es mehr als zu wüste aussiehet. Es grenzet auch nicht mit Anhalt, sondern mit den Grafschafften Hohenstein und Stollberg. Ehedem ist es das Stamm-Haus der alten Grafen von Hohenstein gewesen; jetzund aber ist es theils Hannöverich, theils Stollbergisch.
§. 2. Der gute Zeilerus rechnet es in seiner Beschreibung der Herzogthümer Braunschweig und Lüneburg p.121. gar zum Fürstenthum Braunchweig-Lüneburg Calenbergischen Theils, er verstehet es aber nicht so wohl der Lage als der Landes Hoheit nach. Von dessen Verwüstung hat er gar nichts erwehnet, sondern nennet es ein festes und sehr wohlgebauetes Berg-Haus, so daß die Leser dencken müssen, es müsse sich noch in guten Stande befinden.
§. 3. Von wem und um welche Zeit dieses Schloß erbauet worden, kan nicht recht gewiß angezeiget werden. Einige Geschicht-Schreiber behaupten, es wäre allbereits vor Carl des Großen Zeiten erbauet worden. Da sie aber dieses mit nichts erwiesen, so ist es vor eine bloss Muthmassung anzusehen. Andere geben vor, es wäre An. 1061. von Conrado erbauet worden. Jedoch sind die Meinungen hier wiederum getheilet, manche melden, er hätte es von Grund auf neu erbauet, andere aber, er hätte es nicht erbauet, sondern nur in einen bessern Stand gesetzet. Es ist auch ein Streit unter ihnen, wer dieser Conradus gewesen: Einige geben ihn vor Ludovici Barbati, ersten Grafens in Thüringen, Schwester Juttae Sohn aus, welche an Graf Ludwigen von Linderbach und Bielstein vermählt gewesen, mit welchem sie einen Sohn mit Namen Beringer gezeuget, welcher in dem Kloster Reinhards-Brunnen begraben liegen soll. Dieser hätte drey Söhne gehabt, als den Conradum, von welchen hier die Rede, welcher Hohnstein und Ilefeld erbauet, Ludovicum, Grafen zu Lohre, und Dietrichen zu Bercka. Andre machen ihn zu Ludwigs, des Bärtichten Enckel. (*)



(*) S. Hamelmanni Opera Genealogico-Historica p. 383. Lucae Grafen Saal p. 276. Merckwürdigkeiten der Land Grafschafft Thüringen p. 253. Melissantis Berg-Schlösser p. 623.

§. 4. Dem sey nun wie ihm wolle, so hat doch dieses seine Richtigkeit, daß dieses Schloß zu dem Ende des elften Jahrhunderts albereits erbauet gewesen, und an die Grafen zu Hohenstein gekommen, die sich aber damals nur Herren von Hohenstein geschrieben. An. 1195. nach Herzogs Heinrichs des Löwen zu Braunschweig Absterben, als desselben Lande getheilet worden, soll dieses Schloß und Amt Ottoni dem IV. Römischen Kayser zu gefallen seyn.
§. 5. An. 1360. hielten sich auf diesem Schloß viel Strassen-Räuber auf, welche mit ihren Herausfallen großen Schaden in Thüringen anrichteten. Daher ward Graf Henrich von Hohenstein bewogen, die Städte Erfurt, Nordhaussen und Mühlhausen als Kayserlicher Reichs-Voigt zu ermahnen, daß sie ihm wider diese Räuber gemeinschaftliche Hülffe leisten sollten. Sie thaten dieses, und zogen mit vereinigten Kräften vor das Schloß; weil sie aber dem Herzog Ottoni von Braunschweig, der damals noch in Positur war, nicht viel gutes zutraueten: so fertigten sie eine Gefandschafft an ihn ab, und ersuchten ihn, sich des Handels nicht anzumassen, sondern ihnen zu erlauben, daß sie diese bösen Leute nach ihren Gefallen züchtigen möchten. Da sie aber das Schloß belagern, überfällt sie Herzog Otto unversehens, erschlägt ihrer viele von den Belagerern, nimmt die übrigen gefangen, und läst alle Thürne des Schlosses damit anfüllen, damit sie mit Geld wieder ranzioniren müssen. (*)



(*) S. Spangenbergs Mannsfeldische Chronica p.349.

§. 6. An. 1412. entstund ein Streit zwischen denen Grafen von Hohenstein. Graf Dietrich, Graf Ulrichs Sohn ließ sich vernehmen, daß seine Vettern, nemlich Graf Dietrich der ältere, und dessen Sohn, Graf-Heinrich von Kälbra bey der getroffenen Theilung, von der Herrschafft mehr ekommen hätten, als er, verlangte deswegen, daß sie noch einmal mit ihm theilen sollten. Weil sich nun diese nicht darzu verstehen wollten, redete er mit Friedrichen, Herrn zu Heldrungen ab, daß er dieses Schloß unvermuthet bey der Nacht überfiel und einnahm, auch Graf Dietrichen den ältern im Bette gefangen bekam. Graf Heinrich von Kälbra entrann im Hemde, und beklagte sich darauf wegen dieses Überfalls bei dem Landgrafen zu Thüringen, welche auch deshalber den von Heldrungen überzogen, und von Land und Leuten jageten. Graf Dietrich sahe solches, und besorgte, es möchte ihm auch nicht besser gehen, verkaufte deswegen seinen Antheil an dem Schlosse Hohenstein, wie auch an denen Städtgen, Heringen und Kälbra an Graf Boden von Stollberg. (*) Einige Geschicht-Schreiber setzen, daß solches 1.423, geschehen. Ich halte es aber vor einen Druck-Fehler, und soll vermuthlich 1413. heissen, weil Graf Heinrich von Hohenstein um diese Zeit dieses Schlosses verlustig worden.
§. 7. Die alten Grafen zu Hohenstein haben dieses Schloß von denen Herzogen zu Braunschweig-Lüneburg albereit zu Lehn erkannt und empfangen, und nach deren Abgang, die Herren Graen von Stollberg gleichfalls. Zeilerus gedencket in seiner Beschreibung der Herzogthümer Braunschweig und Lüneburg, wie Elias Reisnerus in Aucta rio Basilico Genealogici stemmatis Stolbergici sagte: Henricus Comes Stollbergius, Dynasta Wernigerodae ab Ottene, Duce Brunsvigico, arcem Hohensteinam accepit Anno Christi 1456. S. p. 122.
§. 8. An. 1590, den 6. Octobr. hat Herzog Henricus Julius zu Braunschweig die Grafen von Stollberg mit dem Schloß und Amte Hohenstein belehnet, und müssen sie es auch beständig bis auf gegenwärtige Zeit von dem hohen Churfürstlichen Hause zu Braunschweig zu Lehn nehmen. (**)



(*) S. Spangenbergs Mannsfeldische Chronicke p.362,
(**) S. Die gründliche Information und Berichte von den Grafschafften Hoye und Reinstein; wie auch des Herrn Pfeffingers Braunschweigische Historie, den 1. Theilp. 786.

§. 9. In dem 30jährigen Kriege ist dieses in den teutschen Geschichten so sehr berühmte alte und ehedem vortreffliche Schloß durch den Chursächsischen Obristen, Herrn von Vitzthum, wegen nicht bezahlter Brandschatzung auf eine grausame Art an unterschiedlichen Orten zugleich in Brand gesteckt und verödet worden. Er hat es also fort mit der Soldatesqve so umringen lassen, damit niemand mit Löschen ihm einige Hülffe und Rettung leisten könte. Der Kayser habe zwar den Obristen um dieser schändlichen That willen auferleget, daß abgebrandte Schloß auf eine Unkosten wieder aufzubauen, er ist aber kurz darauf in Kugel-Wechseln von dem Commendanten zu Magdeburg erschossen worden. „Etwas merckwürdiges ist es, daß man unter dem Aufräumen des Schuttes mitten unter den Brändern und den glühenden und rauchenden Schutteingroßhölzern Crucifix gefunden, so bey dieser entsetzlichen Flamme unversehrt erhalten worden. (*)
§. 10. Dieses Schloß hat seine Benennung erhalten, weil es auf einem sehr hohen steinigten Berge gelegen, und daher der hohe Stein genennet worden. An den Fusse dieses Berges ist zwar nicht lauter Felß, sondern mehr Erde, die wie der ganze Berg röthlich aussieht, und mit allerhand Arten Bäumen besetzet ist. Je höher man aber steiget, je mehr entdeckt sich der Felß. Verdienen einige alte Überreste und verfallenene Mauer-Wercke derjenigen Schlösser, so bey unsern grauen



(*) S. Des Herrn Inspector Zeitfuchsens Stollbergische Historie P. 130.

Vorfahren ehedem berühmt gewesen, besehen zu werden: so verdienen es gewiß vor andern diese Rudera, daß sie von denen Reisenden, so Liebhaber der Alterthümer u. der Geschichte ihres Vaterlandes sind, mit Aufmercksamkeit betrachtet werden. Man empfindet fast, weil man die große Stücke der ehmals hohen Thürne, dicken Mauern und der festesten Gewölber und Gebäuder betrachtet, einen fast heiligen und Ehrerbietige Hochachtung erweckenden Schauer bei sich, und einen Widerwillen gegen denjenigen, der solches unnöthiger Weise so schändlich verwüsten lassen.
§. 11. Aus den vielen noch stehenden Mauer-Wercken und Thoren erkennet man, daß sehr viel weitläuffige Gebäude hier müssen beisammengestanden haben, die nach der damaligen Art prächtig, feste, und vor eine sehr große Hofstatt weitläufftig angeleget gewesen. Sobald man den nahe dabey liegenden Flecken Neustadt in dem Rücken hat, und anfänget den Berg zu besteigen, siehet man die ersten Überbleibsel von Mauer-Wercke eines ehemahligen großen Gebäudes. Ob dieses, wie es mir fast anscheinen will, ehedem eine Kirche gewesen, die etwan in dem Bauer-Kriege von den wütenden Bauren eingeäschert, oder ob es ein Gebäude gewesen, so zu den Schloß-Bau mit gehöret, und von dem Obristen Vitzthum auch mit abgebrandt worden, kam ich nicht sagen. Es ist, um etliche Musqveten-Schüsse von den andern Schloß-Gebäuden ganz abgesondert.
§. 12. Der Weg nach dem Schloß-Thore zu ist durch die Felsen gemacht worden. Wo nun dieser Weg mit sattsamer Mannschafft besetzt gewesen, hat ein Feind Mühe genug gehabt, das Schloß zu ersteigen, und wenige Mannschafft sind vermögend gewesen, einen grossen feindlichen Hauffen abzuhalten. Die beiden gewölbten Thore bey der Einfahrt und die Mauern zwischen den Thoren find noch in ziemlichen guten Stande. Man kan gar deutlich erkennen, daß auf diesem Schlosse ehedem zwey unterschiedene Hof-Plätze gewesen, als ein äusserer Hof-Platz zu den auswendigen Gebäuden, und ein innerer zu dem inwendigen Theil des Schlosses.
§. 13. Bei dem ehemaligen Aufbau des Schlosses ist die Natur und die Beschaffenheit des Felsens der Kunst sehr zu statten gekommen. An vielen Orten haben sie nicht nöthig gehabt Mauern aufzuführen, indem sie dieselben albereit vor sich gefunden, und haben sie nur hin und wieder etwas von Qvater-Steinen oder andern darauf setzen dürfen. Man siehet noch hin und wieder hohe Stücken Mauern von 6. bis 8. Ellen in die Höhe, mit ihren Eröffnungen der Fenster und Thüren, wie nicht weniger Theile von einigen Gewölbern, ingleichen ein großes Stück eines viereckigten Thurns. Es ist wohl kein Zweifel, daß unter der Erde noch treffliche Keller und Gewölber müssen vorhanden feyn; sie sind aber jetzund sehr verfallen, und habe ich, ob ich gleich allenthalben herumgegangen, und auf das mühsameste gesuchet, keinen Eingang finden können zu einem Keller oder unter irrdischen Gewölbe.
§. 14. Die wütende Flamme hat alles so verwüstet, daß man jetzund keine einzige Spuhr eines Wappens, einer Jahr-Zahl, oder eines einzigen Buchstabens mehr findet. Der Höhe nach ist es eines von den höchsten in der ganzen Gegend. Je doch scheint es mir, als ob das Haus Lohra, so in der benachbarten Grafschafft Hohenstein gelegen, auf einem noch weit höhern Berge erbauet worden.
§. 15. Es ist wohl kein Zweiffel, daß ehedem bei einer so großen Hofstatt ein Brunn auf diesem Felsen angerichtet gewesen, wie man deren auf den meisten Berg-Schlössern antrifft, sie mögen auch noch so hoch sein; ich habe aber ebenfalls keine Spuhr davon entdecken können. Daferne ich Gelegenheit gehabt hätte, bei meiner Besichtigungel einen sehr alten erfahrenen Mann auszuforschen, der in dieser Gegend beständig, wohnhafft gewesen, so würde ich von demselben eine und andre Nachricht, die er etwan von seinen Eltern und Groß-Eltern oder andern alten Leuten, die um das Schloß gewohnet, erfahren, haben einziehen können, die mir ein Licht gegeben hätten; so aber konte ich keinen dergleichen ausfragen. Es ist mir auch noch kein altes Historisches oder Geographisches Buch vorgekommen, in welchen ich einige Beschreibung dieser Schloß-Gebäude, wie sie vor der Verwüstung mögen ausgesehen haben, aufgezeichnet hätte. Wären unsere Vorfahren so curiös gewesen als wie wir, und hätten ein mehrers davon bemercket oder abzeichnen lassen, so würden wir auch jetzund von der Beschaffenheit ihrer Gebäude mehr Nachricht haben.
§. 16. In übrigen herrschet die Einbildung der Menschen in Ansehung dieses alten verwüsteten Schlosses sowohl als bei vielen andern dergleichen alten Gebäuden, daß sie sich einbilden, es müsten grosse Schätze auf denen selben verborgen seyn. Es sollen dannenhero zu unterschiedenen mahlen fremde Schatz-Gräber hieher gekommen seyn,welche auf diesem Berge Schätze graben wollen.Ob sie nun denen erstern, oder letzternzutheil worden, oder, obbeyde nichts davon bekommen, ist mir unbekannt. Zu vermuthen ist, daß die besten Schätze dieses Schlosses in dem 30.jährigen Kriege, ehe solches durch die Flamme eingeäschert worden, von den Soldaten werden seyn herunter gelanget worden.
§. 17. Es sind vor einigen Jahren, in Anlehung der Territorial-Grenzen zwischen dem Amt Hohenstein und den daran stossenden Chur-Sächsischen Territorio, wie auch wegen der Steuern von denen Wüstungen Tim und Crimrode, auch übrigen Ländere, so über der Nordhäusischen Straße gelegen, einige Irrungen gewesen; es find aber dieselbe 1733. und 1734. durch eine gemeinschaftliche Commission, so Ihro König. Majestät in Groß Britannien und Churfürstl. Durchl. zu Hannover, Herr George der II. und Ihro Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen, Herr Friedrich August, zu Verhütung aller Trennung und Beibehaltung vertraulicher Nachbarschafft angeordnet, verglichen und beigelegt worden. Beyde hohe Chur-Häuser haben sich angelegen feyn lassen, ihre beyderseits angeordnete Commiflarien dahin zu instruiren, daß eine General-Grenz-Beziehung, inso weit das Churfürstliche Territorium an das Hohensteinische stösset, beschrieben, und in Richtigkeit gebracht werden möchte, damit allen Differentien auf einmal abgeholfen, und künffig hin dergleichen vermieden würde. Es ist dieserwegen in der Reichs-Stadt Nordhausen An.1734 ein ordentlicher Reecess errichtet worden.

Das I. Capitel.
Von der Reichs-Stadt
Nordhausen.

§. 1. Den ansehnlichen Kirch-Gebäuden, die in dem vorhergehenden Theil meiner Geographisch-Historischen Merckwürdigkeiten des Vor- oder Unter-Harzes bey Beschreibung dieser Stadt benennet worden, sind die Haupt- und St. Blasii-Kirche mit beyzuzehlen. Die Haupt-Kirche ist von guter Bau-Kunst, groß, schön und hell. Das Orgel-Werck, die Cantzel und der Altar, an welchen trefliche Mahlerei und Bildhauer-Arbeit zu sehen, geben der Kirche eine besondere Zierde, wie nicht weniger die Empor-Kirchen und Chöre, die mit Gold und weisser Farbe ausgemahlt.
§. 2. Die St. Blasii-Kirche giebet ihr an Zierde und Ansehen nicht viel nach, sie ist ebenfalls weit, mit viel Fenstern erleuchtet und mit Gold und blaueer Farbe ausgemahlt. Man siehet in derselben ein Monument des seligen M. Kindervaters, der sich durch seine gelehrten Schriften, sowohl bey dieser Kirchen, die er beschrieben, als auch um die ganze Stadt wohl verdient gemacht. In der Frauen-Kirche auf dem Berge findet man noch die Cantzel und den Altar, nebst dem übrigen, was in denselben eingebauet ist, wie sie zu den Römisch-Catholischen Zeiten gewesen.
§. 3. Den 22. Juni 1736. betraft diese gute Stadt ein schweres Ungewitter, da ein hefftiger Schlag und heller Blitz in St. Blasii-Kirchthurm einschlug und zündete. Der zündende Strahl hatte den Thurm von Abend nach Mitternacht einige Ellen unter der Spindel des Knopffes getroffen, den Schiefer herunter geworffen und angezündet, das es aus den obern Schall-Löchern wie eine helle Laterne gebrandt, so aber durch iemand, der sich in die Höhe gewagt, bald wieder gelöscht worden. Von oben her ist dieser Einschlag in den Thurm heruntergefahren, hat den starcken Drath an der Uhr gänzlich zerschmolzen, und ist in die Stube und Cammer des Thürmers gekommen, so in der Mitten des Thurms wohnet, das eine Fenster zur Stube herein, das andere aber heraus geschlagen, und auf den Kirchhof geworffen, etliche Instrumenta musica versehret, eine in der Stuben hangende Glocke hat einen subtilen Riß ohngefehr eines Gliedes lang, wie auch zwei Löcher bekommen, als Anzeugungen, daß sie schmelzen wolle, es ist zwar nicht durchgangen, sie hat aber dadurch ihren Klang verloren, ist unbrauchbar worden, und hat sonst noch einige Merckmahle einer Entzündung hinterlassen, und den Ofen in der Stube ganz zerschmettert, daß zu verwundern, wie zwey Singe-Vögel, welche in ihren Kefichten in Fenster gehangen, bei diesem Unfall ganz unversehrt geblieben.
§. 4. Nicht minder hat sich der Schutz Gottes ganz augenscheinlich an des Thürmers Ehe-Frau mercken lassen, so sich in der Kammer mit ihren Kindern befunden: denn obwohl die Strahl ihr das Hembde am Leibe zurissen, auch einige Brand-Zeichen an der linken Seite gehabt, welche Schlangenweise, wie sonst der Blitz fährt, zu sehen gewesen, worüber sie einige Tage müssen zu Bette liegen, hat ihr doch keinen Schaden gethan auch keines von ihren Kindern verletzet. Ferner sind an dem Thurm auf der Mittags Seite auswerts auf dem Kirch-Dache einige Schiefer herunter geworffen, wie auch ein großer Stein von einem Pfeiler zermalmet worden. Inwerts an dem daselbstigen Kirchen-Fenster hat der Schlag herunter gestreiffet, kleine Stücken von der Mauer und Kalck abgeschlagen, und auf dem Boden in der Kirche eine Sitz-Banck zerschmissen. Nachdem er oben über dem Gewölbe einen großen Balcken gänzlich zerschmettert, hat er nicht ferne von der Orgel das Kirchen-Gewölbe durchbohrt, an einigen Kirchen-Ständen die vergüldeten Leisten und Rahmen dunckel und unscheinbahr gemacht, und die Kirche mit Dunst und Dampff erfüllet, weiter aber keinen Schaden darinnen gethan. Es ist Gott zu dancken, daß er diese Kirche so mit ihrer innerlich durchgängig schönen und ansehnlichen Reparatur mit viel Kosten kaum zu Stande kommen, so gnädig bewahret, daß durch den fatalen Einschlag ausser das wenige an den Thurm nichts ruinirt, sondern alles in glücklichen Stand wider alles Vermuthen erhalten worden.
§. 5. In dieser Stadt verdient das Museum und Naturalien-Cabinet des Herrn Pastoris Lessers, Prediger an der Kirche auf dem Frauenberge, dessen Physico-theologische und andere Schrifften von der gelehrten Welt wohl aufgenommen worden, von einem Frembden in Augenschein genommen zu werden. Die Memorabilia dieses Musei findet man in der L. und LI. Epistola itineraria des Herrn D. Bruckmanns beschrieben, und sind unter solchen insbesonder folgende zu bemercken: Allerhand gegrabene durchsichtige Salze, als rothes aus dem Salzburgischen, blaues aus Ungarn, crystallenes aus Pohlen, Agtstein, darinnen Fliegen, Spinnen, Mücken und dergleichen, Amianth aus Persien, woraus das unverbrennliche Pappier gemacht wird, allerhand Muscheln, Marmor, ein Feuer-Stein, in welchen sich ein Kopff eines Calecutschen Hahns praesentiert, ein Stein, aus welchen die See-Eiche gewachsen.
§. 6. Ferner findet man allhier mancherley Baum-Steine, Sonnen-Steine, mit Steinen überzogene Eyer, Schoten, Disteln, ein versteinerter orientalischer Taschen-Krebs, Stücke von verfeinerten Schiff Kuttels, woran noch die natürliche Schaale zu sehen, ein versteinert Kinckhorn, in welchen die innerliche Structur gar Betrachtungswürdig. Ein schöner ganzer Kamm Muschel-Stein, ein Herz-förmiger See-Muschel-Stein, versteinerte Pilze, ein Ammons-Horn, so noch halb durchsichtig, ein anders, welches in der Mitten metallisirt, geschliffne, darinnen man die innerlichen Anzeigen der Gründe sehen kan, Stern-Steine, Fisch-Marmor und Fisch-Schiefer, darunter einer an welchen man siehet, wo die Roggen oder Eyerlein gelegen.
§. 7. Über dieses praesentiren sich in diesem Museo allerhand Bezoar-Steine, mancherley Edel-Steine und Dassen, gediegene Gold-Silber-Kupffer- und Eisen-Stuffen, See-Bäumchen, Infecta und Krebse, fast tausend See-Muscheln, darunter folgende rare zu zehlen: Die Architectur-Schnecke, die ausgestochne Schnecke, das Sonnen-Horn, das Netz-formige Kinckhorn, Buccinum plumosum, cymtium, coronatum, purpura vera, das Brand-Horn, schöne Harfen-Muscheln, die Pabst-Crone, der Cardinals-Hut, die Bischoffs-Mütze, die See-Tonne, die See-Feige, der Argus, die Arabische Schrifft-Schule, die Achat-Walche, die Drap d' Or und Drap d' Argent Voluta, der Schout by Nacht, die Perspektiv Dublet, der Sonnen-Weier, schöne Königs-Mäntel, die Erd-Beer, der Kasten Noah, der Esels-Huff, der Lazarus-Mantel, das gedoppelte Venus-Hertz, Schiff-Kuttels, See-Igels, verschiedene Schlangen, worunter die Spiel-Schlange und ein Balg vier Elen lang, mancherlei Gattungen, See-Fische, als einen Schwerd-Fisch, eine Remora, ein männlich Glied von einem Walfische. Von Vögeln: Eine See-Taube, eine See-Schwalbe, ein Gnainumbi. Von Thieren: Ein Crocodil, ein Chamaeleon, ein Salamander, ein Rhinoceros-Horn, u. s. w.
§. 8. Von Kunst-Sachen besitzen der Herr Pastor Kayser, Tusche einen Chinesischen Abgott von Speck-Steinen, steinern Caffee-Zeug, allerhand geschnitzte Sachen von Bernstein und Alabaster, ein Katzen-Auge, curieus geschnittene Achate, ein Malabarisch Buch, ein Buch voll Kupffer-Stiche von den ältesten berühmtesten Meistern.
§. 9. Man findet in dieser Stadt einen geschickten Bildhauer an Herr Ungern, der die beiden Altäre in der Haupt-Kirche und in der Kirche S. Blasii ausgehauen und viel Kunst daran erwiesen. Er verfertiget nicht allein mancherley Statuen, Epitaphia, Monumenta und dergleichen, sondern schnitzer auch die Formen von Linden-Bäumen-Holtz, in welche hernach die eisernen Platten zu den Stuben-Oefen auf den hohen Oefen zu Ilefeld und andern Orten mehr gegossen werden. Über dieses weiß er nach den Regeln der Anatomie kleine Statuen von Linden-Bäumen-Holz sowohl von männlichen als weiblichen Cörpern auszuschneiden, in dem Inwendigen, wenn man die Cörper eröffnet, die innerlichen verborgenen Theile nach ihrer ordentlichen Lage wahrzunehmen, und denen, die einige Erkänntniß hierinnen verlangen, einige Begriffe beizubringen.
§. 10. Uber dieses sind auch in dieser Stadt Stein-Arbeiter, die aus dem Marmor und Alabaster, die in den benachbarten Stollbergischen und Hohensteinischen Grafschaffen gebrochen werden, mancherley andre Arbeit in sonderheit aber Tische und Gueridons zum Verkauf verfertigen, und solche auf das schönste und beste zu polieren wissen. Die Preiße hievon sind ohngefehr wie folget: Ein Tisch von drey Schuh lang und zwey Schuh breit, der von dem sogenannten schönen Mägde-Stein zubereitet, kostet vier Thaler. Ein Tisch, der drey Schuh lang, und zwei Schuh breit, welcher von dem Land-Charten-Stein gemacht ist, und von Petersdorff und Rüdigesdorff gebracht wird, kostet vier bis fünff Thaler. Der Centner von dem dunckel-grauen Alabaster Stein-Bruch, der bei dem Dorffe Steiger-Thal in der Grafschafft Stollberg angetroffen wird, und mehrrentheils schwarz aussiehet, wird vor zwölff Groschen verkauft; ein davon gemachter Tisch aber, der drey Fuß lang, und zwey Fuß breit, zwey bis drey Thaler. Ist er aber mit weisen und hell glänzenden Adern, oder mit Glintz-Spath versehen, so kostet ein solcher Tisch fünff Thaler, und wann er mit einem Glanz-Fürniß überzogen, sechs Thaler. Der Glanz-Fürniß bestehet aus einem Loth Gummi Lac, einem Loth Gummi-Sandrach, einem halben Loth Mastix, einem halben Loth Indianischen Balsam, und vier Pfennige Saffran. Dieses alles wird in einem Drittel eines sehr guten Spiritus Vini aufgelöset und der Stein etliche mal damitüberstrichen
§. 11. Ohnweit von der Stadt Chonstein ist die ehmals berühmte Berg-Vestung Schnabelburg gelegen gewesen. Der selige Leuckfeld gedencket in seiner Beschreibung von Ilefeld p. 102. die Rudera davon noch zu sehen wären; ich habe aber bei der ietzigen Zeit von den Überbleibseln dieses Schlosses nichts mehr erkennen und unterscheiden mögen. Graf Ulrich der dritte von Hohenstein, so die ganze Aue an sich gebracht, ließ sich in XIV. Seculo von den Herren Nordhäusern bereden, daß er ihnen diese kleine Berg-Festung, die ihrer Stadt eine rechte Brille war, vor eine gewisse Summe Geldes käufflich überließ. Er hatte hiebey die Absicht, daß er solchen Ort entweder wieder einlösen oder mit Gelegenheit wegnehmen möchte, damit er von daraus die Nordhäuser, die ihm manchen Verdruß angethan, wieder ein wenig vexiren könnte; Allein diese verstanden unrecht, kamen ihm zuvor, weil sie den Braten schon rochen, fielen das Schloß mit gewehrter Hand an, da sich der Graf in der Stadt aufhielt und das Geld auszahlte, und verwüsteten es bis auf den Grund. Der Graf aber thate in der folgenden Zeit vor diesen Streich der Stadt Nordhausen wieder Dampff genung an.

Das II. Capitel.
Von einigen Merckwürdigkei-
ten der Natur um die Reichs-Stadt
Nordhausen.

§. 1. Ob ich zwar albereits in meinen Geographischen Merckwürdigkeiten des Unter-Harzes einige Naturalien, so um Nordhausen anzutreffen, angeführt, so wird es meinen Lesern doch nicht entgegen seyn, wann ich ihnen iezund dasjenige, was die Welt dem Fleiß des mühsamen Nachforschers und zugleich eyfrigen Gottes-Gelehrten des Hrn.Pastoris Lessers in Nordhausen schuldig ist, als eine reichere Nachlese mittheile.
§. 2. Die Gegend um Nordhausen kan sich zwar nicht rühmen, daß sie Diamanten, Amethyste, Chalcedonier, Chrysolithe, Granate und andere dergleichen kostbahre Edelgesteine in ihrem Schoose hege, inzwischen trifft man aber doch einige hier um an, die mehr denen edlern als geringern Sorten beyzuzehlen, und zeigen sich solche insonderheit in dem Zorgen-Strohme, der bei hiesiger Stadt gleich hinter der Mauer wegfliesset, sich bey Heringen mit der Helme vereiniget, mit ihm durch die güldene Aue fort ströhmet, und sich endlich unter Artern in die Unstrut ergiesset. Wann dieser Strohm zur Sommers-Zeit bey der großen Sonnen-Hitze austrocknet, so zeigen sich auf desselben Grunde Agate, wiewohl nicht eben in so grosser Menge. Der Herr Pastor Lesser besitzet einen davon, der einen Triangel ausmacht, der aus vielen schwärzlichten gelblichten und duncklen dreyeckigten Parallel-Linien bestehet. Den einen Theil dieses Steines hat er schleiffen lassen, der an Schönheit die fremden Agate, wo nicht übertrifft, iedennoch ihnen gleich kommt. Den andern Theil aber hat er seinem rauhen natürlichen Wesen überlassen, damit man die einander entgegengesetzten Eigenschafften, wenn man sie nebeneinander betrachtet, desto eigentlicher bemercken und unterscheiden könne.
§. 3. Dem vorher ermeldten Strohme mangelt es auch nicht an Jaspis-Steinen, die eine dunckel rothe Farbe haben, und mit denen, welche man bey Jena antrifft, übereinkommen. Sie zeigen sich auch manchmahl auf denen Nordhäußischen Aeckern. In der Zorge lassen sich auch bisweilen die Matrices von denen falschen Diamanten oder vielmehr Chrystallen sehen. Diese Mutter-Schaalen oder Behältniße sind ein Zusammenwachs unterschiedener steinerner Malfen, bey denen man mancherley Farben, auf Art eines metallischen Marmors, ansichtig wird, die in ihren innerlichen Höhlungen mit mancherley theils weiß und durchsichtigen, theils aber bleich-röthlichen Chrystallen geschwängert sind. Es kommen selbige mit denenjenigen überein, die man in Mutschen und an andern Oertern an der Mulde antrifft. (*) Jedoch sind sie darinnen von andern unterschieden, theils, daß die Nordhäusischen keine gewisse Figur an sich haben, die Mutschener hingegen wie kleine runde Kügelgen aussehen, theils auch, daß sie weit kleiner sind, als die Muttchener Chrystallen, so daß ihre Ecken fast kaum ohn ein Vergrösserungs-Glaß können gesehen werden. Herr Lesser behauptet mit gar guten Grunde, daß diese Chrystallen-Mutter in dem Strohm der Zorge nicht selbst gebohren worden, sondern vielmehr von den Hartz-Gebürgen, bei welchen sie vorbeiflösse, theils durch die dran schlagende Wellen, theils durch die starcken Platz-Regen, wann sich die Bäche von den Bergen in den Strohm ergossen, loß gerissen worden.



(*) S. dea II. Theil von Mylii unterirdischen Merkwürdigkeiten Sachsen-Landes p. 4.

§. 4. Hieher gehören auch diejenigen Steine, welche man Spiegel-Steine, Frauen-Eiß, Marien-Glaß und Glintzer-Spath zu nennen pfleget. Man entdecket dieselbigen in der Grafschafft Hohenstein zu Haynrode unter der Webelsburg, so denen Herren von Bila zuständig. Es gleichen dieselbigen, wenn man auf ihr klares und durchsichtiges Wesen sehen will, denen, die zu Rüdigesdorff gezeuget werden. Doch sind sie ihnen darinnen unähnlich, daß die Haynrodischen mehrrentheils ausser ihrer Mutter-Schaale bloß daliegen, die Rüdigesdorfischen aber in ihrer Mutter gesehen werden.
§. 5. Die Spiegel-Steine zu Steyerthal, die man in einer Alabaster-Grube antrifft, sind vor andern besonders. Man siehet daselbsten erstlich Lagen von Alabaster, die eine Elle und noch drüber dicke sind, und darnach wieder eine Lage Frauen-Eiß eines Daumensdicke, und also wechseln diese untereinander vermischte Lagen von unten bis oben aus. Diejenigen Spiegel-Steine, die auf der Fläche des Berges liegen, sind sehr helle und durchsichtig, und ihrer viele haben etwas dunckelgraue Streiffen von Alabaster an sich. Daher gar wahrscheinlich, daß dieses Marien-Glaß von dem Alabaster gezeuget wird. Die wahre Ursache, welche diesem Stein das hell-glänzende und durchsichtige Wesen zuwege bringet, ist nicht so gar leichte anzuzeigen. Einige vermeynen, daß dieses durch den Regen und die Sonnen-Strahlen zuwege gebracht würde. Man kan sich aber gar schwer vorstellen, auf was vor Art der Regen und die Sonnen-Strahlen in so viele harte und dicke Materien eindringen, und ihnen nur bei manchen Theilen einen hellen Glanz und Schimmer verursachen können.
§. 6. Eine gewisse Gattung des Alabaster-Steins zeiget sich auf denen Bleicherodischen Feldern, die sehr harte und fast Zinnober-farbigt. Eine andere Gattung auf den Aeckern des Dorfs Solstedts, so 5. Meilen von Nordhausen in der Graffschafft Hohenstein gelegen, und an Farben roth, gelb, dunckel-braun, schwarz und weiß, und also bund-schäckigt ist. Man kan aber selten zu dieser Art Steinen gelangen, indem sie nicht aus einem gewöhnlichen Stein-Bruche gebrochen worden, sondern nur bisweilen von denen Bauern aus den Aeckern gegraben werden, wenn sie ihren Kalck anrichten wollen. Die dritte findet man um Tettenborn, 3. Stunden von Nordhausen. Diese Gattung ist um deswillen besonders merckwürdig, weil sie ganz durchsichtig.
§. 7. Der Topffstein, Toffstein, Tugstein oder Badestein ist ein löcherichter Stein, welcher gar rauh anzufühlen, ziemlich leichte, dabey aber gar zerbrechlich ist, und sich leicht zerreiben läßt, wird um Wiersdorff angetroffen, wie auch um den Kohnstein. Man siehet an beiden Orten Graß, welches mit dieser Gattung Steines überzogen. Jedoch sind diese Toffsteine der Farbe nach von einander unterschieden. Der Wiersdorffsche zeiget sich in einer gelblichten, und kommt fast mit demjenigen Tofftein überein, den man in Jena bei dem so genannten Fürsten-Brunnen in großer Menge wahrnimmt. Der bey dem Kohnstein aber ist mit weisser Farbe überzogen, und hat auch darinnen etwas besonders, daß das mit Tofftein überzogene Graß nicht anders aussieht, als wenn kleine Perlein dran gewachsen wären. Es hat eine große Wahrscheinlichkeit, daß der Topffstein aus Wassern, die mit einer gewissen Mergel-Erde geschwängert, zusammen vereiniget werde.
§. 8. Der Tropffstein oder Wallstein wird in manchen unterirdischen Höhlen gezeuget, wie ich sowohl in diesem Wercke als auch in dem vorhergehenden angeführt. Diese Gattung Steine entstehen aus denen zusammenfliessenden und nach und nach herabtröpffelnden unterirdischen wässerigten Theilgen, wann solche mit gewissen erdigten, salzigten, sauren und salpetrischen sich vermischen, und hernach durch Hülffe der sie allenthalben umgebenden Lufft verdicket werden, und mit der Zeit eine Stein-Festigkeit erhalten. (*) Unter andern bemercket man auch selbigen in dem sogenannten Heckerloche bey dem Amte Qvestenberg in der Grafschafft Stollberg, der ganz krauspig zusammen gewachsen. (**) Man findet sie auch in Buchholz, einem Dorffe in dem Hohensteinischen gelegen, so eine Meile von Nordhausen entfernet. Es sind deren insonderheit zweyerley Gattungen: Einige sind mit einer weißen und glatten Rinde, andre aber mit einer chrystallischen Schaale überzogen. Der Herr Pastor Lesser, hat nicht vor gar langer Zeit ohnweit Harzungen einen Stein angetroffen, wie er selbigen mit dem Hammer und andern Werckzeuge entzwey geschmissen, hat er wahrgenommen, daß er mit Tropffstein angefüllt gewesen. Diese Art Tropffsteins, so sich an die Steine anhänget, ist von einem besondern Bau. Inwendig ist er etwas in das Dunckle fallend wie die Schiefer-Alaune, äusserlich aber mit einer krausen gelblichten Rinde überzogen.



(*) S. Des Herrn Prof. Teichmeyers Elementa Philosophiae naturalis experimentalis Part. II. C. IV. p. 192.
(**) S. Behrens curiösen Hartz-Wald C. 1. n. 6 p. 71.

§. 9. An dem Berge bey Rüdigesdorff findet man in grosser Menge gewisse Steine, die man mit gutem Fug mathematische Steine nennen könte. In der Länge betragen sie etwan ein Viertel von der Elle, in der Breite aber die Stärcke eines Daumens, und zwar auf allen Seiten. Sie sind so genau viereckigt, als wenn ein Mathematicus ihre Winckel von unten bis oben aus Regut-mäßig abgemessen hätte.
§. 10. Andere Steine stellen Spiele der Natur vor, und ahmen der Kunst nach. Solchen sind diejenigen Bild- und Baum-Steine mit beyzuzehlen, die der Herr Pastor Lesser vor kurzem in Buchholz angetroffen. Sie bestehen aus einer Gattung dunckel-grauen Schiefer-Steins, welche an ihrem Rande bisweilen Sträucher und einzelne Bäume, theils auch ganze Wälder vorstellen. Unter solchen sind diejenigen die schönsten, die mit einer zarten gelben Schaale überzogen, weil die mit schwarzer Farbe darauf gemahlten Bäume sich auf selbigen desto besser ausnehmen und dem Gesichte deutlicher vorstellen.
§. 11. Um den Kohnstein zeigen sich die Muschel-Steine. Es sind dieselben von einem Kalcksteinigten Wesen, jedoch noch etwas härter als der Kalck, und in einer Schaale von Toffstein oder Kalckstein eingeschlossen. Einige können gar leichte von ihrer Mutterschaale abgerissen werden, andere aber sind auf das genaueste und festeste mit ihr vereiniget. Der Figur nach gleichen sie denenjenien, die der Herr D. Volckmann in seinem Silesia fubterranca P. I. C. V. §. 45. p. 183. Tab. XXXII. n. 5 abbilden lassen. Die grösten dieser Muschelsteine machen die Größe einer Haselnuß aus, die kleinesten aber findet man wie die Linsen. Ihrer innerlichen Zusammensetzung nach sind einige durch und durch dichte und mit Materie ausgefüllt, andere aber etwas hohle, und deren unterste Seite etwas chrystallisiret. Ihrer äusserlichen Farbe nach sind sie alle weiß, jedoch mit diesem Unterschied, daß einige mit dunckeln Puncten besprenget sind, andere aber bald wie die Baum-Steine mit ganz kleinen und zarten Bäumigen bestrichelt, die man aber ohne ein Vergrößerungs-Glaß fast nicht erkennen kan. Um den Kohnstein her zeiget sich auch eine gewisse Art der Muschelsteine, theils in größerer, theils in kleinerer Forme, welche der Figur eines Ochsen-Herzens ähnlichen.
§. 12. Die Schnecken-Steine werden auch an 2. Orten in der Nordhäusischen Gegend erzeuget, als nemlich um Bleicherode, und um Groß-Furra, so dem Adelichen Geschlecht derer von Wurm zuständig. Beiderley Gattungen Steine, die man an jetzt besagten Oertern antrifft, sind denen Schnecken von Gestalt ähnlich, davon sie auch die Benennung erhalten, und sind die kleinesten nicht viel größer als die Linsen. Jedoch sind sie in so weit unterschieden, daß die Bleicherodischen an der äußeren Extremität des Steins nur anhängen, die in Groß-Furra aber in ihrer Mutter eingeschlossen, welche auch unterschiedlich ist. Die Bleicherodische ist dichte und feste, die Groß-Furrische aber etwas löchericht, und fast mit der zu vergleichen, welche Königslutter hervorbringt. Eine Sorte hievon findet man in Beyers Oryctographia Norica Tab.VI. n. 30 abgebildet.
§. 13. Diejenigen Steine, welche Merckmaale der allgemeinen Sündfluth vorstellen, und denen die Gestalten der Fische eingedruckt, zeigen sich auch in denen hiesigen Gegenden, und zwar in Buchholz in den Kupffer-Gruben. Es gebet deren mancherlei Sorten, welche ihrer Grösse, Lage und Farbe nach von einander unterschieden. Einige von den Fischen, die sich auf diesem Stein praesentiren, sind so klein, daß sie nur die Länge eines kleinen Fingers ausmachen, welches auch D. Bruckmann, in seinem Magnalibus Dei in locis fubterraneis fol. 189. angezeigt. Andere betragen in der Länge mehr als ein Viertel von der Elle. So giebt es auch wiederum grosse, welche aber gar sehr selten ohne zu zerbrechen, herausgebrochen werden. Einige liegen auf der Seite, entweder auf der rechten oder auf der lincken, andere aber auf dem Rücken, so daß man ihre Floß-Federn, die sie auf dem Untertheile ihres Leibes führen, ganz deutlich in die Höhe gerichtet wahrnehmen kan, nachdem die Gewalt der Winde und Wellen bei der Sündfluth sie mit Hefftigkeit in den Sand geschmissen, und mit Erde und Steinen zugedeckt. Ihre Farben sind auch mancherley, ihre Schuppen sind bisweilen mit schwarzer Farbe vorgestellet, bisweilen gläntzten sie auch mit Gold-Flittergen, gleich denen Eißlebien Schiefersteinen. Das Hohensteinische Amt Sachsenwerffen, so 2, Meilen von Nordhausen entfernet, stellet auch bisweilen dergleichen Steine vor.
§. 14. Hierbei sind die Mandelsteine mit Stillschweigen nicht zu übergehen. Die wachsen in dem Sande der Zorge zusammen, und stellen mit ihrer Schaale die mit Zucker und Zimmt überzogene Mandelkernen gar deutlich vor. Eben dieser Strohm bringt Steine hervor, welche ihrer Figur nach denen Eyern sogleich, nur daß sie in Ansehung ihrer unterschiedenen Farbe von ihnen abgehen. Die sogenannten Käsesteine findet man nicht allein in der Zorge, sondern auch andere dergleichen von einer weißlichten und Asch-grauen Thon-Materie in einer Thon-Grube bey dem Dorffe Werne, so denen Herren von Spiegel zu gehörig, an den Grenzen der Grafschafft Hohenstein nicht weit von Elrich. Einige gleichen vollkommen denen Hartz-Käsen, andere sind etwas kleiner, noch andre länglicht, und denen, welche die Bauern Kraut-Käse zu nennen pflegen, vollkommen ähnlich.
§. 15. Denen besonders figurirten Steinen, welche nach einem Spiel der Natur etwas von den Gewächsen vorstellig machen, sind auch die Ingber-Steine beyzuzehlen. Einige achten sie vor einen versteinerten Ingber, wiewohl ohne Grund, immassen sie nicht von dem Ingber, der in Stein verwandelt worden, ihren Ursprung herleiten, sondern sie ahmen nur der Figur des Ingbers nach. Man findet dergleichen unten an dem Fuß des Kohnsteins, wo die Festung Schnabelburg einst gelegen gewesen. Eine besondere schöne Gattung dergleichen Ingbersteins hat der Herr Conrector Ritter zu Ilefeld vor einiger Zeit hierum angetroffen, und solches in feinem Naturalien-Cabinet verwahrlich aufbehalten.
§. 16. Denen Curiositäten dieser Gattung verdienet auch der Stein, den der Herr Pastor Lesser in der Thon-Gruben der ehemaligen Festung Schnabelburg entdecket, und solchen in seinem Museo aufgehoben, mit beygezehlet zu werden. Er stellet ein membrum virile auf das deutlichste vor. Man erkennet hiervon alle dessen Theile in ihrer natürlichen Lage, welche die Gestalt des membri eines Knäbgens so genau abbilden, daß kein Ey dem andern ähnlicher seyn kan.
§. 17. Die Hirtensteine haben daher ihre Benennung erhalten, weil sie aus Körnergen, welche an Grösse dem Hirten-Körnergen gleich sind, vereinget und zusammen gedrungen. Man findet sie abgezeichnet in D. Volckmanns unterirdischen Schlesien n. 11. der p. 133. §. 63. am Ende gedencket, daß dergleichen weiße Steine auf einem graulichten Felß ohnweit Landeshut auf dem sogenannten Pörselberg angetroffen würden. Sie zeigen sich auch von schwarzer Farbe bey Qverfurt, welche Stadt eine große Menge von allerhand Fossilien um sich hat. Ohnweit Wickerode in der Grafschafft Stollberg nicht weit von Bennungen trifft man, diese Steine in grosser Menge an, die in einem harten Steine sitzen. Dem Herrn Pastor Lesser ist nur ein einziger von dieser Gattung bei Nordhausen vorgekommen, der aus einer gar weichlichen Materie zusammen gewachsen gewesen, die sich gar leichte zerreiben lassen. Unter andern besondern Steinen, welche die Zorge als Spiele der Natur bey sich führet, gehören auch die Punct-Steine, welche dieser Strohm bei Nordhausen unter andern Sand-Steinen mit ausspielet. Einige dar von sind weiß und mit schwarzen Tüpffelgen bemercket, andere aber roth und mit grünen Pünctgen besäet. Mit diesen sind die Wirbelsteine zu vereinigen, welche gleichsam mit lauter Creysen und Wirbeln bemahlet. Man findet dergleichen unten an dem Geyersberge, der ohnweit der Stadt Nordhausen nach Mitternacht zu ist. Der Stein selbst ist von gelber Farbe, die Creyse und Wirbel aber bestehen aus einer dunckeln Farbe, Herr Pastor Lesser erwehnet in seiner Lithographia Nordhusiana curiosa eines zwar kleinen aber kuriösen Steins, den er aus dem Sand der Zorge aufgelesen. Der Stein selbst ist Ziegel-farbigt, auf dessen Mitte aber soll ein Weibes-Schuh von schwarzer Farbe zu sehen seyn. Um das Dorff Steuerthal hat jetzt angeführter Theologus eine gewisse Gattung eines Stern-Steins angetroffen, der gar weichlich und brüchig gewesen, und eben nicht sogar weißlicher Farbe, wenn man dessen weiße Adern ausgenommen, hätte aber unterschiedene Sterne vorgestellet, und wären dieselbigen hier und da eingestreuet gewesen. Im übrigen wäre er einem Alabaster gleich gekommen.
§. 18. Die so genannten Donner-Keule werden nicht allein von dem leichtgläubigen Volcke demenjenigen Steinen mit beygezehlet, welche in der Lufft in kurzer Zeit erzeuget worden, und mit dem Blitz zugleich herabgefahren, sondern es sind sich auch wohl einige unter den Gelehrten, denen diese Meinung eben nicht so gar wunderlich und ungeräumt vorkommen will. Andere hingegen verwerffen mit bessern Grund diese Meinung, theils weil nicht zu begreiffen, wie diese harten, festen und ziemlich großen Steine in sogar kurzer Zeit in der Lufft erzeuget werden, und sich in derselben erhalten solten, theils auch, weil man solche fast niemals an denjenigen Orten antrifft, wo das Gewitter eingeschlagen, ob man schon noch so tief dieser wegen in der Erde nachgraben solte. Es sind glatte und polirte Steine, die ihrer Figur nach bisweilen einem Hamer, bisweilen einem Keule ähnlichen. In manchen zeiget sich in deren Mitte ein Loch, in andern wieder nicht. Da man sie gar öffers an denjenigen Orten antrifft, wo man ehemals in denen Heidnischen Zeiten denen Götzen geopffert, oder den Feinden Schlachten geliefert, oder, wo man die Asche der Toden verbrannt hat: so scheinet die Meynung dererjenigen gar wahrscheinlich zu seyn, welche in den Gedanken stehen, als ob die sogenannten Donner-Keule entweder Kriegs- oder Hauß-Instrumente der alten Heyden gewesen wären. Man hat 2 dergleichen in hiesigen Gegenden angetroffen, einen ohnweit dem Closter Ilefeld, den andern aber bey Seuerthal; der eine ist nach feinem Ober-Theile zu rundlich, der andere aber etwas eckigt.
§. 19. Die Fischrogen-Steine sind aus kleinen runden Eyerchen zusammengesetzt, und stellen den Fischrogen, der sich in Stein verwandelt, gar natürlich vor. Der Herr D. Bruckmann hat solche mit besondrer Aufmercksamkeit durch ein Vergrößerungs-Glaß betrachtet, und die Schaale, das weisse vom Ey, und das Dotter bey selbigen wahrgenommen. (*) Es werden dergleichen bisweilen in der Nordhausischen Nachbarschafft um Wickerode ausgegraben.
§.20. Endlich ist hier auch noch eines sehr grossen unterirdischen Backzahns Erwehnung zu thun, der ganz weiß ausgesehen und von dem Herrn Past. Lessern in einer unterirdischen Höhle bey Rüdigesdorff angetroffen worden. Er soll mit demjenigen, den Herr D. Volckmann, in seinem Silesia fubterranæ P. I. Tab. XXVI. fig. 3. in Kupfer stechen lassen, eine sehr große Aehnlichkeit gehabt haben. Herr D. Carl Nicolaus Lange hält solchen in der Historie seiner besonders figurierten Steine des Schweitzer Landes Lib. III. Cap. 1. pag. 80. vor den Zahn eines See-Pferdes. Der Herr Pastor Lesser besitzet noch einen andern dergleichen, der vor den Grimmels-Thor bey Nordhausen angetroffen worden. Er ist dem erstern ganz ähnlich, aber gelbe und schwehr. Ein mehrers von den Naturalien der Nordhäusischen Gegenden findet man in des Herrn Pastoris Lessers Lateinischen Briefen an den Königl. Preußischen Herrn Geh. Rath Hoffmann in Halle, die er von den Steinen und andern unterirdischen Sachen, die um Nordhausen angetroffen werden, an ihn geschrieben, und aus welchen ich mit des Herrn Autoris gütigen Erlaubniß dasjenige, was ich in dem vorhergehenden angeführt herausgezogen.



(*) S. Sein Specimen Physicum exhibens Historiam naturalem Oolythi, Helmstaedt 1721. 4.


 

Die vierdte Abtheilung.
Von der
Graffschafft Hohenstein
und deren Naturalien.



Das I. Capitel.
Von der
Graffschafft Hohen-
stein überhaupt.

§. 1. Diese Grafschafft, welche von dem Schloß Hohenstein, von dem in dem vorhergehenden gehandelt worden, ihre Benennung erhalten, und in den alten teutschen Geschichten sehr berühmt ist, hat einen weitläuffigen Bezirck, und unterschiedene Nachbarschafften. Morgenwerts berühret sie die Grafschafft Stollberg, gegen Mitternacht den Harz-Wald, an der Abend-Seite das Fürstenthum Grubenhagen, gegen Mittag das Eichsfeld. Sie beträgt ungefehr 4. bis 5. Meilen in der Länge, und 3. bis 4. Meilern in der Breite.
§. 2. Sie ist ein gesegnetes Land, und bringet bey nahe alles hervor, was zur Leibes Nahrung und Nothdurfft ge gehöret. Ob schon der Feldbau nicht aller Orten in gleicher Güte, so findet man doch denselben um Nordhausen und nach Klettenberg zu in guten Stande: Immaßen in hiesigen Gegenden fast alle Gattungen der Feldfrüchte an Weizen, Rocken, Gerste, Hafer, Flachs, Hirsen u.s.w.in Menge erbauet werden. Um Elrich herum sind trefliche Wiesen und Huthungen, und wird vieles und gutes Heu in hiesigen Gegenden gefunden, so, daß die Stadt Nordhausen, welche daran Mangel leidet, damit versorget werden muß.
§. 3. Die Teiche und Bäche, wann sie nicht an einigen Orten durch die Berg-Wasser etwan verdorben, halten mancherley Gattungen von Fischen,an Karpffen, Carauschen, Forellen, Schmerlen u.s.w. in sich. Insonderheit ist der Teich bey Grossenschiedungen, so nach Klettenberg gehörig, groß und Fischreich. Seine Grösse beträgt, sowohl der Länge nach, als auch, wenn man seinen runden Umfang dazurechnet, accurat hundert Morgen oder Acker. Er wird alle zwei Jahr gefischet, und kan man aus selbigen auf 126. bis 130. Centner Karpffen herausfischen, ohne die Hechte und andre Speise-Fische, als Carauschen, Schleyen und Weiß-Fische. Zu mancher Zeit wird er besäet und darinnen geerndet.
§. 4. Dieser Teich ist auch um deswillen merckwürdig, weil An. 1525. Graf Ernst von Hohenstein seinen rebellischen Bauern, da er sie hieher beruffen, auf dem Teich dieses Dammes bey dem bekannten Thüringischen Bauer-Kriege, Pardon ertheilet hat, und ihnen die Straffe vor ihre Boßheit erlassen; ob schon einige von Adel, als sie hierüber befraget worden, den Rath ertheilet hatten: Der Graf solte alle diese widerspenstige Bauren in Teich werffen lassen. (*)



(*) S. Ritters Lucubrasiunculaen de alabastris Hohensteinensibus §. X. p. 8.

§. 5. Es führen zwar unterschiedene andere Bäche dieser Grafschafft Forellen und Schmerlen bey sich, man findet aber deren doch vor andern in besonderer Größe und Qvantität in dem Bache, der bey dem Dorffe Wophleben, so zwischen Nordhausen und Elrich gelegen, vorbeyfließt, und insgemein das Hartz-Wasser genennet wird. Dieser Bach wird an gewisse Fischer verpachtet, welche des Jahres etzliche und 70. Rthlr. Pacht-Zinß davor zu zahlen pflegen.
§. 6. An Flüssen passiren durch diese Grafschafft die Zorge, Bäre und Helbe, davon die letztere ein kleiner aber Fischreicher Fluß ist, so in dieser Grafschafft seinen Ursprung hat, eine Stunde von dem Fürstlich-Schwarzburgischen Dorffe Holzthalleben, von da er sich über den Königlich-Preußischen Closter-Amte Dittenborn aus etzlichen Brunnen verstärcket, flieset durch das Thal, und treibet darinnen 5. Mühlen, welche kaum eine halbe Meile voneinander liegen. Aus dem Thale läufft er auf Wiedermuth, Ebeleben, Erich, Klingen, Greussen, unter welchen letztern Orte er sich in drey Arme sondert, deren einer nach Weissensee in die Unstrut, der andere auf Scheerendorff in eben den Fluß, der dritte bei Griffstedt ebenfalls in gedachten Fluß fällt.
§. 7. M. Gregori meldet in seinem jetzt floritenden Thüringen p. 11. von diesem Fluß: Daß er alle Jahr aussen bliebe, so, daß alle Mühlen im Thale auf etliche Wochen stille stehen müsten. Vielmals wäre solches geschehen, entweder, als dürres Wetter im Sommer oder ein kalter Winter gewesen. Wann er überhaupt ganz aussen geblieben, oder das ganze Jahr gelauffen, wären schlechte Zeiten erfolget. Man muthmassete, daß die Ursprungs-Qvellen etwas hoch liegen müsten, und von einem niedrig gelegenen Wasser herkämen. Wäre der Fluß schwach, so blieben diese Qvellen aus, sobald aber derselbe anwüchse, entweder durch Regen oder Schnee, sobald müste das Wasser durch die verborgene Gänge dringen, und die Qvellen des Helbe-Flußes anfüllen, da er denn erst ganz schwach pflegte zu kommen, biß er seinen ordentlichen Lauff gewönne.
§. 8. Ferner ist in dieser Grafschafft das so genannte See-Loch bei Hochstedt, in das Amt Klettenberg gehörig, zu bemercken. Einige alte Bauren hiesiger Gegenden wissen zu erzehlen, daß dieses See-Loch vor diesem ein Holz-Busch gewesen, woselbst hin die Bauren mit ihren Pferden zu Grafen gehütet. Unter solchen hätte sich nun einstens ein leichtfertiger Junge gefunden, welcher von seinem Bauer-Herrn zum Frühstücke ziemlich schwarz und grobes Brod erhalten. Da ihn nun seine andern Cameraden mit diesem Brode aufgezogen, soll er solches an einen Strauch aufgeknüpffet, und mit einer Peitsche darnach gehauen haben. Bei diesem Unternehmen hätte sich ein starckes Gewitter aufgezogen, und einen solchen hefftigen Donner-Knall gethan, daß dieser Erd-Fall dadurch zuwege gebracht worden, und der Bengel mitsamt den Pferden untergesuncken.
§. 9. Vorherstehende Geschichte überlasse ich ihren Urhebern, und theile solche mit, wie sie mir ein guter Freund von Klettenberg zugeschrieben. Daß der grosse Gott bisweilen, wann er es seiner Weißheit gemäß befindet, die grosse Boßheit der Menschen mit grossen und plötzlichen Straff-Gerichten heimzusuchen pflege, erweisen manche Gechichte der ältern und neuern Zeiten. Die Tieffe dieses Lochs soll man nicht ergründen können. Daher es auch den Namen des See-Lochs erhalten. Es soll mit vielen Fischen angefüllt sein, und ist wohl zu vermuthen, daß die wilden Enten, die sich in starker Menge darauf retiriren, das Geleiche davon mit hineingebracht.
§. 10. In dieser Grafschafft bricht man unterschiedene Kupfer- und Eisen-Erze. Jedoch haben sich die Silber- u. andern Erze garr ar gemacht. Die Kalck- und Alabaster-Steine zeigen sich in grosser Menge, und siehet man von dem Kohnstein an, auf dem Wege nach Elrich zu, viele Berge und Felsen von lauter Kalck-Steinen, und wird in hiesigen Gegenden in vielen Kalck-Oefen der Kalck gebrennet. Die Gattungen des Hohensteinischen Alabasters und Marmors übertreffen an Farben, Schönheit und Härte viel andre in Teutschland und in andern Europäischen Ländern. Daher auch solche gar starck theils in die Sächsischen, Braunschweigischen und Brandenburgische Länder, theils nach Böhmen und Schlesien, wie nicht weniger in die Erz-Bischoffthümer Mayntz und Cölln, und in die Bischoffthümer Bamberg, Würzburg, Lüttich, Münster, Paderborn und bis nach Holland verführet werden.
§. 11. Um das Dorff Steuerthal wird ein gewisser graulichter Alabaster-Stein gebrochen, welchen man den Tigerstein, weil er mit schwarzen, theils größern, theils kleinern Flecken bemerkt, ingleichen einen andern, welchen man den Sonnenstein nennen könte, weil auf dessen Fläche, dem Scheine nach, viel kleine Sonnen zu sehen, da immer eine neben der andern, da die kleinern, subtilen und länglichten Theilgen des Spaths so in einem Creyß herum gesetzt, daß sie nach dem Mittel-Punct zu zusammen treffen. Diese Sonnen, wenn sie von dem großen und wahren Licht der Sonnen erleuchtet, sind überaus artig anzusehen.
§ 12, Bey Petersdorff wird ein Alabaster ausgegraben, den man den Land-Charten-Stein nennet, weil er mit seinen Adern gleichsam eine Land-Charte vorstellet. Seine Farbe ist weißlicht, mit Ascherfarben Linien und Streiffen, die entweder heller oder dunckler, größer oder kleiner. Eine halbe Meile von hier sind die Dörffer Rüdigesdorff und Gründerode, auf welchen letztern die Herren von Wurmb ihre Güter haben. Auf selbigen wird ein weiß-graulichter, jedoch etwas weichlicher Alabaster angetroffen, dessen Striche u. Flecke fast dem Fell einer Cyper-Katzen gleichen. Daher er auch der Cyper-Katzen-Stein genennet wird.
§ 13. Bey Wiegersdorff zeiget sich eine gewisse Gattung, welche man wegen seiner Schönheit den Schöne Mädgens-Stein zu nennen pfleget. Der gemeine Mann trägt sich mit einer Fabel herum, als ob man ihn um deswillen so benennete, weil man einstens das Bildniß einer sehr schönen Jungfer, so die Natur von selbst darein gebildet gehabt, in selbigen angetroffen. Es ist aber zu beklagen, daß diese artige Gattung des Alabasters wegen seiner öfftern Risse gar leicht in kleine Stückgen zerbricht, und er nicht sowohl in grossen, als in kleinen Stückgen bloß zu gebrauchen. Der Herr Con-Rector Ritter gedencken in dem 14. H. des oben angeführten Tractdigens, er hätte aus diesem Alabaster Thee-Tassen verfertigen lassen, welche überaus artig ausgesehen, jedoch sobald man heiß siedend Wasser hineingegossen, von einander gesprungen.
§. 14. An den äusersten Grenzen der Grafschafft Hohenstein liegt das Dorff Tettenborn, welches dem Adelichen Geschlecht derer Herren von Tettenborn zuständig, in dessen Gegend man einen weissen Alabaster bricht, der viel weißer als der Schnee, mit einigen Asch-grauen Strichligen. Man kan ihn zwar zu allerhand Kunstwercken gebrauchen, dauret aber nicht in Wetter. Was sonst noch mehr vor allerhand andere Gattungen der Marmor- und Alabaster-Steine, Muschel-Steine und dergleichen in dieser Grafschafft angetroffen werden, hat der Herr Conrektor Ritter in seinem Tractätgen de Alabastris Hohensteinensibus, aus welchen ich diese Nachrichten entlehnet, mit mehrern ausgeführet.
§. 15. In dem Aug. des 1706ten Jahres betraff ein solcher ungewöhnlicher Hagel einen Strich dieser Grafschafft, daß sich niemand dergleichen bey Mans-Gedencken erinnern können. Er hat sich bald hinter der Reichs-Stadt Nordhausen angefangen, und sich in die 3. Meilen nach dem Harze zugezogen, nicht allein alles Getreyde, an Gerste, Hafer und andern gänzlich ruiniret, so, daß auch das Stroh nicht einmal davon zu gebrauchen gewesen, sondern es haben auch sogar die Hagel-Steine, welches bey nahe unglaublich scheinet, die großen Forellen, Mutter-Forellen genannt, in dem vorher ermeldten Hartz-Bach, da er zu derselben Zeit sehr flach gewesen, und wenig Wasser in sich gehalten, getödtet. Ich habe mir von unterschiedenen glaubwürdigen und gelehrten Männern erzehlen lassen, daß sie einige von den gefallenen Hagel-Steinen, die ihnen die Landleute nach Verfliesung einer Zeit von 14 Tagen überbracht, in einer Wage gewogen, und befunden, daß sie noch drey Loth und etzliche Gran schwehr gewesen. Dieses kan ich noch um desto eher glauben, weil ich selbst, als ich 10. Tage drauf, nachdem dieser Hagel gefallen, von Nordhausen nach Klettenberg und Lutterberg reitete, nicht allein auf der ganzen Strasse wahrgenommen, so weitergegangen, daß er von den größten Bäumen Aeste, die beinahe eines Mannes starck, heruntergeschmissen, sondern ich habe auch in einigen Gräben u. tieffen Löchern, wo die Sonne ihre Würckung nicht erweisen können, Hagelsteine über einander liegen gefunden, welche die Größe einer kleinen Kirsche hatten. Dieser ungewöhnliche Hagel hätte gewiß verdienet gehabt, daß er von einem gelehrten Naturkündiger dasiger Gegend auf das genaueste wäre bemercket und Geschicht-mässig beschrieben worden.
§. 16. Die Religion in dieser Grafschafft ist die Evangelisch-Lutherische, iedoch werden von der Zeit an, da sie an das Churfürstliche Hauß Branenburg gekommen, die Reformierten, wie auch die Juden gedultet. Zur Zeit des Heydenthums ist in diesen Gegenden unter andern Götzen die Lahra als eine Götzin, welche an dem Orte, wo jetzund das Schloß Lohra gelegen, in einem sonderlichen Gehäuse auf der Höhe in Hayne gestanden, göttlich verehret worden. Nachdem aber das Christenthum in Thüringen eingeführet worden, so soll der so genannte Thüringer-Apostel, der heilige Bonifacius, diese Lahram, nebst andern Götzen, zerstöhret und zerbrochen haben. Jedoch wollen auch einige hin wieder behaupten, daß dieser Bonifacius das Christenthum in Thüringen nicht so wohleingeführet, als vielmehr erneuert. Er soll selbst in einigen seiner Briefe gedenken, daß die heilige Tauffe schon vor ihm in Gebrauche gewesen, und auch allbereits Priester in dieser Gegend angetroffen, ob er wohl dieselbigen Hürerey und Ehebruchs, auch anderer Unthaten mehr beschuldigt. Im übrigen ist nicht zu leugnen, daß es auch noch zu Bonifaci-Zeiten viel Heiden in Thüringen sonderlich unter dem gemeinen Pöbel gegeben, die theils noch aus den alten heidnischen Thüringern gewesen, und in ihrer Blindheit bis hieher verblieben, theils, da es mit dem Regiment der Christlichen Fränckischen Könige und derer Befehlhaber gar schlecht bewandt gewesen, entweder von sich selbst abgefallen, oder durch die benachbarten Sachsen, auch wohl durch die Sorber darzu genöthiget worden.
§. 17. Es ist daherd Pabst Gregorius der andere bewogen worden, nachfolgendes Schreiben an das ganze Thüringische Volck abgehen zu lassen, welches Seraritis in dem von Othlone besschriebenen Leben Bonifacii 1. i.c.25, und in denen Epis toli Bonifacii n. 120, wie auch Baronius anno 723. n. 11., 12. und endlich Leznerus n. 12. heraus gegeben, und zu teutsch also lautet:
  „Der Herr Jesus Christus, wahrer Gottes
„Sohn, welcher vom Himmel kommen, Mensch
„geworden, für uns gelitten, gestorben, gekreuzi-
„get, begraben, am dritten Tage von den Toden
„auferstanden, und gen Himmel gefahren, hat auch
„seinen Jüngern, den heiligen Aposteln gesaget:
„Gehet hin und lehret alle Heyden, und tauffet sie
„im Nahmen des Vaters und des Sohnes und
„des Heiligen Geistes. Denn er hat denen, die
„an ihn gläuben, das ewige Leben verheißen.
  „Nun verlangen wir gar sehr, daß ihr euch mit
„uns in Ewigkeit freuen möget, da kein Aufhören
„ist, keine Trübsal noch Bitterkeit, sondern ewige
„Ehre. Derhalben wir denn unsern Bruder,
„den heiligen Bischoff Bonifacium, zu euch gesen-
„det, daß er euch tauffe, den Glauben an Christ-
„um lehren, und von dem Irrthum zum Wege
„der Seligkeit führen soll, daß ihr selig werdet, und
„das ewige Leben erlanget. Ihr aber gehorchet
„ihm in allen, ehret ihn als euren Vater, und len-
„cket eure Herzen zu seiner Lehre, weil wir ihn
„nicht zu Erlangung eines zeitlichen Geniesses, son-
„dern eure Seele zu gewinnen, abgesendet haben.
„Derowegen liebet Gott, und lasst euch in dessen
„Nahmen täufen, weil der Herr, unser Gott,
„denen, die ihn lieben, vorbereitet hat, was kein
„Auge gesehen, auch in keines Menschen Herz kom-
„men ist. So tretet nun ab von bösen Werken,
„und thut Gutes, betet nicht an die Götzen, noch
„opffert ihnen Fleisch: weil Gott solches nicht an-
„nimmt, sondern in allen haltet euch, und thut dar-
„nach, was unser Bonifacius euch lehren wird, so
„werdet ihr und eure Kinder ewig selig werden.
„Bauet auch ein Hauß, darinnen dieser euer Va-
„ter wohnen könne, und Kirchen, da ihr beten mö-
„get, damit euch Gott eure Sünde vergebe, und
„euch das ewige Leben schencke.
Spangenberg, so die Summa dieses Brieffs im 13. Capitul seines Bonifaci anführet, gedencket,
daß in etlichen Büchern das Datum desselben auf den 13. Januarii des 729.Jahres gesetzt werde. (*)
§. 18. Wie das Licht des heiligen Evangelis in Sachsen und in der benachbarten Grafschafft Mannsfeld anfieng aufzugehen, so ist dessen Glanz auch bald in hiesige Grafschafft eingedrungen. Graf Ernst von Hohenstein war zwar dem Evangelio Christi nicht gar zugewogen, inzwischen ließ er doch geschehen, daß einer mit Nahmen Andreas Wenemann an seinem Hofe bisweilen predigte. Es
ließ sich auch dieser Wenemann, ob ihn schon der Graf bisweilen verfolgte, und drohen ließ nicht abschrecken, sondern die Reformation auf alle Wege angelegen sein. Bald darauf fieng auch Johannes Crusius, ein Mönlich aus Walckeried an die Lehre Christi deutlich auszubreiten, ingleichen M. Simon Kleinschmidt, ein sehr gottseliger Mann, der mit seiner Gelehrsamkeit und Beredsamkeit der Kirche großen Nutzen geschafft.



(*) S. hiervon ein mehrers in dem 5. Capitul des II. Buchs von Sagittari gründlichen und ausführlichen Bericht von dem Heyden und Christenthum der alten Thüringer

§. 19. Nach seinem Absterben liefen sich seine drei Söhne, Volckmar Wolffgang, Wilhelm und Ernst auf das äußerste angelegen sein, die Evangelisch-Lutherische Lehre in ihrer Grafschafft
allenthalben einzuführen. Sie bestelleten einen gelehrten und beredten Mann mit Nahmen Kreichhoff, zu ihren Hoff-Prediger. In Elrich satzten sie zum Prediger M. Simon Kleinschmidten, ein Mann, der bei dem Volcke große Liebe hatte, in gleichen in Bleicheroda Petrum Keilhorn, einen mit stattlichen Gaben ausgerüsteten Mann. Anno 1552. kam die Reformation in vollen Schwang, und M. Michael Bock ward zu der Zeit als Pastor auf den Hohenstein beruffen. (*)
§. 20. Die alten Grafen zu Hohenstein sind mächtige, ansehnliche und gelehrte Herren zu ihrer Zeit gewesen. Sie wurden mit unter die Hoch-Edlen Geschlechter der alten Sächsischen Vier-Fürsten, welche die obersten Richter und Kriegsfürsten erwehleten, gezehlet. (**)
Sie waren Kayserliche Voigte in Nordhausen. Sie stammen ab von dem ersten Erb-Grafen in Thüringen und Hessen, und zwar von dessen Sohn Conrad das Schloß Hohenstein entweder von Grund aus neu gebaut, oder doch in bessern Stand, als es sonst gewesen, im 1061 Jahre gebracht hat.



(*) S. Hermelmansi Opera Genialogico-Historica p. 303
(**) S. Spangenbergs Sächsische Chronik im 55. Capitul

§. 21 Algerus oder Eiliger der II. Herr zu Hohenstein, soll von Kayser Heinrich dem VI. in den Grafen-Stand seyn erhoben worden, dessen Gemahlin war Lutrudis, Gräfin von Orlamünde, die Anno 1191. das Closter Ilefeld gestiftet, und es mit schönen Einkünften versehen. Dessen Vater war, Eiliger der Erste, Herr zu Ilefeld, welcher eine gebohrne Gräfin von Kirchberg zur Ehe hatte. Graf Eiliger der IV. ist der erste Prior zum Predigern in Eisenach gewesen und Anno 1242. zu Franckfurth gestorben. Dieses Eiligers Vetter, Dietrich Graf zu Hohenstein, so Anno 1233. gelebet,
hat seine Grafschaft mit dem Städtgen Elrich nebst dem Schloß Stauffenburg vermehret. Dieses Dietrichs Sohn, Henrich der II. hat ohngefehr ums Jahr 1260. zu seiner Grafschaft Klettenberg, Spatenberg, Kirchberg und Greussen gebracht.
§. 22. Henrich des II. Sohn, Dietrich der III. ist auch zugleich ein Herr zu Sondershausen, Straußberg und Vogtberg gewesen. Henrich der IV. Graf zu Hohenstein, gedachten Dietrichs Sohn ist so gesegnet gewesen, daß er auch ein Herr über Schartsfeld, Lahra, Bleicherode, Heringen und Artern worden, auch dazu noch das Schloß Benikenstein erbaut hat. Weil er nebst seinem Bruder, Graf Dietrichen dem IV. Herrn Land-Graf Friedrichen in Thüringen dem Ersten treue und unverdrossene Dienste gethan, hat gedachter Landgraf ihnen beiden Anno 1330. die güldene Aue zu Lehn geben, sie aber haben dagegen Anno 1344. Hochstedt an Brunen, Herrn zu Qverfurt verkauft. (*)



(*)S. Die merkwürdigen und auserlesenen Geschichte von der berühmten Land-Grafschafft in Thüringen, das 124 Cap. p. 254.

§. 23. Anno 1360 kam zur Hohensteinischen Grafschafft Kälbra, Morungen, Wippra, Henrichsburg, Schönewerde, und in nachfolgender Zeit auch die Herrschafft Heldrungen. Zu Ausgang des XIV. Seculi waren sie in Streit gerathen mit Marggraf Friedrichen zu Meißen. Sie musten daher meistentheils ihre Häuser und Schlösser aufgeben, wie sie aber wiederum um Verzeihung baten, wurden sie aufs neue damit belehnet.
§ 24. Anno 1431, ist zwischen denen dreyen Gräflichen Häusern Schwarzburg, Stollberg und Hohenstein, eine Erb-Verbrüderung aufgerichtet worden, daß, woferne ein Hauß oder Stamm von ihnen, ohne Hinterlassung einiger männlichen Leibes-Erben, Todes halber abgehe, die andern überbleibenden Stämme in denen Gütern, so in sothane Zusammensetzung gebracht, fuccediren sollen. Und ist diese Erb-Verbrüderung nachgehends zu verschiedenen mahlen von denen Herzogen zu Sachsen, als Lehn-Herren, so viel die Herrschafft Lohra, wie auch die beiden Städte Elrich und Bleicherode, samt denen dazu gehörgen Pertinentien anreicht, approbiret, confirmiret und renoviret worden. (*)
§. 25. In diesem Jahre hat auch Nicolaus der II. und XXXII. Abt des Closters Walckenried, Graf Henrichen, Ernsten und Eiligern, Ernestides II. Söhne, nachdem sie ihm in der Possession der Güter zu Ratherode zu schützen versprochen, in die Closter-Brüderschafft aufgenommen. (**)



(*) S. Müllers Annales Saxoniae p. 16.
(**) S. Leickfeld von Walckenried p. 273.

§. 26. Anno 1458, war unter andern Zeugen bey der Pfand-Verschreibung, welche der Herzog zu Sachsen, Wilhelm der III. in Ansehung des Schlosses, der Stadt und des Amts Buttelstadt mit Hannßen von Meißbach, Vogten zu Roßla, aufrichtete, auch mit dabey Graf Hannß von Hohenstein und Herr zu Heldrungen. Er war Rath bey ihm und reitete auch mit ihm in das gelobte Land. (*)
§. 27. Nachdem Anno 1260. die Grafen von Klettenberg als Stiffer des Closters Walckenried, welche von denen Kaysern über dieses Closter bestellte Advocati gewesen, da sie selbiges gestiftet, ausgestorben, so kam dieses Recht nachgehends an die Grafen von Hohenstein. Sie haben es auch eine lange Zeit bey vorfallender Gelegenheit, obschon in den fortgehenden Jahren das Convent sie einmahl drum bringen wollen, auf das fleißigste beobachtet. Sie wurden in der Gerechtigkeit der Schutz-Vogtey über das Stifft Walckenried von denen Römischen Kaysern bestätiget, so, daß auch zur Zeit der Reformation, nach dem Kayser Carl der V. Anno 1551. das Closter in seinen Ober-Schutz genommen, der damahlige Römische König Ferdinandus Anno 1543. den 15. Februarii von Nürnberg an Graf Ernsten den V. von Hohenstein in diesen Terminis schrieb: Daß er als ein ordinairer Beschützer dieses Stiffts dahin sehen solte, damit durch die Protestanten die Evangelische oder neue Religion, wie sie heißen müste, nicht eingeführet, sondern die alte catholische oder Päbstlichein solchen erhalten werden möchte.



(*) S. Müllers Annales Saxoniae p. 32. und 34

§. 28. Er war auch bemühet diesen Befehl zu vollziehen, und befahl dahero ernstlich dem Abte und Convente an, daß sie bei ihrem alten Kirchen Dienste bleiben, und keine Neuerung darinnen vornehmen sollten. Weil aber der Abt Johann Holt-Egel eines und das andere in dem Kirchen Wesen zu ändern, und die Güter von dem Stifft zu verkaufen, auch das Closter in fremde Hände zu spielen suchte, so schrieb Graf Ernst deshalber an Kayser Carln,daß dieser Abt alles nach seinem Gefallen im Closter handelte, und dabei niemand Red und Antwort von seinem Thun und Lassen geben wollte. Worauf der Kayser den 7. Maji Anno 1544. aus Speyer diesen scharffen Verweiß an den Abt ergehen ließ, daß er, der Abt, bey hoher Strafe nicht die geringsten Güter bey dem Closter verkauffen, noch sonst an demselben was ändern, sondern dem Kayserlichen und Königlichen Befehl in allen nachleben, auch jährlich in Gegenwart des Grafen von Hohenstein und des Convents Rechnung von der Ausgabe und Einnahme thun solte. Wobey abermahls der Kayser besagten Hohensteinischen Grafen in seiner Schutz-Vogtey über das Closter confirmiret hat. (*)
§ 29. Die Grafen von Hohenstein sind von Kayserl. Maj. mit dem Recht begnadiget gewesen, Münzen prägen zu lassen, und findet man von ihnen unterschiedene Reichs-Thaler-Stücken, die sich aber gar rar gemacht.



(*) S. Den II. Theil derer Historischen Merckwürdigkeiten von der Abte Walckenried.

Der Herr Pastor Lesser in Nordhausen hat mir von folgenden gütige Nachricht ertheilet:
  1. Rthlr. auf dessen avers ein Brust-Bild mit kurzen Haaren drumher: ERNST, GRAF, VAN.
HONSTEIN 1550. der Revers: das Wappen: Her z. LOR, VN. KLETTENB.
  1. Rthlr. Av. das Wappen. VOLCKM. WOLF. EBERWEI. E. ERNST. Rev. S. Andreas: Mo.
NO. COM. DE. HONSTEIN. 1556.
  1. Rthlr. Av. das Wappen: VOLKMAR. WOLF, ET. ERNESTVS. Rev. S. Andr. M.NO. COM. DE HONSTEIN. 61.
  1. Rthlr. das Wappen: . VOLCKMAR. WOLF. CO. DE HONSTE. Rev. S. Andr. DO. IN LORA ET CLETTENBERG. 72.
§. 30. Der letzte der Hohensteinischen Grafen war Herr Ernst der VII. Administrator des Closters Walckenried, welcher Anno 1593. deu 8. Juli verstarb. Sein Leben hat er auf 31. Jahr, 4. Monathe und 22 Tage gebracht. Er hat zwei Ehe-Gemahlinnen gehabt, erstlich Frau Julianam, Graf Albrechts zu Barby und Herrn zu Mühlingen Tochter, darnach Frau Elisabeth, gebohrne Gräfin von Eberstein Neugart und Maisow. (*) Sein Leichnam wurde in einen hölzernen, und dieser in einen zinnernen Sarg geleget, und darauf den 13. Juli in die ietzige Closter-Kirche in sein Begräbniß eingesenckt, so daselbst noch zu sehen. Und weilen er ohne männliche Erben verstarb, er auch der letzte von dem Gräflich-Hohensteinischen Hause, so wurde sein Gräflich Wappen, Zügel und Degen mit ihm vergraben. Die Leich-Predigt hielt ihm der damahlige Rektor und Pastor im Closter M. Henrich Eckstorm.



(*) S. Büntings Braunschweigische Chronicke p. 354

§. 31. Uber dieser Herren Grafen Abgang ist mit Grund der Wahrheit auf des letztern Grab zu Walckenried geschrieben worden:
Viator, qvisqvis es, parumper fiste gradum, & qvam nihil uspiam in rebus humanis stabile sit, ipse tecum perpende.
"Mein Leser, stehe still, beim Hohensteinischen Grabe, und denck, daß kein Geschlecht, Bestand auf Erden habe. Eine Genealogie von diesen Grafen findet man aus Andreae Hoppenrodi Stamm-Buche nach einer lateinischen Übersetzung in Hamelemanni Operibus Genealogico-Historicis p. 384. Sie gehet bis auf Graf Ernsten Volckmanni Wolfgangi Sohn.
§. 32. Als nun Graf Ernst der VII. verschieden, verheyrathete sich seine hinterbliebene Wittwe an Herrn Burckharden, Schencken von Tautenburg. Die Gräflichen Plätze aber wurden getheilet. Die Grafen zu Schwarzburg und Stollberg wollten erstlich, vermöge des ausgerichteten Vergleichs und der Erb-Verbrüderung, die Oerter Elrich, Hohenstein, Klettenberg, Lohra und Bleicherode in Besitz nehmen. Allein Herzog Julius zu Braunschweig, als Administrator des Stiffts Halberstadt, maaßte sich dessen an, weil Churfürst Augustus zu Sachsen Anno 1573. Die Herrschafft Lohra dem Dom-Capitul zu Halberstadt, währender Bischöflichen Vacanz, gegen Verwechselung anderer Mannsfeldischen Güter übergeben, iedoh mit dem Bedinge, daß es denen Grafen zu Schwarzburg und Stollberg nichts praejudiciren solte.
§ 33. Die Sache wurde vor das Kayserliche Cammer-Gericht zu Speyer gebracht, in welchen vor das Hauß Schwarzburg mit anbefohlner Execution und verweicherter Revision favorabel gesprochen wurde. Daher kam es endlich zum Vergleich, daß Herzog Friedrich Ulrich Kletterberg und Elrich Lebenslang behalten, das übrige aber denen Grafen zu Schwarzburg und Stollberg abtreten solte. Die Grafschafft Lutterberg war bei der vorigen Theilung an die Fürsten von Grubenhagen, die Herrschafft Bodingen an Sachsen, und Alberberg an Hessen gekommen.
§. 34. Kayser Ferdinandus wolte seine Kayserl. Einwilligung nicht dazu geben, daß der Herzog zu Braunschweig-Lüneburg Friedrich Ulrich diese Grafschafft als ein Halberstädtisches Lehn behalten solte. Also übergab er solche bey der Unruhe des 30. jährigen Krieges an seinen damahligen Rath und Cammer-Herrn, wie auch des Königs in Böhmen und Ungarn Ober-Hofmeister, Christoph Simon, Grafen von Thun vor 60000. Rheinische Gulden wiederkauflich, und bekam hierauf der sattsam bekannte General Wallenstein oder Herzog von Friedland als Kayserlicher Kriegs-Rath und General-Feld-Hauptmann Commission den Grafen in die Hohensteinische Grafschafft zu immittieren, wie das zu Prag den 28. Februari Anno 1628. deshalb an ihn ausgefertigte Kayserliche Schreiben mit mehrern bezeuge, wie folget:
Wir Ferdinand der II zc. Entbiethen dem Hochgebohrnen Unserm Oheim des Reichs Fürsten und liebengetreuen Albrechten, Herzogen zu Friedland und Saagen Unserm Reichs-Rathe, Cammer-Herrn und General-Feld-Hauptmann Unsere Kayserliche Gnade und alles Gutes. Hochgebohrner Oheim, Fürst und lieber getreuer. Wir fügen deiner Liebe hiermit in Gnaden zu vernehmen, daß, demnach Wir uns der Grafschafft Hohenstein samt allen dazugehörigen Landsassen und Unterthanen vermöge aller Rechten, insonderheit' aber Jure rettentionis anzumassen wohl befugt, aus erheblichen Ursachen beweget worden, erstbesagte Grafschafft dem Edlen Unserm lieben Getreuen, Christoph Simon Freyherrn zu Thun zc. um eine gewisse Summe Geldes benanntlichen 60000. Gulden Reinich, ieden derselben zu 60. Creutzern gerechnet, zu verschreiben, und ihm dieselbe zu einem wahren und würcklichen Unterpfand dergestalt einzusetzen und einzuräumen, daß er von Thun und seine Erben angeregter Grafschafft Einkommen so lange vollkömmlich genießen soll, biß sie anderwerts entweder durch baare Mittel oder eine andre angenehme Anweisung obberührter Summe zu ihren Genügen befriediget worden. Damit nun Unsere Kayserliche Verschreib- und Versicherung würcklich vollzogen, und diese Grafschafft auch mehr ernannten von Thun von unsertwegen und in Unserm Nahmen übergeben werden möge: Als haben wir D. L. diese Commission nebst unserer Kayserlichen Gewalt, welche Wir Deroselben cum potestate fubstituendi zu dem Ende hiermit in bester Form zustellen, in Gnaden auftragen wollen, gnädigst befehlende, daß sie in der Person oder durch einen oder mehr derselben substituierte Gewalt-Träger dem von Thun oder demjenigen, welchen er hierzu an einer statt verordnen wird, diese Grafschafft samt aller Zugehör in Unserm Nahmen obverstandener massen Pfand weise einantworten, die Unterthanen Krafft dieses Unsrer Kayserl. Gewalt und Befehlichs an Unserer statt ihrer vorigen Pflicht entlassen, auch sonsten alles andere hierinnen thun und handeln wollen, was zu solcher Real-Einantwortung und Immission weiter vonnöthen, nutz- und dienlich seyn wird. Hieran thut D. L. Unsern Gnödigsten und wohlgefälligen Willen und Meynung, der Wir mit Kayserl. und Königl. Gnade förderst wohl gewogen verbleiben. Geben auf Unserm Königl. Schloß zu Prage den
28. Febr. 1628.
§. 35. Anno 1648. war dem Chur-Fürsten zu Brandenburg, Friedrich Wilhelm, bei dem Münster und Oßnabrückischen Friedens-Schluß, das Stifft Halberstadt mit allen Regalien und Gerechtigkeiten, zu einem ewigen Erbe und Lehn übergeben, und also fiel, was an dieser Grafschafft Halberstädtisch Lehn war, an Brandenburg, und wurde hernach Graf Johannes von Witgenstein, der unterschiedene Chur- und Fürstliche Ambassaden rühmlichst abgelegt, damit belehnet. (*)
§. 36. In Ansehung Lohre, Bleicherode und Klettenberg sind mit dem Churfürstlichen Hause zu Brandenburg und denen Grafen zu Schwarzburg einige Zeit Irrungen gewesen, sie sind aber nachgehends beygeleget worden, und stehen diese Oerter ietzund auch unter dem Fürstenthum Halberstadt, und gehören Ihrer Königlichen Majestät in Preussen und Churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Brandenburg.



(*) S. Lucea Grafen-Saal p. 291.


 

Das II. Capitel.
Von Klettenberg.

§. 1. Wenn man den Autorem der alten und neuen Thüringischen Chronicke nachschläget, und daselbst findet, daß er diesen Ort als ein Schloß und Gräfliche Refidenz beschreibet, so auf einem Berge läge, davon die umliegende Herrschafft den Nahmen bekommen, so bildet man sich ein, als ob noch bey den ietzigen Zeiten ein Schloß da anzutreffen, welches zu einer Gräflichen Residenz geschickt wäre. Wer es aber selbst in Augenschein genommen, der wird befunden haben, daß bey der gegenwärtigen Zeit weder das eine, noch das andere davon zu behaupten. Es ist keine Gräfliche Residenz mehr, und von dem ehemahligen Schlossse siehet man nur gar wenige Rudera.
§. 2. In der alten teutschen Historie ist dieser Ort gar berühmt. Sie hat in denen vorigen Zeiten von undencklichen Jahren her ihre eigenen Herren gehabt, so man Grafen von Klettenberg und Herren zu Lohra geschrieben. Bewährte Geschicht-Schreiber führen an, daß man von diesen Herren, von deren Nahmen und Thaten vor dem XII. Seculo schwerlich etwas aufbringen könte. Hingegen findet man in dem XII. und XIII. Jahrhundert einge Nachrichten von ihnen.
§. 3. Zu Anfange des XII. Seculi haben zwey Gebrüdere der Grafen zu Klettenberg gelebet, Nahmens Volckmar und Ludewig Volckmar. Volckmar residierte auf diesem Schlosse, und war mit Graf Ludewigs von Lohra Tochter Adelheidis vermählet, mit welcher er auch einen einzigen Sohn, gleichfalls Ludewig genannt, gezeuget. Ludewig der Bruder dieses Grafens hielte sich mit seiner Gemahlin Cunigunda von Baldenroda eine Zeitlang in Elrich auf.
§. 4. Albertus, Graf von Klettenberg, florierte An. 1213. Volckmarus ließ sich 1238. in Franciskaner-Orden einkleiden, und gieng ins Closter Huysburg. (*) Henricus II. Grafens Dieterici zu Hohenstein Sohn, der An. 1260, feine Grafschafft gar löblich beherrschet, soll diesen Ort an die Grafschafft Hohenstein mit gebracht haben. (**)



(*) S. Lucea Grafen-Saal p. 287.
(**) S. Lucea Grafen-Saal p.279.

An. 1269. erhielt der Abt zu Ilefeld, Johannes, von Graf Bertholden zu Klettenberg, so Canonicus bey dem Dom-Stifft zu Halberstadt war, einen schriftlichen Consens über die von Graf Christian zu Klettenberg in Ebra erkauften Güter. Es ist dieses etwas besonders, weil man in den Geschichten gar wenig schriftliche Urkunden antrifft, welche diese alten und bereits vor vielen hundert Jahren ausgestorbene Grafen sonst ausgestellet hätten. (*)
§. 5. Von der Gräflichen Klettenbergischen Familie war zu erst Adelheidis, Graf Albrechts Gemahlin, welche An. 1229. gestorben, in das Closter Walckenried begraben, wie denn bald darauf ihr Ehe-Herr der Graf selbst in das Closter gangen, und ein Mönch worden, und von seinen Gütern die von Abt Dietrichen aufgeführte Capelle St. Johannis des Täuffers reichlich beschencket haben, woselbsten er nach seinem Tode nebst mehrern Klettenbergischen Grafen ein Begräbniß bekommen. Dieser Graf Albrecht hat mit Genehmhaltung seiner Söhne und Töchter, Albrechts, Conrads, Bertoldis und Friedrichs einige Aecker bey Bollenhausen gelegen, selbigen geschencket, und auch An. 1240, noch 7. Hufen Landes meist zu Mackenrode und Liebenrode befindlich, zu Celebrierung solcher Begräbniß-Memorie vor sich und die Seinigen ihm gewidmet. (**)



(*) S. des sel. Leickfelds Beschreibung von Ilefeld pag. 100.
(**) S. Leickfelds Beschreibung von Walckenried pag. 304. und 321

§. 6. In denen ältesten Zeiten soll das Berg-Schloß Klettenberg als ein freies Reichs-Schloß die erstern Sächsischen Kayser für seine eigene Herren erkannt, und solches Kayser Henrico I. mit andern angrenzenden Gegenden und Schlössern zugehöret haben. Er soll selbiges zu Anfang seiner Regierung zu einer Reichs-Festung haben aufbauen lassen, weil die raubenden Hunnen kurz zuvor das ehemals berühmte und nicht weit davon gegen Mitternacht zu gelegene Reichs-Berg-Schloß Sachsenburg oder Sachsenberg, davon noch einige Überbleibsel zwischen dem Marck-Flecken Sachse und dem neuen Hofe auf den klippigten Kalck-Berge, so jetzund der Sachsen-Steinheit, zu sehen, bis auf den Grund verwüstet, und die Miliz davon niedergehauen hatten. Von diesem Schlosse Klettenberg hat die dazugehörige Grafschafft nachgehends ihre Benennung erhalten.
§. 7. Diese Grafen, welche erst die Edle Herren hiessen, sind eine abgetheilte Linie von denen Grafen von Lauterberg, welche sich eigentlich in 3. Neben-Aeste abtheileten, und zwar zuerst in Klettenberg, zum andern in Lauterberg, und drittens in Scharzfeld, führten aber sämtlich nur ein Wappen, welches nach derselben Erlöschung an die Grafen zu Hohenstein verstammete, von welchen es hernach auf die Herzoge von Braunschweig-Lüneburg mit verfallen. Es soll selbiges ein in silbernen Felde fortschreitender Hirsch gewesen sein. Wiewohl auch einige alte Klettenbergische Grafen zuweilen drey gespitzte Balcken, oder auch einen gecrönten Löwen im Wappen geführt. (*) Weil eine Gräfin von Klettenberg, Adelheidis, die Abtey Walckenried gestiftet, so ist auch das Jus Advocatix denen Grafen und Herren dieses Geschlechts beständig verbliehen bis auf 1260 sie ausgegangen.



(*) S. Leickfelds Chronicke von Ilefeld und die daselbst angeführten Autores p. 6.

Jedoch haben sich die Römischen Kayser die Ober-Vogtey darüber vorbehalten. (*)
§. 8. Gegen das Ende des XIII. Jahrhunderts sind diese Grafen ausgestorben. In Ansehung des Jahres aber, und welcher von ihnen der letzte gewesen, sind die Geschichtschreiber nicht recht einig. Einige führen an, daß solches An. 1275. geschehen. Andere aber setzen diesen Ausgang auf das 1280te Jahr. Einige machen einen mit Namen Christianus zum letzten Grafen in Klettenberg. Andere aber einen andern, der Henrich, oder auch Dietrich geheissen.



(*) S. Leickfeld im II. Theile von Walkenried p. 14.

§. 9. Ob nun schon dieses in etwas ungewiß: so hat doch hingegen eine völlige Richtigkeit, daß die Grafschafft Klettenberg, nachdem ihre erstern Besitzer ausgestorben, an die mit belehnten Grafen von Hohenstein gefallen, und endlich die Graf- und Herrschafften Klettenberg und Lohra den Nahmen von der Grafschafft Hohenstein mit der Zeit angenommen, und auch nach ihrer Absonderung behalten.
§. 10. Von den Grafen von Hohenstein hat der sogenannte Graf Hannß seine beständige Residenz an diesem Orte gehabt. Er machte, wie aus denen Geschichten bekannt, einen großen Staat, und nahm, so offt er reisete, allezeit 12 seiner Edelleute oder Burgsassen mit sich, die ihm auf der Reife aufwarten musten. Dannenhero ihn etliche Spötter Jesum mit den 12. Aposteln geheissen, wie Ekstormius solche unverantwortliche Spott-Rede anführet. (*) An. 1406. hat der Klettenbergische Burg-Vogt, Johannes Snove, mit Genehmhaltung der Hohensteinischen Grafen, Henrichs, Ernsts und Günthers, seine ihm in der Grafschafft Klettenberg assignierte Intraden an das Closter vermacht, und davor von den Mönchen begehret, daß sie jährliche Seelen-Messen nach seinem Tode vor ihn und die Seinigen halten sollten. (**)
§. 11. Diese Grafschafft ist von vielen und langen Zeiten her mit ihrer Belehnung unter dem Halberstädtischen Bischoffthum gestanden. Es ist denen Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg die gesammte Hand vom Bischoff Gebhardo An. 1459. Bischoff Ernesto im Jahr 1494. Alberto An. 1515. Sigismundo An. 1557. bekannt, und auch förder fede vacante, von dem Dom-Capitul zu Halberstadt continuiret worden bis in das Jahr 1579. da Herzog Julius zu Braunschweig und Lüneburg zum Bischoff zu Halberstadt postuliret worden.
§. 12. Ob nun zwar die Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg bey gedachten Herzog die gesammte Hand an obgedachten beiden Schlössern und Herrschafften Lohra und Klettenberg zu unterschiedenen mahlen gesuche, haben sie doch immer verzögerliche Antwort bekommen. Endlich auch als Graf Ernst von Hohenstein, der letztere dieses Stammes, um Belehnung angehalten, hat Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig den 1. Decemb. 1583. zwar dazu bestimmt, jedoch gedachten Grafen dabei ausdrücklich verwarnet, daß er vor seine Person allein mit Ausschliessung derer Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg zur Belehnung erscheinen solte, mit der angehängten Bedrohung, daferne dieselben Herren Grafen ihre Gesandten auch dazu schicken würden, Herr Graf Ernst von Hohenstein nicht beliehen werden solte. Dessen ungeachtet ist er erschienen. Als er aber aus den abgefaßten Lehn-Briefen, so er ihm durchlesen zu lassen gebeten, verkommen, daß die alte Forme geändert, die Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg daraus gelassen, und der Samt-Belehnung gar nicht gedacht worden, hat er solche Investitur anzunehmen Bedencken getragen.



(*) S. die merkwürdigen und auserlesenen Geschichte von der berühmten äin Thüringen p. 255.
(**) S. Leickfeld von Walckenried p. 34. 124 v. Abth. 2 Cap.

§. 13. Obgleich Graf Ernst von Hohenstein Herzog Henrico Julio zu Braunschweig, als Bischoffen zu Halberstadt, die Erb-Vereinigung und hergebrachte Samt-Belehnung zu Gemüthe geführet, auch mehr ermeldete Erb-Vereinigte zu gesammter Hand dem Herkommen gemäß zu beleihen gebeten, so hat er doch über Verhoffen nichts fruchtbarliches erhalten können. Unter währenden diesem Streit ist Graf Ernst von Hohenstein verschieden, dadurch denn diese Erb-Vereinigung samt Belehnungen und Investituren zu Falle kommen.
§. 14. In den damahligen Zeiten gehöreten zu den Herrschafften Klettenberg und Lohra folgendes als Lehn-Stücken dazu: Das Schloß Klettenberg mit allen seinen Ein- und Zugehörungen, Rutzungen, allen Geistlichen und Weltlichen Lehnen, Wildbahnen, Jagden, Fischereyen, Teichen, Teich-Städten, Dienst-Pflichten, Reinen, Trifften, Ober- und Nieder-Gerichten, dazu die Obrigkeit und Inlager des Closters zu Walckenried mit allen feinen Zubehörungen, Gütern, Diensten, Beten und Pflichten, Burglich und Peinlich mit diesen nach beschriebenen Dörffern, Höfen und Dorffstädten mit Nahmen: Die Sachse und Neuhof Branderode, den Wiedingshof, Obern-Sachswerfern, Immerode, Gudersleben, Mauderode, Wiperode, Klusingen, Wophleben, Scharßheim, Hörningen, Hochstede, Stockhausen, Lauchstedt, Herreden, Raterode, Salza, Hesserode, Dunckelrode, Barbranderode, Ritterrode, Grossenwerthern, Wenigenwerthern, Vitzenrode, Klübingen, Wenigenwechsungen, Ammelingerode, Grossenwechsungen, Mittstadt, Fronrode, Hafrungen, Flachdimdorff, Güserode, Krebserode, Bützlingen, Schiedingen, Etzelsrode, Kratzungen, Bliedungen, Kembstette, Trebra, Schelmenrode, Epschenrode, Werningerode, Stockey, Ohgerode, Limlingerode, Uchtenfelde, Wittigerode, Barchtorff, Tettenborn und dem Damme zu Klettenberg, Holbach, Watzgerode, Liebenrode, Niedersteinsehe, Obernsteinsehe und andern Nutzungen mit allen Bergwerckern, Gold, Silber, Kupffer, Bley, Erz und alle Metalle, wie das Nahmen haben mag, nichts ausgeschlossen, mit aller Herrlichkeit, Strassen und Freiheiten, Nutzungen und Gebrauchungen. (*)



(*) S. Leickfelds Chronicon von Walckenried den II. Theil p. 41.

§. 15. Nach dessen Tode haben darauf die Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg beide Herrschaffen und Schlösser Lohra und Klettenberg in würckliche Possession gebracht, auch die Unterthanen in neue Pflicht nehmen lassen. Es ist aber hernach Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig und Lüneburg zc. mit seiner Praetension einer von dem Stifft erlangten Belehnung de facto zugefahren, und hat den 9. und 10. Jul. 1593. gedachte Schlösser, Lohra und Klettenberg, mit gewaffneter Hand eingenommen, auch derer Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg Diener theils mit Gewalt davon wegjagen, theils gefänglich in das Fürstenthum Braunschweig führen lassen.
§. 16. Dieweil aber die Herren Grafen sich dergestalt ihres Rechtens nicht wollten entsetzen lassen, haben sie nach denen Reichs-Satzungen über der streitigen Possess am Kayserlichen Cammer-Gerichte wider gedachten Herzog Klage erhoben, und ist in einem am 8. Febr. An. 1605. eröffneten Urthel vor die Herren Grafen erkennet, auch darauf von der Römischen Kayserlichen Majestät ausgefertiget, und die wider solche von dem Herzoge eingeführte Revision per sententiam zweimal verworffen, und Deroselben in dreyen unterschiedlichen Bescheiden, als den 12. Febr. 16-18. den 11. Mart. 1619. und 30. Mart. 1620. die Parition aufgeleget worden, wie solches die gesamten Acta publica besagen.
§. 17. Dieses konte endlich Herzog Friedrich Ulricum zu Braunschweig bewegen, daß er gütliche Handlung anbieten ließe, auch gewisse Personen deputiret hatte, so dieser Sache halber mit denen Herren Grafen tractiren solten, welches aber wegen der einfallenden Kriegs-Unruhe nachbleiben muste. Darauf kamen die Kayserlichen Völcker in diese Gegend, nahmen auf Befehl des General Tylli die beiden Schlösser Klettenberg und Lohra ein, satzten sie in guten Defensions-Stand, ruinirten aber bei ihren Abzug mehr, als sie gebauet.
§. 18. Im Jahr 1634. trat Herzog Friedrich Ulrich zu Braunschweig zwar die Herrschafft und Schloß Lohra ab, aber Klettenberg und das Städtgen Elrich behielt er Lebenslang, welches doch kurz genung war. Denn bald hernach brach er durch den Fall mit dem Pferde ein Bein, und starb den 11. Aug.1634. Darauf kamen die Grafen zu völligen Besitz der Schlösser und Herrschafften Klettenberg und Lohra , nahmen die Unterthanen in Pflicht, und legten in dem Städtgen Bleicheroda eine Canzley an, in welchen Zustande es aber nur ein völliges Jahr blieb.
§. 19. Im Jahr 1636. nahm Johann Reichard von Metternich, Vicarius zu Halberstadt, abermals Possession der beiden Schlösser und Herrschaffen, worwider die Grafen zu Schwarzburg und Stollberg nicht allein eyffrig protestierten, sondern auch diese Gewalt zu Regenspurg auf dem Reichs-Tage vortrugen, wo sich alles auf ihre Seite zulencken schiene. (*)



(*) S. Melissantes curiöse Beschreibung der Berg Schlösser in Deutschland p. 68. und folgende.

§. 20. Endlich wurden diese beiden Schlösser, ehe noch der Sachen gewünschter Nachdruck angedeyhen konte, in dem Oßnabrückischen Reichs-Friedens-Schluß, aller damals von denen Grafen zu Schwarzburg und Stollberg gethanen Einwendungen ungeachtet, dem damaligen Bischoffthum und jetzigen Fürstenthum Halberstadt incorporiret, und Ihrer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Brandenburg, Friedrich Wilhelmen dem Grossen, übergeben. Hierauf haben Chur-Fürst Friedrich Wilhelm zu Brandenburg Graf Johannsen zu Säyn und Wittgenstein mit Klettenberg beliehen. Es haben aber Ihro Königliche Majestät in Preussen An. 1700. denen Königlichen Domainen solches wiederum einverleibet.
§. 21. Von diesem alten und so sehr berühmten Stamm-Hause siehet man jetzund nicht viel mehr, als kurze Überbleibsel verfallener Mauren. Der Berg, auf welchen das Schloß gestanden, und zu dieser Benennung den Namen gegeben, ist nicht sonderlich hoch, und möchte man solchen wohl eher einen Hügel, der mehrentheils ein purer Felß, als einen Berg nennen. Man erkennet aus dessen Umfange, daß das eigentliche Schloß-Gebäude, ohne die andern mit zurechnen, die zu den Wirthschaffts- oder andern Neben-Gebäuden mitgehöret, sogar weitläuffig eben nicht gewesen.
§. 22. Dieses Klettenberg ist anderthalbe Meile von der Reichs-Stadt Nordhausen gelegen an der Mittags-Seite des Harzes. Nach der Mittags- und Abends-Seite zu sind ihm die alten Berg-Schlösser Lohra und Scharzfeld mit ihrem Zugehör die nächsten Nachbaren. Die Gebäude dieses Schlosses sind nicht sowohl vom Feinde verheeret, oder durch Feuer-Flammen ruiniret, als vielmehr durch die Witterung nach und nach verödet worden, nachdem man keine Unkosten mehr dran wenden wollen, solches in Dach und Fach zu erhalten.
§. 23. Vor 30 Jahren soll noch das meiste davon gestanden haben; man hat es aber nachgehends abgetragen. Unten in dem Felß sind Keller eingehauen, und bemercket man in dem Keller einen Brunnen, der nach den Unterschied der trocknen oder feuchten Jahres-Zeiten tiefer oder seichter an Wasser zu seyn pfleget. Das Wasser dieses Brunnens ist ganz salpetrisch. Ohnweit von dem Felß siehet man die Ställe vor die Pferde und das Rind-Viehe, welche zu den Zeiten derer Herren Grafen zu Wittgenstein aufgerichtet worden. Sie sind alle gewölbet und in guten tüchtigen Stande.
§. 24. In einem andern Gebäude, so in den neuern Zeiten vor die Justiz- und Wirthschaffts-Bediente dieses Königl. Preußischen Amts erbauet, siehet man in einigen Zimmern die Bildnisse unterschiedener Grafen von Wittgenstein, und ihrer Gemahlinnen, welche in Lebens-Grösse abgemahlet, und vor einiger Zeit, um das Angedencken der Geschichte zu erhalten, auf das neue wieder überstrichen, und mit frischen Farben aufgehellet worden. Es sind aber dieselben folgende: Charlotte Gräfin zu Wittgenstein, Henrich Graf von Altenkirchen, Charlotte vermählte Gräfin zu Wittgenstein, Johann Graf zu Wittgenstein, Concordia Gräfin zu Wittgenstein, vermählte Gräfin zu Schwarzburg-Ebeleben, Rudolph Graf von Altenkirchen der andre, Ludewig Graf von Altenkirchen der dritte, Ludewig Graf zu Wittgenstein, Concordia Gräfin zu Wittgenstein, Louyse Gräfin zu Wittgenstein, Gustav Graf zu Wittgenstein, Carl Graf zu Wittgenstein, August Graf zu Wittgenstein, Amalia Charlotte Gräfin zu Wittgenstein, gebohrne Staatin von Holland, Louyse Charlotte Gräfin zu ang , Concordia Gräfin zu Wittgenstein, Amalia Sophia, Gräfin zu Wittgenstein, ohne ihre Descendenten und kleinen Kinder, die mit abgemahlet, deren Nahmen bey meiner Reise zu bemercken, mir zu weitläuffig gewesen.
§. 25. In der Kirche, welche nicht gar weit von denen ehemaligen Schloß-Gebäuden gelegen, sollen einige von den Herren Grafen von Wittgenstein begraben liegen. Im übrigen scheinet sie in den neuern Zeiten, und zwar nach dem 30-jährigen Kriege erbauet zu sein. Von alten Monumenten, Schriffen und Jahr-Zahlen trifft man nichts drinnen an.
§. 26. Über den darzu gehörigen und dabey liegenden Dorff-Gebäuden, gehören zu der jetzigen Herrschafft oder Amt Klettenberg noch die Stadt Sachse, das Flecken Benneckenstein, Grossen-Wechsungen, Branderode, Neuenhoff, Liebenrode, Sachswerffen, Wiedigsdorff, Steinsee, Tettenborn, Mackenroda, Pützlingen, Holbach, Etzelsroda, Schiedungen, Trebra, Gratzungen, Bliedungen, Königsthal, Kemstadt, Oberdorff, Frohnderode, Hasseroda, Kleinwechsungen, Hochstedt, Grossen-Werther, Klein-Werther, Märbach, Stöckey, Limlingerode, Werningerode, Haferungen, Günterode, Immenrode, Flarichsmühle, Gudersleben, Mauderode, Woffleben, Hörningen, Salza, Herreden.
§. 27. Ohnweit von hier in dem Klettenbergischen Gebiethe lieget das so genannte Kreyßloch. Es soll selbiges gar jähling entstanden seyn, und ein damal bey gelinden Winter-Wetter auf einer nahe dabey liegenden Wiese hütender Hirte wahrgenommen haben, wie daselbst das Wasser aus dem Erdboden heraus gvelle, worüber er erschrocken, eine ziemliche Weite weg gewesen, und sich alsdenn umgesehen, hätte er nicht mehr die Wiese, auf welcher er kurz vorher gehüthet, sehen können, sondern an statt derselben einen See erblicken. Berens meldet in seiner Beschreibung des kuriösen Hartzwalds, daß dieser See vor diesem 40. Clafftern tief gewesen, nun aber wäre er auf die Helfte von der von Jahren zu Jahren nachfallenden Erde seines Ufers wieder angefüllt worden, inzwischen noch starck mit Fischen besetzt.
§. 28. Dieser See soll seine Benennung von einem Gräflichen Hohensteinischen Bedienten, der auf dem Schloß Klettenberg gewohnt, und Creisus geheissen, erhalten haben. Man hätte ihn den Richter genennet; sein Amt aber hätte mehr darinnen bestanden, daß er denen Unterthanen die Frohn-Dienste ansagen, und dieselben dazu antreiben, auch die Ungehorsamen gefangen nehmen, und mit dem Gefängniß bestrafen müssen. Dieser Mensch hätte ein sehr gottloß wüstes Leben geführet, und sich verlauten lassen, wenn er stürbe, so solte seine Seele nirgends andrs hinfahren, als in dieses See-Loch. Daher auch die Einwohner der benachbarten Oerter ihr den Nahmen von diesem bösen Menschen gegeben, welchen sie biß auf den heutigen Tag behalten.


 

Das VI. Capitel.
Von der Stadt Elrich.

§. 1. Elrich lieget in einer anmuthigen Gegend und fruchtbaren Feld-Aue an der Zorge, 3. Stunden von der Reichs-Stadt Nordhausen, eine starcke Meile von Ilefeld und eine Stunde von dem Closter Walckenried. Sie hat schöne Teiche, Wiesen und Waldungen um sich. Die Teiche, davon ihrer viele dem Rathe zugehören, sind nicht allein mit Karpffen und andern Fischen besetzt, sondern leisten auch sonst der Stadt ihren guten Nutzen, indem das Wasser hieraus durch alle Gassen der Stadt fließt, und kan zur Zeit der Noth das Wasser so häuffig in die Stadt geleitet werden, daß es auf eine Elle tief auf den Gassen zustehen kommt. Wiewohl auch dieses Mittel, wenn Gott durch die Feuers-Ruthe seine Straf-Gerichte ausüben will, ohne Krafft bleiben muß. Und hat man solches gesehen, da vor 8. Jahren am St. Johannis-Tage das Gewitter in die Apothecke eingeschlagen, und in gar kurzer Zeit 36. Häuser in die Asche geleget worden.
§. 2. Es ist diese Stadt offen gewesen, nunmehro aber wird auf allerhöchste Veranstaltung Ihrer Königl. Majestät in Preussen und Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg eine Mauer herum geführet. Die Gebäude sind fast durchgängig von Holz und zwei Stockwercke hoch, jedoch aber ziemlich regulair, und zumahl die neugebaueten von einerley Höhe.
§. 3. Ehedem ist die Hohensteinische Regierung und Consistorium hier gewesen, An. 1714. aber sind sie nach Halberstadt mit gezogen worden. Der Rath ist Schrift-säßig, und stehet unter der Halberstädtischen Regierung. Das Raths Colegium machen aus der Stadt-Schultheisse, ein Bürgermeister und 2. Cämmerer, davon der eine zugleich Stadtschreiber. Der Rath hat das Jus Patronatus in der Stadt, vergibt auch einige Lehn-Stücke. Der Herr von Spiegel haben in der Stadt auch vor der Stadt einen Frey-Hoff.
§. 4. Das Ministerium bestehet in einem Prediger, der jetzo den Titul-Inspector hat. Der vorige hieß Superintendent, und war der berühmte und in einigen Lehr-Puncten verdächtige Damius, und über dieses noch einen Diaconum; Das Schul-Collegium aber in einem Rectore, Con-Rektore, Cantore und Organisten. Über dieses ist noch alhier eine besondere Mädgens-Schule.
§. 5. Die Nahrung dieser Stadt ist ausser den gewöhnlichen Handwerckern grösten Theils die Wirthschafft, und nehren sich die Bürger meistentheils von ihren Feld-Gütern und dem Brau-Wesen. So ist auch eine Tuch- und Zeug-Fabrique hier angeleget. Nicht weniger bringen die alle Wochen 2 mal hier durchreitende und fahrende Posten, die von Duderstadt nach Halberstadt passiren, diesem Ort einen kleinen Zugang zu Wege. In dieser Stadt wohnen auch viele Juden und auf dem Lande, dahero hier eine Synagoge und Juden-Kirchhoff angetroffen wird. In übrigen hat sie des Jahrs 3. Märckte.
§. 6. In der Historie sind diejenigen, die in dem XIII u. XIV. Seculo den Beynahmen von Elrich geführet, bekannt; ob solches Cives gewesen, und aus dieser Stadt gebürtig, oder Edelleute, welche diesen Nahmen geführet, ist mir nicht recht wissend. Heinrich von Elrich war Anno. 1240. Zeuge, als Fiomoldus, Probst des Cistercienser-Nonnen-Closters am Frauen-Berge zu Nordhausen einen Holz-Fleck zu Salza vor 24. Marck kauffte, und An. 1270. kauffte er selbst eine Mühle zu Crimwilderode von denen Cistercienser-Nonnen am Frauenberge zu Nordhausen. Johannes von Elrich wird als Zeuge angeführt, als An. 1339. einige Grafen von Hohenstein gewisse Güter verkaufften. Heinrich von Elrich lebte An. 1276. bei dem Grafen von Hohenstein Heinrichen, und hatte das Jus Patronatus über die Capelle St. Cyriaci zu Nordhausen. Dietrich von Elrich war An. 1305. ein Canonicus im Stiffte St. Crucis in Nordhausen.
§. 7. Johannes lebte An. 1337. Theodoricus war An. 1344. Prior im Prediger-Closter zu Nordhausen. Heinrich lebte 1344. Dietrich war An.1350. Bürgermeister in Nordhausen. Hermann lebete An. 1350. und hatte eine Tochter, Nahmens Gertrud, so in das Nonnen-Closter in Süffta ohnweit Ebeleben gieng. Thiele bekleidete An. 1353. die Bürgermeister-Stelle in Nordhausen, und mag wohl eben der vorige seyn, desen Nahmen contracte vor Dietrich Thiele geschrieben worden. Weticke war An. 1395. Prior in dem Closter Himmels-Garten bey Nordhausen u.s w. (*)



(*) Dieses Verzeichnis derer von Elrich ist mir von dem Herrn Pastore Lessern in Nordhausen mitgetheitet worden.

§. 8. Der Autor der alten und neuen Thüringischen Chronicke meldet, daß ein Graf von Hohenstein mit Nahmen Dietrich, diese Stadt An. 1233. samt dem Schloß Stauffenberg erkauffet. Nach dem Absterben der Grafen von Hohenstein hat sie eben die Schicksale gehabt, als die andern benachbarten Oerter der Grafschafft Hohenstein, von denen wir im vorhergehenden gehandelt.
§. 9. Ohnweit von hier bei dem Guth Bischoffsrode in Hohensteinischen ist die so genannte Kelle. Sie ist eine offene mit Wasser angefüllte Höhle in einer Boseage gelegen. Der Tritt, hinunter zu steigen, ist sehr stickel und voller Steine. Sie ist 156. Rheinländische Fuß. Die Dicke des Gewölbes, so die Höhle decket, ist 42. Rheinländiche Fuß. Der Boden der Höhle ist mehrentheils Quadrat, und ganz voll Wasser, welches in der Tieffe, wie es der Herr Con-Rector zu Ilefeld an unterschiedenen Orten in der Mitten ausgelotet, zum wenigsten 18. 24. zum höchsten 30. Rheinländische Fuß. Das Wasser, so in die Länge und Breite jede fünff Rheinländische Ruthen und 9. Fuß, ist sehr klar und kalt, so, daß wenn man bey heißen Sommer-Tagen eine Hand hinein hält, dieselbe alsobald erstarret. Herr Con-Rector Ritter, der mir dieses gütigt überschrieben, gedencket, daß er kleine Fische und Frösche hineingeworffen, die alsobald erstarret auf dem Rücken gelegen, und nicht weiter geschwommen. Er hat auch dieses Wasser über Jahr und Tag in einem Glase ohne Fäulung stehen gehabt.
§. 10. Die Wasser-Wage hält mit ordinairen Wasser einerley Höhe. Daß aber das Wasser weder ab noch zunehme, soll falsch seyn. Er sagt; er hätte an dem Felsen zur Seite ein Merkmaal eingehauen, daran er bei starker Trockenheit und vielen Regen, auch stark gehenden Schnee, das Steigen und Fallen bemercken können. Morgenwerts an der Seite käme unter dem Felsen ein ziemlicher Zufluß hervor, der Abfluß aber müste unter dem Felsen und in der Tiefe verborgen seyn, weil vermuthlich die vielen Erdfälle und Wasserlöcher, so herum lägen, als nahmentlich die alte Kelle, und die genannte Höhle, welche zunächst dahinter lägen, Communication mit einander hätten.
§. 11. Einige von diesen Erd-Fällen werden die Hunger-Löcher genannt, in dem der gemeine Mann nach seiner thörichten Einbildung sich ein gutes Jahr prophezeyt, wenn sie Wasser behalten, und hingegen ein böses Jahr, wenn sie trocken sind. Das Wasser frieret nicht zu, obgleich die Morgen-Seite der Höhle eine gewaltige Oefnung macht, wie denn in den harten Wintern 1729. und 1732. nur forne her am Rande kaum als ein Messer-Rücken dick das Eiß gefunden worden, da es auf den Teichen einen guten Fuß dicke gefrohren war.
§. 12. Der Con-Rector Ritter hat auch die dasige Lufft mit einem guten Thermometro Florentino untersucht, und sie bei guten Wetter in Sommer-Tagen ausser der Höhle 20 1/2 Linie übermäßiget gefunden, in der Höhle aber 14. Linie untergemäßiget, und als er das Thermometrum ins Wasser gelassen, ist es noch 3. Linien gefallen. Der Erfrischung wegen wird diese Kelle Sommers-Zeit von den benachbarten, sonderlich den Nordhäusischen, besucht, sich mit einem abgefrischten Trunck zu erqvicken, und die matten Glieder zu erfrischen.
§. 13. Die Höhle ist gleichsam als ein Kessel gewölbet und oben geschlossen, dessen Dicke 42. Rheinländische Fuß hält, davon aber von Jahr zu Jahr große Stück von Wetter loßgeweicht, zu mahl von starcken Gewittern erschüttert herabfalllen, welche den Zugang unbeqvem machen, und die Tiefe ausfüllen. Mit den Jahren dürffe fielendlich gar in einen Klump zusammen fallen. Oben ist ein einziger Kalck-Felsen, darinnen die Kelle befindlich. An der Abend-Seite in den Berg hinein gehet ein Loch durch. Wenn man mit einem Stein hindurch schleudert, giebt der Klang an, daß Wasser dahinter. Das Wasser in der Höhle stehet ganz stille. Solches erkennet man, wenn man Spreu darauf wirfft, so wird solche nicht um oder fortgetrieben.

Das VII. Capitel.
Von dem Flecken Sachse.

§. 1. Dieses Sachse ist ein geringes offenes Städtgen, so am Hartz-Vorgebürge in einem Grunde gelegen. Vor einigen Jahren hat es Wetter-Schaden erlitten, ist aber wieder aufgebauet. Das Raths-Collegium bestehet aus einem Stadt-Schultheissen, einem Bürgermeister und zwey Cämmerern, davon einer zugleich Stadt-Schreiber. So ist auch hieselbst ein Fiscal. Das Ministerium bestehet in dem bloss Prediger; Das Schul-Collegium aber aus einem Rectore, Cantore und Organisten. Es ist Schrifft-sätzig.Die Einwohner nehren sich von ihrem Brau-Wesen Feld-Bau und Holz-Arbeit. Im übrigen hat es 3. Jahr-Märckte.
§. 2. Dieses Städtgen ist wegen seines alten Berg-Schlosses, so sich in dessen Nachbarschafft befindet, und davon gar wenig Rudera mehr wahr zu nehmen, in der alten teutschen Historie bekannt. Kayser Henricus IV. sahe wohl ein, wie es nöthig wäre, wann er die Sachsen im Zaum erhalten wollte, daß er hin und wieder in denen Sächsischen Landen, wie auch in Thüringen, unterschiedene Berg-Schlösser und Festungen aufführen liese. Er suchte hierbey zweierlei Absichten zu erreichen, theils sich bey der Zeit der Noth wider die feindlich Anläusse zu verwahren und in Sicherheit zu setzen, theils auch die Geistlichen und Weltlichen Herren nebst deren Unterthanen, wann er diese Berg-Schlösser mit Besatzung belegen lassen, desto besser in Gehorsam und Zaum zu erhalten.
§. 3. Da er diesen letztern nicht trauen durffte, und ihnen seine wahre Absicht nicht eröffnen wolte, gab er vor, er legte diese Berg-Schlösser nicht allein an zu einer bessern Zierde des Landes, sondern auch zur Beschirmung und Sicherheit derer Einwohner gegen die auswärtigen und ungläubigen Feinde, wann sie etwan, wie ehedem geschehen, wieder neue Einfälle in das Land thun wolten. Die Sachsen liesen sich also diese Baue wohlgefallen, beförderten solche nach Vermögen, und legten selbst mit Hand an. Daher ward auch um diese Zeit dieser Sachsen-Stein Anno 1068. aufgeführet.
§. 4. Von diesem Ort haben sich in dem XIII. und XIV. Seculo gewisse Leute geschrieben, die in denen Geschichten aufgezeichnet worden. Henrich Sachse lebete Anno 1242. Conrad, des vorigen Sohn, hatte eine Hufe Landes von Grafen Henrico zu Hohenstein in Hamme zu Lehn, die ermeldter Graf an das Frauenberger Nonnen-Closter zu Nordhausen Anno. 1261. verschencket. Heinrich war An. 1280. Zeuge, als Henrich Graf zu Kirchberg dem Closter am Frauenberge zu Nordhausen, 5. Hufen Landes zu Rücksleben verkauffte. Gottschalck lebte Anno 1286. Henricus senior auch, wie nicht weniger Henricus junior. Dietrich war Anno 1294. Zeuge bey der Stiftung des Nonnen-Closters in Altendorff zu Nordhausen.
§. 5. Gottschalck gab nebst seiner Liebsten Cunigunda 4. Töchter, nemlich Hildburgin, Cunigundam, Adelheiden und Elisabeth in das Frauenberger Closter zu Nordhausen Anno 1302. Er hatte 2. Schwestern, als Mechtilden und Adelheiden, so Anno 1302. noch lebten. Er hatte mit seiner Frau 9. Kinder erzielet, als Johannem, Henricum, Gottschalckum, Sophiam, Mechtilden und die vier oben angeführten Töchter. Anno 1323. gab er seinem Vetter, Henrich Kahlen, Macht, bei ereigneter Vacanz einen Priester nach Rodekirche zu setzen, ob ihm gleich Anno 1229. das Jus Patronatus war aberkannt worden. Johann und Conrad, des vorigen Brüder, überliefen endlich ihr Recht des Kirch-Lehns zu Rode Anno 1348. an Hermann von Werther. Diese Nachrichten hab ich dem Herrn Pastori Lessern aus Nordhausen zu dancken.
§. 6. In denen alten Zeiten hat dieses Berg-Schloß die Sachsenburg geheißen. Auf dieser Burg soll ehedem bei dessen Anfang ein Richter-Stuhl verordnet gewesen seyn, auf welchen die in dieser ganzen Gegend vorgegangene Streitigkeiten von denen Klettenbergischen Gau-Grafen geschlichtet worden, so aber nachmals unter Kayser Henrich dem Ersten, wie Athanasius Rhorius, ein Pöldischer Mönch in seinen fragmentis berichtet, von den Hunnen bei ihrem Einfall in diese Länder mit zerstöhret, bald aber darauf wieder etwas aufgebauet, und zur Zeit Kayser Heinrichs des Vierdten, nemlich von 1077. von den rebellischen und von dem Pabst Hildebrando wider diesen Kayser aufgewiegelten Sachsen von Grund aus verwüstet worden. Von welcher Zeit an bis jetzo selbiges ruiniret liegengeblieben.

Die fünffte Abtheilung.
Von dem
Closter Walckenried.



Das I. Capitel.
Von dem ehemaligen alten
Zustande des Closters Wal-
kenried.

§. 1. Die Stiffterin dieses Closters war Adelheidis, eine Tochter Ludovici, damahligen Herrn von der Herrschafft Lahra oder Lohra, davon in dem vorübergehenden gehandelt worden, welche bey erwachsenen Jahren an Volckmarum, Herrn oder Grafen von Klettenberg, vermählet worden. Weil nun diese Ehegatten von Natur zu der Stille geneigt waren und nach der Beschaffenheit der damahligen Zeiten in denen Gedancken stunden, man könnte Gott keinen grössern und gefälligern Dienst erweisen, als wenn man entweder mit Verlassung alles des Seinigen in ein Closter gienge, und darinnen seine Lebens-Zeit mit Ceremonial-Gesetz-Wercken zubrächte, oder doch selbsten anfienge ein Closter zu bauen, und das Seinige dazu vermachte; so waren beiderseits Gemüther entschlossen, dergleichen vermeymte gute Werke auszuüben, und der Nachwelt ein Denckmahl davon zu überlassen. Dahero thate sie eine Reise nach Cölln am Rhein und andern Orten in Teutschland, der angegebenen heiligen Märtyrer ihre Gräber zu besuchen. Bey, welcher Gelegenheit sie auch in das neue Closter zu denen Cistercienser-Mönchen nach dem Closter Campen oder Altfeld kam, denen sie ihr Vorhaben wegen Stifftung eines neuen Closters ihres Ordens entdeckte, auch von dar, nach erhaltener Vertröstung reiches Ablaß dafür, einen Abt und etliche Mönche mit sich nach ihrem Guthe Walckenried nahm, und selbiges nebst allen ihren Vermögen diesen zu Auferbauung eines Closters, daraus diese Abtey entstanden, übergab, dafür sie nichts mehr begehrte, als daß sie der guten Wercke ihrer Mönche theilhafftig, und nach ihrem Tode in die Kirche des Closters begraben werden möchte, welches erstere Johannes Ditmarus in seinem Catalogo von denen alten Campischen Aebten, welcher im Jahr 1557. zu Cölln gedruckt, gleichfalls mit bezeuget. Die meisten Geschichtschreiber sind darinnen einig, daß die Stiftung dieser Abtey im Jahr ein Tausend ein Hundert und etzliche Zwanzig geschehen; wegen des eigentlichen Jahres aber ein paar Jahre voneinander unterschieden. Es behauptet der selige Leuckfeld in seiner Beschreibung dieses Closters p. 27 daß dessen Fundation auf das Jahr 1127. gewiß gefallen. Es hätten solches die Mönche selbsten mit ihrer Aufschrifft notiret, auch in einen Vers, der in vielen Meß-Büchern zu lesen gewesen, gebracht, welchen Engelhusius in seinem Chronico in dem Leben des Kaysers Lotharii, iedoch ein wenig verändert, mit anführete.
§. 2. Anfänglich war dieses Closter mit Benedictinern besetzt. Nachdem aber dieser Orden verhaßt wurde, erwehleten sie den Cisterzienser-Orden, den ihrer viele vor eine Reforme der Benedictiner, so aus diesem entstanden, ansehen wolten. Ihre Kleidung war sonst grau, davon sie auch die grauen Mönche benennet worden, über welche sie noch einen besondern schwarzen Rock zu tragen pflegeten, das Haupt aber war ganz abgeschoren, ausser, daß sie in der Formel eines Cranzes ein wenig Haare rund um dasselbe behielten.
§. 3. Wie nun diese Adelheidis zur Beförderung der Ehre Gottes dieses Closter aufrichtete, und nicht allein allen ihren habenden weiblichen Schmuck, und was sie sonsten nur aufbringen konte, zum Bau-Wesen und Erhaltung der Mönche willigst hergab, also hat sie auch bey dessen Stifftung damit sich in den künfftigen Zeiten desto weniger iemand daran vergreiffen, oder solches vereinträchtigen möchte, Segen und Fluch darauf geleget, davon jener über die frommen Gutthäter und Beschützer, dieser aber über die Verwüster des Closters und Räuber der Intraden kommen sollte. Man kan die Formul hievon, die der selige Leuckfeld in dem vierten Capitul §. 5. anführet, nicht ohne Entsetzen lesen, der Schluss davon ist folgender: Verflucht seyn alle seine Wercke, verflucht, wenn er aus- und eingehet, verflucht sey sein Tod wie ein Hund, und wer ihn begräbet, sey vertilget. Verflucht sey die Erde, darinn sein Leichnam begraben wird, und wenn er nicht Busse thut, so bleibe er bey den Teuffeln und seinen Engeln, und komme ins ewige Feuer.
§. 4. Die Päbste und Kayser haben dieses Closter mit trefflichen Privilegis versehen. Pabst Honorius der II. und sein Nachfolger Innocentius II. haben auf Ansuchen der Stiffterin in einer Bulle nicht nur dieses Closter mit allen seinen damahls zugehörigen Gütern, Immenrode, Roderode, Kinderrode und Berbisleben wider alle Invafores in ihren Schutz genommen, sondern auch die gethane Vertauschung der Adelheidis mit dem Closter zu Huysburg bestätiget. Pabst Eugenius III. hat solchem alle die ihm geschehene Schenckungen nebst denen erhaltenen Privilegien confirmiret, dergleichen auch fein Successor, Anastasius IV. gethan, der demjenigen, so sich gegen das Closter gutthätig erzeigen würde, grosse Indulgenz und Ablaß versprochen.
§. 5. Eines von denen Päbstlichen Privilegien ist dieses mit, daß Pabst Innocentius III. Ann. 1235. diesem Closter seine herrlichen Güter, die sich gar sehr vermehret, bestätiget, solche in Schutz genommen, danebt aber auch frey gemacht, daß sie von allen den ihrigen niemand einigen Zehenden, noch sonst etwas zu geben schuldig sein sollten; hergegen solte der Abt und die Mönche Macht haben, alle diejenigen, so sich zu ihnen zu begeben willens, ohne iemands Widerspruch aufzunehmen. Welches Recht hernach sie so weit extendiert, daß sie auch Diebe und Mörder, wenn sie schon von andern in Bann gethan worden, aufgenommen, dabey sich auf die Bulle dieses Pabsts bezogen.
§. 6. Kayser Lotharius erstattete diesem Stiffte das Jagd-Recht oder Wildbahn bei dem Closter und dem darbey nahegelegenen Forste davon die Gränze bis an Immenrode, Schloß Sachsenburg, an den Moßberg, Eichberg und Rathisrode gehen solte, mit beigefügter Bedrohung: Wer hierinnen das Closter turbiren würde, sollte davor demselben hundert Pfund feinen Goldes zur Straffe erlegen. Die übrigen Päbstlichen und Käyserlichen diesem Closter ertheileten Privilegia und Confirmationes können in dem 17. und 18. Capitul von Leuckfelds Chronicke nachgelesen werden.
§. 7. Die Einweyhung dieses Closters, welche Anno 1137. und also 10. Jahr nach der geschehenen Fundation erfolgete, da es der Ehre des allmächtigen Gottes, der Jungfrauen Maria und des heiligen Martini, des Bischoffs, gewidmet wurde, ward mit dem größten Pracht vollzogen. Derer Altäre, so bey der Einweyhung durch die zusammengebrachte Reliquien geheiliget würden, waren 7. davon den hohen Altar im Chore der Erz-Bischoff Adelbertus, mit Einlegung 15. Stückergen derselben, eingeweyhet. Diesem folgete der Bischoff zu Hildesheim Bernhardus, der ein und zwantzzigste in der Ordnung, und gebohrne Grafe von Rothenburg aus der güldene Aue, welcher 10. Stück Reliquien in den Altar zum heilien Creutz einschloß. Gegen Mittag stunden gleich als 2. Altäre, die von dem eilften Naumburgschen Bischoff Udone, und zwar einer in die Ehre Alexandri mit 10. der andere in die Ehre Benedicti mit 9. dergleichen vermeynten Heiligthümer, geweyhet wurden.
§ 8. So viel Altäre waren auch auf der Mitternachts-Seite zu sehen, bei welchen der siebenzehende Halberstädtische Bischof. Rudolphus das Amt verrichtete, und dem Altar St. Mauritii zehen, dem andern aber St. Godehardi nur sieben Portiones von den heiligen Gebeinen einschloß. Gegen der Sonnen Niedergang aber hatte der sechs und zwanzigste Bischoff von Verden den dasselbst stehenden Altar in die Ehre St. Michaelis des Erz-Engels einzuweyhen, dem 12. Theile der canonisirten Knochen einverleibet wurden.
§. 9. Die große Closter-Kirche war ein vortrefflich Gebäude, in ihrer Länge betrug sie 274. Werckschuh, in die Breite 117. in die Höhe ohne das Dach bestand sie in 74. Werckschuhen, das ganze Werck aber ruhete inwendig auf 36. grossen schönen Pfeilern. An diesem ganzen Bau ist nicht das geringste von Holtze, sondern alles von denen besten anstatt Werckstücken und zwar solchergestalt verfertiget gewesen, daß die Bau-Steine so accurat von innen und aussen ineinander geführet worden, daß es von ferne fast das Ansehen gehabt, als wenn das ganze grosse aus einem Steine ausgehauengen gewesen.
§ 10. Inwendig sind zu beiden Seiten hinter den Pfeilern biß an das Creutz-Gewölbe, worauf der Thurn gestanden, gerade Durchgänge gemacht, und in selbigen nachmahls nach Art derer Alten die Processiones verrichtet, auch dabey die Reliquien und andere Heiligthümer aufgehangen worden. In dem Creutz-Gebäude und hohen Chor aber, in welchen die Fenster von unten biß oben hinaus gegangen, haben sie die schönsten Altäre aufgeführet, und selbige so kostbahr geschmücket, daß es auch den Nahmen des Paradiesis davon getragen.
§. 11. Hiebey waren auch noch unterschiedene Capellen, als das Hospital, oder, wie es sonst genannt worden, St. Michaelis des Erz-Engels, wie auch St. Annen, der Mutter Marien und Gangolphides Märtyrers Capelle, so von dem dreyzehenden Abte Ditmaro erbauet, und im Jahr Christi von Theodorico, Veronensischen Bischoffe, dazugewidmet worden, daß die Armen und Reisenden darinnen ihren Dienst sowohl abstatten, als die Verpflegung an Speise und Tranck darinnen haben sollten. Ferner die Nicolaus-Capelle, welche gleich bey dem Eingang des Closters gegen Mitternacht zur lincken Hand um deswillen angebauet worden, damit in derselben sowohl die Closter-Layen als insgemein das Weibes-Volck, denen nach der Ordens-Regul der Cistercienser, in der Charta Charitatis, in die grosse Closter-Kirchen zu gehen nicht vergönnet ward, ihren gemeinen Kirchen-Dienst verrichten könten, und vielen andern Capellen mehr.
§. 12. An diesem Orte war auch zur Zeit des Pabstthums eine sogenannte Brüderschafft aufgerichtet, welche darinnen bestand, daß sie ihre gethane Closter-Wercke denen aufgenommenen Brüdern und Schwestern mittheilete, sich derselben im Leben und Sterben zu bedienen, und denn, daß sie sowohl Ordens- als Layen-Brüder bei ihrer Ankunft in ihr Closter oder andre Güter willig, aufnahme und köstlich tractierte: Und rühmet der Halberstädtische Bischoff Vollrad von ihnen, daß sie sonderlich gegen ihre aufgenommenen Brüder im geistlichen und Layen-Stande die Gast-Freyheit bewiesen hätten.
§. 13. Dieses Closter hatte auch seine Advocatos, edlen Voigte oder Schutz-Herren, welcher Amt darinnen bestund, daß sie anfänglich das Closter oder Stifft und die Personen, so in selbigen waren nebst denen dazugehörigen Gütern in ihren Schutz nehmen und hernach die von denen Fundatoren und andern gethane Schenckungen mit confirmieren helffen musten; Wolte aber iemand sich an dem Closter, dessen Personen und Gütern vergreiffen, oder solche ihm disputirlich machen, so verbunde ihn seine Schuldigkeit, die Widrigen entweder mit Bezeugung der rechtmäßigen Besitzung oder mit Gewalt und Waffen davon abzuhalten.
§. 14. Weil nun eine Gräfin von Klettenberg eine Stiffterin dieses Closters gewesen, so ist auch das Jus Advocatiea denen Grafen und Herren selbigen Geschlechts von Rechts wegen zugekommen, nach deren Abgang solch Recht auf die Grafen von Hohenstein verfallen. Endlich haben sie sich dieserwegen an die Werningerodischen Grafen gewendet, und deswegen einen Contract mit ihnen geschlossen, dagegen sie sich aber hin wiederum reversiren müssen. (*)
§. 15. Dieses Closter hatte seine besondere Aebte, welche es selbst erwehlete, und zwar aus seinem eignen Orden. Die Mönche musten auch in diesem Closter bei Erwehlung eines Abts einer solchen Person ihre Stimme geben, welche in ihren Orden das Prüfungs-Jahr ausgestanden auch Profession gethan hatte, nach der Verordnung Pabsts Eugeni, und durfftte sich in solche Wahl weder ein Bischoff noch sonst iemand einmischen, noch weniger das Convent zu einem gewissen Subjecto zwingen lassen, laut der Bulle Pabst Gregori IX. sondern die Wahl muste freywillig geschehen nach denen vorgeschriebenen Solennitäten. Wenn solches vollzogen und die Wahl öffentlich kund gemacht, muste der neu erwehlte Abt gleichergestalt mit einem Eyde sich dem Convent verbindlich machen, daß er von den anvertrauten Clofer-Gütern nichts verkaufen noch verschencken, oder sonst davon veräußern wollte, sondern in allen so administrieren und sich selbst so aufführen, als alles zu verantworten stünde, auf welchen abgelegten Eyd ein Gebet oder die Collecte um glückliche Regierung abgesungen wurde.



(*) S. §. 3. des 2. Capitals des II. Theils von Leuckfelds Chronicke von Walckenried

§. 16. Der erste catholische Abt war Henricus, welcher anfänglich als ein Mönch in dem Cistercienser-Closter bey Cölln, Alten-Campen oder Altfeld genannt, gelebet, nachmahls aber wegen seines Fleißes und exemplarischen Wandels, damahliger Zeit Beschaffenheit nach, von der Stifftterin Adelheidis und feinen Confratribus zum Abt erwehlet worden. Nachdem er nun von An. 1127. biß 1173, in die 51. Jahr dem Closter vorgestanden, ist er in selbigem Jahre den 2. Martii in einem hohen Alter verstorben. Der letzte catholische Prælat in diesem Stifft war Paulus von Göttingen, der demselben in die 16. Jahr mit großer Treue vorgestanden, auch vor sich ein stilles mäßiges Leben geführet, und sonderlich dem Armuth viel Gutes erwiesen haben soll.
§. 17. Anno 1525. hatte dieses Closter in dem bekannten Bauren-Kriege ein hartes auszustehen. Die hiesigen Mönche, die schon an andrer Exempel so viel gelernet, wie diese ungebetene aber dabey frechen Gäste sich gerne in die Clöster zu logiren pflegten, wollten selbige in ihrer Abtey, auf welche sie ihren March gerichtet, nicht abwarten, sondern nahmen ihre Kleinodien samt denen besten Briefchafften, und wanderten damit zum Closter hinaus, theils auf Nordhausen, theils auf Goßlar, und sonst an sichre Oerter. Sie waren aber kaum mit ihrem Prælaten aus dem Closter gewandert, so fielen diese Bösewichter ein, eröffneten alsofort alle Zimmer, Gewölber und Keller, verzehreten, was sie funden, und was sie nicht verzehren kunten, verderbten sie. Sie schmissen dabey alles in Stücken, die Meß-Bücher und andere große Volumina legten sie anstatt der Schritt-Steine in den Koth, und giengen über selbige als über eine Brücke hin. Die Manuscripta und andre herrliche Briefschafften streueten sie ihren Pferden unter. Sie bemüheten sich durch große Hammer und Eisen ein großmetallenes Hand-Becken, welches Abt Friedrich Anno 1218. verfertigen lassen, zu ruiniren; Es war aber alle ihre Macht zu schwach, die ungeheure Becken zu zerschlagen, dahero schleppeten sie solches mitten auf den Platz zwischen der Kirche und Keller, und machten ein ziemlich großes Feuer, solches damit zu zerschmelzen, konten aber auch hiermit ihren Zweck nicht erreichen, weil das Metall nicht flüßig werden, noch weniger von der Hitze zerschmelzen wollte.
§. 18. Hierbey ruinierten sie den schönen Kirch-Thurn, die Glocke und das ganze Kirch-Gebäude, und ist solches in den folgenden Zeiten zu einer Behausung der Vögel und Füchse geworden. Die Grafen von Hohenstein, Heinrich und Ernst, Gebrüdere, begaben sich etzliche mahl in das Stifft zu den Bauren, und ermahneten sie auf das freundlichste, daß sie von ihren verkehrten Wesen abstehen sollten; Allein es wollte alles nichts heissen.
§. 19. Sie waren einstens so verwegen, daß sie, um ihren vermeinten Staat recht sehen zu lassen, in Gegenwart derer Grafen, mit ihrem Bauer-Instrumenten etzliche mahl aus dem Closter heraus gegen den Geyer-Berg rückten, und sich da selbst exercirten, wo selbst einsmahls ein Schaaf-Hirte aus Barthelfelde, Hannß Arnold, so zwischen beyden Grafen vor der Bauer-Armee hergieng, im Herumdrehen auf einem Beine zu Graf Ernsten sagte: Siehe, Bruder Ernst, den Krieg kan ich führen, was kanst du? Dem der Graf antwortete: Ey! Hanß, bist zufrieden, das Bier ist noch nicht in dem Fasse, darinnen es gähren soll. Welche Antwort etzlichen von denen umstehenden Bauern dermaßen verdrossen, daß sie den Grafen gewaltig würden abgeprügelt haben, wenn er nicht gute Worte gegeben, und sich von ihnen fortgemachet hätte.
§ 20. Anno 1564. ward ein Anfang gemacht, die Evangelisch-Lutherische Religion in dem Closter Walckenried einzuführen; Ein 10. Jahr darauf aber ward durch Vorsorge derer Herren Grafen von Hohenstein, wie in der ganzen Grafschafft Hohenstein, also auch in diesem Closter Walckenried die Evangelische Religion eingeführet. Anno 1629. in dem 30. jährigen Kriege liessen sich die Römisch-Catholischen angelegen seyn, die catholische Religion wiederum allhier einzuführen, und es mit Cistercienser-Mönchen zu besetzen, welchen sie auch einen Abt vorsatzten; Nachdem aber der neu-verordnete Abt vernommen, daß der Kayserliche General Tylli bey Leipzig den 7. Septembr. 1631. von den Schweden geschlagen und jenes Armee hin und her zerstreuet worden, diese aber die Flüchtigen durch das Halberstädtische und Thüringische verfolgeten, so machte sich auf diese erhaltene Nachricht der Abt aus dem Closter fort, und begaben sich anders wo hin.
§. 21. Hierauf ließ der Herzog zu Braunschweig, Christian Ludewig, sowohl unterschiedene gelehrte Schulmänner, als auch eine gute Anzahl von der studierenden Jugend in das Closter beruffen, dieselbigen mit zulänglicher Erhaltung und treuer Information versehen, und alle übrige Einkünffte davon zu des Stiffts Besten anwenden, daß er auch öffters selbst gesagt: Er begehre keinen Heller von denen geistlichen Stifftern in seinen Schatz, als welche zur Ehre Gottes und Auferziehung der Jugend gestiftet wären. Gott hätte ihm ohnedem so viel aus Gnaden im Zeitlichen geschencket, daß er wohl davon leben könte, und jener Güter nicht benöthiget wäre. Er ist auch zum öfftern selbst in das Closter kommen, und hat die Schulen visitiret, und sich gefreuet, daß so viel wackere Leute darinnen erzogen worden, womit hernach in seinen und andern Landen viel Stellen in geistlichen und weltlichen Aemtern sind besetzet und wohl von ihnen administriret worden. Nach Absterben dieses Durchlauchtigten Herzogs ist die Schule allgemach eingegangen, und endlich gar aufgehaben, die Intraden davon zu andern Gebrauch verwendet worden.
§. 22. Die in diesem Capitel enthaltenen Nachrichten sind ein Auszug aus des seligen Leuckfelds Historischen Beschreibung dieser vormahls berühmten Kayserlichen freien Reichs-Abtey Walckenried. Die Liebhaber der teutschen Geschichte haben Ursache diesem seligen Mann, wie vor seine andern Schrifften, also auch vor dieses mühsame und vollständige Werck, auch noch in der Erde allen Danck abzustatten. Es hat zwar der ehemahlige Hannoverische Cammer-Meister und Archivarius, Herr Johann Heinrich Hoffmann, ein besonderes Werck von Walckenried abgefaßt unter dem Titul: Rerumseu Antiquitatum Walckenriedensium libri ex Archivis aliisque monumentis fide dignioribus concinnati; Darinnen ebenfalls viel herrliche Sachen befindlich, welche wohl würdig, daß sie durch den öffentlichen Druck, den Liebhabern der Teutschen Geschichte in die Hände kämen; Es wird aber dieses Werck in dem Hannoverischen Archiv geschrieben aufbehalten. Der Herr J. F. Christius, der sich durch unterschiedene gelehrte Schrifften bekannt gemacht, hat zwar wieder des Herrn Leuckfelds Chronicon in feiner Noctibus Academicis in der Spec. III. p. 130. eines und das andere erinnern wollen, gedencket auch, daß demseligen Leuckfeld hierinnen ein Fehler beizumessen sei, da er in der Vorrede von denen Antiquitatibus Walckenriedensibus von des vorhin erwehnten Hoffmanns Wercke anführete, wie es aus 10. Büchern bestünde, da es hingegen nicht mehr als 3. Bücher in sich fassete. Jedoch, wer ist derjenige, dem nicht in diesem Stück sowohl als in andern bisweilen etwas menschliches begegnen sollte? Am besten ist, wenn man das Gute an wohl verdienten Männern erkennet und rühmet ihre Fehler aber entschuldiget und verbessert.

Das II. Capitel.
Von der jetzigen Beschaffen-
heit des Closters Walckenried.

§. 1. Dieses Closter, welches eine Stunde von Elrich gelegen, wird noch bis dato in dieser ganzen Gegend das Closter genennet. Es gehöret Ihrer Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit dem Herzog von Wolffenbüttel, welche allhier die Jarisdictionalia und Oeconomica durch einen Commissions-Rath, einen Amtmann und andre Oeconomie-Bediente besorgen lassen. Die Gegend, in welcher es angelegt, ist über die massen angenehm, indem es eine schöne Ebene von einer trefflich fruchtbaren Feld-Aue um sich hat; ohnweit davon aber entdecket man Wiesen und Gebüsche. Es hat auch treffliche, grosse und nutzbare Küchen- und Obstgärten um sich.
§. 2. Es ist mit einer großen Mauer umfasset, und siehet der Eingang oder das steinerne Thor in dieses Closter noch ziemlich Römisch-Catholisch aus. Über dem Eingang siehet man das Marien-Bild eingehauen. Es ist mit Schiefer gedeckt und mit zwei Thürnen besetzt. Man kan gar wohl erkennen, daß über dem Thore und bey dem Thore ehedem viel Gebäude müssen gestanden haben. Es ist zu verwundern, daß die Wuth der tumultuierenden Bauren diesen Eingang in das Closter nicht auch ruiniret. Wenn man zu dem Thore hineinkömmt, siehet man die Gebäude der jetzigen Einwohner dieses Closters, oder jetzigen Städtgens oder Fleckens. Die Häuser sind ganz reinlich erbauet, mit Ziegeln überdeckt, und meistens übersetzt. Ich kan zwar die Anzahl der Feuer-Stätte nicht gewiß bestimmen, jedoch halte ich davor, daß deren über 100. seyn mögen. Ob beständig von alten Zeiten her soviel Gebäude um das Closter herum gebauet gewesen, oder ob solche in denen neuern Zeiten aufgeführet worden, ist mir nicht bekannt.
§. 3. Von denen Überbleibseln der ehemahls schönen Kirche siehet man noch so viel stehen, als der selige Leuckfeld auf den Kupffer-Stichen, die er einem Wercke anfügen lassen, angezeiget; Jedoch vermindern sich auch diese Rudera von Zeit zu Zeit. Anno 1712. sind in die 200. grosse Werckstücke zu einem Pfeiler an die Kirche zu St. Blasii nach Nordhausen verehret worden. (*) Bey dieser Kirche lieget die Seite gegen Mitternacht beynahe gänzlich in ihrem Verfall. Das Gewölbe gegen Morgen, wo der Thurn und hohe Altar gestanden, ist auch noch vorhanden, auch der Eingang der Kirchen gegen Abend. Aus denen hohen Mauren, und der Länge und Breite dieser Kirche, die man noch erkennen kan, muß man sich gewiß über die Pracht des ehemahligen Gebäudes verwundern.



(*) S. M. Kindervaters Gloria templi Blasiani.

§. 4. Die schönen hohen Creutz-Gänge sind auch noch zu sehen, die nach der alten Art theils an der Decke, theils auf denen Seiten bemahlet. Das metallene Becken, von dem in dem vorhergehenden gehandelt worden, welches zu der Zeit, wie der selige Leuckfeld sich hier umgesehen, noch vorhanden gewesen, siehet man jetzund nicht mehr hier, sondern es soll vor einigen Jahren nach Salzthalen geschafft worden sein. Es soll acht Röhren gehabt haben, aus welchen das Wasser wie in Fontainen gesprungen. Dagegen läuft jetzund das Wasser durch eine Röhre in einen gemeinen Trog. In dem Creutz-Gange kan man auch noch etwas erkennen von dem Grabstein Libori Hirschens, von dem der selige Leuckfeld anführet, daß er noch unverletzt sey, er wird aber immer von Zeit zu Zeit unkenntlicher. Da ich mich in diesem 1737. Jahre in diesem Closter umgesehen, so habe ich das meiste noch in eben dem Zustande angetroffen, wie es der Herr Pastor Primarius Schamelius, bemercket hat. (*)
§. 5. Die jetzige Closter-Kirche ist noch im verletzten Zustande und zu verwundern, daß solche bey dem Einfall der Bauern nicht auch ganz ruiniret. Sie ruhet auf 6. wohl ausgearbeiteten steinernen Pfeilern, und ist bei dem Römisch-Catholischen Zustande, das Capitul-Haus gewesen, in welchen der Abt mit seinen Brüdern Convent zu halten pflegte. Nachdem die ehemahlige Stiffts-Kirche eingeäschert worden, hat der letzte Abt Georgius solches zur Closter-Kirche verordnet. Man findet in selbiger das Monument des letztern Grafens von Hohenstein, der in dieser Kirche begraben lieget. Er ist im Marmor ausgehauen, und kniet in Lebens-Grösse und in seiner völligen Rüstung vor einem Crucifixe, und ist sehr wohl ausgearbeitet. 



(*) S. seine Beschreibung des Closters Roßleben.

Nicht weniger siehet man noch darinnen aus dem Pabstthum einen Leuchter mit einem Marien-Bilde und dem Christ-Kindgen, in gleichen einige Statuen der Heiligen, die noch von denen ehemahligen Papistischen Zeiten her sind. Ohnweit von diesem jetzigen Closter-Gebäude wird noch ein gewisses kleines Behältniß in einer Mauer gezeigt, in welches die Mönche den seligen Vater Lutherum, als er einstens in dieses Stifft gekommen, und sich einige Tage hier aufhalten wollen, von oben in eine sehr große Tiefe hinunter zu stürzen willens gewesen. Der Eingang in dieses gefährliche vor ihn bestimmte Behältniß hat den Schein einer kleinen Capelle oder Celle. Sobald er aber die Thüre eröffnet hätte, wäre der hölzerne Boden so zu gerichtet gewesen, daß er, wann er darauf getreten, hinunter gestürtzet wäre.
§. 6. Von denen übrigen ehemahligen alten Gebäuden siehet man noch unterschiedene stehen. Über dem Mönchs- oder Creutz-Gange wird noch der Saal gezeigt, welches man den Zauber-Saal nennete; doch jetzund verdienet er wohl nicht mehr den Nahmen eines Saals. Es ist nichts mehr als ein alter wüster Boden, der unter der Bedachung stehet. Auf diesem so genannten Saale soll sich zu der Zeit, da eine noch weit-berühmte Schule hier gewesen, nachfolgende wunderliche Sache mit einem Schüler zugetragen haben, davon er auch den Nahmen des Zauber-Saales erhalten. Die Schüler haben einstens an diesem Ort zur Lust ein Zeichen geleget, um zu versuchen, wer unter ihnen darüber und am weitesten springen könte. Indem nun solches geschiehet, träget sichs zu, daß ein Knabe, der dem Bericht nach von Elrich gewesen, und Damius geheißen, darüber auf einen gewissen Platz springet, und nicht wieder davon kommen kan, es mögen ihn auch die mitspielenden Knaben reissen und zerren wie sie wollen. Endlich zeigen sie es dem Rektor an. Dieser findet den Knaben noch unbeweglich, kan ihm aber so wenig helfen als die Schüler: Es fällt ihm bey, daß solches von einer zauberischen Beschwehrung herrühren müste, und saget wider den Knaben, er soll allenthalben fleissig um sich sehen, ob er nicht etwan einige Schrifft gegen Süden aber etzliche Characteres siehen, welche er theils herlesen, theils beschreiben oder Zeichen erblicken könte. Der Knabe thutes, und wird über sich einen Circul gewahr, siehet auch an der steinern Wand nach Osten eine Griechische Schrift, gegen Süden aber etzliche Characteres stehen, welche er theils herlesen, theils beschreiben muß. Der Rektor verstehet hieraus soviel, daß in der Mauer ein Schatz verborgen, und derjenige, welcher zu der Zeit, da solches geschehen, mit seinen Füssen den auf die Erde gemachten Punct berühren würde, solte im Stande seyn das Verborgene zu offenbahren. Sobald der Rector dieses verstehe, wird der Knabe wieder loß, und gehet aus dem beschwornen Circul heraus, wo er hin will.
§. 7. Was der damahlige Rektor weiter mit diesem Schatz vorgenommen, davon sind die Erzehlungen unterschiedlich. Einige sagen, der Rector hätte diesen Schatz heimlich vor sich herausgehohlet, und niemand etwas davon entdecket; Andere aber melden, er hätte solches angezeiget, da man denn nach dessen Anweisung ein steinern Geschirre mit Gelde eingemauert gefunden. Solch Geld soll sehr dünnes Schlages, auch so groß als ein Orts-Thaler gewesen sein, welches hernach mit dem Geschirre Herzog Christian Ludewigen nach Zelle übersendet worden.
§. 8. Einige geben vor, daß vor Alters Basilius Valentinus, unter dessen Nahmen viele Chymische berühmte Schriffen gedrucket worden, sich in diesem Closter aufgehalten, und meinen daher, dieser auf dem Zauber-Saal gefundener Schatz wäre kein Geld, sondern der Stein der Weisen gewesen.
Viele erzehlen, es hätten auf diesem Zauber-Saale curiöse Leute sich die Mühe gegeben, und der Metall-Ruthe bedienet, um zu versuchen, ob nicht in diesen Gegenden, wie sichs der gemeine Mann einbildete, noch mehr von denen Mönchen mit gewissen Beschwerungen eingemauerte Schätze darauf verhanden wären: Die Wündschel-Ruthe hätte auch einige Anzeigungen gegeben, es hätte sie aber alle, ob es gleich am hellen Tage gewesen, ein Schrecken überfallen, und wäre ihnen vorgekommen, als wenn ein Wind durch ihnen hingegangen, und hätte sie bei denen Haaren bis an die Decke gezogen. (*)
§. 9. Der Ort, wo der Schatz soll verborgen gewesen sein, wird noch bis dato gezeigt, und habe ich ganz eigentlich in Augenschein genommen. Er ist unten in der Mauer an einem Fenster, und zwar auf der rechten Hand, wenn man auf diesen alten Boden Abendwerts hinein tritt. Die Mauer ist hohl, und man hat den obersten Stein herausziehen können wie einen Deckel von einem hölzernen Schub-Lädgen, daß also gar wohl ein ziemlich langes jedoch nicht sogar breites Kästgen darinnen sein können.



(*) S. Berens curiöse Beschreibung des Hartz-Waldes.

S. 10. Von hieraus gehet man nach dem Gbäude, in welchen die Schüler zu der Zeit, wie eine Schule hier angeleget gewesen, sich aufgehalten. Man siehet die große Menge der kleinen und von einander abgesondert gewesenen Zellen noch in guten Stande, müssen aber jetzund Getryide-Cammern abgeben. Der letzte Rektor soll M. Johann Moerinus gewesen sein, welcher von Anno 1659. bis 1668. nebst dem Pfarr-Amt auch zugleich die Schule versehen. Nachdem sie aber in denen folgenden Jahren ganz in Abgang kommen, hat er seinen Stab nebst denen übrigen Schul-Collegen weiter setzen und sich nach Braunschweig begeben müssen. Jetzund befindet sich allhier von Geistlichen Personen ein Inspector, der in der Closter-Kirche prediget, wie auch ein Cantor, der von der Durchlauchtigsten Herrschafft seine Besoldung bekommt, und die Schul-Jugend dieses Closters oder Fleckens, ohne von ihren Eltern weiter etwas abzufordern, umsonst informieren muß.
§. 11. Die Mönche dieses ehemahligen Closters sollen große Liebhaber von denen Jagden gewesen sein, und dieser wegen mit denen Herren von Adel der benachbarten Grafschafft Hohenstein manche Zwistigkeit gehabt haben. Als nun unter andern ein gewisser von Adel, des Geschlechts von Mitschepfahl, mit einem Mönch, der ihm öffters ins Gehege gekommen, zu vielen mahlen Streitigkeiten gehabt, und dieser Mönch aller Drohungen ungeachtet, die ihm dieser wegen geschehen, in seiner Turbation beständig fortgefahren, so hat ihm endlich dieser von Adel, um sich wegen seiner gestöhrten Jagden an ihm zu rächen, ein solch eisern Hals-Band umgeleget, daß der Mönch darüber crepiren müssen. Es wird von dem Kirchner, der die Fremden herum führet, noch bis dato gezeiget, und ist von einer sonderlichen Erfindung. Wann dieser eiserne Hals-Kragen um den Hals gethan, so wird es mit einem Schlosse zu geschlossen, als denn fahren eiserne Stacheln heraus, die sich nach dem Halse zukehren, und eine solche Empfindung zuwege bringen, die auch wohl den Tod verursachen.
§. 12. Von denen ehemahligen Closter-Gebäuden sind die Keller noch im guten Zustande. Nach der Zeit, wie dieses secularisiret und in ein Fürstliches Cammer-Guth verwandelt worden, hat man unterschiedene Gebäude, als Brau-Malz-Häuser u. s. w. hier angeleget. Dieweil es auch zur Jagd wohl gelegen, und schöne Waldungen in hiesigen Gegenden anzutreffen, so wird es auch gar öffters von der Hochfürstlichen Wolffenbüttelischen Herrschafft besuchet, und ist in denen neuern Zeiten ein Fürstliches Jagd-Hauß hier erbauet worden.

Das III. Capitel.
Von einigen Naturalien um
das Closters Walckenried.

§ 1. In hiesigen Gegenden finden sich grosse Kalck-Berge, die nach der Bewandniß dieser Berge am manchen Orten hohle, daß man in selbigen heils hinein gehen, theils kriechen kam. Der gemeine Mann mennet sowohl hierum, als auch in manchen andern Gegenden, wo sich der gleichen zeigen, Zwerg-Löcher, weil sich einige einbilden, es hätten in denen alten Zeiten an hiesigen Oertern Zwerge gewohnet, die sich in die diesen Höhlen aufgehalten. Dieses Volck will lauter außerordentliche Sachen haben. Hier sollen es Zwerge seyn; Wenn sie in andern Höhlen hingegen entweder grosse Knochen von Thieren, oder auch Stücken von dem so genannten Unicornu fossili antreffen, welche einige Aehnlichkeit mit denen menschlichen Gebeinen haben, nur daß sie dieselben an der gewöhnlichen Grösse übertreffen, so geben sie solche vor Knochen der Riesen aus, die in diesen Gegenden ihren Sitz aufgeschlagen hätten.
§. 2. In diesem Stiffte sollen bei Hohengeist Kupffer-Erze oder Risse von verschiedenen Farben, und auch mit einem braunen Mulm, davon der Centner 38. Pfund Kupffer und 25. Pfund Eisen gehalten, auf der so genannten Elisabeth angetroffen worden sein. Man findet dergleichen, nach Anzeige des Herrn D. Bruckmanns in einigen Mineralien-Cabinettern. Jetzund aber brechen diese Erze nicht mehr in hiesigen Gegenden.
§. 3. Der Eisenstein aber zeiget sich hierum, nicht minder ein Zinnober-Erz. Ich habe dergleichen selbst in dem vollkommenen Mineralien-Cabinet des Herrn Zehentner Schlüters in Goßlar gesehen. Es ist in der Halle gefunden worden, aber noch nicht in Anbruch. Sollte dieses Zinnober-Erz sich völlig entdecken, so würde dieses vor die Durchlauchtigste Landes-Herrschafft eine sehr vorheilhaffte Sache sein. Einige stehen dieser wegen in großer Hoffnung.
§. 4. Eine besondere Curiosität hiesiger Gegenden ist auch der hierum ganz nahe an dem Closter gefundene Dendritte oder Baum-Stein, dessen der fleißige Physicus und von mir sehr hoch und werth geschätzte Herr Con-Rector Ritter zu Ilefeld §. 20. seiner Lucubratiunculae de Alabastris Hohensteinenfibus nonnullisque aliis ejus dem loci rebus naturalibus Erwehnung thut. Er besitzet diesen Stein in seinem schönen Naturalien-Cabinet, und habe ich ebenfalls das Vergnügen gehabt, solchen, nebst seinen übrigen Curiositäten, in Augenschein zu nehmen. Er kommt aus einer Erz-Grube, die jetzo ungebauet lieget, an der Farbe Ascher-grau, und dabey so zart und subtil, daß dessen Blättergen, wie sie nach Art der Schiefer-Steine über einander liegen, kaum so starck als ein Blatt Pappier. Man siehet darauf nach der schönsten Miniatur-Arbeit kleine Bäumgen und Sträuchelgen von schwärzlicher Farbe, die an denen Bergen und Felsen zu hängen scheinen. Das curieuseste ist, daß man auf selbigen auch den wolckigten Himmel erkennen kam, und sehen die Wolcken aus, als wenn sie von dem zärtesten Pinsel mit ganz frischen, hellen und lebhafften, gelben, rothen und röthlichten Farben gemahlet wären. Sie haben eine grosse Aehnlichkeit mit denen natürlichen Farben des Himmels, die sich an den Wolcken bey dem Untergange der Sonne zeigen.
§. 5. Die andere Seite dieses Dendrittens stellet ebenfalls nach der Mahlerey-Kunst bey lebhafften, rothen und röthlichten Farben eine tiefe offene Höhle in einem Berge vor, die mit Bäumgen und Sträuchergen ausgezieret. Die Vorstellung des Himmels aber zeiget sich hier ohne Wölckgen. Der Herr Besitzer gedencket, daß ein glaubwürdiger Mann, von dem er diesen Stein empfangen, ihn versichert hätte, wie er aus eben dieser Grube einen gemahlten Stein gesehen, auf welchen sich zugleich ein Fisch mit rothen Flecken, die wie Blattern auf ihm gesessen. Dieses angenehme Schau-Spiel, aus welchen man das Spiel der Natur, oder vielmehr die Weißheit und Allmacht des Urhebers der Natur erkennen mögen, hätte einem jeden ein besonders Vergnügen erwecket.

Die sechste Abtheilung.
Von dem
Ober-Harz, und einigen
ihm angränzenden Staädten,
Gegenden und Naturalien
des Fürstenthums Gru-
benhagen..



Das VII. Capitel.
Von der Stadt Lutterberge.

§. 1. Diese Stadt ist vier Meilen von der Reichs-Stadt Nordhausen und zwei Meilen von Andreasberg gelegen. Sie ist in dem Thale zwischen den Bergen hingebauet. Ob dieses Ortes Benennung so viel als Lauterberg andeuten soll, weil lauter Berge hierum anzutreffen, lasse dahin gestellet seyn. In diesen Gegenden fänget sich der rauhe Ober-Harz von dieser Seite an, und der Feldbau höret nunmehr auf. Sie gehört unter Chur-Hannover, und ist ein Churfürstlich Hannoverisches Amt allhier. An dem hier vorbei fliessenden Oder-Strohm ist eine Eisen-Hütte, eine Kupffer-Hütte und vor einigen Jahren auch zugleich eine Stahl-Hütte angelegt worden.
§. 2. In der alten Teutschen Historie waren die Grafen zu Lauterberg ein berühmtes Geschlecht. Sie breiteten sich in drei Aeste aus als in die Lauterbergische Klettenbergische und Scharzfeldische Linien führeten aber sämmtlich nur ein Wappen. (*) Sie haben das Schloß Lauterberg erbauet, von welchem auf einem Berge ohnweit der Stadt noch einige wenige Überbleibsel zu sehen. Kramtius erwehnet dieser Grafschafft in seine Saxonia Libr. VIII. Cap. 32.
§.3. Diese Grafen von Lauterberg haben im Zwölfften, dreizehenden und dem Anfang des vierzehenden Jahrhunderts floriret, es wird aber sehr schwehr seyn ein ordentliches Stamm-Register von ihnen heraus zu bringen. Ein Graf von Lutterberg Heidenreich hat an das Kloster Pölde eine Donation gethan. In diesem Kloster liegen auch viele von den Grafen begraben. Anno 1143. starb Grafens Cunonis zu Lauterberg Sohn, Graf Hermann, Edler Herr zu Pöld, und ward in hiesiger Gräflichen Capelle beerdiget. Er wird von einigen vor den letzten seines Geschlechts ausgegeben. Nach dessen Absterben soll Herzog Heinrich der Löwe diese Grafschafft nebst Herzberg und Rotenberg an das Fürstliche Hauß Braunschweig-Grubenhagen gebracht haben. (**)
§. 4. Andere hingegen gedencken, daß Heilo, der bei gewissen Privilegiis Anno 1282. als Zeuge mit angeführt wird, der letzte gewesen, und nach dessen Tode, weil er ohne Erben verstorben, diese Grafschafft auf die Herzog von Braunschweig-Grubenhagen verfallen. (***) Da so unterschiedenene Häuser dieser Grafen gewesen, die nicht alle zu gleicher Zeit auf einmahl ausgegangen, so kan bey einer solchen Anzeige unter den Geschicht-Schreibern gar leicht eine Unordnung und Unrichtigkeit erwachsen.



(*) S. Pfeffingers IV: Theil seiner Braunschweigischen Geschichte p. 831.
(**) S. Lucae Grafen-Saal p. 288.
(***) S. Hamelmanni opera Genealogico. Historica Lib. II. de familiis ex mortuis.

§. 5. Anno 1327. hat Graf Otto von Lutterberg in den Creutz-Gängen der Stiffts-Kirche des Closters von Walckenried, wo auch mehre von diesen Grafen begraben liegen, zuerst vor seine verstorbene Gemahlin Jutten oder Judithen, so eine gebohrne Gräfin von Eberstein gewesen, eine Begräbniß-Mahl aufführen lassen, dabey aber die Verordnung gemacht, nach seinem Tode daselbst gleichfalls zu liegen. Er hat auch in eben diesem Jahre 2. Zehenden in dem Dorffe Odingerode bey Duderstat an das Closter geschencket und dafür von denen Mönchen begehret, daß sie gegen das Grab der Judithen einen Altar aufführen, und auf demselben genugsame Seelen-Messen für ihn und die Seinigen halten sollten. Die übrigen Einkünffte davon sollten sie bei dem jährlichen Leich-Begängniße verzehren. Diese Donation hat er in seinem und seiner beiden Söhne Ottonis und Heifonis wie auch seiner übrigen Erben Nahmen aufgerichtet. (*)



(*) S. Des seligen Leuckfelds Chronicon von Walkenried p. 322.

§. 6. Nach Abgang der Grafen von Lutterberg und Scharzfeld, fielen diese Grafschafften an die Herzoge von Braunschweig-Grubenhagenischer Linie, welche denn die Grafen von Hohenstein damit belehneten. Anno 1402. soll Herzog Friedrich zu Braunschweig-Einbeck und Grubenhagen seiner Schwester Ehe-Gemahl, Graf Henrichen zu Hohenstein, das Hauß Lauterberg für 110. Marck löthigen Silbers Nordhäußischen Gewährs verpfändet oder wiederkäufflich abgetreten haben. (*) Anno 1456. aber soll es durch einen beständigen Kauff dem Gräflichen Hause Hohenstein übergeben worden sein.
§. 7. Wie nun Graf Ernst von Hohenstein, als der letzte dieses Hauses, Anno 1593. dieser Zeitlichkeit entrissen ward, und sein Gräfliches Wappen zugleich mit ihm beerdiget worden, so fielen die Grafschafften Lutterberg und Scharzfeld an Herzog Wolfgangen und Philippen, Gebrüdere zu Braunschweig und Lüneburg und Fürsten zu Grubenhagen, wieder zurücke.
§. 8. Diese Gegend soll die reicherte Kupffer-Erze auf dem ganzen Harze besitzen. Es zeigen sich hierum braun-rothe Kupffer-Erze, Violettene Kupffer-Kieße, Kupffer-Kieße in braunen und weissen Spath, schöne blaue Sand-Erze, und grün glänzende Spath-Kupffer. Die Preiße der Kuxe und Gruben im Lutterberger-Forste sind in dem Monath Augusto dieses 1737. Jahres ohngefehr folgende gewesen: Die Kupffer-Rose 40. Rthlr. Lautenbergs Glück. 20. Rthlr. Lutters-Segen, Aufrichtigkeit im engen Thale, Freudenberg, Frische Lutter 20. Rthlr.



(*) S. Pfeffingers Braunschweig-Lüneburgische Historrie I. Theil p. 173.

Das XIII. Capitel.
Von der Berg-Festung
Scharzfels.

§. 1. Dieses Churfürstliche Hannoverische Amt und Berg ist ganz nahe an dem Oder-Strohm gelegen, 1. Meile von Herzberg und 2. Meilen von dem Closter Walckenried, in einer angenehmen Gegend. Es ist auf einem ziemlich hohen Berg und Felß erbauet, daher es auch Scharzfeld genennet wird, wiewohl es auch einige Scharzfeld schreiben. Das Schloß, auf welchem ein Comundant mit einer Garnison lieget, bestehet theils aus alten theils aus neuen Gebäuden. Von denen alten Gebäuden siehet man noch einen alten dicken Thurm mit andern Mauerwerck.
§. 2. In den ehemahligen Zeiten ist es vor eine trefliche Festung angesehen worden, und gedencket Zeilerus in seiner Topographie von dem Herzogthum Braunschweig-Lüneburg p. 183. man hätte weder in denen ältern noch neuern Zeiten erfahren, daß diese Festung von einem Feinde wäre erstiegen oder erobert worden. Eine Ecke davon sind ganz nahe an dem Oder-Strohm ein Wirths-Hauß nebst einigen andern Häusern aufgebaut, und jenseit des Oder-Strohms hat man vor einigen Jahren ein Churfürstlich Vorwerck angeleget, so der Neue Hoff genennet wird. Man siehet hier ein neugebauetes steinernes Wohnhaus nebst unterschiedenen Wirthschaffts-Gebäuden, wie auch einen gar nutzbaren Garten.
§. 3. Die Grafen von Scharzfeld sind in der alten teutschen Historie gar bekannt gewesen. Sie sollen im X. Seculo ihren Anfang genommen haben. Im Jahr Christi 864. soll ein Graf von Lutterberg, Werner genannt, gelebet haben, so 3. Söhne gehabt, davon der erste Boldewinus Anno 933. Graf zu Klettenberg, der andere Güntzel Graf zu Lutterberg, und der dritte Bodo Graf zu Scharzfeld gewesen, und also die gesammte Grafsschafft in drey Theile in die Erbschafft getheilet worden. Graf Sigbode, oder auch Sigebothe soll zu Zeiten Kaysers Lothari II. und Conradi III. gelebet und von Anno 1134. biß 1150. und weiter den Titul eines Grafen von Scharzfeld geführet haben.
§. 4. Dieser hatte 3. Kinder, erstlich eine Tochter, so er an Graf Henrichen von Buch vermählete, die ihm auch einen jungen Herrn zur Welt gebahr, so aber gar jung Anno 1156. verstarb, und in das Closter Pforte begraben ward. Vor sein Begräbniß gaben die Eltern dem Closter das Dorff Odesfurth mit allen Gerechtigkeiten. Hernach hatte er noch 2 Söhne, Graf Sigboden, den jüngern, und Graf Burchharden. Der erste halff Anno 1186. ein Privilegium des Ertz-Bischoffs zu Mayntz vor das Closter Reinhardtsbrunnen und zwei Jahre darnach das Recht, so Kayser Friedrich auf dem Schlosse Altstedt dem Stifft und Convent zu Walckenried gegeben, vor sich einen Prälaten zu erwehlen, als ein Zeuge confirmieren helffen. Wie er denn auch noch Anno 1188. bey Kayser Friedrichen in Goßlar gewesen, wie ein Gandersheimisch Privilegium bezeuge, und ist endlich ohne Erben verstorben. Sein Bruder Burchhard hatte also die Scharzfeldische Grafschafft allein in Posseß, und bekam durch Verleedigung der Lutterbergischen Grafschafft auch solche noch dazu. Weilen er nun drey Söhne erzeuge, nehmlich Burchharden und Heidenreichen, so nahm nach des Vaters Tode Graf Heidenreich die Grafschafft Lutterberg, Graf Burchhard aber die Grafschafft. Scharfeld.
§. 5. Graf-Burchhard hielt es mit Kayser Philippo wider König Otten, und halff ihm Weißensee Anno 1204. einnehmen, wohnete auch Anno 1208. zu Mayntz der berühmten Tagesatzung mit bey, so daselbst von vielen Bischöffen und sächsischen Grafen gehalten wurde. Anno 1212. ist er auch in Nordhausen bei dem Kayserlichen Beylager Ottonis IV. mit Kayser Philippi Tochter Beatrix zugegen gewesen, und hat ihm daselbst seine Treue versprochen; drei Jahr aber darauf, als Kayser Otto von dem neu-erwehlten Kayser Friedrichen dem II. verfolget wurde, trat er auch diesem letztern bey, wie er dann Anno 1215. dem von diesem Kayser zu Würzburg dem Stifft Walckenried gegebenen Privilegio als ein Zeuge mit angeführet wird dergleichen auch Anno 1219. gechicht, als dieser Kayser dieses Closter mit ansehnlichen Privilegiis in der Stadt Nordhausen versiehet.
§. 6. Anno 1221. hat er mit seinem Bruder Heidenreich dem Closter Poelde den Zehenden in Hermelingerode und Hagen geschencket, nach welcher Zeit er verstorben, und 3. Söhne seines Nahmens hinterlassen, als Burchhard den ältern, Grafen zu Scharzfeld, Burchhard den Struven, Graf zu Lutterberg, Burchhard den Struffen, Grafen zu Lutterberg, Burchhard den weißen, Grafen zu Lutterberg. Der erstere und ältere Burchhard aber erhielt die Scharzfeldische Grafschafft, und wird Anno 1226. mit seinen Brüdern als Zeuge angeführet, in dem Schutz-Brief, so Herzog Henrich zu Sachsen und Pfalz-Graf beym Rhein dem Closter Pelde gegeben.
§. 7. Alle drey Burchardi werden mit dem Zusatz der Aeltere, der Weiße und Struffe als Grafen angeführet, als ihr Vetter Graf Heidenreich Anno 1228. das Guth Königshagen an das Kloster Poelde überliß. Der ältere Burchard ist noch vor dem 1241ten Jahre verstorben und ins Closter begraben worden. Er hat mit seiner Gemahlin Adalana 2 Söhne hinterlassen, als Graf Burchharden und Graf Sieboden beyde zu Scharzfeld. Der jüngere hat sich meist in der Fremde und im Kriege aufgehalten, und bezeuget sein Bruder selbsten, daß er in solchem gefangen worden, iedoch ist er Anno 1174. wieder emlediget gewesen, zu welcher Zeit er mit seinem Bruder dem Kloster Poelde den vierdten Theil von dem Zehenden und 2. Hufen Landes in Kleinhagen geschencket, jedoch ist er ohne Kinder gestorben.
§. 8. Sein Bruder, Graf Burchhard, so eine gebohrne Gräfin von Eberstein hatte, zeugete mit solcher, wie er selbst in einem Donations-Briefe vermeldet, 6. Söhne, nemlich Heidenreichen, Sigboden, Burchharden, Ernten, Herrmannen und Henrichen, alle Grafen zu Scharzfeld, welche aber sämtlich, entweder ganz jung, oder ohne Erben abgestorben, indem man von ihnen nichts mehr aufgeschrieben findet, ausser von dem ersten, der ein Dom-Herr in Halberstadt gewesen, und An.1281. als ein Zeuge mit angeführet wird, wie auch Anno 1290. in einer Bulle so Bischoff Völlrath in Halberstadt erheilt, da er unter denen Dom-Herren der erste Zeuge mit ist. Der andre war ein Geistlicher Herr in Hildesheim, dessen Anno 1246. gedacht wird. Mit dem Schluß das XIII. u. Anfang des XIV. Jahrhunderts ist diese Grafen-Linie von Scxharzfeld ausgegangen, und die Grafschafft auf ihre Vettern von Lutterberg verfallen. In des seligen Leuckfelds Antiquitatibus Poeldenfibus, oder Historischen Beschreibung des vormahligen Stiffs-Poelde und zwar im 13. Cap. findet man eine Genealogische Stamm-Tafel der Grafen von Scharzfeld, nebst demjenigen, was ich in dem vorhergehenden angeführt, und daraus entlehnet.
§. 9. In was vor besondern Ansehen diese Grafen in denen ehemahligen Zeiten gestanden, erkennet man auch daher, weil die Kayser Ottones ihnen bei ihrer Abwesenheit die Schutz-Gerechtigkeit über das Closter Poelde anvertrauet. Es find viele von ihnen in dieses Closter begraben worden, und kan auch hiervon bey dem seligen Leuckfeld in der vorhin angeführten Schrifft ein mehrers nachgelesen werden.
§. 10. Wer das alte Schloß Scharzfeld erbauet, kan mit keiner rechten Gewißheit bestimmet werden. Einige wollen vorgeben, es wäre im X. Jahrhundert Annno 930. von Grafen Bodone zu Lauterberg erbauet worden. (*) Andere Geschichtschreiber hingegen behaupten, die kostbahre Erbauung dieses Schlosses wäre albereits in denen heynischen Zeiten geschehen, immassen keiner von denen, die zu Zeiten des Christenthums gelebet, von dessen Bau Meldung thäten, welches doch wohl sonst würde geschehen sein. Die Historie vor dem Grafen Bodone wäre gar sehr in Zweiffel zu ziehen. (**)
§ 11. Als im XI. Jahrhundert Grafen von Lutterberg oder Schartzfeld allhier wohnhafft gewesen, soll Kayser Henrich der V. zu eines damahls hier residirenden Grafens Ehe-Frau eine ungeziemende Liebe getragen, den Grafen Anno 1080. in das Closter Poelde zu sich erfordert und denselben mit geworbener Mannschaft an fremde Oerter verschicket haben, worauf sich dann der Kayser durch Rath und Beyhülffe eines Mönchs aus Poelde der Gräfin bemächtiget, und seine Absicht zu Wercke gerichtet. Wie dieses geschehen, soll ein Gespenste, welches vorher an dem hohen Thurme in Schlosse auch in der Küche mancherley Gauckelspiel getrieben, durch den Thurn in die Luft gefahren sein, die Dachung von Thurme mit hinweg genommen und in der Luft geschrien haben, daß diese verübte böse That mehr dem Mönche als dem Kayser beyzumessen wäre. Von derselben Zeit an hätte keine Dachung mehr auf diesem Thurme bleiben können. Was man am Tage gebauet, wäre in der Nacht wieder eingerissen worden. Ob nun schon dieses Histörigen in unterschiedenen Schrifften angeführet wird, so ist doch wohl zu vermuthen, daß solche mehr den Fabeln und Gedichten, als denen wahren Geschichten beyzuzehlen.



(*) S. Lucae Grafen-Saal p.288.
(**) S. Calvoers Saxonia inferior antiqva p.497.

§ 12. In denen folgenden Zeiten soll das Hauß Scharzfeld an das Erz-Stifft Magdeburg gekommen sein, ob man schon nicht weiß, auf was vor Weise solches geschehen. Bey diesem Erz-Stifft ist es auch so lange geblieben, bis Kayser Lotharius III. An. 1133. zu Goßlar mit dem Erz-Bischoff Noriberto einen Umsatz getroffen. Der Erz-Bischoff erhielt die damahls zum Reich-gehörige Abtey Alsleben an der Saale zu seinem Erz-Stifft; der Kayser hingegen das Schloß Scharzfeld. Es ist aber in solchem unmittelbahren Stande nicht lange geblieben, sondern Kayser Friedrich der I. hat es Anno 1157. gegen andere Güter und Stücke anderweit vertauschen, und samt dem benachbarten Hause Herzberg, und dem alten berühmten Königlichen Flecken Poelde Henrico Leoni, Herzogen zu Braunschweig-Lüneburg und dessen Nachkommenschafft erb- und eigenthümlich abgetreten.
§. 13. Die Herzoge von Braunschweig belehneten die Grafen von Hohenstein wieder mit diesem Schloß, und starb auf selbigem An. 1552. Graf Ernst senior von Hohenstein, wiewohl noch in der Römischen Religion, von da dessen Cörper durch einige catholische Mönche in das Closter Walckenried auf einem Wagen gebracht worden. Unterwegens haben sich die Mönche in Holze bey der Sache mit der Leiche verirret, daher der Sohn des verstorbenen Grafens, Herr Volckmar Wolffgang, gesagt: Die Mönche haben meinen Herrn Vater in Leben verführet, nun wollen sie ihn auch im Tode verführen. Worauf er endlich in das Begräbniß derer abgestorbenen Grafen von Hohenstein gesencket worden. (*)
S. 14. Nach Abgang derer Grafen von Hohenstein ist diese Festung an Braunschweig verfallen, und bis auf diese Zeit beständig dabei geblieben.
§ 15. Ohnweit der Festung trifft man die beruffene Höhle an, die nach Behrens Anzeige eine teutsche Meile lang sein soll. Es sollen deren unterschiedene, eben so wie in der Baumanns-Höhle, hinter einander liegen, da man aus einer in die andere kriechen muß. In diesen Höhlen soll es auch sehr kalt sein, und oben an der Decke unterschiedene Löcher eingegraben seyn, welches vermuthlich Lufft-Löcher gewesen, die zu der Zeit gegraben worden, worinnen sich die Leute aus Furcht vor den Feinden in Kriegs-Zeiten aufgehalten. In dieser Höhle findet man sowohl den Tropffstein, als auch das gegrabene Einhorn. Es zeigen sich darinnen Knochen, die ihrer viele vor Knochen von Riesen ansehen wollen. Es haben aber gelehrte Männer albereits zur Gnüge gezeiget, daß die Riesen in diese Gegend nicht gekommen. Der Herr D. Bruckmann, der solche in seiner XXXVI. Epistola itineraria beschrieben, meynet, es käme ihm am wahrscheinlichsten vor, daß die Zähne, Kinbacken und andere Theile die größte Aehnlichkeit mit denen Knochen der Bäre hätten, die entweder zur Zeit der allgemeinen Sündfluth, oder derer besondern Wasserfluthen, sich um darinnen gesichert und geschützt zu seyn, herein begeben. Es könte auch sein, daß die Fluthen ihre Cörper und Scelida in diese Höhlen hinein geworffen. In der vierdten soll man von dem Stalactite oder Tropffsteine eine ganze Hand finden, die von der spielenden Natur recht künstlich ausgearbeitet sein soll.



(*) S. Leuckfelds Antiqvitäten von Walkenried p. 307.

§. 16. Bei dem Dorffe Osterhagen eine Stunde Weges vom Schlosse Scharzfels Mittagwerts lieget eine andere Höhle, welche das Weingarten-Loch genennet wird. Diese Höhle findet man beschrieben sowohl bey dem Behrens in seinem curiösen Hartz-Wald, als auch bei dem Herrn D. Bruckmann in seiner XXXVI. Epistola itineraria. Von dieser Höhle wollen viel Leute in der Nachbarschafft vorgeben, als ob die Nürnberger und einige Ausländer gewisse braune und gelblichte Erde aus dieser Höhle in Ranzen und Säcken forttrügen, die sie hernach zu nutzen und Gold daraus zu schmelzen wüsten. Es versichert aber der jetzt angeführte Herr D. Bruckmann, er hätte durch Schmelzen und Probieren, nachdem er mancherley chymische Operationes damit vorgenommen, nichts Goldhaltiges darinnen antreffen können. Diese Höhle ist, wie mir Herr Con-Rector Ritter zugeschrieben, wegen der engen, verdrießlichen und gefährlichen Passagen nicht gar wohl zu passieren.

Das XIV. Capitel.
Von dem Schloß und der
Stadt Herzberg.

§. 1. Dieser Ort lieget zwei kleine Meilen von der Stadt Osterode, und eine starcke Meile von der Festung Scharzfels in einer sehr angenehmen Gegend. Wovon er seine Benennung erhalten, ist nicht so leicht anzuzeigen. Einige wollen vorgeben, es soll so viel andeuten als Hartzberg, weil der Hartz sich in dieser Nachbarschafft anfängt. Dieses ist gewiß, daß das Schloß weit älter als die Stadt, und zu Anlegung der Stadt erst Gelegenheit gegeben.
§. 2. Daferne denen Geschichtschreibern zu trauen, so soll dieses Schloß allbereits An. 1029. Graf Warner zum Lutterberg, Herr zu Osterode, auch Edler, Vogt zu Poelde anfänglich erbauet und es zum Jagd-Hauß angeleget haben, weil er zu Osterode einen ordentlichen Sitz gehabt, und an Jagen große Vergnügung gefunden. Sein Sohn, Graf-Burchhard von Lutterberg, hat es in vielen gebessert und vergrößert, auch unterschiedene Wirthschaffs-Gebäude dabey angerichtet. (*)



(*) S. Lucae Grafen-Saal p. 288. und Zeilers Topographie von Herzogthum Braunschweig p. 260.

§. 2. Anno 1510. soll es abgebrand seyn, also, daß der damahls darauf residierende Fürste, Herzog Philipp zu Braunschweig-Lüneburg Grubenhagenischer Linie nebst seiner Gemahlin und einem jungen Herrn der Feuers-Glut durch ein Fenster in blossen Hemdern entweichen müssen. Es ist aber nachgehends bald wiederum aufgebauet worden. Nachdem Anno 1617. das Fürstenthum Grubenhagen an Herzog Christian, erwehlten Bischoff des Stiffs Minden, durch Kayserlich Urthel und Recht gelange, so haben Herzog Georgius zu Braunschweig-Lüneburg, bis sie Dero Cahlenbergische Landes-Regierung angetreten, inzwischen samt Dero Gemahlin auf diesem Schlosse residiret. Es ist auch auf selbigen nebst vielen andern Herzogen zu Braunschweig Herzog Ernestus Augustus, der des Churfürstens zur Pfalz und des Königs in Böhmen Friderici des V. Tochter Sophiam heyrathete, Anno 1629. den 10. Nov., gebohren worden. (*)
§. 3. Es lieget auf einem hohen Berg, und ist theils mit Stein- und Mauer-Werck bis ans Dach, theils auch bis auf das letztere Stockwerck, als welches von Holz mit erbauet, aufgeführet. Die Aussicht von diesem Schlosse ist unvergleichlich. Auf der einen Seite entdecket man hohe Berge und Gehölze, auf der andern aber die unten an dem Berge liegende Stadt, den grossen Teich Ochsenpfuhl genannt, nebst vermischten Feldbau und Gebüsche. Ehedem ist auch ein Fürstlicher Schloß- und Lust-Garten hinter dem Schlosse angeleget gewesen, der aber nun mehrentheils, nachdem kein Churfürstliches Hof-Lager mehr hier ist, als ein Küchen- und Baum-Garten der Begvemlichkeit der Churfürstlichen Herren Beamten überlassen. Die Thier-Gärten, von welchen Behrens in seiner curiösen Beschreibung des Hartz-Walds gedenckt, sind auch nicht mehr in dem ehemahligen Stande.



(*) S. Pfeffingers Historie von  Braunschweig Lüneburg Erst. Theil p. 387

§. 4. Die ietzo und Gott gebe lange regierende Königliche Majestät in Groß-Britannien und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Hannover bezeugen gegen dieses Schloß, in welchem manche von Dero nächsten und Durchlauchtigsten Vorfahren auf die Welt gekommen, und auf demselben residiret, allergnädigste Hochachtung. Sie lassen es im beständigen baulichen Wesen erhalten, und wo etwas eingegangen, also bald wieder repariren, und haben, welches ich vor etwas ganz besonders angesehen, Allergnädigst befohlen, daß bei einem und andern unvermeidlich vorzunehmenden neuen Bau, so viel als möglich, die alte Façon wie sie erst gewesen, und die Dero Vorfahren beliebet, beibehalten werden muß. Also habe ich gesehen, daß in dem Stücke, so vor einigen Jahren einfallen wollen, und in welchem das obere Stockwerck ganz neu angeleget werden müssen, dennoch die Zimmer in einen solchen Stand gesetzet worden, wie sie ehedem gewesen, und mit den übrigen harmonieren. Sie haben hierdurch andern Grossen  Herren ein höchst rühmliches Beispiel gegeben, und wäre gar sehr zu wünschen, daß allenthalben die alten Stamm-Häuser der theuresten Vorfahren in guten Stande erhalten würden, damit nicht durch den Verfall ihrer Häuser, die man an manchen Orte Untergange hinterläßt, auch nicht zugleich ihr Andencken ausgelöscht würde.
§. 5. In den Zimmern des Schlosses, die alle noch aus meubliret, findet man die alten Meublen an Tapisserien, Spiegeln, Stühlen u. s. w. wie sie ehedem gewesen, und haben sowohl des Gottseligen Königs in Engelland Georgi I., als auch der jetzt regierende Königin Engelland und Churfürst zu Hannover auch bey denenselben keine unnöthige Veränderungen vorgenommen wissen wollen.
§. 6. In denen Gemächern findet man hin und wieder manche wohlgemahlte Stücke, sowohl an Portraiten derer Herzöge und Herzoginnen des Braunschweigischen-Grubenhagenischer Linie, als auch an Landschafften, Frucht-Stücken, wilden Schweinen und andern Wild, so von denen Herzogen zu Braunschweig gefällt worden, ingleichen von Hunden, vor welche die ehemahlige Herrschaffen viele Hochachtung gehabt. Über dem einem Camine wird eine wahre Geschichte vorgestellet, die sich in dem abgewichenen Jahrhundert mit einem alten Hoff-Gärtner auf diesem Schlosse zugetragen haben soll: Diesem alten Gärtner soll, als er Wurzeln ausgegraben, Satan in der Gestalt eines sehr schönen Frauenzimmers erschienen sein, und ihn in eine große Versuchung geführt haben, ich weiß nicht, ob einen unterirdischen Schatz zu hohlen, oder die Fleisches-Lüste mit ihr zu vollbringen, die er aber standhafft ausgeschlagen. Der alte Gärtner ist mit seinem grauen Haupte, Barte und runzelichten Gesicht, und mit der Mine eines, der sich von einer andern Person loß machen, und nichts mit ihr zu schaffen haben will, über die massen wohl gezeichnet. Nicht weniger stellet das vermeintliche Frauenzimmer alle ihre Annehmlichkeiten in einer besonders reizenden Gestalt vor. Bei einem andern Gemählde siehet man eine Köchin, welche einen Karpfen reisset, welch Frauenzimmer eine hohe Standes-Person sein soll, die eine große Schönheit besessen und am Kochen ihr Vergnügen gefunden. Ein gewisses Gemählde praesentiret einige kleine Prinzen der Herzogen von Braunschweig Grubenhagenischer Linie, wie sie auf einem kleinen Wagen sitzen, der von denen hierzu abgerichteten Hunden geführt wird, u.s. w.
§. 7. Die Tapisserien und Stühle sind theils von Damast und andern seidnen Zeuge, theils und meistens aber von goldnen Leder. Die Stühle, und Lehn-Sessel sind, wie sie vor 100. und mehr Jahren gebräuchlich gewesen, mit ganz niedrigen und schmahlen Rücken. Die hölzernen Bettspunden, wovon man einige siehet, die über 100. Jahr alt, und Fürstliche Beylager und Wochen-Betten gewesen, sind mit Sinnbildern bemahlet, und mit Sprüchen aus heiliger Schrifft bemercket.
§. 8. Man findet auch noch auf diesem alten Schlosse die ehemahlige Schloß-Capelle, in welcher sich eines und das andere als ein Überbleibsel der Römisch-Catholischen Zeiten entdeckt. An dem Fürstlichen Kirchen-Stuhl spührt man keine Pracht, und ich bin versichert, daß dieser Fürstliche Stand bei der heutigen Welt mancher Priester-Frau nicht gut genung seyn würde. Anstatt der Fenster siehet man nur hölzerne Gegitter, darinnen die damahlige Fürstliche Frau Hof-Meisterin nebst denen Hof-Dames haben unten in der Kirchen unter den andern Weibes-Personen mit gesessen, jedoch den ersten Stand eingenommen.
§. 9. Unten bei der Stadt ist ein ziemlich grosser See, den die Einwohner albereits vor langen Jahren den Ochsen-Pfuhl genennet. Er bleibet meistentheils bis oben an das Ufer mit Wasser angefüllt, weil er einen sehr starcken Zufluß und hingegen gar schwachen Abfluß hat. Das überflüßige Wasser soll durch gewisse unterirdische Gänge wieder abgeleitet werden; man weiß aber nicht eigentlich, wohin dieselbigen gehen. Dieser See ist mit vielen Fischen gesegnet. Ohnweit dieser See soll ein sehr tiefer Erdfall angetroffen werden, der aber kein Wasser bei sich führet. Vermuthlich muß ein dazwischen liegender steinigter Boden oder gar ein Steinfelß verhindern, daß aus diesem Ochsen-Pfuhl kein Wasser in den Erdfall hinein treten kan.
§. 10. Die Stadt Herzberg ist eine offene Stadt ohne Thore und Mauren, und bestehet aus mehr dann 200 Feuer-Stätten, die auf der Ebene gebauet. Die Einwohner dieses Ortes ernehren sich, ausser, denen gewöhnlichen Handwerckern, mehrentheils von ihren Land-Gütern, Feldbau, Viehzucht und der Fischerey, theils auch von Holzhauen und von den Fuhren nach dem Hartze.

Das XV. Capitel.
Von der Stadt Osterode.

§. 1. Diese Churfürstliche Hannoversche Stadt ist eine starcke Meile von Hertzberg, anderthalb Meilen von dem ehemahligen Closter Poeld, und zwei Meilen von Clausthal gelegen, und zwar an der Söse, die aus den Hartz-Gebürgen herfliesset, und mit allerhand Fischen insonderheit aber mit Forellen besetzt ist. Zwischen den Städten Goßlar, Göttingen und Einbeck, von denen eine jede vier Meilen entfernet, ist sie gleichsam der Mittel-Punct. Gegen Morgen lieget ihr der Hartz, die Grafschafft Lutterberg und Reinstein, gegen Mittag das Eichsfeld, gegen Abend die Stadt Einbeck, die Leine und der Weeser Strohm, und gegen Mitternacht die Stadt Goßlar.
§. 2. Sie wird insgemein Osterode am Harz geschrieben und benennet, zum Unterscheid der Stadt Osterode in dem Königreich Preußen, in gleichen des Dorffes Osterode, so in der Grafschafft Hohenstein ohnweit dem Amt Neustadt gelegen. Einige leiten ihre Benennung von den bei den Wörtern Osten und Rohda, in dem Rohde, Riet, oder Reet nach Anzeige Brunschi in seinem Traktat de monasteriis in Michaelis campo fol. 36. So viel bedeutet als ein Feld so aus einem mit Holz und Buschwerck besetzt gewesenen Erdreich entstanden, und durch der Menschen Fleiß und Arbeit zurecht gemacht worden, wie denn gar viel am Harz gelegne Oerter ihre Benennung davon erhalten. Daß nun auch ehedem in hiesigen Gegenden Buchwerck ausgerodet worden, ist gar kein Zweifel, und wollen alte Leute noch gedencken, daß auf dem so genannten rothen Berge vor Osterode ehedem Holzung gestanden, die nachgehends zu Acker gemacht worden. Solch Gebüsche hätte sich bis an Dorste und Catlenburg erstrecket, wie solches der Nahme Metlingerode auswiese. Dieses Dorff hätte zwischen Dorste und Osterode gelegen, wäre aber vor mehr als zweyhundert Jahren zerstöhret worden, und jetzo nichts mehr davon als einige verfallne Kirchen-Mauren noch zu sehen. Das Wort Ost wäre aber dem andern Wort Rohda um deswillen beygefügt worden, weil man das, was disseits der Weeser und sonderlich zwischen den Harz und der Weeser gelegen gewesen, Oester genennet hätte, daher hätte man auch die Sachsen so von der Weeser gegen den Aufgang der Sonnen gewohnt, Ostervahlen geheissen. Hiervon soll auch die Stadt Osterwyck ihren Nahmen erhalten haben. (*) In dem siebenden Jahrhundert soll das weitläuffige Land der Sachsen in dreierley Völcker seyn eingetheilet worden, als in die Osterwahlen, oder Morgenländischen Sachsen, Westvahlen, und Aengerer.
§. 3. Hingegen behauptet Leznerus und andere Geschichtsschreiber mit ihm, diese Stadt habe ihre Benennung von dem Abgott Aßharoth, der in dieser Gegend angebetet worden, oder der Göttin Ostera. Solches scheinet daher einigermassen mit bestärckt zu werden, weil sie in den ältesten Diplomatibus und Privilegiis nicht Osterode sondern Osteroth geschrieben wird.



(*) S. Cranzii Saxonia Lib. II. C. 2.

§. 4. Nachdem das Christenthum in hiesigen Gegenden eingeführet, der Götzendienst aber zerstöhret worden, so hat man an dem Orte, wo ehemahls dieser Götze gestanden, eine Burg erbauet, und diese hat Gelegenheit gegeben, daß die Stadt angeleget worden. Von dieser Burg siehet man noch vor dem Hartz-Thore auf einem etwas erhabnen Hügel einen alten Steinhauffen nebst einem halb eingefallenen grossen steinernen Thurme.
§. 5. Wer der Erbauer dieser Burg gewesen, ist meines Erachtens gar schwehr anzuzeigen. Einige Geschichtschreiber geben vor, der Herzog zu Sachsen Bruno, so Anno 843. verstorben, hätte diese Burg erbauet, und auch den Ort zuerst zu einer Stadt angelegt, und sie nach seinem Nahmen Brunsrode benennet, welches man aber nachmahls in Osterode verwandelt, weil einige von Adel dieses Geschlechts hier herum gewohnt, die mit diesem Schlosse belehnt gewesen. (*)  Dieser Herzog Bruno, soll auch Brunsheim nicht weit von Northeim, ingleichen Brunshausen ohnweit Gandersheim erbauet haben. Andre hingegen behaupten, das alte Schloß wäre zuerst von einem von Adel angelegt worden.
§. 6. Die Grafen zu Lutterberg sollen diese Burg, Stadt und ganze Gegend von den Herzogen zu Sachsen erstlich zu Lehn gehabt, und sich Herren zu Osterode geschrieben haben, von welchen Hermann Graf von Lutterberg, Herr zu Osterode und Edler Vogt zu Pölde, Graf Cunonis Sohn, verstorben, und zu Pölde in die Gräfliche Capelle begraben worden, wie der selige Leuckfeld anzeiget. Nach Lezneri Zeugniß soll dieser Graf den ganzen Strich von Osterode, von Harze an, bis an Elrich innen gehabt haben.



(*) S. Schlöpkens Historie von Bardewick, ersten Theil.

§. 7. In dem zwölfften und drehzehenden Jahrhundert wird der Edlen Herren von Osterode Erwehnung gethan, die von denen Grafen von Lutterberg ihren Ursprung herleiten sollen, vorlängsten aber schon ausgestorben. Der selige Leuckfeld meynet in seiner Beschreibung des Closters Pölde pag. 144. es würde über die massen schwer sein, ein vollständiges Verzeichniß von ihnen zusammen zu bringen. Man findet sie nur hier und da erwehnet. Als Kayser Lotharius von Braunschweig Anno 1139. einen großen Reichs-Tag in Goßlar hielt, so fand sich auch der Vogt Werner von Osterode auf selbigem mit ein. Lüder von Osterode und sein Sohn Burchhard werden um diese Zeit als Zeugen mit angeführt, da der Bischoff zu Halberstadt, Rudolph, dem Stifft Hammersleben eine ansehnliche Donation gehan; Wernerus von Osterode stellte sich auch Anno 1154. unter andern Ministerialibus mit als Zeuge ein, als Henricus, Herzogin Sachsen und Bayern, dem Closter Riffenberg ohnweit Goßlar einige Güter schenckte, und ein Diploma dieser wegen ausgefertiget wurde. Die von dem Herzog Henrico von Sachsen errichtete Convention, da er fünff Hufen Landes in Offleve vor sechzig Marck an das Closter Riddagshausen verkauffte, ward von Basilio de Osteroda Anno 1196. als Zeuge mit bestätiget. (*) Ob es eben dieser Basilius gewesen, der Anno 1240. eine schriftliche Urkunde, so zwischen den Grafen von Poppenburg, Burcharden von Wolffenbüttel und andern mehr errichtet worden, unterschreiben müssen, ist mir unbekannt. (**)



(*) S. Pfeffingers II. Theil der Historie von den Herzogen zu Braunschweig-Lüneburg
(**) S. Hamelmanni Opera Genealogico-Historica Lib. II. p. 737.

§. 8. Da der in dem vorhergehenden angeführte Graf Hermann von Lutterberg in dieser Linie der letzte gewesen, und die andern Grafen aus der gesamten Lehn kommen, haben die Vormünder Herzogs Heinrichs zu Sachsen und Bayern, welcher hernach der Löwe genennet wurde, der Stadt Göttingen anbefohlen, daß sie ohngesäumt Osterode, Herzberg und Rotenberg mit aller der selben Zubehörungen einnehmen und besetzen solten, welches denn auch geschehen, und ist also dieser Theil der Grafschafft Lutterberg an die Fürsten zu Sachsen hin wieder gefallen.
§. 9. Herzog Henrich der Löwe ist zu Zeiten auf dem alten Schloß zu Osterode gewesen, ab und zu geritten, hat aber keine beständige Hofhaltung hier angestellet. Wie die ehemahlige Herrschaften Braunschweig-Lüneburg von dem Kayser Friedrich dem II. in ein Herzogthum verwandelt worden, so erlangte solches Herzog Otto, zugenahmt das Kind, durch Kayserliche Belehnung; und von derselben Zeit an ist diese Stadt beständig bey dem Herzogthum Braunschweig verblieben. Herzog Friedrich, Herzogs zu Braunschweig Ernesti jüngster Sohn, der seinem Bruder Alberto nach seinem Tode in der Regierung gefolget, nahm Anno 1397. in dieser Stadt seine Residenz, wie auch sein Sohn Otto. Herzog Ericus zu Grubenhagen hat zu Eingang des XV. Seculi nach Absterben seines Herrn Vaters Brudern Sohnes, Ottonis, Osterode und Einbeck mit dem Grubenhagischen Fürstenthum wieder vereiniget. (*)
§. 10. Von der Zeit an, da das Fürstenthum Grubenhagen bei den Herren Herzogen Zellischer Linie gewesen, ist zu Osterode die Fürstliche Cantzley angerichtet, und das Fürstenthum Grubenhagen durch daselbst bestellte Land-Drosten und Regierungs-Räthe administriret worden. (**)



(*) S. des Herrn Pfeffingers Historie von Braunschweig Lüneburg I. Theil p. 156.
(**) S. Zeileri Topographie von Nieder-Sachsen pag. 167.

§. 11. Anno 1510. entstund allhier, wie Johannes Leznerus von dieser Stadt in seinem MSto. von denen Städten des Landes Braunschweig meldet, ein grosser Aufruhr unter den Bürgern wider ihren Erb-Herrn, Herzog Philippen zu Braunschweig. Der damahlige Bürgermeister Heiso Frienhagen hatte sich bey der Bürgerschafft wegen einer Procedur, so er wider ein gewisses Weib, die eine Frau eines Ehebruchs beschuldigen wollen, vorgenommen, verhast gemacht. Die Bürger setzeten ihm also dieser wegen sehr hefftig zu, und massen ihm bey, daß er seiner Pflicht vergessen gewesen. Als er nun merkte, daß sie ihm gar Gewalt anthun möchten, nahm er Zuflucht zum Herzog. Der Herzog behielt ihn bei sich, schrieb hierauf an die Bürgerschafft, wie er ihrem Bürgermeister frey Geleite ertheilet, und ihnen ernst sich untersagt, sich nicht an ihn zu vergreiffen. Inzwischen wollte der Herzog nicht gestatten, daß dieser Frienhagen es auf gedachtes Geleite loßwagen und in die Stadt gehen solte. Er sprach, es sind viele böse Buben drinnen, sie solten wohl einen Aufruhr erwecken, das Geleite brechen, und dann unbescheidentlich mit ihm umgehen. Frienhagen gieng in Abwesenheit des Herzogs heimlich in die Stadt. Als nun solches verrathen wurde, liefen sie von einem Hause zum andern, und konten ihn so eilend nicht finden. Endlich ward er von einem Bürger, den er aus der Tauffe gehoben, und ihm sonst viel gutes erzeiget hatte, mit Nahmen Jacob Lürdes, verrathen. Er hatte sich an der Ecke in einem Hause, ohnweit von dem Heffel-Brunnen auf der Cammer in einen Kasten verstecket. Aus selbigen ward er herab genommen, auf den Marckt geführet, von dem Rath-Hause in die Spiße geworffen, und darauf in Stücken zerhauen.
§ 12. Als der Herzog dieses erfuhr, nahm er die Stadt ein, ließ die Aufrührer gefangen setzen, viere davon auf die Räder legen, und einigen andern die Köpffe abschlagen; etzliche kamen aber über die Mauern davon. Es wurde ein neuer Rath gesetzt, und viel Privilegia giengen hierbey verlohren. Der Magistrat war vorhin berechtiget Forellen zu fangen, schwarz und roth Wild zu schiessen, und freye Holzungen zu haben. Doch diese Rechte giengen zu Grunde. Der Verräther Jacob Lurd vergieng wie ein dürrer Baum. Die Bürgerschafft von Osterode muste zur Straffe das St. Johannis-Closter vorm Thor Anno 1511. bauen und 2000. Gülden Straffe geben.
§. 13. Anno 1529, ward der erste Stadt-Schultze der Stadt zum Schutz gesetzet. Anno 1545. in der Nacht St. Aegidii entstand hier eine große Feuers-Brunst, die ein 28Häuser verzehret. A. 1574 hat man zum erstenmahlan statt des braunen so in den alten Urkunden das rothe Bier genennet wird, das Weiß-Bier angefangen zu brauen.
§. 14. Diese Stadt ist eine gar ansehnliche, ziemlich weitläuffige, und mit Thoren und Mauern umgebene Stadt, die unter Chur-Hannover gehöret, in welcher beständig eine Churfürstliche Garnison lieget. Sie hat 4. Thore, als das St. Marien-Thor, Johannis-Thor, Jacobs- und Neustedter-Thor. Sie wird in die Alte- und Neue-Stadt eingetheilet. Die Neustadt ist Anno 1298. errichtet, und von Ottone, dem Kinde, beygenahmet, dem Enckel des Herzogs zu Sachsens Friderici des Löwens, dem ersten Herzog von Braunschweig und Lüneburg, mit Stadt-Recht begnadiget worden.
§. 15. An öffentlichen Gebäuden sind hier zu sehen, das Schloß und Residenz-Hauß, in welchem einige Herzoge von Braunschweig und Lüneburg in denen abgewichenen Jahrhunderten ihre Residenz gehabt. Es haben auch die jetzt-regierende Königliche Majestät in Groß Britannien, als sie sich Anno 1728. allergnädigst gefallen ließen, die Ober-Hartzischen Bergwercke zu besuchen, eine Nacht in selbigem ihr Qvartier gehabt. Anno 1722. haben der König in Engelland und Churfürst zu Hannover Georgius I. Glorwürdigster Gedächtniß ein Proviant-Haus zum Aufnehmen der Hartz-Bergwercke allhier anrichten lassen. Es stehet an dem Hartz-Thore, und ist von den schönsten Qvater-Stücken erbauet. Man lieset an selbigen die Worte mit güldenen Buchstaben: Dieu & mon Droit, ingleichen: Utilitati Hercyniae. Das Rathhaus ist ebenfalls ein gar ansehnliches Gebäude.
§. 16. An Kirchen sind allhier (I.) die Kirche zu St. Aegidii, welche von dem heiligen Bonifacio ihren Anfang genommen. In dieser Kirche liegen die Herzoge zu Braunschweig Grubenhaginischer Linie begraben. Man hat solche in denen Römisch-Catholischen Zeiten dem heiligen Aegidio gewidmet, weil solcher des heiligen Bonifaci Camerade und Mit-Arbeiter in Bekehrung der Heyden gewesen. Diese Kirche soll bald bey Eingang des 8. Jahrhunderts erbauet worden seyn, sobald das Götzen-Bild der Ostra oder des Asteroths verstöhret worden. (II.) Die Kirche zu St. Jacob, so vor diesem ein Closter des Ordens der Cistercienser-Nonnen gewesen. Es soll damahls eine ansehnliche Abtei hier gestanden haben. Engelhusius gedencket in Genealogia Ducum Brunsvicensium, daß eine Tochter Herzogs Ernesti zu Grubenhagen dieser Abtey ehemahls als Aebtißin vorgestanden. (*)



(*) S. Des Herrn von Leibniz Scriptores rerum Brunsvicensium Tom. II. p. 21.

Sie hat noch ihr besonder Pfarr-Recht, welches der Herr General-Superintendent über dieses Fürstenthum zu verwalten hat. (III.) Die Marien-Kirche die ehemahls mit dem Catlenburgischen Closter vereiniget gewesen. Anno 1328. hat sie Pabst Johannes der drey und zwanzigste mit vielem Ablaß versehen, zu welcher Zeit sie schon nach Catlenburg gehöret hat. (*) Über dieser Kirche stehet E. E. Rath das Jus Patronatus zu, der Prediger aber dabei muß nebst dem dasigen Herrn Superintendenten die Sacra in der St. Jacobi-Kirche mit Nachmittags-Predigen versehen helffen. Ferner ist auch noch die St. Johannis-Kirche allhier zu sehen. In dieser Stadt ist eine berühmte und ansehnliche Schule gewesen, deren Ruhm aber durch den jetzigen Hn. Rektoren Hn. Buttstedt, der sich durch unterschiedene gelehrte Schriften bei der Welt bekannt gemacht, um ein grosses vermehret. Es läßt sich derselbe durch mancherlei neue Anstalten auf das äußerste angelegen seyn, das Aufnehmen dieses Gymnasi und mithin das Wohlseyn des gemeinen Wesens und der Stadt selbsten zu befördern.
§. 17. In dem 1736. Jahre ist diese Stadt unglücklich gewesen, daß etzliche und 30. Häuser durch eine Feuers-Brunst im Monath Julio in die Asche gelegt worden. Die Bürgerschafft dieser Stadt hat ausser ihrer gewöhnlichen Bürgerlichen Handthierung und den Feld- und Land-Güthern, die sie besitzen, ihren guten Zugang sowohl von dem Getreide-Handel, welches von hieraus nach dem Ober-Harz, nach dem Clausthal und Zellerfelde geschafft wird, als auch von der andern Passage, weil aus dem Ober-Sächsischen, dem Halberstädtischen und andern Ländern eine starcke Land-Strasse nach Clausthal und Goßlar hier durchgehet. Doch eben solche verursachet diesem Orte, der mit dem Ober-Harz so gar nahe gränzet, einige Theurung, so, daß nicht mancherley Victualien und Lebens-Mittel im Clausthal, der doch nichts von dergleichen Waaren hervor bringet, in wohlseilern Preiß zu er langen, als hier in Osterode, und etwan andern Gränz-Städten des Hartz-Gebürges.



(*) S. Leuckfelds Beschreibung von Catlenburg p. 54.

Das XVI. Capitel.
Von denen Naturalien um die
Stadt Osterode.

§. 1. Obwohl diese Stadt allernächst am Hartze gelegen, so hat sie dennoch nach der Mittags-Seite einen herrlichen Ackerbau, und werden als allerhand Arten von Getreide allhier erbauet. Wiewohl es schon, weil die Gegend hierum einigermaßen kalt und gebürgig, etwas später eingeerndet wird, als in der benachbarten Grafschafft Hohenstein, oder in dem Fürstenthum Halberstadt. Nicht weniger sind auch in hiesigen Gegenden viele Wiesen und Huthungen, so, daß die Vieh-Zucht in gutem Stande.
§. 2 . Gegen Abend zu trifft man Kalck-Gebürge in großer Menge an, aus welchen der beste Kalck und Gips gebrannt wird. Nicht weniger brechen an einem gewissen Ort, welcher der weiße Stein genennet wird, mancherley Arten von Alabaster. Man findet unter selbigen (1) einen weißlichten, der mit leibfarbichten Strichen und Flecken gezeichnet; 2) einen dunkelgrauen, der sehr starcke weiße Flecken hat; 3) einen ganz schwarzen, der sehr schön aussiehet; 4) einen ganz rothen mit dunckelrothen und breiten Adern durch gezogen; 5) einen weißen, der mit Spath in Gestalt eines Eises überzogen, und bey dem Sonnen-Glanz sehr schön glänzet; 6) einen, der mit mancherley Farben, als gelben, weißen, rothen, röthlichten, und dunkelgrauen Couleuren vermischt, so daß ein Mahler mit dem zärtesten Pinsel solche nicht schöner zeichnen könte. Es gleichet derselbe einer Art des Hohensteinischen Alabasters, welchen man den Nuß-Holz-Stein nennet, jedoch ist der Osterodische noch viel schöner; 7) einen weißen mit Asch-grauen Adern und glänzenden Spath. Der Herr Con-Rector Ritter, zehlet in seiner Commentatione Episolari de Fossilibus & naturae mirabilibus Osterodanis p. 13. dessen vierzehen Gattungen.
§ 3. Alle diese Gattungen des Alabasters sind sehr edel, harte, subtil, dichte, glänzend, lassen sich weich anfühlen, haben keinen Riß, und sehen sehr schön aus. Sie werden auch zu grossen Stücken gebrochen, so, daß ganze Statuen, Säulen, Begräbniß-Mahle, Camine, Tische und viele andere Meublen, daraus zubereitet werden können. Einige Künstler unserer Zeiten lassen sich angelegen seyn, die besonders colorierten Stücke des Marmors und Alabasters so zusammen zu setzen, daß sie natürliche Gemählde vorstellen. So hat man Anno 1731. in öffentlichen Zeitungen von Wien aus gemeldet, daß daselbst ein aus Marmor gefertigter Tisch zu Kauffe gebracht worden, bey dem der Künstler aus viel 1000. Stück Marmor allerhand Farben dergestalt zusammengesetzet hätte, daß das Tisch-Blatt ungefhr 7. Fuß lang, 4. Fuß breit, natürliche Blumen, verschiedener Art Vögel, Fische, Früchte und dergleichen vorgestellet hätte, als wenn sie mit dem Pinsel daraufgemahlet wären gewesen. Der Tisch soll 5000. Rthlr. gekostet haben. Noch ein anderer Tisch, so etwas kleiner, von eben dieser Arbeit, hat einen Wald im Perspectiv und verschiedene in selbigem sich befindliche Menschen vorgestellet. Der Meister soll viele Jahre darauf gearbeitet haben. Sie sind so schöne polirt gewesen, daß sie einen rechten Spiegel-Glanz gehabt, und man im geringsten nicht wahrnehmen können, daß man sie aus sovielen Stücken zusammen gesetzet.
§. 4. Vor diesem hat man auch bei dieser Stadt schwarze Schiefer-Steine gebrochen, die etwas Silber-haltig gewesen, in denen man die äußerlichen Figuren der Fische auf das deutlichste wahrnehmen können. Nachdem aber diese Schiefer-Gruben nicht gar viel eingebracht, hat man sie zu unsern Zeiten ungebauet liegen lassen. Bei dem Dörffgen Kammschlacken, in der Nachbarschafft der Stadt Osterode, hat man Anno 1728. einige Kupfergruben entdeckt. So wird auch etwas Eisen hier um gebrochen, wovon bey dem Herrn D. Brückmann in seinen Magnalibus Dei, in locis subterraneis Part. I. 108, und Part. II. p. 264. mit mehrern nachgelesen werden kan.
§. 5. Hierum ist auch eine Curieuse unterirrdische Höhle, welche der Klinckerbrunnen genennet wird. Da solche noch von niemand vorher beschrieben worden, so muß man dem Herrn Con-Rector Rittern desto mehr Verbindlichkeit schuldig seyn, daß er solche in seiner Commentatione Epipistolari de fossilibus & naturae mirabilibus Osterodanis p. 20. mit beschrieben. Er vergleicht dieselbe mit der so genannten Heim-Kähle in der Grafschafft Stollberg bey dem Dorff Uftrungen. Sie lieget ohnweit der Stadt an der Land-Strassen, die nach dem Dorff Schwiegershausen zugehet. Sie ist über die maassen tief, weit und furchtbar, steckt unter einem abscheulichen Felsen verborgen und entsetzlich finster. Ihr Eingang ist dunckel, sehr enge und bei einem ungleichen Erdreich. Ehedem soll Wasser darinnen gewesen sein, welches aber nachgehends ausgetrocknet. Vielleicht könnte sie, wenn man sie genau und zu unterschiedenen Zeiten bemercken wollte, denjenigen mit beigezehlet werden, die, nach der Einbildung des gemeinen Mannes, gute oder böse Zeiten andeuten sollen, als wie der Hungerbrunnen bei der Universität Jena, die Hunger-See in der Grafschafft Stollberg, bei dem Dorff Augsdorff, die Hunger-Löcher in der Grafschaft Hohenstein ohnweit der Kelle.
§. 6. Nahe bei der Stadt gegen den Abend, unter dem sogenannten Schäfer-Berge, ist ein Brunn gelegen, dessen Qvelle ein überaus zartes,  reines und liebliches Wasser bey sich führet. Es ist solcher dem Vorgeben nach Anno 1651. hinter einer alten Kirch-Mauer, wovor diesem das Dorff Mitlingerode gestanden, entsprungen gewesey, soll aber dazumahl nur 6 Wochen gelauffen seyn. Anno 1705. aber ist solcher in der Pfingst-Woche wieder hervor geqvollen, in einer Gegend, welche lauter Mergel, Kalck- und Thon-Bergen umgeben.
§. 7. Wann mit diesem Brunn-Wasser Coffee, Thee, auch Suppen gekocht werden, sind solche eines weit angenehmern und beliebtern Geschmacks, als sonsten, und befindet man sich hierauf am Leibe und Gemüthe sehr wohl. Er wird statt gemeinen Wassers zu unterschiedenen Decoctis in der Medicin mit großen Nutzen gebraucht, insonderheit giebt er dem Weine, wann er damit vermischt wird, einen angenehmen Geschmack. Daher er auch im Sommer in Bouteillen, die von dem hierzu beerdigten Brunnen-Meister versiegelt werden, nicht allein nach Hannover, sondern auch nach Engelland in großen Kisten verschicket wird.
§. 8. Das Wasser dieses Brunnens ist von etwas süßlichen Geschmack, löscht dem Durst, und erwecket zum Trincken immer größern Appetit. Im Glase siehet es sehr helle, und führet, wenn es warm gemacht wird, einen lieblichen starcken Geruch mit sich, und ist von andern Brunnen in der Schwere sehr unterschieden. Es besitzet wenige grobeerdigte Theiles, die eines rohen Wesens wären. Da es unter der Destillation durch einen gläsern Kolben bei gelinden Feuer wie Brandewein leicht übergehet, so bemerkt man wohl, daß es viel subtiles und leichtes aetherisches Wesen in sich habe, daher es auch einer reinern und zärtern Natur.
§. 9. Vereinigt man es mit der Japanischen Erde und mit den Gallus-Aepffeln, so giebt es keine Vitriol-Schwärze, wie etwan die Sauerbrunnen, hält auch nichts mercurialisches oder arsenicalisches in sich, indem seine vapores den Martens nicht weiß färben, wie sonst der Mercurius oder das Arsenicum thut. Hiernechst hat er auch etwas an sich von einer wenigen aber sehr subtilen alcalinischen Erde, die mit etwas salpetrischen Salze vermischt. Einige, welche dieses Brunnen-Wasser destilliert, haben auf dem Boden des Salembici von bemeldter nitrosischen alcalinischen Erde etwas erhalten. Wenn das Wasser auf die Helffte ausdünstet, und man schüttet einige Tropffen von dem Oleo Tartari per Deliqvium oder etwas von dem Spiritu salis Ammoniaci hinein, so wird es sehr milchicht, läst aber keinen groben salzichten, mineralischen oder erdigten Boden-Satz nach sich; gießt man einige Tröpffgen Vitriol-Spiritus dazu, so wird er nicht verändert, noch praecipitiret, sondern das Wasser verträgt sich überaus wohl mit dem Spiritu.
§. 10. Gleich wie nun dieses wegen seiner sehr reinen Eigenschafft und subtilen Theilgen alle enge verstopffte Gänge und Röhrgen des menschlichen Leibes eröffnet, also ist es auch bey sehr vielen Zufällen nützlich zu gebrauchen, als bey Schlag-Flüssen, der fallenden Sucht, der Brust-Beschwerung, Stein-Schmerzen, Kranckheiten, die aus der Galle entstehen, bei dem Sauffen und Klingen der Ohren, bei der Verstopffung der Milz und der Leber, wie auch bey den heftigen Aufwallungen des Geblüts.
Diese in dem vorhergehenden angeführte Nachricht von Osteroder-Gesundbrunnen habe ich von Herrn Johann Friedrich Wackern, wohl erfahrnen und renomierten Apothecker der Stadt Grunde am Harz, der solchen Brunnen allbereits Anno 1719. chymicè untersucht, erhalten.
§. 11. Wenn man von Herzberg nach Osteroda kommt, so liegt an der Land-Strasse, nach der rechten Hand, ein Thal, in welchem sehr viel Seen und Teiche gelegen, ein Teich an dem andern. Sie sind mit lauter guten Speise-Fischen, als mit Hechten, Karpfen, Forellen, Persen, Karauschen und andern dergleichen besetzt. So halten sich auch wilde Enten, Gänse, Wasser-Hüner, Schnepffen u.s. w. in großer Menge auf selbigen auf. Man nennet diese See-Gegend den Teufels-Tümpel, ohne daß man weiß, was zu dieser Benennung Gelegenheit gegeben. Der gemeine Mann giebt vor, daß sich der böse Geist den Tag nach Johannis an einem gewissen Orte hierum soll sehen lassen, u. zwar allezeit in der Gestalt eines Thieres, bald als ein Ochse, als ein Pferd, als eine Gans: Und wenn andre hierdurch verleitet würden, soll er sie schabernacken, und ihnen mancherley Verdruß auch Unheil zufügen. Doch dieses sind Geschichte, in deren Richtigkeit die Klägern ein großes Mißtrauen setzen.
Auf dessen lincker Seite ist ein Abgrund von einer unermeßlichen Tieffe. An dem Felsen selbst entdecket sich eine große und breite Ader von weissen hell-glänzenden Spath oder Marien-Glaß, aus welchem ehedem die Alten, als wie noch heutiges Tages die Moscowiter, ihre Fenster-Scheiben zubereitet.

Das XVII. Capitel.
Von dem Städtgen Gittel
oder Gittelde.

§. 1. Dieser Ort ist eine Meile von Osterode, und eine starcke halbe Meile von der Berg-Stadt Grunde, gelegen, größtentheils in einer ebenen Gegend, und hat gute fruchtbahre Felder um sich her. Sie gehört unter das nicht weit davon liegende Amt Stauffenburg. Jetzund sähe es man diesem Flecken nicht an, daß ehedem eine so ansehnliche Stadt hier gestanden, die in den alten Geschichten Teutschlands so berühmt gewesen. Die Stadt Grunden, welche doch nunmehro weit grösser als dieser Ort, soll ehedem als ein Filial zu die fer Kirche gehöret haben. (*)



(*) S. Des seligen Arends Antritts-Predigt, die er in Grunde an dem sogenannten Berg-Feste Anno 1726. gehalten p. 45.

§. 2. In den alten Zeiten ist dieser Ort Chatila geschrieben worden. In dem eilfften Jahrhundert hat man ihn vor einen festen Paß geachtet, an welchem sich Herzog Otto von Bayern öffters aufgehalten. Insonderheit nahm er Anno 1070. seine Zuflucht hieher, da er von einem seiner Bedienten mit Nahmen Segon zu einem Zwey-Kampf aufgefordert ward. Dieser Segon erhub sich wider ihn und hatte ihn bei dem Kayser angegeben, als ob er ihm nach den Leben stünde. (*)



(*) S. Leuckfelds Beschreibung von Halberstadt p. 425.

§. 3. Zeilerus meldet in seiner Topographie p. 91. vor Zeiten hätten sich die Tempel-Herren allhier dergestalt gehäuffet, daß sie nicht allein für sich herrliche Paläste gebauet, besondern auch das ganze Flecken mit einer Mauer umgeben, deren Merckmahle annoch vorhanden. Weil aber nunmehr bald hundert Jahr wieder verstrichen, daß der selige Zeiler dieses geschrieben, so hab ich von den Merckmahlen und Überbleibseln einer Mauer nicht das geringste mehr spühren können. Eben dieser gedencket, daß von dem Jagd-Hause, welches Herzog Heinrich zu Braunschweig, der Vogelsteller genannt, der nachgehends zum Römischen Kayser erwehlt worden, allhier gehabt, das Mauerwerck, worinnen die Windel-Treppen und Gewölbe zu sehen, noch vorhanden. Dieses ist bey Zeileri Zeiten vor die Liebhaber der Alterthümer eine besondre Curiosität gewesen. Jetzund hab ich bei meiner Anwesenheit in Gittel nicht einmahl Nachricht erlangen können von dem Hause, in welchem Herzog Heinricus, wann er in diese Gegend gekommen, wohnhafft gewesen, geschweige denn, daß man noch von dem Mauerwerck etwas zu sehen bekommen solte.
§. 4. Obschon dieser Ort in dem dreißig jährigen Kriege gar vieles erlitten, da er im Jahr 1626. von der Tyllischen Armade an unterschiedlichen Orten angezündet und ruiniret worden; so ist er doch albereits im vierzehenden Jahrhundert von seinem ehmahligen Ansehen herunter gekommen, da man Anno 1311. bey Ausrottung des Ordens die in grosser Anzahl sich allhier aufhaltende Tempel-Herren unvermuthet überfallen, und diese Stadt, nachdem sie zur tapffern Gegenwehr gegriffen, in Grund verwüstet.
§. 5. Die Nahrung dieses Städtgens bestehet größtentheils in Feldbau und Viehzucht. Es ist auch allhier eine Eisen-Hütte,und wird in selbiger das beste und geschmeidigste Eisen zubereitet, so weit und breit anzutreffen. Es wird nach Osterode verführet, und ist bloß zur Versorgung des Hartzes bestimmet. Wer von den auswärtigen etwas davon verlangt, muß besonders darum suppliciren. Den Eisenstein, der hierzu geschmolzen wird, findet man nicht herum, sondern er wird von Grunde hergebracht. Sie schmelzen nicht beständig in der Hütte, sondern nur so viel, als sie zu allen Zeiten nöthig haben.
§. 6. Eine starcke Viertelstunde hinter dem Städtgen nach der Stauffenburg zu, lieget der sogenannte Henrichs-Winckel, auf welchem Henricus, da ihm die Kayserliche Crone angetragen worden, seinen Vogel-Heerd soll angerichtet gehabt haben. Aus der Situation kan man sich gar leicht vorstellen, daß der Vogel daselbst einen sehr guten Zug gehabt, und die Gelegenheit hierum zu Anlegung eines Vogel-Heerds sich sehr wohl geschickt. Nach dem Städtgen zu ist eine schöne und und weitläuffige Getreide-Aue; ohnweit von derselben aber Wald und Gebüsche. Der eigentliche Platz dieses Vogel-Heerds soll, wie mir angezeiget worden, gleich hinter denen Gebäuden seyn, in welchen der Fürstliche Braunschweigische Amtmann zur Stauffenburg wohnet, und allwo mancherley Wirthschaffts- und Vorwercks-Gebäude erbauet sind. Weil der Umstand, der sich bey Gelegenheit dieses Vogel-Heerds zugetragen, so gar wichtig ist, und in denen teutschen Geschichten eine so besondere Merckwürdigkeit ausgemacht, so ist wohl zu vermuthen, daß das Andencken dieses Vogel-Heerds beständig hin von denen Vorfahren auf die Nachkommen gebracht, und mithin erhalten worden.

Das XVIII. Capitel.
Von der Stauffenburg.

§. 1. Dieses Schloß, oder vielmehr dessen Mauerwerck und Überbleibsel, ist auf einem sehr hohen, und mit lauter Wald umwachsenen Berge gelegen. Man kan durch einen einzigen gar beqvemen Fußsteig auf dessen Höhe gelangen. Wo man aber denselben verfehlet, und keinen eigenen Führer bey sich hat, so muß man mit der allergrößten Mühe und Beschwerlichkeit heran klettern, und sich von Strauch zu Strauch anhalten, wenn man nicht zurücke schmeißen will, Zeilerus meldet in seiner Topgraphie, daß ehedem das Wild biß an den Eingang des Schlosses herumgegangen. Dieses ist sehr wohl zu glauben, und zu vermuthen, daß es heutiges Tages noch geschiehet.
§. 2. Die Aussicht von diesem Schlosse ist unvergleichlich. Der Berg unten umher ist mit lauter Wald umgeben, als denn siehet man die schönste Ebene von Feldern und Wiesen, und das nahe dabey gelegene Städtgen Gittel. Von diesem Berge kan man Osterode und Herzberg ganz deutlich erkennen. Ingleichen kan man einen weiten Strich in das Eichsfeld, Stifft Hildesheim und Fürstenthum Braunschweig hinein sehen.
§. 3. Wovon dieses Schloß seine Benennung erhalten, kan man mit keiner rechten Gewißheit anzeigen, immaassen zweierlei Meinungen, die dieser wegen angezeiget werden, ziemlich wahrscheinlich. Einige sagen: Stauffenberg bedeute so viel als Stuffenburg, weil dieses Schloß so hoch gelegen, daß man diesen Berg nicht anders als auf Stuffen, oder wie sie nach der Niedersächsischen Mund-Art genennet werden, Stauffen, ersteigen könne. Andere hingegen geben vor: Dieses Schloß hätte seine erstere Benennung von dem heydnischen und teuffelischen Götzen Stuvone, der auf diesem Berge, wie die Geschichtsschreiber fast einmüthig anführen, allhier göttlich verehret worden, biß er endlich bey Einführung des Christenthums zerstöhret worden. (*)



(*) S. Leuckfelds Beschreibung von Gandersheim p. 3.
Ingleichen Sagittarii Tractat von Bekehrung der Heyden und Anfang des Christenthums.

§. 4. Dieser Berg soll bei Einführung des Christenthums den Nahmen St. Sehulffen-Berg, oder, wie ihn der gemeine Mann genennet, der Hulpers-Berg eine Zeitlang erlanget haben, die weit nach Lezneri Zeugniß Kayser Carl auf denselbigen gestiegen, nachdem Bonifacius an dem Ort, wo der ehmahlige heidnische Abgott gestanden, eine Capelle Gott zu Ehren erbauet, und Gott vor die ihm erwiesene Hülffe gedancket. Zu denen Zeiten des Pabstthums sollen die Päbste der hier auf diesem Berge angelegten Kirche starcke Indulgenzien ertheilet haben, und sollen auch viel Wallfahrten auf diesem Berge seyn angestellet worden.
§. 5. In denen alten Zeiten hat diese Burg vor eine starcke Berg-Festung passieren müssen, wie alle übrigen Schlösser, so auf hohen Bergen gelegen - in denen ietzigen Zeiten aber ist von einer Festung nichts mehr zu hören noch zu sehen. Dieses Schloß ist ehedem mit der Grafschafft Hohenstein vereiniget gewesen, und soll Graf Dietericus zu Hohenstein, der um das Jahr 1233. gelebet, solches an die Grafschafft nebst andern mit gebracht haben. (*) 



(*) S. Lucae Grafen-Saal p. 279.

In dem XIV. Seculo hat die Herzogin zu Braunschweig, Elisabeth Herrn Grafens Bodens des VII. zu Stollberg Tochter, eine Gemahlin Herzogs Wilhelmi des jüngern zu Braunschweig-Lüneburg, eine Mutter der unsterblichen Krieges-Helden Herzogs Heinrichen und Herzogs Erichen, welche zwey Linien nemlich die Wolffenbütteliche nebst Braunschweig, und die Hannoverische mit Göttingen in ihren väterlichen Erbe gepflanzet, allhier ihren Wittwen-Sitz gehabt. Die Geschichtsschreiber rühmen ihr nach, daß sie auf diesem Schlosse, durch ihr sorgfältiges Bemühen, die Bergwercke auf dem Ober-Harze, die wegen des unerhörten großen Sterbens, so sich in Teutschland ereignet, schon eine geraume Zeit ins freye gefallen waren, wiederum in Aufnahme gebracht, wie Hardanus Hacke, damahliger Pfarrer auf der Fürstlichen Berg-Stadt Wildemann, in der Leich-Predigt Herzogs Julii, des ersten Evangelischen Herzogs und Reformatoris, berichtet. (*)



(*) S. Des Herrn Inspector. Zeitfuchsens Supplementum Historiae Stollbergensis p. 4.

S. 6. Zeilerus meldet in seiner Topographie von Braunschweig und Lüneburg p. 189. daß eine Aebtißin von Gandersheim, so eine gebohrne von Warberg gewesen, und mit ihrem Verwalter, so Heinrich Schramm geheissen, Unzucht getrieben, allhier auf diesem Hause biß an ihr Ende vermauert gehalten worden. Man hätte zu seiner Zeit das Gemach noch gezeiget, worinnen sie gesessen hätte; der Verwalter aber wäre nach Italien gewichen. Ob diese Geschichte ihre Richtigkeit habe oder nicht, lasse dahin gestellet seyn. Ich habe zum wenigsten bey den andern Braunschweigischen Geschichtschreibern nichts davon antreffen können.
§. 7. Dieses hingegen ist gewisser, und wird von allen Geschichtschreibern einmüthig bezeuget, daß Herzog Heinrich der jüngere zu Braunschweig, der Anno 1489. den 10. Novembr. auf die Welt gekommen, bei seiner erstern Gemahlin Maria Herzogs Henrici von Würtenberg Tochter, seine Maitresse Evan von Trote, des Chur-Brandenburgischen Marschalls Adami von Trote Schwester, die bei seiner Gemahlin Hof-Fräulein gewesen, auf diesem Schlosse viele Jahre verborgen gehalten. Damit der Herzog dieser Fräulein mehrere Kennzeichen seiner Liebe erweisen konte, ließ er sie von Hofe nach Hause führen, unterweges muste sie eine erdichtete Kranckheit annehmen. Der Herzog ließ allenthalben aussprengen, als ob sie gestorben wäre, die dem Schein nach öffentlich zur Erde bestatten, und ihr nach dem Tode Seelen-Messen halten. Inzwischen war die Sache in aller Stille mit dem Amtmann zu Stauffenburg so eingefädelt, daß sie sich daselbst auf dem hohen Schlosse mit guter Sicherheit und Beqvemlichkeit frisch und gesund aufhalten konte. Weil nun dieses ein Jagd-Schloß des Herzogs war, so konte er einen freyen und unverdächtigen Zugang zu ihr haben, und zwar so lange, biß er 7. Kinder mit ihr gezeuget, die hernach den Nahmen von Kirchberg geführet. Endlich soll dieses Geheimniß und zwar durch eben den Amtmann von der Stauffenburg verrathen worden seyn, so daß die Herzogin, ob sie gleich nicht alles entdecken können, dennoch etwas davon erfahren, und deswegen biß in ihren Tod, der den 18. Decembr. Anno 1541. erfolget, den Herzog in Verdacht gehabt. (*)



(*) S. Pfeffingers Historie von Braunschweig und Lüneburg den Ersten Theil p. 612.

§. 9. Diese Geschichte ist den Einwohnern hiesiges Orts noch gar sehr bekannt, da sie solche von ihren Groß- und Aelter-Vätern erzehlen gehöret. Man will auch in dem alten Thurm des Schloß-Gebäudes an einem Balcken zeigen, wie dieser Even von Trote ihre Kinder in Schweben gewieget worden, so, daß man weder unten noch oben etwas von dem Geräusch, so die Wiege verursachet, vernehmen können. Diese Person soll dem Städtgen Gittel eines und das andere bey dem Herzog ausgebeten haben, welches dieser Ort noch biß dato zu genießen hätte.
§. 9. In Zeileri Topograhie p. 184. siehet man die Abzeichnung des Schlosses und Amts Stauffenburg, wie es zur Helffte des abgewichenen Jahrhunderts ausgesehen. Damahls ist es noch wohnbahr gewesen, und hat unter Dach gestanden, ietzo aber ist es ganz verfallen. Aus denen Überbleibseln erkennet man wohl, daß die Schloß-Gebäude einen ziemlich weitläuffigen Umfang gehabt. Bei dem Eingange siehet man noch die 2. steinerne Thore, durch welche man in das Schloß gefahren, wie auch große Stücke Mauren von 6. biß 8. Ellen in die Höhe, mit denen Oeffnungen derer Fenster und Thüren, wie nicht weniger einen runden Thurm, der fast noch biß auf die Helffte stehet. Von der ehemahligen Kirche, die zu Zeiten des Pabstthums in grossen Ansehen gestanden, habe ich, alles mühsamen Nachsuchens und Nachfragens ungeachtet, nichts erfahren noch entdecken können.
§. 10. Übrigens will es mir bey den Überbleibseln dieser alten Gebäude anscheinen, als ob bey ihnen ein Unterscheid zu machen unter denen, die von der Zeit ihres ersten Ursprungs an erbauet worden, und unter denen neuern, die von Herzogs Henrici und seiner Maitresse Aufenthalt her noch übrig geblieben. Diesen letztern ist noch der grosse Thurm beyzuzehlen, der mit Schiefer gedeckt, und auf seinen vier Ecken vier Spitzen hat. Er scheinet von unten bis oben aus, dem äusserlichen Ansehen nach, in gar guten Stande; ob aber die Decken und Böden in selbigem verfallen, ist mir unbekannt. In diesem Thurme soll die Eva von Trote ihre Gemächer, auch ihre heimliche Ausgänge gehabt haben, theils auf dem Berge, um sich zu vergnügen und frische Lufft zu schöpffen, theils auch unter der Erde zu ihren Kellern und andern Wirthschaffts-Gebäuden zu kommen. Sie soll auch auf dem einen Theile dieses Schloß-Bergs ihren Lust-Garten gehabt haben, der mit hohen Mauern umgeben gewesen, wie man sich selbigen noch gar wohl vorstellen kam. Jetzund wohnet, auf diesem alten wüsten Gebäude ein Gerichts-Frohne, und müssen diejenigen Delinquenten, die aber eben nicht das Leben verwircket, sondern nur sonst etwas straffbares begangen, eine Zeitlang allhier Poenitenz thun.
§. 11. Unten an dem Berge, zwischen diesem alten Schlosse und der Stadt Gittel, wohnet der Hochfürstliche Amtmann. In diesem Amte sind auch die Vorwercks-Gebäude und bestehet die hiesige Wirthschafft, über den Feldbau und vielen Holzungen und Jagden, auch noch in einer starcken Schäferei, und vielen mit Fischen von allerhand Gattungen besetzten Teichen.
§. 12. Von denen ehemahligen Raub-Schlössern, der Zeilerus erwehnet, als der Hünenburg und Alt-Windhausen, so in diesem Amte auf hohen Bergen gelegen gewesen, aber vorlängst zerstöhret worden, habe nichts erfahren können.

Das XVIX. Capitel.
Von der Stadt Grunde und
ihren Naturalien.

§. 1. Diese Bergstadt ist eine starcke Meile von Zellerfelde, auch eben so weit von Gittel und Wildenmann entlegen. Sie hat wohl recht den Nahmen mit der That; immassen sie auf allen Seiten mit hohen Bergen umgeben, zwischen welchen sie im Thal und im Grunde lieget. Die sieben Berge, die sie umringen, sind folgende: (1) Der Königsberg, (2) der Iberg, so den Eisenstein giebt, (3) der Schab-Berg, (4) die Foß-Höhe, (5) der Teuffels-Kopff, (6) der Eckelberg, (7) der Gittelische Berg oder Resteberg. Immittelt ist die Lage dieser Bergstadt, zumahl zur Sommers-Zeit, ganz angenehm, und siehet die Gegend hier um nicht so wild und rauhe aus, wie in Altona, Wildenmann oder Lautenthal.
§. 2. Diese Stadt ist mit hellen, reinen und gesunden Wasser versehen, welches auch zur Gesundheit der dasigen Einwohner gar vieles beytragen soll. Man trifft hier viel Leute an, die hohe Jahre auf sich haben, und wollen einige behaupten, daß dieser Ort vor den übrigen Städten im Ober-Harze sehr gesund sei. Es wird allhier ein schmackhafftes und gesundes Bier gebrauet, welches gar starck nach Clausthal und Zellerfelde abgehohlet, und von denen Wohlhabenden daselbst getruncken wird. Es ist eine besondere Vorsorge von dem lieben Gott, daß er bey dieser guten Stadt den Abgang des Berg-Segens theils durch die gesunde Vieh-Weyde, die durch den Hütten-Rauch nicht verderbet wird, theils auch durch die Brau-Nahrung einigermassen wieder ersetzet wird. Es wird dahero auch das Brau-Wesen in ihr Kirchen-Gebet mit eingeschlossen.
§. 3. Sie soll unter allen Ober-Hartzischen Bergstädten die ältiste seyn. Ob man zwar nicht eigentlich mit Gewißheit anzeigen kan, in welchem Jahre hiesige Berg-Gemeinde ihren Ursprung genommen, so ist doch gewiß, daß Grunde zu Anfangs, da es wegen Mangels des nöthigen Unterhalts noch wenig angebauet gewesen, als ein Filial zu Gittelde gehöret, nachher aber von der Herzogin Elisabeth, bey Anwachs der Bergwerke, zu einer eignen Gemeinde gemacht worden.
§. 4. Nach Herzog Wilhelms Tode, welcher in das 1495. Jahr fällt, theilten sich dessen beyde Herren Söhne, Herzog Heinrich der ältere, mit dem Zunahmen der Qvade, und Herzog Erich der jüngere in ihre väterliche Erblande, dergestalt, dieser das Fürstenthum Calenberg, jener Braunschweig-Wolffenbüttel, ihre Frau Mutter aber das Amt Stauffenburg zum Wittwen-Sitz behielt. Grunde gehörte damahls mit zu diesem Amt, ist auch beständig unter dessen Gerichten geblieben bis in das 1649. Jahr, da in dem Hildesheimischen Vergleich diese Bergstadt zu der löblichen Communion gezogen ward.
§. 5. Die Herzogin Elisabeth, die zu den Besitz dieser Stadt gelangete, hatte sich glaubwürdig berichten lassen, welcher gestalt es hier herum viel alter Züge, Pingen und Halden gäbe, worauf vor etzlichen hundert Jahren fleißig gebauet worden. Sie entschloß sich daher, aus angebohrner Liebe zu den Bergwercken, einen guten Theil ihrer Einkünfte auf hiesigen Bergbau zu verwenden. Sie verschrieb zu dem Ende von ihren Herren Brüdern Berg-verständige Leute aus Stollberg und Elrich, welche, nachdem sie an dem Iberge, oder vielmehr Ibenberge hin und wieder schürfften, manche reiche Kupffer- und Eisen-Berge entblößten. Hierauf zogen viel der gleichen Leute von dort hieher, unter welchen die Justs, Robins, Breitenbecks, Winters, Bodickers und andre mehr gewesen.
§. 6. Durch diese Gelegenheit wurden viel Leute hieher gezogen, und dieser ehemahls kleine und unansehnliche Ort ward nun ziemlich volckreich und angebauet. Hochgedachte Herzogin Elisabeth machten aus hiesiger Capelle, welche dem heiligen Antonio zu Ehren vormahls angerichtet, eine Pfarr-Kirche, wie aus folgendem Fundations-Briefe erhellet. In dem Nahmen Gottes, Amen. Nachdem dat de Werlet vorgänglich ist, unde alle Dinge de darinne sin, und der Dinge, de darstahn, bey einer jeden Nation vorgahn unde vergetten werden, in to komenden Tieten et sey denne dat man dat verwahre unde ewige mit Getuchniße der Schrifft hier. Unde wy Elisabeth geborn zu Stollberg unde Werningerode. Von Gottes. Genaden Hertoginne tu Brunswick und Lüneburg Wettwe, helben angesehen de Vergenglichkeit und Gebrechlichkeit der menschlichen Natur, darumme helben wy mit vorbedachten Mode mit titlicken Rade unde gefunden Live betrachtet unse Seelen Seeligheit, unde alle unser Erven nah uns komende den allmechtigen Gott um vorwetten um Vermehring willen der göttlichen Ehren unde Gotes Diensten, to Verlösing der Verstorven to nutte und Heilsamigheit der Levendigen unde Versunnuge der Krancken und Farlichheit der Wege, unde andre noch willen mehr, unde mannigfalte und Erringe de mannigerley Wiese erwassen ist, in verlohren Jharen twischen den Parner der Par Kercken St. Mauritii binnen unsern Blecke Gittelde unde der Kircken Sancti Antonii im Grunde ferbliken belegen in unsern Gerichte to Staufenborch, welcke wy laten scheiden von einander mit Wetten und Willens des Patronens der vorbenohmeden Par Kercken Sancti Mauritii nemblicken den erbarn unsern löven getreuen Burchharden von Gadenstette öck mit Wetten, Willen und vollborth des werdigen Herrn Ern Johann Köhlers rechten Parner ietzige Darsulvest nah uth wisinge der Instrumente darover gegeven.
Wy hebben den ehrgedachten Hern Ern Johann Köhler unde sinen Nachkomen ewiglichen gegeven, umb ewigliche Meßdrittehalbe Punt so in Gerichte to Staufenburch genge ungewenlich ist in unsern Derpern Ahlshausen und Sievershausen vorwieset, alle na ludt unser unde unser Erven verschrieving, daroven gegeven mit sothanen Bescheide dat de vorgenannte Ehr Johann Köhler mit sinen Nahkomen alle Wecken ock ewigen in siner Karcken to Gittelde to einer ewigen Messen in de Ehren der hiligen Fraven Sancta Anne Schulln verplichtet syn. Darumb ist uns unde unser Erven dat Jus Paternatus der Kercken Sanct Antonii semblicken mit der Parre upgeladen und over gegeven.
Darumb setten wy unde unse Erven dat Fundament dieser unser fundacion, dat wy sundern in solcher weise Gott den allmechtigen Marien siener benedeyten Moder to Love unde to Ehren, unde den hilligen Patronen Sanct Antonio to Ehren, der hilligen Fraven Sanct Annen unde allen Gotttes hilligen ock uns unde unsers Hern unde Gemahlin ernandten Hertogen Wilhelm seeligen unde unser Freunde vorstorven mit allen Christen, unde gelovigen Sehlen und allen den de Oere milde Almissen helben gegeven, unde noch vor tägliches an dat vor benandte Gottes Huß Sanct Antonii, dat wy fundieren in und to einer ewigen Par-Kercken und begiffingen und begeven des dem werdigen unsern Löven andechtigen Hern Pengna wir de erste Parre und sinen Nahkomen mit hundert Rinischen Gülden uth unter Canzley in unsern Blecke Gittelde nach ludt unser verschrievinge davor gegeven mit mehr unbeweglichen Guettern also mit thon Morgen effte Acker Landes zwischen dem Gittelschen Wege unde dem Knollen von dem Gittelschen Borne mit dem Glasesumpe, drey vische dicke in dem schwarten Water eine Wische in dem langen Dahle eine bey dem Nigen Stollen belegen, und vort mit syn Husingen Hofe Watern Weyde in Holten unde in Feldern als einen Parner in Rechten eignet.
Vor fothane unse und unser Erven Begiffing soll und will de mehrgenandte Ehr Rötiger und sinen Nahkommen ewigen to einer Missen in der Weeken in der Ehre unser leven Fraven vor dem hochmissen Altar in der vielgenannten Kerke verplichtet sien, unde des nah unsern Dode vor uns und unser Friende Seelen to biddende.
Item so ock einer genandt Hanß Stredtfehl in dem Grunde gewohnt unde verstorven, welcke um siener Seelen Seeligheit unde siener ehlichen Hauß Fraven in sambt siener Erven und Freunde in verlopen Jharen de fulven Parren izit bestedigt, im Grunde angehoven und mit hundert Rinischen Gulden an einen Mayer-Hoffe vor Gittelde belegen, der dem erbarn Hinricke unde Hanß von Gittelde Gebrödern und ere Erven sothan guth up enen Wedderkop na Vermelding Segeln und Breven verkofft, sothan boven beschrevene Summen, also hundert Gulden an der Parre in Grunde ganglichen, und alle in de Ehre Gottes ohne jenninge Beschwehrunge gegeven. Und noch ferner hefft de ehegedachte Hanß Striedt vor sick und siene mit beschriebine an de vielgenandte Parkercke to nutte einer Parren vertich Rensche Gülden, de he an den Meke meschen Güte deht, den ock de erbarn und vesten Ludolfen und Hansen von Aldershausen Gebrüdern up einen Wederkop na Lude und Vermeldinge der Verschrivinge dem vielgenandten Striedt, unde sienen mit beschrievenen verkofft ist, welcke vertich Gülden, wo bovon beschreven, gewandt noch einen Scheppel Mahne von einem Hove, binnen Gittel belegen, welcker Mahn to der Ehre Gottes in der Lampen vor den hilligen Sacramente barnen soll. Vor sothane Begiffinge von mehr genandten Streidtens seliger umb siener mit beschrevenen Weegenschaft und will eine schlechte Parr in Grunde alle Weeken evigen mit einem Missen in de Ehren unser leven Fraven vor den homissen Altar verpflichtet sin, und alle hillige Dage, dat word Gottes und hillige Evangelium verkündigen.
Also denn de mehr gedachte Hanß Striedt und siene mit beschrievene hebben sothan boven beschrievene Begriffing der mehrgenandten Kercke bewiesen, so hebben se sick des bey unß obgemeldten Fürstinnen, und unser Erven der Verboch in der Belehninge in sothane Wiese beholden, wanne der Parre Sanct Antonii vaceret, und de Striedt mangkören rechten Erven de tom priesterlichen Stande und dersulven Parren beqveme wäre, de soll in der Belehninge, wan se darumme bitten, vorgahn ohne jenniglichen Insage unde verhindernt, und dersulven willen wy des und unse Erven dat Lehn liggen, ende nicht verseggen ok wann er in den ehegenandten Striedtes Geschlecht, wo boven berört, nicht eine beqveme wäre, so mögen wy esse unse Erven umme Gottes willen dat Lehn, we dorte dienet, verlehnen.
Darum ist diese fundacie mit Segeln und Breven ock allen rechtigkeit dede vielgenannten Parkercken in Grunde beleegen, to truver Hand, und in guter Vorhergehinge bey dat werdige und freye Stifft tor Ehrsa Ordinis Sancti Benedicti ock in unsern Fürstenthume bey Ganderusen beleegen, geleget worden. Unde ess ock duße bovenschreven unse leven getreuen von Oldershausen und Gittelde sothane Punte, wo boven berührt, na Lude Seglen und Breven wollen wedderkoppen und lösen als den Schullen von Stunde de Parrherr und Voravesser der Kercken in Grunde mit Rade des vorgeschrevenen Stiffs Altars den wy offte unse Erven de Vollmacht darinnen geven und begeven den Ern gedachten Parherrn in Grunde to nutte und bathe sothane summen Geldes samt effte besondern darecken umb ewige und genungsame Tuchnisse Missesehl wedder belegt werden.
Dat dusse fundacie und Begiffinge mag und soll ewig bliven unde de Gotesdienst im Grunde, so wy und unse Erven begehrend mit Er gedachten nachgeladen. Striedes rechten Erven gereden und geloven wy obgemeldte Fürstinne vor uns und unse mit beschreven in Macht und Krafft dieser fundacien alle Artickel und Punckte wo boven berört, Schullen, Städt und vest ohne arge Liste ohngehindert und ohne gefehrde ohnverbroken ewigen gehalden werden, unde hebben des to uhrkunde und Wissenheit unse Ingesiegel hienieden an dusse unse sulve fundacien witlicken laten tonhangen. Gegeven in der Gebord Christi unters Herrn dusent viffhundert in den viffen Jhare der Apostel Petri und Pauli.
Dieses alte Diploma ist der von mir angeführten Anzugs-Predigt des Herrn Avends mit beygefüget. Nachdem nun die alten Diplomata von hiesigen Hartz-Gegenden ohne dem gar rahr, und auch dieser Tractat ausser denen, die hierum wohnen, in der wenigsten Leute Händen, so wird es den Leser nicht entgangen seyn, daß ich selbiges hiermit angeschlossen. Es hat mir der Herr Pabst, wohlverdienter und treufleißiger Prediger dieser Stadt vermeldet, daß sich selbiger mit eben den Worten in dem Pfarr-Archiv befände, und verdienet also Glauben.
§. 7. Die theure Herzogin, Elisabeth, machte sich ein größer Vergnügen aus dem Bergwercke selbsten, als aus dem anscheinenden Glück des zu erwartenden Berg-Seegens, sintemahl dieselbe gar nicht gewinnsichtig war, sie belehnte ihren Rath und Cantzlar Spiegelbergen mit denen neu aufgenommenen Eisen-Gruben. Da nun dieser die Verleihschafft übernahm, ward die Factorey zu Gittelde von ihm die Canzley, und nachher zum Spaß die Eisen-Canzley genannt, worüber die Fürstin vielmahls soll gelacht haben. Sie freuete sich, wann sie von besserer Aufnahme der Bergwercke hörete, und reitete von einem Ort zum andern, um alles desto besser in Augenschein zu nehmen, wie sie denn in dieser Stadt sehr öffers gewesen, da sie gemeiniglich bei Andreas Schwickards Groß-Vater eingekehret, und sich zugleich des hiesigen Schlacken-Bades bedienet.
§. 8. Zu ihrer Zeit hat man in folgenden Gruben hierum vortrefflichen Eisenstein und Kupffer-Risse gezügelt, als im Schüffelberge, im Unter-Hasselbach im Obern-Hasselbach, in Glücke Gottes, in wunderligern Harmen, in der Königs-Grube, in Burche oder in der Burch-Grube u. a. m. Man förderte aus denenselben so viel, daß viel Hütten und Hammer, als der Schwicker-Hoff vor dem Iberge, die Schrammen-Hütte, der Glücks-Hoff, die krumme Hütte, die Laub-Hütte, die Ober-Hütte, die Unter-Hütte, der blaue Wunder, die Teich-Hütte ingleichen auch eine Blech-Hütte und Blech-Hammer damit beleget werden können. Da nun die Eisen- und Kupffer-Gruben reichlich schütteten, fieng man auch an nach Silber einzuschlagen, und war so glücklich, bald fündige Gänge zu erschroten. Jedoch erlebete offgedachte Fürstin nicht, daß solches in vollem Schwange gieng, sondern überließ die Freude ihrem Enckel Herzog Heinrich, dem jüngern, als dessen Herr Vater bereits Anno 1514. Todes verblichen. Weil dieser junge Fürst sehr muntern Wesens war, wagte ers auf Zureden Herzogs Georgii zu Sachsen, und ließ die alten Zechen von neuen belegen: Und auf solche Weise wurden allhier im Grunde die tiefe Grube, der Erb-Stolle der Magdeburger Stollen, die Hoffnung, St. Nicolai Fund-Grube und andre mehr nach und nach aufgenommen. Es bliebe aber nicht dabey, sondern die Bergleute machten sich immer höher, fanden einen alten Schacht nach einander, welchen der alte Mann zugebühnet; also hatten sie kaum halbe Mühe, weil sie nicht allein die herrlichste Anweisung, sondern auch die Strossen und Strecken vor sich funden.
§. 9. Es ist nicht zu leugnen, daß diese Berg-Stadt jetzund unter allen am Silber am wenigsten schüttet, inzwischen weiß man doch, daß die tiefe Grube allhier zu seiner Zeit mehr Silber gegeben, als Wildemann und Zellerfeld, daher es denn auch geschehen, daß die Gründner ihre Büchsen-Pfennige und Test-Körner wegen grossen. Überschusses mit andern nicht wollen gemein haben.
§. 10. Der erste Prediger an diesem Orte ist Röticher Pengna gewesen, laut des vorher gehenden Fundations-Briefs von der Herzogin Elisabeth. Der erste Evangelisch-Lutherische Prediger aber, der bis Anno 1579. oder wie eine geschriebene Berg-Chronicke meldet, 1577. dieses Amt verwaltet, George Schneider.
§. 11. Laut einer auf dem Rathhause zu Grunde hangenden Inscription, welche bey neulicher Reparatur des Thurn-Knopffs aus demselben genommen, und von dem Herrn Stadt-Prediger Pabsten mir gütigt communiciret worden, ist diese Stadt Anno 1626. den 10. Februari durch den Obristen Holauke, der damahls zu Gittelde gelegen, ganz abgebrannt worden, und Anno 1631. nebst dem Wildenmann von denen Waymarischen elendiglich ausgeplündert worden. Anno 1640. ist der Kirchthurn wieder aufgebautet worden. Fürstliche hohe Landes-Regenten waren damahls Herzog George zu Braunschweig-Lüneburg und Herzog Augustus zu Braunschweig-Lüneburg. Berg-Hauptleute waren Heinrich von Dannenberg und Daniel von Campen, Zehentner Georgius von Wehnde, Pastor loci Ehr Andreas Sander, Factor Valentin Hille, Cämmerer Zacharias Walte und Christoph Reibstahl, Diaconi Rudolph Kippenberg und Moyses Weckerling.
§. 12. Mit denen Eisensteins-Gruben an Ibenberge oder Eibenberge, wegen derer darauf wachsenden Taxus oder Eiben-Bäume werden einige Bergleute auf Verlangen belehnet, und empfangen darüber von hiesigen Berg-Voigt einen Muth-Schein; der Eisenstein aber, weil er nicht von gleicher Güte, wird alle nach Gittelde gefahren, da selbst mit einander in hohen Ofen durch eine besondre Wissenschafft der hohen Oeffner, wie die Hütten-Leute da genennet werden, versetzt und zugute gemacht. Das Gittelüsche Eisen erlanget, wie ich bei Gittelde angeführt, eine Stahlmäßige Härte, und hat vor dem übrigen einen grossen Vorzug. Die Wagen-Räder, so mit diesem Eisen beschlagen, halten noch eins so lange, als die andern.
§ 13. Des Eisensteins giebts insonderheit hierum 3. Arten, als zum 1.) ein pechschwarzer Eisenstein, ein Glaßkopff sehr reich am Eisen; 2) ein rother Eisenstein; 3) ein braun glänzender Eisensten, der aber gar weich und brüchig ist. Die schlechte Art davon soll sich zeigen in der Grube, der Unter-Franckenberg genannt, der von der neuen Schacht soll auch gar strenge seyn, und nicht gerne Eisen geben; die flüßigte Sorte aber zeiget sich in der Grube, welche der Ober-Stieg genennet wird.
§. 14. Die Silber- und Kupfer-Erze haben sich trefflich abgeschnitten, und ob man gleich an verschiedenen Orten geschürffet, und etwas Spat als eine Anweisung entdeckt, so hat man doch nichts gehaltiges erschroten können. Inzwischen wird man doch nicht müde, und arbeitet noch ietzo nahe an der Pfarr-Wiese. Weil noch keine fremde Gewerkschafft dazu gekommen, so hat sich eine Gesellschafft von hiesigen jungen Leuten mit einander dieser wegen vereiniget, die den Nahmen der lustigen Gesellschafftführer, und sich von dem Bergwercke, welches sie bauen, gute Hoffnung machen. Der Eisenstein stehet hier fast durchgehends Nesterweise in Iberge, und wo derselbe zu Tage gefordert ist, gibt es große Höhlungen, als gewölbete Keller im festen Getein, in deren zweyen sich das traufflende Wasser als Tropfstein ansetzt, und einige Figuren bildet; die aber, weil sie nicht geachtet und zu frühe abgeschlagen werden, zu nichts rechts anwachsen können; doch hat der Grundische Berg-Vogt einmahl einen Stein in Form eines Zucker-Huths auch von gleichweißer Farbe der Hochwohlgebohrnen Berghauptmannschafft praesentiret. Es ist auch nichts ungewöhnliches, daß sogar an alten Gemäuer sich dergleichen ansetzt, dergleichen der in dem vorhergehenden mit Ruhm anführte Herr Pastor Pabst an der Bergstrasse einige gefunden, und selbst noch etwas davon besitzt. Der Herr Doctor Bruckmann erwehnet in seiner XXXIII. Epistiola itineraria, daß in einer unterirdischen Höhle um Grunde, die an dem Iberge, gleich auf der Strasse nach dem Wildenmann zu, seyn soll, eine rechte Orgel von diesem Stein wahrzunehmen gewesen, in welcher die Pfeiffen durch ein Spiel der von Tropfstein formirt gewesen, welche aber größtentheils eingegangen. Er gedencket auch eines gewissen Stücks, so die Pudenda einer Weibes-Person ganz natür ich vorgestellet. Diese Gattung Tropffsteins hat vor denen übrigen, die in der Hartz-Gegend angetroffen werden, dieses zum voraus, daß er ganz weiß, hell und glänzend ist.
§. 15. In denen ehemahligen Zeiten ist auch um den Iberg ein warmes Bad anzutreffen gewesen. Der sel. Herr Arends erwehnet in seiner vorhin angeführten Anzugs-Predigt: es wäre wohl zu vermuthen, daß die Herzogin Elisabeth, da sie sich hier aufgehalten, von hiesigen warmen Bade und dessen heilsamen Würckung müsse Nachricht gehabt haben, iezo aber müsse man offenherzig gestehen, daß man von demselben ein mehrers nicht sagen könne, als daß es am Iberge gewesen, jedoch hätte die gnädige Vorsorge Gottes, nachdem die Qvelle dieses warmen Bades versiegen, durch die Klüffte und Gänge, so sie diesem Berge und der Gegend mitgetheilet, den Abgang dieses wiederum ersetzet. Vermuthlich sind die Ovellen des warmen Bades theils durch das Bergwercke, da sie wieder angefangen zu floriren, theils durch den 30-jährigen Krieg ruiniret, und mit Steinen zugeschüttet worden, so daß gar keine Spuhren mehr davon anzutreffen.
§. 16. Es hat mir Herr Wacker, wohl renomirter Apothecker dieser Stadt, nachrichtlich vermeldet, daß vor einigen Jahren das Gewächse der sogenannten Daturae Germanicae häufig in den Gärten dieser Stadt angetroffen worden, ohne daß man gewust, durch wen oder auf was Art der Saame dieses Krautes dahin gebracht sei. Die Qvacksalber und alten Weiber Doctor hätten den Saamen hiervon unter dem Nahmen der Stech-Körner wider das Herz- und Seiten-Stechen recommendiret; weil aber dieses Gewächse einen starcken Gifft bei sich führte, der durch den Brandewein, in welchem doch diese Körner haben eingenommen werden müssen, noch vielmehr erweckt worden, so hätten ihrer viele darüber müssen ins Graß beissen. Einige hätten starcke Herzens-Angst, Hitze und Ohnmacht davon bekommen, andere wären mit Convulsionen befallen worden, noch andre hätten die Leute starr und mit unverwandten Augen angesehen, bald gelacht, bald geweinet, mit den Händen gekratzet, und andre seltsame Minen gemacht. Diejenigen, so bey Zeiten einem der Arznei verständigen Manne ihre Noth geklagt, wären durch dienliche Medicamenta gerettet und wieder curiret worden, die andern aber drauf gegangen.

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